Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Nachts darauff ein den glüenden Kohlen glei-
ches Feuer geschen wird/ welches die einfältigen
Einwohner für seltzame Schlangen oder Spin-
nen halten. Bey dieser Stadt gingen wir ü-
ber die von hundert und dreißig Schiffen beste-
hende/ und mit eisernen Ketten befestigte Brü-
cke/ und so denn auff dem Flusse Chang nach
Nangan. Allhier musten wir über das schwe-
re Gebürge/ welches das Land Kiangsi von
Qvantung trennet/ vorhin das Königreich Na-
nive geheissen/ und vom Könige Hiaovus er-
obert worden. Wir setzten uns aber bey der
ersten Stadt Hiungheu auff den Fluß Chin/
fuhren stromab/ und kriegten daselbst eine lu-
stige Landschafft/ auff welcher viel hohe Stein-
klippen gerade hinauff wie Seulen gewachsen
waren/ nicht minder das seltzame Gebürge der
fünff Pferdeköpffe ins Gesichte. Bey der
schönen Stadt Xaocheu/ wo der Fluß Chin und
Vu zusammen fließen/ schifften wir vorbey/
und kamen durch das alles Augenmaß über-
steigende Gebürge Sangwonhab/ welches die-
ser Strom durchschneidet/ und auff dem Holtze/
so harte und schwer wie Eisen wächst/ endlich
in die Wunder-Stadt Qvangcheu/ wo der
Fluß Chin und Ta in das grosse Sud-Meer
fällt. Diese vier deutsche Meilen grosse Stadt
ist auff der einen Seite mit dem breiten Stro-
me/ einer zweyfachen Mauer/ und zwey Was-
ser-Festungen/ auff den andern Seiten in ei-
nem halben Zirckel mit Mauern/ fünff Schlös-
sern und hohen Bergen verwahret/ mit köstli-
chen Tempeln/ Palästen auch Marmelnen
Siegs-Bogen geschmückt/ und durch grosse
Kauffmannschafft und Schiffarth bereichert.
Nachdem ich hie einen Tag ausgeruhet/ schiff-
te ich auff dem Flusse Ta gegen Abend/ kam
in die herrliche Stadt Nanhai/ um welche
das wohlrüchende und von der Natur so schön
gemahlte Adler-Holtz wächst/ in das Land
Qvangsi zu der viel beströmten und von den
Meelbäumen Qvanglang berühmten Stadt
[Spaltenumbruch] Kiaocheu. Dieses Landes Haupt-Stadt ist
Queilni/ bey welchem sieben Berge den Stand
des gestirnten grossen Bären eigentlich dar-
stellen. Von Nanhai ließ ich das Schiff a-
bermals mit Pferden nach der Stadt Qveping
ziehen/ in welcher Gegend wir etliche gehörnte
Thiere/ derer Bein auch das Helffenbein über-
trifft/ zur Erlustigung durch ausgestreutes
Saltz fingen; sintemahl dieses unvernünfftige
Fürbild der an der verderblichen Wollust kle-
benden Menschen lieber die Freyheit und das
Leben/ als das ihm so wohl schmeckende Saltz
einbüßet. Auff diese Art kam ich auch nach Yo-
lin/ ja auff den Flüssen Luon und Puon in das
Reich Jnunan. Dieses grosse Land gehörte
für Zeiten zu dem Königreiche Mung/ oder
Nanchao/ welches zwar vom Könige Xius be-
meistert ward/ kurtz hernach aber wieder abfiel.
