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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Herrschafft von dem Uhrsprunge des Flusses
Arcus und Durentia biß an den Strom Seßi-
tes. Sein Volck/ welches anfangs von ihrem
väterlichen Flusse die Salier oder Saal-Län-
der genennet ward/ erwarb von ihrer Eintracht
und gegen einander bezeigten Liebe den Nah-
men der Liebitier; sein zwölfter Nachkomme
Cottius pregte selbigem Gebürge seinen Nah-
men ein/ erweiterte seine Herrschafft/ und er-
warb nichts minder in Jtalien ein grosses An-
sehen und den Titel eines Königes/ als bey den
Römern eines Bundgenossen. Unterdessen
ward das zwischen dem Krantze der Hereyni-
schen Gebürge begriffene Land den fruchtba-
ren Bojen/ und der Strich zwischen der Weich-
sel und Oder denen Logionen und Lygiern auch
zu klein/ daher erhob sich beyder Völcker Uber-
schuß unter dem Lingo und setzte über den Rhein/
erlangte bey den Helvetiern aus Freundschafft/
bey den Rhetiern aus Furcht freyen Durchzug/
kam also über die Penninischen Alpen in Jta-
lien; Und weil die lincke Seite an dem Po schon
mit Deutschen angefüllet war/ setzte er nach Er-
bauung der Stadt Laus an dem Flusse Lamber
durch ihrer Landsleute Vorschub bey dem Ein-
flusse des Mincius mit den Flössen über den
Po. Die Hetrurier und Umbrier hielten
zwar das Ufer mit viel tausenden besetzet. Her-
tzog Lingo aber/ welchen die Jtaliäner seiner
Länge halber einen Storch oder Liconius hies-
sen/ warf bey dem zweiffelhafften Gefechte das
Kriegs-Zeichen/ darauf des Thuisco Haupt ge-
bildet/ und als ein heiliges Glücks-Bild aus ei-
nem Hercynischen Heyne an der Moldau mit
genommen war/ auf das feindliche Ufer mitten
unter die Umbrier. Die Deutschen/ welche
tausend mal lieber ihr Leben/ als diß Heiligthum
zu verlieren gemeinet waren/ fingen hierüber
nicht mehr als Menschen/ sondern als wütende
Bären an zu fechten; also: daß die Feinde sie an-
fangs am Lande musten lassen festen Fuß setzen/
hernach gar das Feld räumen. Die Flüchti-
[Spaltenumbruch] gen wurden biß an den Berg Sicimina/ und an
den Fluß Gabellus verfolgt. Welches kurtz
hernach Servius Tullius in ihrer Schlacht ge-
gen die Sabiner/ Furius Agrippa/ als er wider
die Hernicher/ und Qvintus-Capitolinus/ als er
wider die Phalisker kämpfte/ ihm glücklich nach-
thäten. Nach dem die Bojen sich zwischen dem
Flusse Tarius/ Nicia und Gabellus feste ge-
setzt hatten; und ihnen noch wol 10000. ihrer
Landsleute nachkamen/ rückten sie ferner. Die
Umbrier begegneten ihnen abermals an dem
Flusse Scultenna. Wie nun Hertzog Lingo sei-
ne Bojen und Logionen in die Schlacht-Ord-
nung gestellt hatten/ schlug der Donner nahe für
ihm in eine über dem Strome stehende Eiche.
Welches die Umbrier nicht wenig erschreckte/
Lingo aber deutete diesen Zufall für ein gewisses
Zeichen des Sieges aus; redete hiermit sein
Volck an: Sehet ihr wol: daß der Himmel uns
selbst den Weg weiset/ und wider unsere Feinde
zu kämpfen den Anfang macht. Worauf denn
nicht nur seine Reuterey behertzt durch das Was-
ser setzte; sondern das Fußvolck schwa mit entblö-
sten Waffen durch den Strom; und es währete
keine Stunde/ waren die Umbrier in der Flucht/
ihr Hertzog gefangen; Das Ende der Ver-
folg- und Niedermachung aber endigte sich al-
lererst auff die sinckende Nacht/ und an dem
Flusse Rhenus. Rhemetalces brach allhier
ein/ und fing an: Es ist ein Meisterstücke/
wenn ein Heerführer solche Zufälle zu seinem
Vortheil brauchen kan; und erinnere ich mich:
daß Chatrias/ als für seiner zum Treffen ferti-
gen Schiff-Flotte der Blitz gleichfals nieder-
schlug/ er auff des Lingo Art ebener massen sein
Kriegsvolck anfrischte. Und Epaminondas/
als des Nachts eine brennende Fackel mitten in
sein Heer fiel; fing zu selbten an: Freuet euch/
die Götter stecken uns selbst Lichter auf. Ja/
sagte Zeno/ dieses aber ist noch rühmlicher/
wenn ein scharfsinniger Feldherr aus Un-
glücks-Zeichen zu seinem Besten verdrehen

kan;

