Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] der/ rauschende Bäche/ gesunde Brunnen in ei-
nem Kreiß versammlet; die Kunst aber mühte
sich mit Einpfropffung allerhand ausländischer
Gewächse/ zierlicher Eintheilung des Baum-
wercks und Blumenstücke/ mit Bereitung sel-
tzamer Felsen und Klüffte/ von den höchsten Gi-
pfeln abstürtzender Wasser/ spielender Wasser-
Künste der Natur ihrer Mutter einen Rang ab-
zurennen. Das Lusthaus war aus weissem Mar-
mel gebaut/ die Decken waren mit Helffenbein
übertäffelt/ die Fenster aus Berg-Kristallen/ die
Tische aus flasernem Zitron- und Zeder-Holtze/
welche meist gleichsam mit Augen eines Pfauen-
Schwantzes beworffen waren. Die Bödeme
waren mit Aßyrischen/ die Wände mit Seri-
schen Teppichten/ oder Persischen Goldstücken
bekleidet/ welche noch darzu von Perlen starrten/
und mit Edelgesteinen flammeten. Wiewol nun
diese mehr als Königliche Pracht aller Augen
gleichsam verblendete/ so hatte doch Mecenas in
diesem seinem Eigenthume alles Ansehen seiner
Würde/ und alles Gepränge des Hofes von sich
weggeleget; und dahero schiene die Wollust hier so
wenig schädlich/ als die Schlangen auff Cypern
gifftig zu seyn. Seine Höffligkeit machten seine
unüberfirnste Gemüths-Gaben desto scheinba-
rer/ also/ daß wir bey Hofe nur die Helffte des
Mecenas/ in dieser Einsamkeit aber seine gantze
Vollkommenheit gesehen zu haben uns bedün-
cken liessen. Denn seine vorige Freundligkeit
verwandelte er nunmehr in eine offenhertzige
Verträuligkeit. Er hatte von den Grossen des
Hofes keinen bey sich/ ob schon seine Taffel täg-
lich iedermann offen stand; indem er mit dem E-
picur eine einsame Mahlzeit für eine Zerflei-
schung roher Thiere/ und eine Lebens-Art der
Löwen und Wölffe hielt. Gleichwol wäre seine
Taffel dißmal auch für den Käyser selbst nicht zu
geringe gewest/ so wohl wegen der kostbaren Zu-
bereitung/ als wegen Seltzamkeit der Gerichte;
unter welchen aber zu unserer Verwunderung
[Spaltenumbruch] ein Viertel von einem jungen Esel befindlich
war; welches Mecenas seinen Gästen allezeit
fürzusetzen soll gewohnt gewesen seyn. Maro und
Horatz waren wie sonst täglich/ also auch dißmal
seine Gäste; wormit er durch Anleitung ihrer
Getichte auch bey annehmlichem Zeitvertreib
unvermerckt zu der Liebe der Tugend und Weiß-
heit auffgemuntert würde. Aller dieser meiste
Unterredungen waren eitel Lobopffer des Käy-
sers; oder Lehren/ wie man durch Tugend ein Le-
ben bey der Nachwelt erhalten solte. Unter die-
ser Verträuligkeit nahm ich wahr/ wie Mecenas
ihm selbst ein Stücke von dem Esel-Viertel ab-
schnitt/ und bey dessen begieriger Verzehrung al-
ler andern Köstligkeiten vergaß. Diesemnach
ich von dem Vorschneider selbst ein Theil von
diesem neuen Gerichte verlangte; welches mir/
ich weiß nicht ob aus einem Zuge gegen dem Me-
cenas/ oder seiner Gütigkeit halber überaus wol
schmeckte; und daher anfing: Jch wünschte mir
nun auch auf eine kurtze Zeit einen Kranchs oder
Kamel-Hals mit dem Philoxenus; oder daß ich
wie Pithyllus meine Zunge in ein Futter einge-