Als aber desselbten König Sinulo sein Volck/
zu Zeiten des Serischen Königs Hiaouv/ in
sein Gebiete unterschiedene Einfälle thun/ und
Raub holen ließ/ Hiaouv aber sich durch Ge-
sandschafft hierüber beschwerte/ entblößte Si-
nulo seine Sebel/ und hieb darmit sechs Füsse
tieff in einen Stein/ welcher nah bey der Stadt
Chinkiang/ da ich zum ersten ankam/ zu sehen ist/
mit beygesetzten Worten: gehet und sagt eurem
Könige/ was wir für Schwerdter haben. Hier-
über ward Hiaouv sehr erbittert/ brach daher
mit einem außerlesenen Heere unter seinem
Feldhauptmann Tangsienyv allhier ein/ er-
schlug den König Sinulo mit zwey hundert
tausend Jndianern bey der kleinen Stadt Chao/
derer Beerdigung man noch auff dem Berge
Fungy zeiget. Alsofielen des Sinulo sämtli-
che Länder Tibet/ Laos/ Necbal/ Aracan/ biß wo
der Fluß Caßmin in den Gangetischen Seebu-
sem fällt/ in der Serer Gewalt/ ja sie verfolgten
ihren Sieg biß gar an den Fluß Ganges. Die-
semnach ging ich von Chingkiang zu der reichen
und lustigen Haupt-Stadt Jnunan/ an dem
grossen See Tien/ die ihr Eroberer König

Hiaov
M m m m 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Nachts darauff ein den gluͤenden Kohlen glei-
ches Feuer geſchen wird/ welches die einfaͤltigen
Einwohner fuͤr ſeltzame Schlangen oder Spin-
nen halten. Bey dieſer Stadt gingen wir uͤ-
ber die von hundert und dreißig Schiffen beſte-
hende/ und mit eiſernen Ketten befeſtigte Bruͤ-
cke/ und ſo denn auff dem Fluſſe Chang nach
Nangan. Allhier muſten wir uͤber das ſchwe-
re Gebuͤrge/ welches das Land Kiangſi von
Qvantung trennet/ vorhin das Koͤnigreich Na-
nive geheiſſen/ und vom Koͤnige Hiaovus er-
obert worden. Wir ſetzten uns aber bey der
erſten Stadt Hiungheu auff den Fluß Chin/
fuhren ſtromab/ und kriegten daſelbſt eine lu-
ſtige Landſchafft/ auff welcher viel hohe Stein-
klippen gerade hinauff wie Seulen gewachſen
waren/ nicht minder das ſeltzame Gebuͤrge der
fuͤnff Pferdekoͤpffe ins Geſichte. Bey der
ſchoͤnen Stadt Xaocheu/ wo der Fluß Chin und
Vu zuſammen fließen/ ſchifften wir vorbey/
und kamen durch das alles Augenmaß uͤber-
ſteigende Gebuͤrge Sangwonhab/ welches die-
ſer Strom durchſchneidet/ und auff dem Holtze/
ſo harte und ſchwer wie Eiſen waͤchſt/ endlich
in die Wunder-Stadt Qvangcheu/ wo der
Fluß Chin und Ta in das groſſe Sud-Meer
faͤllt. Dieſe vier deutſche Meilen groſſe Stadt
iſt auff der einen Seite mit dem breiten Stro-
me/ einer zweyfachen Mauer/ und zwey Waſ-
ſer-Feſtungen/ auff den andern Seiten in ei-
nem halben Zirckel mit Mauern/ fuͤnff Schloͤſ-
ſern und hohen Bergen verwahret/ mit koͤſtli-
chen Tempeln/ Palaͤſten auch Marmelnen
Siegs-Bogen geſchmuͤckt/ und durch groſſe
Kauffmannſchafft und Schiffarth bereichert.
Nachdem ich hie einen Tag ausgeruhet/ ſchiff-
te ich auff dem Fluſſe Ta gegen Abend/ kam
in die herrliche Stadt Nanhai/ um welche
das wohlruͤchende und von der Natur ſo ſchoͤn
gemahlte Adler-Holtz waͤchſt/ in das Land
Qvangſi zu der viel beſtroͤmten und von den
Meelbaͤumen Qvanglang beruͤhmten Stadt
[Spaltenumbruch] Kiaocheu. Dieſes Landes Haupt-Stadt iſt
Queilni/ bey welchem ſieben Berge den Stand
des geſtirnten groſſen Baͤren eigentlich dar-
ſtellen. Von Nanhai ließ ich das Schiff a-
bermals mit Pferden nach der Stadt Qveping
ziehen/ in welcher Gegend wir etliche gehoͤrnte
Thiere/ derer Bein auch das Helffenbein uͤber-
trifft/ zur Erluſtigung durch ausgeſtreutes
Saltz fingen; ſintemahl dieſes unvernuͤnfftige
Fuͤrbild der an der verderblichen Wolluſt kle-
benden Menſchen lieber die Freyheit und das
Leben/ als das ihm ſo wohl ſchmeckende Saltz
einbuͤßet. Auff dieſe Art kam ich auch nach Yo-
lin/ ja auff den Fluͤſſen Luon und Puon in das
Reich Jnunan. Dieſes groſſe Land gehoͤrte
fuͤr Zeiten zu dem Koͤnigreiche Mung/ oder
Nanchao/ welches zwar vom Koͤnige Xius be-
meiſtert ward/ kurtz hernach aber wieder abfiel.
