Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] aller andern Geschlechter zu Carthago/ viel-
mehr aber fremder sich zu gut achtete; theils weil
sich Gescon selbst Sophonisben zu heyrathen
anmeldete. Fürst Narvas erfuhr inzwischen
nicht nur von der ihm geneigten Sophonisbe
die Ursache solcher Veränderung; sondern auch:
daß Amilcar an dem Adel des Fürsten Narvas
und Autaritus gezweiffelt hatte. Dieses be-
wegteihn dem Amilcar seine Vertröstungen der
Heyrath wegen schrifftlich einzuhalten/ auch ihn
zu versichern: daß er sein Fürstliches Geschlech-
te von solchem Alter/ als der Barkische Stamm
immermehr hätte/ ausführen könte. Allein er
begehrte sich mit den verrosterten Schilden sei-
ner Vorfahren nicht zu behelffen/ weil Amilcar
in Sicilien selbst gesehen: wieviel er ihrer selbst
den Feinden abgerissen hätte. Vermeinten die
Mohren seine Neuigkeit verächtlich zu halten/
so müste er derselben Zagheit verlachen/ derer
Eltern sich selbst solcher Kinder schämen/ ihn a-
ber zu ihrem Sohne wünschen würden/ wenn
sie aus ihren Gräbern aufstünden. Also möch-
te er sein Ansuchen nicht verschmähen. Hätte
er das Glücke des grossen Amilcars Tochter zu
heyrathen/ so würde Amilcar sich des unver-
gleichlichen Tuisco und des mächtigen Hiem-
psals Enckel zum Eydame zu haben sich nicht
schämen dörffen. Autaritus versuchte gleich-
fals sein Heil aufs beste; aber die Freundschafft
des Gescon überwog sie endlich: daß Sopho-
nisbe zu höchster Verbitterung beyder Fürsten
jenem versagt/ durch solchen Verlust aber des
Fürsten Nervas und Autaritus durch die Ei-
fersucht eine zeitlang zertrennte Vertrauligkeit
wieder er gäntzet ward. Dieses geschah/ als der
Rath zu Carthago aus Mangel Geldes zur Be-
zahlung alle fremde Hülfsvölcker mit Sack und
Pack höchst unvernünfftig in der Stadt Sicca
sich zusammen ziehen/ daselbst eine zeitlang
schädlicher Ruhe genüssen ließ; welche anfangs
in Muthwillen/ hernach in Verwegenheit den
rückständigen Sold mit Ungestüm zu suchen
[Spaltenumbruch] sich verwandelte. Jedoch bildete der Rath ihm
nichts weniger ein/ als daß so viel durch Spra-
chen und Sitten von einander unterschiedene
Völcker so bald wieder Carthago unter einen
Hut gebracht werden könten/ daher meinten sie
durch den Hanno ihnen die Helffte ihres sauer
verdienten Lohnes und den Werth der eingebiß-
ten Pferde abzudingen. Welch Anmuthen
aber ihnen so beschwerlich nicht fiel/ als daß sie
diese Unterhandlung durch keinen Feldherren/
der in Sicilien ihre Kriegs-Thaten gesehen
hatte/ bewerckstelliget ward; daher setzten sie sich
mit 20000. Mann zu grossem Schrecken der
Stadt Carthago für Thunis; fluchten inson-
derheit auf Amilcarn/ als welcher um sich seiner
betheurlichen Versprechungen güldener Berge
loß zu machen sein Ampt abgelegt/ und die zwey
tapffern Fürsten Narvas und Autaritus/ derer
Tugend die Herrschafft der gantzen Welt ver-
diente/ durch Versagung seiner Tochter be-
schimpfthätte. Nach dem aber Gescon in Si-
cilien bey dem Kriegsvolcke sehr angenehm ge-
west war/ schickte der Rath von Carthago ihn
diese Völcker zu bestillen; Als inzwischen sie
dem Fürsten Narvas und Autaritus die Ober-
Gewalt über sich aufgetragen/ und bey dieser
ihrer Verweigerung einen Africanischen Edel-
mann Mathos und einen Campanier von Ge-
burt Spendius zu ihren Häuptern erwehlt hat-
ten. Gescon mühte sich zwar auf alle weise sie
zu besänfftigen; wie sie aber um Bezahlung des
