Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Fünfftes Buch [Spaltenumbruch]
enthielten sich die Jndianer der Hasen und Esel/um von ihren langen Ohren befreyet zu bleiben. Uber diesem Schertz-Gespräche ward eine Schüssel voll Phasan- und Pfauen-Gehime auf den Tisch gesetzt/ daher Maro anfing: Er merckte wohl/ daß sie zu Athen wären/ wo man kein Ge- hirne äße/ weil man dessen so einen grossen Uber- fluß auffzutragen hätte; iedoch wüste er nicht/ ob nicht etwan ein Artzt oder ein Nachfolger des Pythagoras gegenwärtig wäre/ indem die er- sten das Gehirne für eine ungesunde/ die letzten für eine unreine Speise hielten. Mecenas wol- te seine Tracht vertheidigen/ und versetzte: wenn diß wäre/ warum nennte man denn die Skarus- Lebern und andere niedliche Gerichte des Jupi- ters Gehirne? Es solten aber seine Gäste sich ja der Freyheit diß zu erwehlen/ was ihnen schmeck- te/ gebrauchen. Denn über den Geschmack hätte man keinen Richter/ und es wäre nichts mehr als die Speise dem Aber glauben unterworffen. Die Römer enthielten sich weisser Hähne/ der Köpffe und Geburts-Glieder von den Thieren/ der Eyer/ der Bohnen/ des Viehes/ welches kei- nen Schwantz hätte/ aller vom Tische gefallenen Speisen/ und niemand wüste eine Ursache zu sa- gen. Andere wolten von Hasen/ Barben/ und Maulbeer-Bäumen nicht essen/ weil sie ihren Monatlichen Fluß haben solten. Jch/ sagte Ze- no/ bestätigte es mit beygesetzter Nachricht/ daß wider die Gewonheit der Juden die Einwohner des Eylandes Madagascar die von den Schild- kröten gemästeten Färcklein für das köstlichste/ und andere Jndianer für das gesündeste Gerich- te hielten. Die Seythen hingegen enthielten sich alles Getreides und Gegräupes als einer Nah- rung für das Vieh/ das Fleisch aber alleine für den Unterhalt der Menschen. Endlich mangel- te es nicht an so wilden Leuten/ welche rohe Där- mer/ klein geschnittene Haare in Honig/ und das Bären-Unschlit/ ja die Menschen selbst verzeh- reten/ und von diesen die Brüste oder die Füsse/ [Spaltenumbruch] wie von den Vären die Klauen/ ihren Obersten als Leckerbißlein fürlegten. Für welchem allem andere Leute ein Grauen und Abscheu hätten. Pythagoras hätte alle Fische verboten; Apicius hingegen hätte die Sardellen allen Speisen in der Welt für gezogen/ und sie dem Bithynischen Könige Nicomedes in denen sonst so verachteten Rüben aufftragen lassen. Bey den Colchiern hätte die Schulter/ bey den Galliern das dicke Bein von den Thieren den Vorzug; denen sonst schwerlich iemand einstimmte. Als wir gleich am besten hier- von redeten/ trat der Käyser unversehens in das Zimmer/ welcher nur nebst Livien und der schö- nen Terentien/ als des Mecenas Ehefrauen auff einem Nachen sich an dem Meerstrande in diesen Garten hatte führen lassen. Als wir nun alle über dieser unversehenen Ankunfft auff fuh- ren/ ermahnte uns Augustus unsere Reye und Gespräche nicht zu verrücken. Denn es käme nicht der Käyser/ sondern nur Oetavius zu ih- nen. Dieser