schlossen gehabt hätte/ um diese Süßigkeit so viel
eigentlicher zu schmecken. Mecenas veranlaste
den Jndianischen Gesandten hiervon auch et-
was zu geniessen; aber er war hierzu nicht zu be-
reden; weßwegen ich ihn schertzweise entschuldig-
te: Jn Jndien äße man keine Hasen/ daher mü-
ste der Gesandte auch der Aehnligkeit halber sich
der Esel enthalten. Horatius begegnete mim wenn
des Römischen Frauen zimmers Glaube wahr
wäre: daß das Hasenfleisch schön machte/ müste es
in Jndien Mangel an schönem Frauenzimmer ge-
benn. Der Gesandte antwortete mit einem gleich-
mäßigen Schertze: die Jndianer wüsten zwar
die Eigenschafft beyderley Fleisches; alleine wie
die Einwohner der Atlantischen Eylande kein
Schwein/ aus Beysorge/ sie möchten kleine Au-
gen bekommen/ wie auch keine Schildkröte äßen/
aus Furcht nicht so schlammig zu werden; also

ent-
S s s s 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] der/ rauſchende Baͤche/ geſunde Brunnen in ei-
nem Kreiß verſammlet; die Kunſt aber muͤhte
ſich mit Einpfropffung allerhand auslaͤndiſcher
Gewaͤchſe/ zierlicher Eintheilung des Baum-
wercks und Blumenſtuͤcke/ mit Bereitung ſel-
tzamer Felſen und Kluͤffte/ von den hoͤchſten Gi-
pfeln abſtuͤrtzender Waſſer/ ſpielender Waſſer-
Kuͤnſte der Natur ihrer Mutter einen Rang ab-
zurennen. Das Luſthaus war aus weiſſem Mar-
mel gebaut/ die Decken waren mit Helffenbein
uͤbertaͤffelt/ die Fenſter aus Berg-Kriſtallen/ die
Tiſche aus flaſernem Zitron- und Zeder-Holtze/
welche meiſt gleichſam mit Augen eines Pfauen-
Schwantzes beworffen waren. Die Boͤdeme
waren mit Aßyriſchen/ die Waͤnde mit Seri-
ſchen Teppichten/ oder Perſiſchen Goldſtuͤcken
bekleidet/ welche noch darzu von Perlen ſtarrten/
und mit Edelgeſteinen flammeten. Wiewol nun
dieſe mehr als Koͤnigliche Pracht aller Augen
gleichſam verblendete/ ſo hatte doch Mecenas in
dieſem ſeinem Eigenthume alles Anſehen ſeiner
Wuͤrde/ und alles Gepraͤnge des Hofes von ſich
weggeleget; uñ dahero ſchiene die Wolluſt hier ſo
wenig ſchaͤdlich/ als die Schlangen auff Cypern
gifftig zu ſeyn. Seine Hoͤffligkeit machten ſeine
unuͤberfirnſte Gemuͤths-Gaben deſto ſcheinba-
rer/ alſo/ daß wir bey Hofe nur die Helffte des
Mecenas/ in dieſer Einſamkeit aber ſeine gantze
Vollkommenheit geſehen zu haben uns beduͤn-
cken lieſſen. Denn ſeine vorige Freundligkeit
verwandelte er nunmehr in eine offenhertzige
Vertraͤuligkeit. Er hatte von den Groſſen des
Hofes keinen bey ſich/ ob ſchon ſeine Taffel taͤg-
lich iedermann offen ſtand; indem er mit dem E-
picur eine einſame Mahlzeit fuͤr eine Zerflei-
ſchung roher Thiere/ und eine Lebens-Art der
Loͤwen und Woͤlffe hielt. Gleichwol waͤre ſeine
Taffel dißmal auch fuͤr den Kaͤyſer ſelbſt nicht zu
geringe geweſt/ ſo wohl wegen der koſtbaren Zu-
bereitung/ als wegen Seltzamkeit der Gerichte;
unter welchen aber zu unſerer Verwunderung
[Spaltenumbruch] ein Viertel von einem jungen Eſel befindlich
war; welches Mecenas ſeinen Gaͤſten allezeit
fuͤrzuſetzen ſoll gewohnt geweſen ſeyn. Maro uñ
