Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
der. Uber einem von der Erde ins Wasserspringenden war geschrieben: Allenthalben; um anzuzeigen/ des Frosches Geschickligkeit im Wasser und auf der trockenen Erde zu leben/ wäre eine Anweisung/ daß ein vernünfftiger Mensch in Glück und Unglücke einerley Ge- sichte behalten folte; Darneben hatte ein-gegen einer den Rachen aufsperrenden Schlange hüpffender Frosch ein Stöcklein qver über im Maule/ mit der Uberschrifft: Mit Ver- nunfft/ nicht durch Stärcke; Zur An- weisung/ daß man durch Fleiß und Klugheit sei- ner Schwäche zu Hülffe kommen solte. Fer- ner hatte ein auf dem Rücken mit Bienen beses- sener Frosch diese Uberschrifft: Gegen das empfindlichste unempfindlich; wordurch ange zielet war/ daß wie die Frösche die schärff- sten Stiche der feindlichen Bienen nicht fühl- ten; also solte ein Tugendhaffter sich die Verfol- gungen des Glücks/ und die Anste chungen der Verleumder nichts anfechten lassen. Auff ei- ner andern Taffel lag ein auffgeschnittener Frosch/ mit zweyen heraus hangenden Lebern auf einem Altare. Darüber war zu lesen: Solch Glücke in der Verächtligkeit; Um anzudeuten/ daß wie die Frösche zwar ge- ringe Thiere wären/ und doch zwey Lebern hät- ten; also die Demuth eine Mutter des Glückes wäre. Sintemal bey den Opfferungen für das schlimmste Zeichen gehalten ward/ wenn das dazu bestimmte Vieh keine Leber/ für das glückseligste aber/ wenn es zwey Lebern hatte. Jenes befand sich also/ als Marcellus vom An- nibal erschlagen ward; dieses aber begegnete dem August zu Spolet. Deßwegen ihm auch der Priester auf selbiges Jahr die Erlangung einer zweyfachen Herrschafft ankündigte/ wohin dieses Sinnbild vielleicht auch zielen mochte. Ferner war auf einem Kupffer-Blatte ein-an einer Angel ins Wasser gehenckte Frosch ge- [Spaltenumbruch] mahlet/ an welchen sich zwey Purpur-Mu- scheln hingen/ sonder einige Beyschrifft. Ma- ro erzehlte/ der Käyser hätte diß Gemählde dem Mecenas gegeben/ und/ so viel er urtheilen kön- te/ ihm darmit zu verstehen geben wollen/ daß wie die Purpur-Schnecken eine sonderbare Neigung hätten sich mit Fröschen zu speisen; also hätte auch er und Livia am Mecenas eine sonderbare Vergnügung. Viel andere da- selbst befindliche Sinnbilder/ sagte Zeno/ möch- te er nicht erzehlen/ auser noch eines/ wie nehm- lich ein gegen der Sonne aufgestellter Frosch sein Maul in den Schlamm steckte/ mit beyge- setzten Worten: Eine stillschweigende Verehrung; welches lehren solte/ daß wie die des Nachts lauten Frösche gegen dem Tage verstummten; also solte ein vernünfftiger Staats- Diener seinem Fürsten nie widersprechen. Hertzog Herrmann fing an: Er hätte den Me- cenas gekennt/ und er würde nicht nur seiner Gewogenheit/ sondern auch seiner Tugenden halber sein Gedächtnüß allezeit hoch halten. Allein er hätte dem Mecenas gewünscht/ daß selbter noch zweyerley Anmerckungen von de- nen so beliebten Fröschen genommen hätte; von welchen man glaubte/ daß wenn man einem le- benden Frosche die Zunge ausrisse/ ihn fort- schwimmen liesse/ und sie einem schlaffenden Weibe aufs Hertze legte/ sie alle ihre Heimlig- keiten/ darum sie gefraget würde/ eröffnete. Wenn man aber mit einem Schilffe einen Frosch zum Geburts-Gliede hinein/ und zum Maule heraus stäche/ dieses aber hernach in ihr Mo- nats-Geblüte steckte/ kriegte sie für Ehbruche eine Abscheu. Hätte nun diß letztere Mecenas gethan/ würde ihm seine Terentia keinen so bö- sen Nahmen/ und ihm keinen Spott zugezogen haben. Hätte er auch Terentien/ und sie nicht ihm die Heimligkeit seines Herrschens heraus gelockt/ so hätte er nie vom Käyser wegen ihr entdeckter Murenischen Verschwerung ge- schol- T t t t 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