Erinnerung beqvemten sich also- fort Mecenas/ Maro/ und Horatz/ welchen des Käysers Art schon kundig war/ und endlich auch wir Fremdlinge nach ihrem Beyspiele. Jn Warheit/ Augustus hatte mit seiner Reichs-Last allen Schein eines so grossen Welt-Beherr- schers derogestalt auff die Seite gelegt/ daß ich ihn selbst ehe für einen Bürger/ als für einen so grossen Fürsten angesehen hätte/ und ich mich itzt so viel weniger wundere/ wie die freyen Rö- mer sich einem so freundlichen Fürsten so leicht dienstbar gemacht haben. Weil der Käyser a- ber gleichwohl vermerckte/ daß seine Anwesen- heit unserer Freyheit einigen Eintrag thät/ in- dem doch Fürsten und Gestirne sich niemahls ih- res Glantzes gar enteussern können; wolte er uns in unserer Lust nicht länger stören/ sondern nahm nach unterschiedenen Schertz-Gesprä- chen von uns mit seinem Frauenzimmer Ab- schied; Livia aber sagte schertzende zum Mecenas/ daß ihre Vermählung mit Terentien allererst zu
Fuͤnfftes Buch [Spaltenumbruch]
enthielten ſich die Jndianer der Haſen und Eſel/um von ihren langen Ohren befreyet zu bleiben. Uber dieſem Schertz-Geſpraͤche ward eine Schuͤſſel voll Phaſan- und Pfauen-Gehime auf den Tiſch geſetzt/ daher Maro anfing: Er merckte wohl/ daß ſie zu Athen waͤren/ wo man kein Ge- hirne aͤße/ weil man deſſen ſo einen groſſen Uber- fluß auffzutragen haͤtte; iedoch wuͤſte er nicht/ ob nicht etwan ein Artzt oder ein Nachfolger des Pythagoras gegenwaͤrtig waͤre/ indem die er- ſten das Gehirne fuͤr eine ungeſunde/ die letzten fuͤr eine unreine Speiſe hielten. Mecenas wol- te ſeine Tracht vertheidigen/ und verſetzte: wenn diß waͤre/ warum nennte man deñ die Skarus- Lebern und andere niedliche Gerichte des Jupi- ters Gehirne? Es ſolten aber ſeine Gaͤſte ſich ja deꝛ Freyheit diß zu erwehlen/ was ihnen ſchmeck- te/ gebrauchen. Denn uͤber den Geſchmack haͤtte man keinen Richter/ und es waͤre nichts mehr als die Speiſe dem Aber glauben unterworffen. Die Roͤmer enthielten ſich weiſſer Haͤhne/ der Koͤpffe und Geburts-Glieder von den Thieren/ der Eyer/ der Bohnen/ des Viehes/ welches kei- nen Schwantz haͤtte/ aller vom Tiſche gefallenen Speiſen/ und niemand wuͤſte eine Urſache zu ſa- gen. Andere wolten von Haſen/ Barben/ und Maulbeer-Baͤumen nicht eſſen/ weil ſie ihren Monatlichen Fluß haben ſolten. Jch/ ſagte Ze- no/ beſtaͤtigte es mit beygeſetzter Nachricht/ daß wider die Gewonheit der Juden die Einwohner des Eylandes Madagaſcar die von den Schild- kroͤten gemaͤſteten Faͤrcklein fuͤr das koͤſtlichſte/ und andere Jndianer fuͤr das geſuͤndeſte Gerich- te hielten. Die Seythen hingegen enthielten ſich alles Getreides und Gegraͤupes als einer Nah- rung fuͤr das Vieh/ das Fleiſch aber alleine fuͤr den Unterhalt der Menſchen. Endlich mangel- te es nicht an ſo wilden Leuten/ welche rohe Daͤr- mer/ klein geſchnittene Haare in Honig/ und das Baͤren-Unſchlit/ ja die Menſchen ſelbſt verzeh- reten/ und von dieſen die Bruͤſte oder die Fuͤſſe/ [Spaltenumbruch] wie