rückständigen Getreides anhielten/ und Gescon
aus unzeitiger Ubereilung solche bey ihrem
Mathos zu suchen nicht allein sie anverwieß/
sondern auch einen frechen Balearier mit sei-
nem Degen verwundete; fielen die nechsten den
Gescon an/ welcher unzweiffelbar von der er-
grimmten Menge wäre erwürgt worden/ wenn
nicht Fürst Narvas seinen Nebenbuhler zu be-
schirmen sich unterwunden hätte. Gleichwol
konte er nicht verwehren: daß er in Banden ge-
schlossen und ins Gefängnüß gelegt ward; und

Ma-

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] aller andern Geſchlechter zu Carthago/ viel-
mehr aber fremder ſich zu gut achtete; theils weil
ſich Geſcon ſelbſt Sophonisben zu heyrathen
anmeldete. Fuͤrſt Narvas erfuhr inzwiſchen
nicht nur von der ihm geneigten Sophonisbe
die Urſache ſolcher Veraͤnderung; ſondern auch:
daß Amilcar an dem Adel des Fuͤrſten Narvas
und Autaritus gezweiffelt hatte. Dieſes be-
wegteihn dem Amilcar ſeine Vertroͤſtungen deꝛ
Heyrath wegen ſchrifftlich einzuhalten/ auch ihn
zu verſichern: daß er ſein Fuͤrſtliches Geſchlech-
te von ſolchem Alter/ als der Barkiſche Stamm
immermehr haͤtte/ ausfuͤhren koͤnte. Allein er
begehrte ſich mit den verroſterten Schilden ſei-
ner Vorfahren nicht zu behelffen/ weil Amilcar
in Sicilien ſelbſt geſehen: wieviel er ihrer ſelbſt
den Feinden abgeriſſen haͤtte. Vermeinten die
Mohren ſeine Neuigkeit veraͤchtlich zu halten/
ſo muͤſte er derſelben Zagheit verlachen/ derer
Eltern ſich ſelbſt ſolcher Kinder ſchaͤmen/ ihn a-
ber zu ihrem Sohne wuͤnſchen wuͤrden/ wenn
ſie aus ihren Graͤbern aufſtuͤnden. Alſo moͤch-
te er ſein Anſuchen nicht verſchmaͤhen. Haͤtte
er das Gluͤcke des groſſen Amilcars Tochter zu
heyrathen/ ſo wuͤrde Amilcar ſich des unver-
gleichlichen Tuiſco und des maͤchtigen Hiem-
pſals Enckel zum Eydame zu haben ſich nicht
ſchaͤmen doͤrffen. Autaritus verſuchte gleich-
fals ſein Heil aufs beſte; aber die Freundſchafft
des Geſcon uͤberwog ſie endlich: daß Sopho-
nisbe zu hoͤchſter Verbitterung beyder Fuͤrſten
jenem verſagt/ durch ſolchen Verluſt aber des
Fuͤrſten Nervas und Autaritus durch die Ei-
ferſucht eine zeitlang zertrennte Vertrauligkeit
wieder er gaͤntzet ward. Dieſes geſchah/ als deꝛ
Rath zu Carthago aus Mangel Geldes zuꝛ Be-
zahlung alle fremde Huͤlfsvoͤlcker mit Sack und
Pack hoͤchſt unvernuͤnfftig in der Stadt Sicca
ſich zuſammen ziehen/ daſelbſt eine zeitlang
ſchaͤdlicher Ruhe genuͤſſen ließ; welche anfangs
in Muthwillen/ hernach in Verwegenheit den
ruͤckſtaͤndigen Sold mit Ungeſtuͤm zu ſuchen
[Spaltenumbruch] ſich verwandelte. Jedoch bildete der Rath ihm
nichts weniger ein/ als daß ſo viel durch Spra-
chen und Sitten von einander unterſchiedene
Voͤlcker ſo bald wieder Carthago unter einen
Hut gebracht werden koͤnten/ daher meinten ſie
durch den Hanno ihnen die Helffte ihres ſauer
verdienten Lohnes und den Werth der eingebiß-
ten Pferde abzudingen. Welch Anmuthen
aber ihnen ſo beſchwerlich nicht fiel/ als daß ſie
dieſe Unterhandlung durch keinen Feldherren/
der in Sicilien ihre Kriegs-Thaten geſehen
hatte/ bewerckſtelliget ward; daher ſetzten ſie ſich
mit 20000. Mann zu groſſem Schrecken der
Stadt Carthago fuͤr Thunis; fluchten inſon-
derheit auf Amilcarn/ als welcher um ſich ſeiner
betheurlichen Verſprechungen guͤldener Berge
loß zu machen ſein Ampt abgelegt/ und die zwey
tapffern Fuͤrſten Narvas und Autaritus/ derer