der. Uber einem von der Erde ins Waſſerſpringenden war geſchrieben: Allenthalben; um anzuzeigen/ des Froſches Geſchickligkeit im Waſſer und auf der trockenen Erde zu leben/ waͤre eine Anweiſung/ daß ein vernuͤnfftiger Menſch in Gluͤck und Ungluͤcke einerley Ge- ſichte behalten folte; Darneben hatte ein-gegen einer den Rachen aufſperrenden Schlange huͤpffender Froſch ein Stoͤcklein qver uͤber im Maule/ mit der Uberſchrifft: Mit Ver- nunfft/ nicht durch Staͤrcke; Zur An- weiſung/ daß man durch Fleiß und Klugheit ſei- ner Schwaͤche zu Huͤlffe kommen ſolte. Fer- ner hatte ein auf dem Ruͤcken mit Bienen beſeſ- ſener Froſch dieſe Uberſchrifft: Gegen das empfindlichſte unempfindlich; wordurch ange zielet war/ daß wie die Froͤſche die ſchaͤrff- ſten Stiche der feindlichen Bienen nicht fuͤhl- ten; alſo ſolte ein Tugendhaffter ſich die Verfol- gungen des Gluͤcks/ und die Anſte chungen der Verleumder nichts anfechten laſſen. Auff ei- ner andern Taffel lag ein auffgeſchnittener Froſch/ mit zweyen heraus hangenden Lebern auf einem Altare. Daruͤber war zu leſen: Solch Gluͤcke in der Veraͤchtligkeit; Um anzudeuten/ daß wie die Froͤſche zwar ge- ringe Thiere waͤren/ und doch zwey Lebern haͤt- ten; alſo die Demuth eine Mutter des Gluͤckes waͤre. Sintemal bey den Opfferungen fuͤr das ſchlimmſte Zeichen gehalten ward/ wenn das dazu beſtimmte Vieh keine Leber/ fuͤr das gluͤckſeligſte aber/ wenn es zwey Lebern hatte. Jenes befand ſich alſo/ als Marcellus vom An- nibal erſchlagen ward; dieſes aber begegnete dem Auguſt zu Spolet. Deßwegen ihm auch der Prieſter auf ſelbiges Jahr die Erlangung einer zweyfachen Herrſchafft ankuͤndigte/ wohin dieſes Sinnbild vielleicht auch zielen mochte. Ferner war auf einem Kupffer-Blatte ein-an einer Angel ins Waſſer gehenckte Froſch ge- [Spaltenumbruch] mahlet/ an welchen ſich zwey Purpur-Mu- ſcheln hingen/ ſonder einige Beyſchrifft. Ma- ro erzehlte/ der Kaͤyſer haͤtte diß Gemaͤhlde dem Mecenas gegeben/ und/ ſo viel er urtheilen koͤn- te/ ihm darmit zu verſtehen geben wollen/ daß wie die Purpur-Schnecken eine ſonderbare Neigung haͤtten ſich mit Froͤſchen zu ſpeiſen; alſo haͤtte auch er und Livia am Mecenas eine ſonderbare Vergnuͤgung. Viel andere da- ſelbſt befindliche Sinnbilder/ ſagte Zeno/ moͤch- te er nicht erzehlen/ auſer noch eines/ wie nehm- lich ein gegen der Sonne aufgeſtellter Froſch ſein Maul in den Schlamm ſteckte/ mit beyge- ſetzten Worten: Eine ſtillſchweigende Verehrung; welches lehren ſolte/ daß wie die des Nachts lauten Froͤſche gegen dem Tage verſtum̃ten; alſo ſolte ein vernuͤnfftiger Staats- Diener ſeinem Fuͤrſten nie widerſprechen. Hertzog Herrmann fing an: Er haͤtte den Me- cenas gekennt/ und er wuͤrde nicht nur ſeiner Gewogenheit/ ſondern auch ſeiner Tugenden halber ſein Gedaͤchtnuͤß allezeit hoch halten. Allein er haͤtte dem Mecenas gewuͤnſcht/ daß ſelbter noch zweyerley Anmerckungen von de- nen ſo beliebten Froͤſchen genommen haͤtte; von welchen man glaubte/ daß wenn man einem le- benden Froſche die Zunge ausriſſe/ ihn fort- ſchwimmen lieſſe/ und ſie einem ſchlaffenden Weibe aufs Hertze legte/ ſie alle ihre Heimlig- keiten/ darum ſie gefraget wuͤrde/ eroͤffnete. Weñ man aber mit einem Schilffe einen Froſch zum Geburts-Gliede hinein/ und zum Maule heraus ſtaͤche/ dieſes aber hernach in ihr Mo- nats-Gebluͤte ſteckte/ kriegte ſie fuͤr Ehbruche eine Abſcheu. Haͤtte nun diß letztere Mecenas gethan/ wuͤrde ihm ſeine Terentia keinen ſo boͤ- ſen Nahmen/ und ihm keinen Spott zugezogen haben. Haͤtte er auch Terentien/ und ſie nicht ihm die Heimligkeit ſeines Herrſchens heraus gelockt/ ſo haͤtte er nie vom Kaͤyſer wegen ihr entdeckter Mureniſchen Verſchwerung ge- ſchol- T t t t 3
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Arminius und Thußnelda.
