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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Nachts darauff ein den glüenden Kohlen glei-
ches Feuer geschen wird/ welches die einfältigen
Einwohner für seltzame Schlangen oder Spin-
nen halten. Bey dieser Stadt gingen wir ü-
ber die von hundert und dreißig Schiffen beste-
hende/ und mit eisernen Ketten befestigte Brü-
cke/ und so denn auff dem Flusse Chang nach
Nangan. Allhier musten wir über das schwe-
re Gebürge/ welches das Land Kiangsi von
Qvantung trennet/ vorhin das Königreich Na-
nive geheissen/ und vom Könige Hiaovus er-
obert worden. Wir setzten uns aber bey der
ersten Stadt Hiungheu auff den Fluß Chin/
fuhren stromab/ und kriegten daselbst eine lu-
stige Landschafft/ auff welcher viel hohe Stein-
klippen gerade hinauff wie Seulen gewachsen
waren/ nicht minder das seltzame Gebürge der
fünff Pferdeköpffe ins Gesichte. Bey der
schönen Stadt Xaocheu/ wo der Fluß Chin und
Vu zusammen fließen/ schifften wir vorbey/
und kamen durch das alles Augenmaß über-
steigende Gebürge Sangwonhab/ welches die-
ser Strom durchschneidet/ und auff dem Holtze/
so harte und schwer wie Eisen wächst/ endlich
in die Wunder-Stadt Qvangcheu/ wo der
Fluß Chin und Ta in das grosse Sud-Meer
fällt. Diese vier deutsche Meilen grosse Stadt
ist auff der einen Seite mit dem breiten Stro-
me/ einer zweyfachen Mauer/ und zwey Was-
ser-Festungen/ auff den andern Seiten in ei-
nem halben Zirckel mit Mauern/ fünff Schlös-
sern und hohen Bergen verwahret/ mit köstli-
chen Tempeln/ Palästen auch Marmelnen
Siegs-Bogen geschmückt/ und durch grosse
Kauffmannschafft und Schiffarth bereichert.
Nachdem ich hie einen Tag ausgeruhet/ schiff-
te ich auff dem Flusse Ta gegen Abend/ kam
in die herrliche Stadt Nanhai/ um welche
das wohlrüchende und von der Natur so schön
gemahlte Adler-Holtz wächst/ in das Land
Qvangsi zu der viel beströmten und von den
Meelbäumen Qvanglang berühmten Stadt
[Spaltenumbruch] Kiaocheu. Dieses Landes Haupt-Stadt ist
Queilni/ bey welchem sieben Berge den Stand
des gestirnten grossen Bären eigentlich dar-
stellen. Von Nanhai ließ ich das Schiff a-
bermals mit Pferden nach der Stadt Qveping
ziehen/ in welcher Gegend wir etliche gehörnte
Thiere/ derer Bein auch das Helffenbein über-
trifft/ zur Erlustigung durch ausgestreutes
Saltz fingen; sintemahl dieses unvernünfftige
Fürbild der an der verderblichen Wollust kle-
benden Menschen lieber die Freyheit und das
Leben/ als das ihm so wohl schmeckende Saltz
einbüßet. Auff diese Art kam ich auch nach Yo-
lin/ ja auff den Flüssen Luon und Puon in das
Reich Jnunan. Dieses grosse Land gehörte
für Zeiten zu dem Königreiche Mung/ oder
Nanchao/ welches zwar vom Könige Xius be-
meistert ward/ kurtz hernach aber wieder abfiel.