Horatz waren wie ſonſt taͤglich/ alſo auch dißmal
ſeine Gaͤſte; wormit er durch Anleitung ihrer
Getichte auch bey annehmlichem Zeitvertreib
unvermerckt zu der Liebe deꝛ Tugend und Weiß-
heit auffgemuntert wuͤrde. Aller dieſer meiſte
Unterredungen waren eitel Lobopffer des Kaͤy-
ſers; oder Lehren/ wie man durch Tugend ein Le-
ben bey der Nachwelt erhalten ſolte. Unter die-
ſer Vertraͤuligkeit nahm ich wahr/ wie Mecenas
ihm ſelbſt ein Stuͤcke von dem Eſel-Viertel ab-
ſchnitt/ und bey deſſen begieriger Verzehrung al-
ler andern Koͤſtligkeiten vergaß. Dieſemnach
ich von dem Vorſchneider ſelbſt ein Theil von
dieſem neuen Gerichte verlangte; welches mir/
ich weiß nicht ob aus einem Zuge gegen dem Me-
cenas/ oder ſeiner Guͤtigkeit halber uͤberaus wol
ſchmeckte; und daher anfing: Jch wuͤnſchte mir
nun auch auf eine kurtze Zeit einen Kranchs odeꝛ
Kamel-Hals mit dem Philoxenus; oder daß ich
wie Pithyllus meine Zunge in ein Futter einge-
ſchloſſen gehabt haͤtte/ um dieſe Suͤßigkeit ſo viel
eigentlicher zu ſchmecken. Mecenas veranlaſte
den Jndianiſchen Geſandten hiervon auch et-
was zu genieſſen; aber er war hierzu nicht zu be-
reden; weßwegen ich ihn ſchertzweiſe entſchuldig-
te: Jn Jndien aͤße man keine Haſen/ daher muͤ-
ſte der Geſandte auch der Aehnligkeit halber ſich
der Eſel enthalten. Horatius begegnete mim weñ
des Roͤmiſchen Frauen zimmers Glaube wahr
waͤre: daß das Haſenfleiſch ſchoͤn machte/ muͤſte es
in Jndien Mangel an ſchoͤnem Frauenzim̃er ge-
beñ. Der Geſandte antwortete mit einem gleich-
maͤßigen Schertze: die Jndianer wuͤſten zwar
die Eigenſchafft beyderley Fleiſches; alleine wie
die Einwohner der Atlantiſchen Eylande kein
Schwein/ aus Beyſorge/ ſie moͤchten kleine Au-
gen bekom̃en/ wie auch keine Schildkroͤte aͤßen/
aus Furcht nicht ſo ſchlammig zu werden; alſo

ent-
S s s s 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0749" n="693"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
der/ rau&#x017F;chende Ba&#x0364;che/ ge&#x017F;unde Brunnen in ei-<lb/>
nem Kreiß ver&#x017F;ammlet; die Kun&#x017F;t aber mu&#x0364;hte<lb/>
&#x017F;ich mit Einpfropffung allerhand ausla&#x0364;ndi&#x017F;cher<lb/>
Gewa&#x0364;ch&#x017F;e/ zierlicher Eintheilung des Baum-<lb/>
wercks und Blumen&#x017F;tu&#x0364;cke/ mit Bereitung &#x017F;el-<lb/>
tzamer Fel&#x017F;en und Klu&#x0364;ffte/ von den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Gi-<lb/>
pfeln ab&#x017F;tu&#x0364;rtzender Wa&#x017F;&#x017F;er/ &#x017F;pielender Wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
Ku&#x0364;n&#x017F;te der Natur ihrer Mutter einen Rang ab-<lb/>
zurennen. Das Lu&#x017F;thaus war aus wei&#x017F;&#x017F;em Mar-<lb/>
mel gebaut/ die Decken waren mit Helffenbein<lb/>
u&#x0364;berta&#x0364;ffelt/ die Fen&#x017F;ter aus Berg-Kri&#x017F;tallen/ die<lb/>
Ti&#x017F;che aus fla&#x017F;ernem Zitron- und Zeder-Holtze/<lb/>
welche mei&#x017F;t gleich&#x017F;am mit Augen eines Pfauen-<lb/>
Schwantzes beworffen waren. Die Bo&#x0364;deme<lb/>
waren mit Aßyri&#x017F;chen/ die Wa&#x0364;nde mit Seri-<lb/>