von den Vaͤren die Klauen/ ihren Oberſten als Leckerbißlein fuͤrlegten. Fuͤr welchem allem andere Leute ein Grauen und Abſcheu haͤtten. Pythagoras haͤtte alle Fiſche verboten; Apicius hingegen haͤtte die Sardellen allen Speiſen in der Welt fuͤr gezogen/ und ſie dem Bithyniſchen Koͤnige Nicomedes in denen ſonſt ſo verachteten Ruͤben aufftragẽ laſſen. Bey den Colchiern haͤtte die Schulter/ bey den Galliern das dicke Bein võ den Thieren den Vorzug; denen ſonſt ſchwerlich iemand einſtim̃te. Als wir gleich am beſten hier- von redeten/ trat der Kaͤyſer unverſehens in das Zimmer/ welcher nur nebſt Livien und der ſchoͤ- nen Terentien/ als des Mecenas Ehefrauen auff einem Nachen ſich an dem Meerſtrande in dieſen Garten hatte fuͤhren laſſen. Als wir nun alle uͤber dieſer unverſehenen Ankunfft auff fuh- ren/ ermahnte uns Auguſtus unſere Reye und Geſpraͤche nicht zu verruͤcken. Denn es kaͤme nicht der Kaͤyſer/ ſondern nur Oetavius zu ih- nen. Dieſer Erinnerung beqvemten ſich alſo- fort Mecenas/ Maro/ und Horatz/ welchen des Kaͤyſers Art ſchon kundig war/ und endlich auch wir Fremdlinge nach ihrem Beyſpiele. Jn Warheit/ Auguſtus hatte mit ſeiner Reichs-Laſt allen Schein eines ſo groſſen Welt-Beherr- ſchers derogeſtalt auff die Seite gelegt/ daß ich ihn ſelbſt ehe fuͤr einen Buͤrger/ als fuͤr einen ſo groſſen Fuͤrſten angeſehen haͤtte/ und ich mich itzt ſo viel weniger wundere/ wie die freyen Roͤ- mer ſich einem ſo freundlichen Fuͤrſten ſo leicht dienſtbar gemacht haben. Weil der Kaͤyſer a- ber gleichwohl vermerckte/ daß ſeine Anweſen- heit unſerer Freyheit einigen Eintrag thaͤt/ in- dem doch Fuͤrſten und Geſtirne ſich niemahls ih- res Glantzes gar enteuſſern koͤnnen; wolte er uns in unſerer Luſt nicht laͤnger ſtoͤren/ ſondern nahm nach unterſchiedenen Schertz-Geſpraͤ- chen von uns mit ſeinem Frauenzimmer Ab- ſchied; Livia aber ſagte ſchertzende zum Mecenas/ daß ihre Vermaͤhlung mit Terentien allererſt zu
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Fuͤnfftes Buch
enthielten ſich die Jndianer der Haſen und Eſel/
um von ihren langen Ohren befreyet zu bleiben.
Uber dieſem Schertz-Geſpraͤche ward eine
Schuͤſſel voll Phaſan- und Pfauen-Gehime auf
den Tiſch geſetzt/ daher Maro anfing: Er merckte
wohl/ daß ſie zu Athen waͤren/ wo man kein Ge-
hirne aͤße/ weil man deſſen ſo einen groſſen Uber-
fluß auffzutragen haͤtte; iedoch wuͤſte er nicht/ ob
nicht etwan ein Artzt oder ein Nachfolger des
Pythagoras gegenwaͤrtig waͤre/ indem die er-
ſten das Gehirne fuͤr eine ungeſunde/ die letzten
fuͤr eine unreine Speiſe hielten. Mecenas wol-
te ſeine Tracht vertheidigen/ und verſetzte: wenn
diß waͤre/ warum nennte man deñ die Skarus-
Lebern und andere niedliche Gerichte des Jupi-
ters Gehirne? Es ſolten aber ſeine Gaͤſte ſich ja
deꝛ Freyheit diß zu erwehlen/ was ihnen ſchmeck-
te/ gebrauchen. Denn uͤber den Geſchmack haͤtte
man keinen Richter/ und es waͤre nichts mehr
als die Speiſe dem Aber glauben unterworffen.