Als aber desselbten König Sinulo sein Volck/
zu Zeiten des Serischen Königs Hiaouv/ in
sein Gebiete unterschiedene Einfälle thun/ und
Raub holen ließ/ Hiaouv aber sich durch Ge-
sandschafft hierüber beschwerte/ entblößte Si-
nulo seine Sebel/ und hieb darmit sechs Füsse
tieff in einen Stein/ welcher nah bey der Stadt
Chinkiang/ da ich zum ersten ankam/ zu sehen ist/
mit beygesetzten Worten: gehet und sagt eurem
Könige/ was wir für Schwerdter haben. Hier-
über ward Hiaouv sehr erbittert/ brach daher
mit einem außerlesenen Heere unter seinem
Feldhauptmann Tangsienyv allhier ein/ er-
schlug den König Sinulo mit zwey hundert
tausend Jndianern bey der kleinen Stadt Chao/
derer Beerdigung man noch auff dem Berge
Fungy zeiget. Alsofielen des Sinulo sämtli-
che Länder Tibet/ Laos/ Necbal/ Aracan/ biß wo
der Fluß Caßmin in den Gangetischen Seebu-
sem fällt/ in der Serer Gewalt/ ja sie verfolgten
ihren Sieg biß gar an den Fluß Ganges. Die-
semnach ging ich von Chingkiang zu der reichen
und lustigen Haupt-Stadt Jnunan/ an dem
grossen See Tien/ die ihr Eroberer König

Hiaov
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Nachts darauff ein den gluͤenden Kohlen glei-
ches Feuer geſchen wird/ welches die einfaͤltigen
Einwohner fuͤr ſeltzame Schlangen oder Spin-
nen halten. Bey dieſer Stadt gingen wir uͤ-
ber die von hundert und dreißig Schiffen beſte-
hende/ und mit eiſernen Ketten befeſtigte Bruͤ-
cke/ und ſo denn auff dem Fluſſe Chang nach
Nangan. Allhier muſten wir uͤber das ſchwe-
re Gebuͤrge/ welches das Land Kiangſi von
Qvantung trennet/ vorhin das Koͤnigreich Na-
nive geheiſſen/ und vom Koͤnige Hiaovus er-
obert worden. Wir ſetzten uns aber bey der
erſten Stadt Hiungheu auff den Fluß Chin/
fuhren ſtromab/ und kriegten daſelbſt eine lu-
ſtige Landſchafft/ auff welcher viel hohe Stein-
klippen gerade hinauff wie Seulen gewachſen
waren/ nicht minder das ſeltzame Gebuͤrge der
fuͤnff Pferdekoͤpffe ins Geſichte. Bey der
ſchoͤnen Stadt Xaocheu/ wo der Fluß Chin und
Vu zuſammen fließen/ ſchifften wir vorbey/
und kamen durch das alles Augenmaß uͤber-
ſteigende Gebuͤrge Sangwonhab/ welches die-
ſer Strom durchſchneidet/ und auff dem Holtze/
ſo harte und ſchwer wie Eiſen waͤchſt/ endlich
in die Wunder-Stadt Qvangcheu/ wo der
Fluß Chin und Ta in das groſſe Sud-Meer
faͤllt. Dieſe vier deutſche Meilen groſſe Stadt
iſt auff der einen Seite mit dem breiten Stro-
me/ einer zweyfachen Mauer/ und zwey Waſ-
ſer-Feſtungen/ auff den andern Seiten in ei-
nem halben Zirckel mit Mauern/ fuͤnff Schloͤſ-
ſern und hohen Bergen verwahret/ mit koͤſtli-
chen Tempeln/ Palaͤſten auch Marmelnen
Siegs-Bogen geſchmuͤckt/ und durch groſſe
Kauffmannſchafft und Schiffarth bereichert.