Tugend die Herrſchafft der gantzen Welt ver-
diente/ durch Verſagung ſeiner Tochter be-
ſchimpfthaͤtte. Nach dem aber Geſcon in Si-
cilien bey dem Kriegsvolcke ſehr angenehm ge-
weſt war/ ſchickte der Rath von Carthago ihn
dieſe Voͤlcker zu beſtillen; Als inzwiſchen ſie
dem Fuͤrſten Narvas und Autaritus die Ober-
Gewalt uͤber ſich aufgetragen/ und bey dieſer
ihrer Verweigerung einen Africaniſchen Edel-
mann Mathos und einen Campanier von Ge-
burt Spendius zu ihren Haͤuptern erwehlt hat-
ten. Geſcon muͤhte ſich zwar auf alle weiſe ſie
zu beſaͤnfftigen; wie ſie aber um Bezahlung des
ruͤckſtaͤndigen Getreides anhielten/ und Geſcon
aus unzeitiger Ubereilung ſolche bey ihrem
Mathos zu ſuchen nicht allein ſie anverwieß/
ſondern auch einen frechen Balearier mit ſei-
nem Degen verwundete; fielen die nechſten den
Geſcon an/ welcher unzweiffelbar von der er-
grimmten Menge waͤre erwuͤrgt worden/ wenn
nicht Fuͤrſt Narvas ſeinen Nebenbuhler zu be-
ſchirmen ſich unterwunden haͤtte. Gleichwol
konte er nicht verwehren: daß er in Banden ge-
ſchloſſen und ins Gefaͤngnuͤß gelegt ward; und

Ma-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0866" n="804[806]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
aller andern Ge&#x017F;chlechter zu Carthago/ viel-<lb/>
mehr aber fremder &#x017F;ich zu gut achtete; theils weil<lb/>
&#x017F;ich Ge&#x017F;con &#x017F;elb&#x017F;t Sophonisben zu heyrathen<lb/>
anmeldete. Fu&#x0364;r&#x017F;t Narvas erfuhr inzwi&#x017F;chen<lb/>
nicht nur von der ihm geneigten Sophonisbe<lb/>
die Ur&#x017F;ache &#x017F;olcher Vera&#x0364;nderung; &#x017F;ondern auch:<lb/>
daß Amilcar an dem Adel des Fu&#x0364;r&#x017F;ten Narvas<lb/>
und Autaritus gezweiffelt hatte. Die&#x017F;es be-<lb/>
wegteihn dem Amilcar &#x017F;eine Vertro&#x0364;&#x017F;tungen de&#xA75B;<lb/>
Heyrath wegen &#x017F;chrifftlich einzuhalten/ auch ihn<lb/>
zu ver&#x017F;ichern: daß er &#x017F;ein Fu&#x0364;r&#x017F;tliches Ge&#x017F;chlech-<lb/>
te von &#x017F;olchem Alter/ als der Barki&#x017F;che Stamm<lb/>
immermehr ha&#x0364;tte/ ausfu&#x0364;hren ko&#x0364;nte. Allein er<lb/>
begehrte &#x017F;ich mit den verro&#x017F;terten Schilden &#x017F;ei-<lb/>
ner Vorfahren nicht zu behelffen/ weil Amilcar<lb/>
in Sicilien &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;ehen: wieviel er ihrer &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
den Feinden abgeri&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte. Vermeinten die<lb/>
Mohren &#x017F;eine Neuigkeit vera&#x0364;chtlich zu halten/<lb/>
&#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;te er der&#x017F;elben Zagheit verlachen/ derer<lb/>
Eltern &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;olcher Kinder &#x017F;cha&#x0364;men/ ihn a-<lb/>
ber zu ihrem Sohne wu&#x0364;n&#x017F;chen wu&#x0364;rden/ wenn<lb/>
&#x017F;ie aus ihren Gra&#x0364;bern auf&#x017F;tu&#x0364;nden. Al&#x017F;o mo&#x0364;ch-<lb/>
te er &#x017F;ein An&#x017F;uchen nicht ver&#x017F;chma&#x0364;hen. Ha&#x0364;tte<lb/>
er das Glu&#x0364;cke des gro&#x017F;&#x017F;en Amilcars Tochter zu<lb/>
heyrathen/ &#x017F;o wu&#x0364;rde Amilcar &#x017F;ich des unver-<lb/>
gleichlichen Tui&#x017F;co und des ma&#x0364;chtigen Hiem-<lb/>
p&#x017F;als Enckel zum Eydame zu haben &#x017F;ich nicht<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;men do&#x0364;rffen. Autaritus ver&#x017F;uchte gleich-<lb/>