Als aber deſſelbten Koͤnig Sinulo ſein Volck/
zu Zeiten des Seriſchen Koͤnigs Hiaouv/ in
ſein Gebiete unterſchiedene Einfaͤlle thun/ und
Raub holen ließ/ Hiaouv aber ſich durch Ge-
ſandſchafft hieruͤber beſchwerte/ entbloͤßte Si-
nulo ſeine Sebel/ und hieb darmit ſechs Fuͤſſe
tieff in einen Stein/ welcher nah bey der Stadt
Chinkiang/ da ich zum erſten ankam/ zu ſehen iſt/
mit beygeſetzten Worten: gehet und ſagt eurem
Koͤnige/ was wir fuͤr Schwerdter haben. Hier-
uͤber ward Hiaouv ſehr erbittert/ brach daher
mit einem außerleſenen Heere unter ſeinem
Feldhauptmann Tangſienyv allhier ein/ er-
ſchlug den Koͤnig Sinulo mit zwey hundert
tauſend Jndianern bey der kleinen Stadt Chao/
derer Beerdigung man noch auff dem Berge
Fungy zeiget. Alſofielen des Sinulo ſaͤmtli-
che Laͤnder Tibet/ Laos/ Necbal/ Aracan/ biß wo
der Fluß Caßmin in den Gangetiſchen Seebu-
ſem faͤllt/ in der Serer Gewalt/ ja ſie verfolgten
ihren Sieg biß gar an den Fluß Ganges. Die-
ſemnach ging ich von Chingkiang zu der reichen
und luſtigen Haupt-Stadt Jnunan/ an dem
groſſen See Tien/ die ihr Eroberer Koͤnig

Hiaov
M m m m 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0701" n="645"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
Nachts darauff ein den glu&#x0364;enden Kohlen glei-<lb/>
ches Feuer ge&#x017F;chen wird/ welches die einfa&#x0364;ltigen<lb/>
Einwohner fu&#x0364;r &#x017F;eltzame Schlangen oder Spin-<lb/>
nen halten. Bey die&#x017F;er Stadt gingen wir u&#x0364;-<lb/>
ber die von hundert und dreißig Schiffen be&#x017F;te-<lb/>
hende/ und mit ei&#x017F;ernen Ketten befe&#x017F;tigte Bru&#x0364;-<lb/>
cke/ und &#x017F;o denn auff dem Flu&#x017F;&#x017F;e Chang nach<lb/>
Nangan. Allhier mu&#x017F;ten wir u&#x0364;ber das &#x017F;chwe-<lb/>
re Gebu&#x0364;rge/ welches das Land Kiang&#x017F;i von<lb/>
Qvantung trennet/ vorhin das Ko&#x0364;nigreich Na-<lb/>
nive gehei&#x017F;&#x017F;en/ und vom Ko&#x0364;nige Hiaovus er-<lb/>
obert worden. Wir &#x017F;etzten uns aber bey der<lb/>
er&#x017F;ten Stadt Hiungheu auff den Fluß Chin/<lb/>
fuhren &#x017F;tromab/ und kriegten da&#x017F;elb&#x017F;t eine lu-<lb/>
&#x017F;tige Land&#x017F;chafft/ auff welcher viel hohe Stein-<lb/>
klippen gerade hinauff wie Seulen gewach&#x017F;en<lb/>
waren/ nicht minder das &#x017F;eltzame Gebu&#x0364;rge der<lb/>
fu&#x0364;nff Pferdeko&#x0364;pffe ins Ge&#x017F;ichte. Bey der<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Stadt Xaocheu/ wo der Fluß Chin und<lb/>
Vu zu&#x017F;ammen fließen/ &#x017F;chifften wir vorbey/<lb/>
und kamen durch das alles Augenmaß u&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;teigende Gebu&#x0364;rge Sangwonhab/ welches die-<lb/>
&#x017F;er Strom durch&#x017F;chneidet/ und auff dem Holtze/<lb/>