der. Uber einem von der Erde ins Waſſer
ſpringenden war geſchrieben: Allenthalben;
um anzuzeigen/ des Froſches Geſchickligkeit im
Waſſer und auf der trockenen Erde zu leben/
waͤre eine Anweiſung/ daß ein vernuͤnfftiger
Menſch in Gluͤck und Ungluͤcke einerley Ge-
ſichte behalten folte; Darneben hatte ein-gegen
einer den Rachen aufſperrenden Schlange
huͤpffender Froſch ein Stoͤcklein qver uͤber im
Maule/ mit der Uberſchrifft: Mit Ver-
nunfft/ nicht durch Staͤrcke; Zur An-
weiſung/ daß man durch Fleiß und Klugheit ſei-
ner Schwaͤche zu Huͤlffe kommen ſolte. Fer-
ner hatte ein auf dem Ruͤcken mit Bienen beſeſ-
ſener Froſch dieſe Uberſchrifft: Gegen das
empfindlichſte unempfindlich; wordurch
ange zielet war/ daß wie die Froͤſche die ſchaͤrff-
ſten Stiche der feindlichen Bienen nicht fuͤhl-
ten; alſo ſolte ein Tugendhaffter ſich die Verfol-
gungen des Gluͤcks/ und die Anſte chungen der
Verleumder nichts anfechten laſſen. Auff ei-
ner andern Taffel lag ein auffgeſchnittener
Froſch/ mit zweyen heraus hangenden Lebern
auf einem Altare. Daruͤber war zu leſen:
Solch Gluͤcke in der Veraͤchtligkeit;
Um anzudeuten/ daß wie die Froͤſche zwar ge-
ringe Thiere waͤren/ und doch zwey Lebern haͤt-
ten; alſo die Demuth eine Mutter des Gluͤckes
waͤre. Sintemal bey den Opfferungen fuͤr
das ſchlimmſte Zeichen gehalten ward/ wenn
das dazu beſtimmte Vieh keine Leber/ fuͤr das
gluͤckſeligſte aber/ wenn es zwey Lebern hatte.
Jenes befand ſich alſo/ als Marcellus vom An-
nibal erſchlagen ward; dieſes aber begegnete
dem Auguſt zu Spolet. Deßwegen ihm auch
der Prieſter auf ſelbiges Jahr die Erlangung
einer zweyfachen Herrſchafft ankuͤndigte/ wohin
dieſes Sinnbild vielleicht auch zielen mochte.
Ferner war auf einem Kupffer-Blatte ein-an
einer Angel ins Waſſer gehenckte Froſch ge-
mahlet/ an welchen ſich zwey Purpur-Mu-
ſcheln hingen/ ſonder einige Beyſchrifft. Ma-
ro erzehlte/ der Kaͤyſer haͤtte diß Gemaͤhlde dem
Mecenas gegeben/ und/ ſo viel er urtheilen koͤn-
te/ ihm darmit zu verſtehen geben wollen/ daß
wie die Purpur-Schnecken eine ſonderbare
Neigung haͤtten ſich mit Froͤſchen zu ſpeiſen;
alſo haͤtte auch er und Livia am Mecenas eine
ſonderbare Vergnuͤgung. Viel andere da-
ſelbſt befindliche Sinnbilder/ ſagte Zeno/ moͤch-
te er nicht erzehlen/ auſer noch eines/ wie nehm-
lich ein gegen der Sonne aufgeſtellter Froſch
ſein Maul in den Schlamm ſteckte/ mit beyge-
ſetzten Worten: Eine ſtillſchweigende
Verehrung; welches lehren ſolte/ daß wie
die des Nachts lauten Froͤſche gegen dem Tage
verſtum̃ten; alſo ſolte ein vernuͤnfftiger Staats-
Diener ſeinem Fuͤrſten nie widerſprechen.
Hertzog Herrmann fing an: Er haͤtte den Me-
cenas gekennt/ und er wuͤrde nicht nur ſeiner
Gewogenheit/ ſondern auch ſeiner Tugenden
halber ſein Gedaͤchtnuͤß allezeit hoch halten.
Allein er haͤtte dem Mecenas gewuͤnſcht/ daß
ſelbter noch zweyerley Anmerckungen von de-
nen ſo beliebten Froͤſchen genommen haͤtte; von
welchen man glaubte/ daß wenn man einem le-
benden Froſche die Zunge ausriſſe/ ihn fort-
ſchwimmen lieſſe/ und ſie einem ſchlaffenden
Weibe aufs Hertze legte/ ſie alle ihre Heimlig-
keiten/ darum ſie gefraget wuͤrde/ eroͤffnete.
Weñ man aber mit einem Schilffe einen Froſch
zum Geburts-Gliede hinein/ und zum Maule
heraus ſtaͤche/ dieſes aber hernach in ihr Mo-
nats-Gebluͤte ſteckte/ kriegte ſie fuͤr Ehbruche
eine Abſcheu. Haͤtte nun diß letztere Mecenas
gethan/ wuͤrde ihm ſeine Terentia keinen ſo boͤ-
ſen Nahmen/ und ihm keinen Spott zugezogen
haben. Haͤtte er auch Terentien/ und ſie nicht
ihm die Heimligkeit ſeines Herrſchens heraus
gelockt/ ſo haͤtte er nie vom Kaͤyſer wegen ihr
entdeckter Mureniſchen Verſchwerung ge-
ſchol-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/757>, abgerufen am 29.06.2024. |