Nachdem ich hie einen Tag ausgeruhet/ ſchiff-
te ich auff dem Fluſſe Ta gegen Abend/ kam
in die herrliche Stadt Nanhai/ um welche
das wohlruͤchende und von der Natur ſo ſchoͤn
gemahlte Adler-Holtz waͤchſt/ in das Land
Qvangſi zu der viel beſtroͤmten und von den
Meelbaͤumen Qvanglang beruͤhmten Stadt
[Spaltenumbruch] Kiaocheu. Dieſes Landes Haupt-Stadt iſt
Queilni/ bey welchem ſieben Berge den Stand
des geſtirnten groſſen Baͤren eigentlich dar-
ſtellen. Von Nanhai ließ ich das Schiff a-
bermals mit Pferden nach der Stadt Qveping
ziehen/ in welcher Gegend wir etliche gehoͤrnte
Thiere/ derer Bein auch das Helffenbein uͤber-
trifft/ zur Erluſtigung durch ausgeſtreutes
Saltz fingen; ſintemahl dieſes unvernuͤnfftige
Fuͤrbild der an der verderblichen Wolluſt kle-
benden Menſchen lieber die Freyheit und das
Leben/ als das ihm ſo wohl ſchmeckende Saltz
einbuͤßet. Auff dieſe Art kam ich auch nach Yo-
lin/ ja auff den Fluͤſſen Luon und Puon in das
Reich Jnunan. Dieſes groſſe Land gehoͤrte
fuͤr Zeiten zu dem Koͤnigreiche Mung/ oder
Nanchao/ welches zwar vom Koͤnige Xius be-
meiſtert ward/ kurtz hernach aber wieder abfiel.
Als aber deſſelbten Koͤnig Sinulo ſein Volck/
zu Zeiten des Seriſchen Koͤnigs Hiaouv/ in
ſein Gebiete unterſchiedene Einfaͤlle thun/ und
Raub holen ließ/ Hiaouv aber ſich durch Ge-
ſandſchafft hieruͤber beſchwerte/ entbloͤßte Si-
nulo ſeine Sebel/ und hieb darmit ſechs Fuͤſſe
tieff in einen Stein/ welcher nah bey der Stadt
Chinkiang/ da ich zum erſten ankam/ zu ſehen iſt/
mit beygeſetzten Worten: gehet und ſagt eurem
Koͤnige/ was wir fuͤr Schwerdter haben. Hier-
uͤber ward Hiaouv ſehr erbittert/ brach daher
mit einem außerleſenen Heere unter ſeinem
Feldhauptmann Tangſienyv allhier ein/ er-
ſchlug den Koͤnig Sinulo mit zwey hundert
tauſend Jndianern bey der kleinen Stadt Chao/
derer Beerdigung man noch auff dem Berge
Fungy zeiget. Alſofielen des Sinulo ſaͤmtli-
che Laͤnder Tibet/ Laos/ Necbal/ Aracan/ biß wo
der Fluß Caßmin in den Gangetiſchen Seebu-
ſem faͤllt/ in der Serer Gewalt/ ja ſie verfolgten
ihren Sieg biß gar an den Fluß Ganges. Die-
ſemnach ging ich von Chingkiang zu der reichen
und luſtigen Haupt-Stadt Jnunan/ an dem
groſſen See Tien/ die ihr Eroberer Koͤnig

Hiaov
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[645/0701] Arminius und Thußnelda. Nachts darauff ein den gluͤenden Kohlen glei- ches Feuer geſchen wird/ welches die einfaͤltigen Einwohner fuͤr ſeltzame Schlangen oder Spin- nen halten. Bey dieſer Stadt gingen wir uͤ- ber die von hundert und dreißig Schiffen beſte- hende/ und mit eiſernen Ketten befeſtigte Bruͤ- cke/ und ſo denn auff dem Fluſſe Chang nach Nangan. Allhier muſten wir uͤber das ſchwe- re Gebuͤrge/ welches das Land Kiangſi von Qvantung trennet/ vorhin das Koͤnigreich Na- nive geheiſſen/ und vom Koͤnige Hiaovus er- obert worden. Wir ſetzten uns aber bey der erſten Stadt Hiungheu auff den Fluß Chin/ fuhren ſtromab/ und kriegten daſelbſt eine lu- ſtige Landſchafft/ auff welcher viel hohe Stein- klippen gerade hinauff wie Seulen gewachſen waren/ nicht minder das ſeltzame Gebuͤrge der fuͤnff Pferdekoͤpffe ins