&#x017F;o harte und &#x017F;chwer wie Ei&#x017F;en wa&#x0364;ch&#x017F;t/ endlich<lb/>
in die Wunder-Stadt Qvangcheu/ wo der<lb/>
Fluß Chin und Ta in das gro&#x017F;&#x017F;e Sud-Meer<lb/>
fa&#x0364;llt. Die&#x017F;e vier deut&#x017F;che Meilen gro&#x017F;&#x017F;e Stadt<lb/>
i&#x017F;t auff der einen Seite mit dem breiten Stro-<lb/>
me/ einer zweyfachen Mauer/ und zwey Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er-Fe&#x017F;tungen/ auff den andern Seiten in ei-<lb/>
nem halben Zirckel mit Mauern/ fu&#x0364;nff Schlo&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ern und hohen Bergen verwahret/ mit ko&#x0364;&#x017F;tli-<lb/>
chen Tempeln/ Pala&#x0364;&#x017F;ten auch Marmelnen<lb/>
Siegs-Bogen ge&#x017F;chmu&#x0364;ckt/ und durch gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Kauffmann&#x017F;chafft und Schiffarth bereichert.<lb/>
Nachdem ich hie einen Tag ausgeruhet/ &#x017F;chiff-<lb/>
te ich auff dem Flu&#x017F;&#x017F;e Ta gegen Abend/ kam<lb/>
in die herrliche Stadt Nanhai/ um welche<lb/>
das wohlru&#x0364;chende und von der Natur &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n<lb/>
gemahlte Adler-Holtz wa&#x0364;ch&#x017F;t/ in das Land<lb/>
Qvang&#x017F;i zu der viel be&#x017F;tro&#x0364;mten und von den<lb/>
Meelba&#x0364;umen Qvanglang beru&#x0364;hmten Stadt<lb/><cb/>
Kiaocheu. Die&#x017F;es Landes Haupt-Stadt i&#x017F;t<lb/>
Queilni/ bey welchem &#x017F;ieben Berge den Stand<lb/>
des ge&#x017F;tirnten gro&#x017F;&#x017F;en Ba&#x0364;ren eigentlich dar-<lb/>
&#x017F;tellen. Von Nanhai ließ ich das Schiff a-<lb/>
bermals mit Pferden nach der Stadt Qveping<lb/>
ziehen/ in welcher Gegend wir etliche geho&#x0364;rnte<lb/>
Thiere/ derer Bein auch das Helffenbein u&#x0364;ber-<lb/>
trifft/ zur Erlu&#x017F;tigung durch ausge&#x017F;treutes<lb/>
Saltz fingen; &#x017F;intemahl die&#x017F;es unvernu&#x0364;nfftige<lb/>
Fu&#x0364;rbild der an der verderblichen Wollu&#x017F;t kle-<lb/>
benden Men&#x017F;chen lieber die Freyheit und das<lb/>
Leben/ als das ihm &#x017F;o wohl &#x017F;chmeckende Saltz<lb/>
einbu&#x0364;ßet. Auff die&#x017F;e Art kam ich auch nach Yo-<lb/>
lin/ ja auff den Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Luon und Puon in das<lb/>
Reich Jnunan. Die&#x017F;es gro&#x017F;&#x017F;e Land geho&#x0364;rte<lb/>
fu&#x0364;r Zeiten zu dem Ko&#x0364;nigreiche Mung/ oder<lb/>
Nanchao/ welches zwar vom Ko&#x0364;nige Xius be-<lb/>
mei&#x017F;tert ward/ kurtz hernach aber wieder abfiel.<lb/>
Als aber de&#x017F;&#x017F;elbten Ko&#x0364;nig Sinulo &#x017F;ein Volck/<lb/>
zu Zeiten des Seri&#x017F;chen Ko&#x0364;nigs Hiaouv/ in<lb/>
&#x017F;ein Gebiete unter&#x017F;chiedene Einfa&#x0364;lle thun/ und<lb/>
Raub holen ließ/ Hiaouv aber &#x017F;ich durch Ge-<lb/>
