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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] schiedenen Todschlägen/ von Phytaliden; und
Bellerophon vom Pratus der Argiver Könige
der Ceres einweihen lassen. Die aber dieser
Göttin sich vollkommen wiedmeten/ würden
durch ein Hemde der Ceres von oben an
durchgesteckt/ gleich als wenn sie von dieser
Göttin gleichsam wiedergebohren würden.
Auf welche Art auch Juno den Hercules an
Kindesstatt angenommen hätte. Sie müsten
über diß gewisse Zeit fasten/ und insonderheit
sich Brodt und Weines/ am meisten aber des
Beyschlafs enthalten/ und ihre Geburts-Glie-
der dieser Mässigkeit halber mit Saffte vom
Zieger-Kraute netzen. Massen der Ceres
Priester durch einen solchen Tranck sich gar
zu entmannen verbunden wären. Diese Ein-
weihung hätte die Krafft die Seelen gleichsam
von den Hefen irrdischer Dinge abzuspülen/ die
Geister zum Nachsinnen in Göttlichen Sachen
zu erhöhen. Sie kriegten einen Zug zu einem
gerechtern Leben/ und hätten deswegen in al-
len Gefährligkeiten die Götter zu ihren Bey-
ständen. Nach dem Tode wohnten die Ein-
geweyhten/ wenn sich andere im Schlamme
sieleten/ im Finstern herumb schwermeten/ bey
den Göttern/ und hätten ihre absondere Son-
ne und Gestirne stets in Augen/ das Gemüthe
aber voller Freuden. Diesemnach hätten die
berühmsten Helden Jason/ Castor/ Pollux/ Her-
cules/ Orpheus/ König Philipp in Macedoni-
en/ und nunmehr auch August sich zu Athen ein-
segnen lassen. Jn Samothracien wären auch
zwey solche alte Heiligthümer; da man nemlich
denen Cabirischen und Curetischen Göttern ein-
geweihet würde. Von dar wären sie vom Co-
rybas Jasions und der Cybele Sohne in Phry-
gien/ und endlich unter dem Nahmen des
Cybelischen Gottesdienstes nach Rom gebracht
worden.

Nach dreyen Tagen ward der Jndianische
Gesandte in die Cecropsburg zum Käyser mit
[Spaltenumbruch] grossem Gepränge abgeholet. So bald der
weise Zarmar an der überaus prächtigen Stir-
ne des Minervischen Tempels die güldene U-
berschrifft: Dem unbekandten Gotte/
erblickte/ fiel er auf sein Antlitz in Staub dar-
nieder/ und brachte bey nahe eine Stunde in
seiner gewohnten Andacht zu. Die Prtester
der Minerva sahen Zarmarn mit Verwunde-
rung zu/ wusten uns aber diese alte Uberschrifft
nicht recht zu erklären; ausser: daß selbte ver-
muthlich von einem zu Phalera in Elis befind-
lichen Altare genommen wäre/ darein Epime-
nides zu Solons Zeiten eben diß geschrieben
hätte. Jedoch wäre die Zeit der Wahrsagung
gleich vorbey/ da dieser unbekandte Gott solte
offenbart werden. Weil nun der Gesandte
ohne Zarmarn seinen Dolmetscher nicht in die
Königliche Burg fortrücken wolte/ zeigten ihm
inzwischen die Priester des Praxiteles Diana/
die vom weisen Socrates gebildeten Gratien/
des Dedalus/ Cleetas/ Endeus und Calamis
unvergleichliche Arbeit in Bildern/ Säulen
und der Bau-Kunst/ wie nichts weniger viel
unschätzbare Gemählde des Micon/ des Par-
rhasius/ und Timenettus. Mecenas empfing
ihn in dem letzten Vor-Gemache/ und führte
ihn zur Verhör in das Käyserliche Gemach.
Für dem Gesandten trugen acht nackte Jndia-
ner die an köstlichen Edel-Gesteinen/ Perlen
und Ambra bestehende Geschencke vorher.
Hierbey lieff ein Jüngling ohne Achseln und
Armen/ welcher mit den Füssen den Bogen
spannen/ Pfeile abschüssen/ und alle sonst den
Händen obliegende Arbeit geschicklich verrich-
tete. Von denen andern Geschencken/ welche
an vielen vorher in Griechenland noch nie gese-
henen Tigern/ an zehn Ellen langen Schlangen/
dreyellichten Schnecken/ an einem Rebhune/
welches grösser als ein Geyer war/ bestanden/
ward dem Käyser ein Verzeichnüß nebst einem
Grichischen Schreiben vom Könige Pirimal