&#x017F;chen Teppichten/ oder Per&#x017F;i&#x017F;chen Gold&#x017F;tu&#x0364;cken<lb/>
bekleidet/ welche noch darzu von Perlen &#x017F;tarrten/<lb/>
und mit Edelge&#x017F;teinen flammeten. Wiewol nun<lb/>
die&#x017F;e mehr als Ko&#x0364;nigliche Pracht aller Augen<lb/>
gleich&#x017F;am verblendete/ &#x017F;o hatte doch Mecenas in<lb/>
die&#x017F;em &#x017F;einem Eigenthume alles An&#x017F;ehen &#x017F;einer<lb/>
Wu&#x0364;rde/ und alles Gepra&#x0364;nge des Hofes von &#x017F;ich<lb/>
weggeleget; un&#x0303; dahero &#x017F;chiene die Wollu&#x017F;t hier &#x017F;o<lb/>
wenig &#x017F;cha&#x0364;dlich/ als die Schlangen auff Cypern<lb/>
gifftig zu &#x017F;eyn. Seine Ho&#x0364;ffligkeit machten &#x017F;eine<lb/>
unu&#x0364;berfirn&#x017F;te Gemu&#x0364;ths-Gaben de&#x017F;to &#x017F;cheinba-<lb/>
rer/ al&#x017F;o/ daß wir bey Hofe nur die Helffte des<lb/>
Mecenas/ in die&#x017F;er Ein&#x017F;amkeit aber &#x017F;eine gantze<lb/>
Vollkommenheit ge&#x017F;ehen zu haben uns bedu&#x0364;n-<lb/>
cken lie&#x017F;&#x017F;en. Denn &#x017F;eine vorige Freundligkeit<lb/>
verwandelte er nunmehr in eine offenhertzige<lb/>
Vertra&#x0364;uligkeit. Er hatte von den Gro&#x017F;&#x017F;en des<lb/>
Hofes keinen bey &#x017F;ich/ ob &#x017F;chon &#x017F;eine Taffel ta&#x0364;g-<lb/>
lich iedermann offen &#x017F;tand; indem er mit dem E-<lb/>
picur eine ein&#x017F;ame Mahlzeit fu&#x0364;r eine Zerflei-<lb/>
&#x017F;chung roher Thiere/ und eine Lebens-Art der<lb/>
Lo&#x0364;wen und Wo&#x0364;lffe hielt. Gleichwol wa&#x0364;re &#x017F;eine<lb/>
Taffel dißmal auch fu&#x0364;r den Ka&#x0364;y&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t nicht zu<lb/>
geringe gewe&#x017F;t/ &#x017F;o wohl wegen der ko&#x017F;tbaren Zu-<lb/>
bereitung/ als wegen Seltzamkeit der Gerichte;<lb/>
unter welchen aber zu un&#x017F;erer Verwunderung<lb/><cb/>
ein Viertel von einem jungen E&#x017F;el befindlich<lb/>
war; welches Mecenas &#x017F;einen Ga&#x0364;&#x017F;ten allezeit<lb/>
fu&#x0364;rzu&#x017F;etzen &#x017F;oll gewohnt gewe&#x017F;en &#x017F;eyn. Maro un&#x0303;<lb/>
Horatz waren wie &#x017F;on&#x017F;t ta&#x0364;glich/ al&#x017F;o auch dißmal<lb/>
&#x017F;eine Ga&#x0364;&#x017F;te; wormit er durch Anleitung ihrer<lb/>
Getichte auch bey annehmlichem Zeitvertreib<lb/>
unvermerckt zu der Liebe de&#xA75B; Tugend und Weiß-<lb/>
heit auffgemuntert wu&#x0364;rde. Aller die&#x017F;er mei&#x017F;te<lb/>
Unterredungen waren eitel Lobopffer des Ka&#x0364;y-<lb/>
&#x017F;ers; oder Lehren/ wie man durch Tugend ein Le-<lb/>
ben bey der Nachwelt erhalten &#x017F;olte. Unter die-<lb/>
&#x017F;er Vertra&#x0364;uligkeit nahm ich wahr/ wie Mecenas<lb/>
ihm &#x017F;elb&#x017F;t ein Stu&#x0364;cke von dem E&#x017F;el-Viertel ab-<lb/>
&#x017F;chnitt/ und bey de&#x017F;&#x017F;en begieriger Verzehrung al-<lb/>
ler andern Ko&#x0364;&#x017F;tligkeiten vergaß. Die&#x017F;emnach<lb/>
ich von dem Vor&#x017F;chneider &#x017F;elb&#x017F;t ein Theil von<lb/>
die&#x017F;em neuen Gerichte verlangte; welches mir/<lb/>