&#x017F;and&#x017F;chafft hieru&#x0364;ber be&#x017F;chwerte/ entblo&#x0364;ßte Si-<lb/>
nulo &#x017F;eine Sebel/ und hieb darmit &#x017F;echs Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
tieff in einen Stein/ welcher nah bey der Stadt<lb/>
Chinkiang/ da ich zum er&#x017F;ten ankam/ zu &#x017F;ehen i&#x017F;t/<lb/>
mit beyge&#x017F;etzten Worten: gehet und &#x017F;agt eurem<lb/>
Ko&#x0364;nige/ was wir fu&#x0364;r Schwerdter haben. Hier-<lb/>
u&#x0364;ber ward Hiaouv &#x017F;ehr erbittert/ brach daher<lb/>
mit einem außerle&#x017F;enen Heere unter &#x017F;einem<lb/>
Feldhauptmann Tang&#x017F;ienyv allhier ein/ er-<lb/>
&#x017F;chlug den Ko&#x0364;nig Sinulo mit zwey hundert<lb/>
tau&#x017F;end Jndianern bey der kleinen Stadt Chao/<lb/>
derer Beerdigung man noch auff dem Berge<lb/>
Fungy zeiget. Al&#x017F;ofielen des Sinulo &#x017F;a&#x0364;mtli-<lb/>
che La&#x0364;nder Tibet/ Laos/ Necbal/ Aracan/ biß wo<lb/>
der Fluß Caßmin in den Gangeti&#x017F;chen Seebu-<lb/>
&#x017F;em fa&#x0364;llt/ in der Serer Gewalt/ ja &#x017F;ie verfolgten<lb/>
ihren Sieg biß gar an den Fluß Ganges. Die-<lb/>
&#x017F;emnach ging ich von Chingkiang zu der reichen<lb/>
und lu&#x017F;tigen Haupt-Stadt Jnunan/ an dem<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en See Tien/ die ihr Eroberer Ko&#x0364;nig<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M m m m 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Hiaov</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[645/0701] Arminius und Thußnelda. Nachts darauff ein den gluͤenden Kohlen glei- ches Feuer geſchen wird/ welches die einfaͤltigen Einwohner fuͤr ſeltzame Schlangen oder Spin- nen halten. Bey dieſer Stadt gingen wir uͤ- ber die von hundert und dreißig Schiffen beſte- hende/ und mit eiſernen Ketten befeſtigte Bruͤ- cke/ und ſo denn auff dem Fluſſe Chang nach Nangan. Allhier muſten wir uͤber das ſchwe- re Gebuͤrge/ welches das Land Kiangſi von Qvantung trennet/ vorhin das Koͤnigreich Na- nive geheiſſen/ und vom Koͤnige Hiaovus er- obert worden. Wir ſetzten uns aber bey der erſten Stadt Hiungheu auff den Fluß Chin/ fuhren ſtromab/ und kriegten daſelbſt eine lu- ſtige Landſchafft/ auff welcher viel hohe Stein- klippen gerade hinauff wie Seulen gewachſen waren/ nicht minder das ſeltzame Gebuͤrge der fuͤnff Pferdekoͤpffe ins Geſichte. Bey der ſchoͤnen Stadt Xaocheu/ wo der Fluß Chin und Vu zuſammen fließen/ ſchifften wir vorbey/ und kamen durch das alles Augenmaß uͤber- ſteigende Gebuͤrge Sangwonhab/ welches die- ſer Strom durchſchneidet/ und auff dem Holtze/ ſo harte und ſchwer wie Eiſen waͤchſt/ endlich in die Wunder-Stadt Qvangcheu/ wo der Fluß Chin und Ta in das groſſe Sud-Meer faͤllt. Dieſe vier deutſche Meilen groſſe Stadt iſt auff der