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Herrſchafft von dem Uhrſprunge des Fluſſes
Arcus und Durentia biß an den Strom Seßi-
tes. Sein Volck/ welches anfangs von ihrem
vaͤterlichen Fluſſe die Salier oder Saal-Laͤn-
der genennet ward/ erwarb von ihrer Eintracht
und gegen einander bezeigten Liebe den Nah-
men der Liebitier; ſein zwoͤlfter Nachkomme
Cottius pregte ſelbigem Gebuͤrge ſeinen Nah-
men ein/ erweiterte ſeine Herrſchafft/ und er-
warb nichts minder in Jtalien ein groſſes An-
ſehen und den Titel eines Koͤniges/ als bey den
Roͤmern eines Bundgenoſſen. Unterdeſſen
ward das zwiſchen dem Krantze der Hereyni-
ſchen Gebuͤrge begriffene Land den fruchtba-
ren Bojen/ und der Strich zwiſchen der Weich-
ſel und Oder denen Logionen und Lygiern auch
zu klein/ daher erhob ſich beyder Voͤlcker Uber-
ſchuß unter dem Lingo und ſetzte uͤber den Rhein/
erlangte bey den Helvetiern aus Freundſchafft/
bey den Rhetiern aus Furcht freyen Durchzug/
kam alſo uͤber die Penniniſchen Alpen in Jta-
lien; Und weil die lincke Seite an dem Po ſchon
mit Deutſchen angefuͤllet war/ ſetzte er nach Er-
bauung der Stadt Laus an dem Fluſſe Lamber
durch ihrer Landsleute Vorſchub bey dem Ein-
fluſſe des Mincius mit den Floͤſſen uͤber den
Po. Die Hetrurier und Umbrier hielten
zwar das Ufer mit viel tauſenden beſetzet. Her-
tzog Lingo aber/ welchen die Jtaliaͤner ſeiner
Laͤnge halber einen Storch oder Liconius hieſ-
ſen/ warf bey dem zweiffelhafften Gefechte das
Kriegs-Zeichen/ darauf des Thuiſco Haupt ge-
bildet/ und als ein heiliges Gluͤcks-Bild aus ei-
nem Hercyniſchen Heyne an der Moldau mit
genommen war/ auf das feindliche Ufer mitten
unter die Umbrier. Die Deutſchen/ welche
tauſend mal lieber ihr Leben/ als diß Heiligthum
zu verlieren gemeinet waren/ fingen hieruͤber
nicht mehr als Menſchen/ ſondern als wuͤtende
Baͤren an zu fechten; alſo: daß die Feinde ſie an-
fangs am Lande muſten laſſen feſten Fuß ſetzen/
hernach gar das Feld raͤumen. Die Fluͤchti-
[Spaltenumbruch] gen wurden biß an den Berg Sicimina/ und an
den Fluß Gabellus verfolgt. Welches kurtz
hernach Servius Tullius in ihrer Schlacht ge-
gen die Sabiner/ Furius Agrippa/ als er wider
die Hernicher/ und Qvintus-Capitolinus/ als er
wideꝛ die Phalisker kaͤmpfte/ ihm gluͤcklich nach-
thaͤten. Nach dem die Bojen ſich zwiſchen dem
Fluſſe Tarius/ Nicia und Gabellus feſte ge-
ſetzt hatten; und ihnen noch wol 10000. ihrer
Landsleute nachkamen/ ruͤckten ſie ferner. Die
Umbrier begegneten ihnen abermals an dem
Fluſſe Scultenna. Wie nun Hertzog Lingo ſei-
ne Bojen und Logionen in die Schlacht-Ord-
nung geſtellt hatten/ ſchlug der Donner nahe fuͤr
ihm in eine uͤber dem Strome ſtehende Eiche.
Welches die Umbrier nicht wenig erſchreckte/
Lingo aber deutete dieſen Zufall fuͤr ein gewiſſes
Zeichen des Sieges aus; redete hiermit ſein
Volck an: Sehet ihr wol: daß der Himmel uns
ſelbſt den Weg weiſet/ und wider unſere Feinde
zu kaͤmpfen den Anfang macht. Worauf denn
nicht nur ſeine Reuterey behertzt durch das Waſ-
ſer ſetzte; ſondern das Fußvolck ſchwã mit entbloͤ-
ſten Waffen durch den Strom; und es waͤhrete
keine Stunde/ waren die Umbrier in der Flucht/
ihr Hertzog gefangen; Das Ende der Ver-
folg- und Niedermachung aber endigte ſich al-
lererſt auff die ſinckende Nacht/ und an dem
Fluſſe Rhenus. Rhemetalces brach allhier
ein/ und fing an: Es iſt ein Meiſterſtuͤcke/
wenn ein Heerfuͤhrer ſolche Zufaͤlle zu ſeinem
Vortheil brauchen kan; und erinnere ich mich:
daß Chatrias/ als fuͤr ſeiner zum Treffen ferti-
gen Schiff-Flotte der Blitz gleichfals nieder-
ſchlug/ er auff des Lingo Art ebener maſſen ſein
Kriegsvolck anfriſchte. Und Epaminondas/
als des Nachts eine brennende Fackel mitten in
ſein Heer fiel; fing zu ſelbten an: Freuet euch/
die Goͤtter ſtecken uns ſelbſt Lichter auf. Ja/
ſagte Zeno/ dieſes aber iſt noch ruͤhmlicher/
wenn ein ſcharfſinniger Feldherr aus Un-
gluͤcks-Zeichen zu ſeinem Beſten verdrehen

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 735[737]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/797>, abgerufen am 26.11.2024.