ich weiß nicht ob aus einem Zuge gegen dem Me-<lb/>
cenas/ oder &#x017F;einer Gu&#x0364;tigkeit halber u&#x0364;beraus wol<lb/>
&#x017F;chmeckte; und daher anfing: Jch wu&#x0364;n&#x017F;chte mir<lb/>
nun auch auf eine kurtze Zeit einen Kranchs ode&#xA75B;<lb/>
Kamel-Hals mit dem Philoxenus; oder daß ich<lb/>
wie Pithyllus meine Zunge in ein Futter einge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en gehabt ha&#x0364;tte/ um die&#x017F;e Su&#x0364;ßigkeit &#x017F;o viel<lb/>
eigentlicher zu &#x017F;chmecken. Mecenas veranla&#x017F;te<lb/>
den Jndiani&#x017F;chen Ge&#x017F;andten hiervon auch et-<lb/>
was zu genie&#x017F;&#x017F;en; aber er war hierzu nicht zu be-<lb/>
reden; weßwegen ich ihn &#x017F;chertzwei&#x017F;e ent&#x017F;chuldig-<lb/>
te: Jn Jndien a&#x0364;ße man keine Ha&#x017F;en/ daher mu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;te der Ge&#x017F;andte auch der Aehnligkeit halber &#x017F;ich<lb/>
der E&#x017F;el enthalten. Horatius begegnete mim wen&#x0303;<lb/>
des Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Frauen zimmers Glaube wahr<lb/>
wa&#x0364;re: daß das Ha&#x017F;enflei&#x017F;ch &#x017F;cho&#x0364;n machte/ mu&#x0364;&#x017F;te es<lb/>
in Jndien Mangel an &#x017F;cho&#x0364;nem Frauenzim&#x0303;er ge-<lb/>
ben&#x0303;. Der Ge&#x017F;andte antwortete mit einem gleich-<lb/>
ma&#x0364;ßigen Schertze: die Jndianer wu&#x0364;&#x017F;ten zwar<lb/>
die Eigen&#x017F;chafft beyderley Flei&#x017F;ches; alleine wie<lb/>
die Einwohner der Atlanti&#x017F;chen Eylande kein<lb/>
Schwein/ aus Bey&#x017F;orge/ &#x017F;ie mo&#x0364;chten kleine Au-<lb/>
gen bekom&#x0303;en/ wie auch keine Schildkro&#x0364;te a&#x0364;ßen/<lb/>
aus Furcht nicht &#x017F;o &#x017F;chlammig zu werden; al&#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S s s s 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ent-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[693/0749] Arminius und Thußnelda. der/ rauſchende Baͤche/ geſunde Brunnen in ei- nem Kreiß verſammlet; die Kunſt aber muͤhte ſich mit Einpfropffung allerhand auslaͤndiſcher Gewaͤchſe/ zierlicher Eintheilung des Baum- wercks und Blumenſtuͤcke/ mit Bereitung ſel- tzamer Felſen und Kluͤffte/ von den hoͤchſten Gi- pfeln abſtuͤrtzender Waſſer/ ſpielender Waſſer- Kuͤnſte der Natur ihrer Mutter einen Rang ab- zurennen. Das Luſthaus war aus weiſſem Mar- mel gebaut/ die Decken waren mit Helffenbein uͤbertaͤffelt/ die Fenſter aus Berg-Kriſtallen/ die Tiſche aus flaſernem Zitron- und Zeder-Holtze/ welche meiſt gleichſam mit Augen eines Pfauen- Schwantzes beworffen waren. Die Boͤdeme waren mit Aßyriſchen/ die Waͤnde mit Seri- ſchen Teppichten/ oder Perſiſchen Goldſtuͤcken bekleidet/ welche noch darzu von Perlen ſtarrten/ und mit Edelgeſteinen flammeten. Wiewol nun dieſe mehr als Koͤnigliche Pracht aller Augen gleichſam verblendete/ ſo hatte doch Mecenas in dieſem ſeinem Eigenthume alles Anſehen ſeiner Wuͤrde/ und alles Gepraͤnge des Hofes von ſich weggeleget; uñ dahero ſchiene die