Geſichte. Bey der ſchoͤnen Stadt Xaocheu/ wo der Fluß Chin und Vu zuſammen fließen/ ſchifften wir vorbey/ und kamen durch das alles Augenmaß uͤber- ſteigende Gebuͤrge Sangwonhab/ welches die- ſer Strom durchſchneidet/ und auff dem Holtze/ ſo harte und ſchwer wie Eiſen waͤchſt/ endlich in die Wunder-Stadt Qvangcheu/ wo der Fluß Chin und Ta in das groſſe Sud-Meer faͤllt. Dieſe vier deutſche Meilen groſſe Stadt iſt auff der einen Seite mit dem breiten Stro- me/ einer zweyfachen Mauer/ und zwey Waſ- ſer-Feſtungen/ auff den andern Seiten in ei- nem halben Zirckel mit Mauern/ fuͤnff Schloͤſ- ſern und hohen Bergen verwahret/ mit koͤſtli- chen Tempeln/ Palaͤſten auch Marmelnen Siegs-Bogen geſchmuͤckt/ und durch groſſe Kauffmannſchafft und Schiffarth bereichert. Nachdem ich hie einen Tag ausgeruhet/ ſchiff- te ich auff dem Fluſſe Ta gegen Abend/ kam in die herrliche Stadt Nanhai/ um welche das wohlruͤchende und von der Natur ſo ſchoͤn gemahlte Adler-Holtz waͤchſt/ in das Land Qvangſi zu der viel beſtroͤmten und von den Meelbaͤumen Qvanglang beruͤhmten Stadt Kiaocheu. Dieſes Landes Haupt-Stadt iſt Queilni/ bey welchem ſieben Berge den Stand des geſtirnten groſſen Baͤren eigentlich dar- ſtellen. Von Nanhai ließ ich das Schiff a- bermals mit Pferden nach der Stadt Qveping ziehen/ in welcher Gegend wir etliche gehoͤrnte Thiere/ derer Bein auch das Helffenbein uͤber- trifft/ zur Erluſtigung durch ausgeſtreutes Saltz fingen; ſintemahl dieſes unvernuͤnfftige Fuͤrbild der an der verderblichen Wolluſt kle- benden Menſchen lieber die Freyheit und das Leben/ als das ihm ſo wohl ſchmeckende Saltz einbuͤßet. Auff dieſe Art kam ich auch nach Yo- lin/ ja auff den Fluͤſſen Luon und Puon in das Reich Jnunan. Dieſes groſſe Land gehoͤrte fuͤr Zeiten zu dem Koͤnigreiche Mung/ oder Nanchao/ welches zwar vom Koͤnige Xius be- meiſtert ward/ kurtz hernach aber wieder abfiel. Als aber deſſelbten Koͤnig Sinulo ſein Volck/ zu Zeiten des Seriſchen Koͤnigs Hiaouv/ in ſein Gebiete unterſchiedene Einfaͤlle thun/ und Raub holen ließ/ Hiaouv aber ſich durch Ge- ſandſchafft hieruͤber beſchwerte/ entbloͤßte Si- nulo ſeine Sebel/ und hieb darmit ſechs Fuͤſſe tieff in einen Stein/ welcher nah bey der Stadt Chinkiang/ da ich zum erſten ankam/ zu ſehen iſt/ mit beygeſetzten Worten: gehet und ſagt eurem Koͤnige/ was wir fuͤr Schwerdter haben. Hier- uͤber ward Hiaouv ſehr erbittert/ brach daher mit einem außerleſenen Heere unter ſeinem Feldhauptmann Tangſienyv allhier ein/ er- ſchlug den Koͤnig Sinulo mit zwey hundert tauſend Jndianern bey der kleinen Stadt Chao/ derer Beerdigung man noch auff dem Berge Fungy zeiget. Alſofielen des Sinulo ſaͤmtli- che Laͤnder Tibet/ Laos/ Necbal/ Aracan/ biß wo der Fluß Caßmin in den Gangetiſchen Seebu- ſem faͤllt/ in der Serer Gewalt/ ja ſie verfolgten ihren Sieg biß gar an den Fluß Ganges. Die- ſemnach ging ich von Chingkiang zu der reichen und luſtigen Haupt-Stadt Jnunan/ an dem groſſen See Tien/ die ihr Eroberer Koͤnig Hiaov M m m m 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 645. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/701>, abgerufen am 22.11.2024.