Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Sechstes Buch [Spaltenumbruch]
Ludwig der friedliebende Alarich folgte/ welchermehr mit guten Gesetzen seine Herrschafft zu befestigen/ als sie mit dem Degen zu erweitern trachtete. Also endern auch die Völcker/ wie die Gewächse unter einem andern Himmel ihre erste Eigenschafften. Unterdessen bewegte sich ein neuer Schwarm der/
Sechſtes Buch [Spaltenumbruch]
Ludwig der friedliebende Alarich folgte/ welchermehr mit guten Geſetzen ſeine Herrſchafft zu befeſtigen/ als ſie mit dem Degen zu erweitern trachtete. Alſo endern auch die Voͤlcker/ wie die Gewaͤchſe unter einem andern Himmel ihre erſte Eigenſchafften. Unterdeſſen bewegte ſich ein neuer Schwarm der/
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Sechſtes Buch
Ludwig der friedliebende Alarich folgte/ welcher
mehr mit guten Geſetzen ſeine Herrſchafft zu
befeſtigen/ als ſie mit dem Degen zu erweitern
trachtete. Alſo endern auch die Voͤlcker/ wie
die Gewaͤchſe unter einem andern Himmel ihre
erſte Eigenſchafften.
Unterdeſſen bewegte ſich ein neuer Schwarm
der um den Berg Abnoba und den Brunnen
der Donau wohnenden Allemaͤnner unter dem
Hertzoge Arnolff; gieng nach dem Beyſpiele der
Marſinger und Oſier in Pannonien/ und brei-
teten ſich von dar biß an den innerſten Seebu-
ſem des Adriatiſchen und Jllyriſchen Meeres/
die Marſinger und Oſier aber biß uͤber den Fluß
Mariſus aus; alſo: daß der um den Strom Ty-
ras wohnende Sarmatiſche Koͤnig Athea wi-
der ſie den Macedoniſchen Koͤnig Philip zu
Huͤlffe beruffte. Die Deutſchen erinnerten ſich
ihrer alten mit den Sarmatern gepflogenen
Freundſchafft und Buͤndnuͤſſe. Sintemahl
ſchon zur Zeit des zu Troja herſchenden Jlus
der Deutſche Koͤnig Galathes und Gothard
mit der Sarmater Koͤnige Lauthim wider den
Darius Hiſtaſpides zuſammen gekrieget/ und
dieſen/ weil er ſich die uͤberſchickte Mauß/
Froſch und Pfeile nicht zuruͤcke halten ließ/ mit
Verluſt 90000. ſtreitbarer Maͤnner wieder uͤ-
ber den Jſter getrieben/ hernach aber nach ge-
troffenem Frieden dem Xerxes unter ſeinem
Bruder Ariomard wider die Griechen gedienet
hatten. Daher ſie denn auch dißmal den Sar-
matern wider den herrſchſuͤchtigen Philip bey-
zuſpringen fuͤr recht und ruͤhmlich hielten; wel-
cher nach aufgehobener Belaͤgerung der Stadt
Byzanz von dem Koͤnige Athea unter dem hei-
ligen Scheine: daß er an dem Jſter dem Hercu-
les eine gelobte Saͤule aufrichten wolte/ uͤber die-
ſen Strom zu ſetzen/ Erlaubnuͤß bekam/ die ein-
faͤltigen Sarmater aber uͤberfiel/ und groſſe
Beute machte. Bey Ankunfft der Deutſchen
aber muſte Philip nur weichen/ und ſeiner vor-
angeſchickten Beute nach ziemlichem Verluſte
folgen; ja als die Deutſchen ſich mit denen Tri-
ballen vereinbarten/ ihnen die Beute gar im
Stiche laſſen/ und nach empfangener gefaͤhrli-
chen Wunde die Flucht ergreiffen. Weil nun
dieſer der Deutſchen Tapfferkeit genungſam ge-
pruͤfet hatte/ hielt er fuͤr rathſamer ſie zu Ge-
huͤlffen in ſein Schiff zu nehmen/ als es an die-
ſen Klippen zu zerſtoſſen. Daher er denn ihrer
ſich in dem Kriege wider Athen fruchtbarlich be-
diente/ und derer inſonderheit damals/ als er zu
Corinth von gantz Griechenland zum Feldherrn
wider die Perſen erkieſet ward/ 10000. in Be-
ſtallung nahm. Nach dem aber Philip hieruͤ-
ber getoͤdtet war/ und ſein Sohn der groſſe Ale-
xander nicht nur die Thracier/ Jllyrier/ Tri-
baller und Peonier uͤberwand; ſondern auch uͤ-
ber den Jſter ſetzte/ und wider den Syrmus den
Koͤnig der Geten/ welche vorzeiten Hertzog
Berich und Philomar aus dem mitternaͤchtigen
Deutſchlande an den Jſter und Tibiſcus gefuͤh-
ret haben ſollen/ zohen die Deutſchen die Hand
ab/ und ſperrten die Augen gegen dieſen Sie-
gen weit auf; ſchickten alſo die Allemaͤnner/
Marſinger und Oſier Geſandten an Alexan-
der/ welche ihn von Bekriegung ihrer Ver-
wandten und Bunds genoſſen der Geten ab-
mahnten/ ihm auch rund heraus andeuteten:
daß ſie ſeine Herrſchafft ſich uͤber den Jſter und
die Sau zu erweitern gar nicht entraͤumen koͤn-
ten. Alexander verwunderte ſich nichts min-
der uͤber ihrer Freyheit der Gemuͤther/ als uͤber
den Kraͤfften ihrer Leiber; fragte daher die Ge-
ſandten: fuͤr was ſich die Deutſchen am meiſten
fuͤrchteten? An ſtatt der verhofften Erklaͤrung:
daß ſie die Macedoniſche Macht anziehen wuͤr-
den/ kriegte er von ihnen zur Antwort: Jn den
Hertzen der Deutſchen haͤtte keine Furcht raum.
Solten ſie aber ja fuͤr etwas Sorge tragen/ koͤn-
te es nichts anders ſeyn/ als daß der Himmel ih-
nen auf den Hals fiele. Sonſt aber unterhiel-
ten ſie mit hertzhafften Leuten gerne Freund-
ſchafft. So wil denn auch ich/ verſetzte Alexan-
der/
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