einen Seite mit dem breiten Stro- me/ einer zweyfachen Mauer/ und zwey Waſ- ſer-Feſtungen/ auff den andern Seiten in ei- nem halben Zirckel mit Mauern/ fuͤnff Schloͤſ- ſern und hohen Bergen verwahret/ mit koͤſtli- chen Tempeln/ Palaͤſten auch Marmelnen Siegs-Bogen geſchmuͤckt/ und durch groſſe Kauffmannſchafft und Schiffarth bereichert. Nachdem ich hie einen Tag ausgeruhet/ ſchiff- te ich auff dem Fluſſe Ta gegen Abend/ kam in die herrliche Stadt Nanhai/ um welche das wohlruͤchende und von der Natur ſo ſchoͤn gemahlte Adler-Holtz waͤchſt/ in das Land Qvangſi zu der viel beſtroͤmten und von den Meelbaͤumen Qvanglang beruͤhmten Stadt Kiaocheu. Dieſes Landes Haupt-Stadt iſt Queilni/ bey welchem ſieben Berge den Stand des geſtirnten groſſen Baͤren eigentlich dar- ſtellen. Von Nanhai ließ ich das Schiff a- bermals mit Pferden nach der Stadt Qveping ziehen/ in welcher Gegend wir etliche gehoͤrnte Thiere/ derer Bein auch das Helffenbein uͤber- trifft/ zur Erluſtigung durch ausgeſtreutes Saltz fingen; ſintemahl dieſes unvernuͤnfftige Fuͤrbild der an der verderblichen Wolluſt kle- benden Menſchen lieber die Freyheit und das Leben/ als das ihm ſo wohl ſchmeckende Saltz einbuͤßet. Auff dieſe Art kam ich auch nach Yo- lin/ ja auff den Fluͤſſen Luon und Puon in das Reich Jnunan. Dieſes groſſe Land gehoͤrte fuͤr Zeiten zu dem Koͤnigreiche Mung/ oder Nanchao/ welches zwar vom Koͤnige Xius be- meiſtert ward/ kurtz hernach aber wieder abfiel. Als aber deſſelbten Koͤnig Sinulo ſein Volck/ zu Zeiten des Seriſchen Koͤnigs Hiaouv/ in ſein Gebiete unterſchiedene Einfaͤlle thun/ und Raub holen ließ/ Hiaouv aber ſich durch Ge- ſandſchafft hieruͤber beſchwerte/ entbloͤßte Si- nulo ſeine Sebel/ und hieb darmit ſechs Fuͤſſe tieff in einen Stein/ welcher nah bey der Stadt Chinkiang/ da ich zum erſten ankam/ zu ſehen iſt/ mit beygeſetzten Worten: gehet und ſagt eurem Koͤnige/ was wir fuͤr Schwerdter haben. Hier- uͤber ward Hiaouv ſehr erbittert/ brach daher mit einem außerleſenen Heere unter ſeinem Feldhauptmann Tangſienyv allhier ein/ er- ſchlug den Koͤnig Sinulo mit zwey hundert tauſend Jndianern bey der kleinen Stadt Chao/ derer Beerdigung man noch auff dem Berge Fungy zeiget. Alſofielen des Sinulo ſaͤmtli- che Laͤnder Tibet/ Laos/ Necbal/ Aracan/ biß wo der Fluß Caßmin in den Gangetiſchen Seebu- ſem faͤllt/ in der Serer Gewalt/ ja ſie verfolgten ihren Sieg biß gar an den Fluß Ganges. Die- ſemnach ging ich von Chingkiang zu der reichen und luſtigen Haupt-Stadt Jnunan/ an dem groſſen See Tien/ die ihr Eroberer Koͤnig Hiaov M m m m 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/701
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 645. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/701>, abgerufen am 29.06.2024.