Wolluſt hier ſo wenig ſchaͤdlich/ als die Schlangen auff Cypern gifftig zu ſeyn. Seine Hoͤffligkeit machten ſeine unuͤberfirnſte Gemuͤths-Gaben deſto ſcheinba- rer/ alſo/ daß wir bey Hofe nur die Helffte des Mecenas/ in dieſer Einſamkeit aber ſeine gantze Vollkommenheit geſehen zu haben uns beduͤn- cken lieſſen. Denn ſeine vorige Freundligkeit verwandelte er nunmehr in eine offenhertzige Vertraͤuligkeit. Er hatte von den Groſſen des Hofes keinen bey ſich/ ob ſchon ſeine Taffel taͤg- lich iedermann offen ſtand; indem er mit dem E- picur eine einſame Mahlzeit fuͤr eine Zerflei- ſchung roher Thiere/ und eine Lebens-Art der Loͤwen und Woͤlffe hielt. Gleichwol waͤre ſeine Taffel dißmal auch fuͤr den Kaͤyſer ſelbſt nicht zu geringe geweſt/ ſo wohl wegen der koſtbaren Zu- bereitung/ als wegen Seltzamkeit der Gerichte; unter welchen aber zu unſerer Verwunderung ein Viertel von einem jungen Eſel befindlich war; welches Mecenas ſeinen Gaͤſten allezeit fuͤrzuſetzen ſoll gewohnt geweſen ſeyn. Maro uñ Horatz waren wie ſonſt taͤglich/ alſo auch dißmal ſeine Gaͤſte; wormit er durch Anleitung ihrer Getichte auch bey annehmlichem Zeitvertreib unvermerckt zu der Liebe deꝛ Tugend und Weiß- heit auffgemuntert wuͤrde. Aller dieſer meiſte Unterredungen waren eitel Lobopffer des Kaͤy- ſers; oder Lehren/ wie man durch Tugend ein Le- ben bey der Nachwelt erhalten ſolte. Unter die- ſer Vertraͤuligkeit nahm ich wahr/ wie Mecenas ihm ſelbſt ein Stuͤcke von dem Eſel-Viertel ab- ſchnitt/ und bey deſſen begieriger Verzehrung al- ler andern Koͤſtligkeiten vergaß. Dieſemnach ich von dem Vorſchneider ſelbſt ein Theil von dieſem neuen Gerichte verlangte; welches mir/ ich weiß nicht ob aus einem Zuge gegen dem Me- cenas/ oder ſeiner Guͤtigkeit halber uͤberaus wol ſchmeckte; und daher anfing: Jch wuͤnſchte mir nun auch auf eine kurtze Zeit einen Kranchs odeꝛ Kamel-Hals mit dem Philoxenus; oder daß ich wie Pithyllus meine Zunge in ein Futter einge- ſchloſſen gehabt haͤtte/ um dieſe Suͤßigkeit ſo viel eigentlicher zu ſchmecken. Mecenas veranlaſte den Jndianiſchen Geſandten hiervon auch et- was zu genieſſen; aber er war hierzu nicht zu be- reden; weßwegen ich ihn ſchertzweiſe entſchuldig- te: Jn Jndien aͤße man keine Haſen/ daher muͤ- ſte der Geſandte auch der Aehnligkeit halber ſich der Eſel enthalten. Horatius begegnete mim weñ des Roͤmiſchen Frauen zimmers Glaube wahr waͤre: daß das Haſenfleiſch ſchoͤn machte/ muͤſte es in Jndien Mangel an ſchoͤnem Frauenzim̃er ge- beñ. Der Geſandte antwortete mit einem gleich- maͤßigen Schertze: die Jndianer wuͤſten zwar die Eigenſchafft beyderley Fleiſches; alleine wie die Einwohner der Atlantiſchen Eylande kein Schwein/ aus Beyſorge/ ſie moͤchten kleine Au- gen bekom̃en/ wie auch keine Schildkroͤte aͤßen/ aus Furcht nicht ſo ſchlammig zu werden; alſo ent- S s s s 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/749
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 693. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/749>, abgerufen am 29.06.2024.