einge-

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] ſchiedenen Todſchlaͤgen/ von Phytaliden; und
Bellerophon vom Pratus der Argiver Koͤnige
der Ceres einweihen laſſen. Die aber dieſer
Goͤttin ſich vollkommen wiedmeten/ wuͤrden
durch ein Hemde der Ceres von oben an
durchgeſteckt/ gleich als wenn ſie von dieſer
Goͤttin gleichſam wiedergebohren wuͤrden.
Auf welche Art auch Juno den Hercules an
Kindesſtatt angenommen haͤtte. Sie muͤſten
uͤber diß gewiſſe Zeit faſten/ und inſonderheit
ſich Brodt und Weines/ am meiſten aber des
Beyſchlafs enthalten/ und ihre Geburts-Glie-
der dieſer Maͤſſigkeit halber mit Saffte vom
Zieger-Kraute netzen. Maſſen der Ceres
Prieſter durch einen ſolchen Tranck ſich gar
zu entmannen verbunden waͤren. Dieſe Ein-
weihung haͤtte die Krafft die Seelen gleichſam
von den Hefen irrdiſcher Dinge abzuſpuͤlen/ die
Geiſter zum Nachſinnen in Goͤttlichen Sachen
zu erhoͤhen. Sie kriegten einen Zug zu einem
gerechtern Leben/ und haͤtten deswegen in al-
len Gefaͤhrligkeiten die Goͤtter zu ihren Bey-
ſtaͤnden. Nach dem Tode wohnten die Ein-
geweyhten/ wenn ſich andere im Schlamme
ſieleten/ im Finſtern herumb ſchwermeten/ bey
den Goͤttern/ und haͤtten ihre abſondere Son-
ne und Geſtirne ſtets in Augen/ das Gemuͤthe
aber voller Freuden. Dieſemnach haͤtten die
beruͤhmſten Helden Jaſon/ Caſtor/ Pollux/ Her-
cules/ Orpheus/ Koͤnig Philipp in Macedoni-
en/ und nunmehr auch Auguſt ſich zu Athen ein-
ſegnen laſſen. Jn Samothracien waͤren auch
zwey ſolche alte Heiligthuͤmer; da man nemlich
denen Cabiriſchen und Curetiſchen Goͤttern ein-
geweihet wuͤrde. Von dar waͤren ſie vom Co-
rybas Jaſions und der Cybele Sohne in Phry-
gien/ und endlich unter dem Nahmen des
Cybeliſchen Gottesdienſtes nach Rom gebracht
worden.

Nach dreyen Tagen ward der Jndianiſche
Geſandte in die Cecropsburg zum Kaͤyſer mit
[Spaltenumbruch] groſſem Gepraͤnge abgeholet. So bald der
weiſe Zarmar an der uͤberaus praͤchtigen Stir-
ne des Minerviſchen Tempels die guͤldene U-
berſchrifft: Dem unbekandten Gotte/
erblickte/ fiel er auf ſein Antlitz in Staub dar-
nieder/ und brachte bey nahe eine Stunde in
ſeiner gewohnten Andacht zu. Die Prteſter
der Minerva ſahen Zarmarn mit Verwunde-
rung zu/ wuſten uns aber dieſe alte Uberſchrifft
nicht recht zu erklaͤren; auſſer: daß ſelbte ver-
muthlich von einem zu Phalera in Elis befind-
lichen Altare genommen waͤre/ darein Epime-
nides zu Solons Zeiten eben diß geſchrieben
haͤtte. Jedoch waͤre die Zeit der Wahrſagung
gleich vorbey/ da dieſer unbekandte Gott ſolte
offenbart werden. Weil nun der Geſandte
ohne Zarmarn ſeinen Dolmetſcher nicht in die
Koͤnigliche Burg fortruͤcken wolte/ zeigten ihm
inzwiſchen die Prieſter des Praxiteles Diana/
die vom weiſen Socrates gebildeten Gratien/
des Dedalus/ Cleetas/ Endeus und Calamis
unvergleichliche Arbeit in Bildern/ Saͤulen
und der Bau-Kunſt/ wie nichts weniger viel
unſchaͤtzbare Gemaͤhlde des Micon/ des Par-
rhaſius/ und Timenettus. Mecenas empfing
ihn in dem letzten Vor-Gemache/ und fuͤhrte
ihn zur Verhoͤr in das Kaͤyſerliche Gemach.
Fuͤr dem Geſandten trugen acht nackte Jndia-
ner die an koͤſtlichen Edel-Geſteinen/ Perlen
und Ambra beſtehende Geſchencke vorher.
Hierbey lieff ein Juͤngling ohne Achſeln und
Armen/ welcher mit den Fuͤſſen den Bogen
ſpannen/ Pfeile abſchuͤſſen/ und alle ſonſt den
Haͤnden obliegende Arbeit geſchicklich verrich-
tete. Von denen andern Geſchencken/ welche
an vielen vorher in Griechenland noch nie geſe-
henen Tigern/ an zehn Ellen langen Schlangen/
dreyellichten Schnecken/ an einem Rebhune/
welches groͤſſer als ein Geyer war/ beſtanden/
ward dem Kaͤyſer ein Verzeichnuͤß nebſt einem
Grichiſchen Schreiben vom Koͤnige Pirimal

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 690. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/746>, abgerufen am 29.06.2024.