Die Roͤmer enthielten ſich weiſſer Haͤhne/ der
Koͤpffe und Geburts-Glieder von den Thieren/
der Eyer/ der Bohnen/ des Viehes/ welches kei-
nen Schwantz haͤtte/ aller vom Tiſche gefallenen
Speiſen/ und niemand wuͤſte eine Urſache zu ſa-
gen. Andere wolten von Haſen/ Barben/ und
Maulbeer-Baͤumen nicht eſſen/ weil ſie ihren
Monatlichen Fluß haben ſolten. Jch/ ſagte Ze-
no/ beſtaͤtigte es mit beygeſetzter Nachricht/ daß
wider die Gewonheit der Juden die Einwohner
des Eylandes Madagaſcar die von den Schild-
kroͤten gemaͤſteten Faͤrcklein fuͤr das koͤſtlichſte/
und andere Jndianer fuͤr das geſuͤndeſte Gerich-
te hielten. Die Seythen hingegen enthielten ſich
alles Getreides und Gegraͤupes als einer Nah-
rung fuͤr das Vieh/ das Fleiſch aber alleine fuͤr
den Unterhalt der Menſchen. Endlich mangel-
te es nicht an ſo wilden Leuten/ welche rohe Daͤr-
mer/ klein geſchnittene Haare in Honig/ und das
Baͤren-Unſchlit/ ja die Menſchen ſelbſt verzeh-
reten/ und von dieſen die Bruͤſte oder die Fuͤſſe/
wie von den Vaͤren die Klauen/ ihren Oberſten
als Leckerbißlein fuͤrlegten. Fuͤr welchem allem
andere Leute ein Grauen und Abſcheu haͤtten.
Pythagoras haͤtte alle Fiſche verboten; Apicius
hingegen haͤtte die Sardellen allen Speiſen in
der Welt fuͤr gezogen/ und ſie dem Bithyniſchen
Koͤnige Nicomedes in denen ſonſt ſo verachteten
Ruͤben aufftragẽ laſſen. Bey den Colchiern haͤtte
die Schulter/ bey den Galliern das dicke Bein võ
den Thieren den Vorzug; denen ſonſt ſchwerlich
iemand einſtim̃te. Als wir gleich am beſten hier-
von redeten/ trat der Kaͤyſer unverſehens in das
Zimmer/ welcher nur nebſt Livien und der ſchoͤ-
nen Terentien/ als des Mecenas Ehefrauen
auff einem Nachen ſich an dem Meerſtrande in
dieſen Garten hatte fuͤhren laſſen. Als wir nun
alle uͤber dieſer unverſehenen Ankunfft auff fuh-
ren/ ermahnte uns Auguſtus unſere Reye und
Geſpraͤche nicht zu verruͤcken. Denn es kaͤme
nicht der Kaͤyſer/ ſondern nur Oetavius zu ih-
nen. Dieſer Erinnerung beqvemten ſich alſo-
fort Mecenas/ Maro/ und Horatz/ welchen des
Kaͤyſers Art ſchon kundig war/ und endlich auch
wir Fremdlinge nach ihrem Beyſpiele. Jn
Warheit/ Auguſtus hatte mit ſeiner Reichs-Laſt
allen Schein eines ſo groſſen Welt-Beherr-
ſchers derogeſtalt auff die Seite gelegt/ daß ich
ihn ſelbſt ehe fuͤr einen Buͤrger/ als fuͤr einen ſo
groſſen Fuͤrſten angeſehen haͤtte/ und ich mich
itzt ſo viel weniger wundere/ wie die freyen Roͤ-
mer ſich einem ſo freundlichen Fuͤrſten ſo leicht
dienſtbar gemacht haben. Weil der Kaͤyſer a-
ber gleichwohl vermerckte/ daß ſeine Anweſen-
heit unſerer Freyheit einigen Eintrag thaͤt/ in-
dem doch Fuͤrſten und Geſtirne ſich niemahls ih-
res Glantzes gar enteuſſern koͤnnen; wolte er
uns in unſerer Luſt nicht laͤnger ſtoͤren/ ſondern
nahm nach unterſchiedenen Schertz-Geſpraͤ-
chen von uns mit ſeinem Frauenzimmer Ab-
ſchied; Livia aber ſagte ſchertzende zum Mecenas/
daß ihre Vermaͤhlung mit Terentien allererſt
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 694. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/750>, abgerufen am 29.06.2024. |