fals &#x017F;ein Heil aufs be&#x017F;te; aber die Freund&#x017F;chafft<lb/>
des Ge&#x017F;con u&#x0364;berwog &#x017F;ie endlich: daß Sopho-<lb/>
nisbe zu ho&#x0364;ch&#x017F;ter Verbitterung beyder Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
jenem ver&#x017F;agt/ durch &#x017F;olchen Verlu&#x017F;t aber des<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten Nervas und Autaritus durch die Ei-<lb/>
fer&#x017F;ucht eine zeitlang zertrennte Vertrauligkeit<lb/>
wieder er ga&#x0364;ntzet ward. Die&#x017F;es ge&#x017F;chah/ als de&#xA75B;<lb/>
Rath zu Carthago aus Mangel Geldes zu&#xA75B; Be-<lb/>
zahlung alle fremde Hu&#x0364;lfsvo&#x0364;lcker mit Sack und<lb/>
Pack ho&#x0364;ch&#x017F;t unvernu&#x0364;nfftig in der Stadt Sicca<lb/>
&#x017F;ich zu&#x017F;ammen ziehen/ da&#x017F;elb&#x017F;t eine zeitlang<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;dlicher Ruhe genu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en ließ; welche anfangs<lb/>
in Muthwillen/ hernach in Verwegenheit den<lb/>
ru&#x0364;ck&#x017F;ta&#x0364;ndigen Sold mit Unge&#x017F;tu&#x0364;m zu &#x017F;uchen<lb/><cb/>
&#x017F;ich verwandelte. Jedoch bildete der Rath ihm<lb/>
nichts weniger ein/ als daß &#x017F;o viel durch Spra-<lb/>
chen und Sitten von einander unter&#x017F;chiedene<lb/>
Vo&#x0364;lcker &#x017F;o bald wieder Carthago unter einen<lb/>
Hut gebracht werden ko&#x0364;nten/ daher meinten &#x017F;ie<lb/>
durch den Hanno ihnen die Helffte ihres &#x017F;auer<lb/>
verdienten Lohnes und den Werth der eingebiß-<lb/>
ten Pferde abzudingen. Welch Anmuthen<lb/>
aber ihnen &#x017F;o be&#x017F;chwerlich nicht fiel/ als daß &#x017F;ie<lb/>
die&#x017F;e Unterhandlung durch keinen Feldherren/<lb/>
der in Sicilien ihre Kriegs-Thaten ge&#x017F;ehen<lb/>
hatte/ bewerck&#x017F;telliget ward; daher &#x017F;etzten &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
mit 20000. Mann zu gro&#x017F;&#x017F;em Schrecken der<lb/>
Stadt Carthago fu&#x0364;r Thunis; fluchten in&#x017F;on-<lb/>
derheit auf Amilcarn/ als welcher um &#x017F;ich &#x017F;einer<lb/>
betheurlichen Ver&#x017F;prechungen gu&#x0364;ldener Berge<lb/>
loß zu machen &#x017F;ein Ampt abgelegt/ und die zwey<lb/>
tapffern Fu&#x0364;r&#x017F;ten Narvas und Autaritus/ derer<lb/>
Tugend die Herr&#x017F;chafft der gantzen Welt ver-<lb/>
diente/ durch Ver&#x017F;agung &#x017F;einer Tochter be-<lb/>
&#x017F;chimpftha&#x0364;tte. Nach dem aber Ge&#x017F;con in Si-<lb/>
cilien bey dem Kriegsvolcke &#x017F;ehr angenehm ge-<lb/>
we&#x017F;t war/ &#x017F;chickte der Rath von Carthago ihn<lb/>
die&#x017F;e Vo&#x0364;lcker zu be&#x017F;tillen; Als inzwi&#x017F;chen &#x017F;ie<lb/>
dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten Narvas und Autaritus die Ober-<lb/>
Gewalt u&#x0364;ber &#x017F;ich aufgetragen/ und bey die&#x017F;er<lb/>
ihrer Verweigerung einen Africani&#x017F;chen Edel-<lb/>
mann Mathos und einen Campanier von Ge-<lb/>
burt Spendius zu ihren Ha&#x0364;uptern erwehlt hat-<lb/>
ten. Ge&#x017F;con mu&#x0364;hte &#x017F;ich zwar auf alle wei&#x017F;e &#x017F;ie<lb/>
zu be&#x017F;a&#x0364;nfftigen; wie &#x017F;ie aber um Bezahlung des<lb/>
ru&#x0364;ck&#x017F;ta&#x0364;ndigen Getreides anhielten/ und Ge&#x017F;con<lb/>
aus unzeitiger Ubereilung &#x017F;olche bey ihrem<lb/>
Mathos zu &#x017F;uchen nicht allein &#x017F;ie anverwieß/<lb/>
&#x017F;ondern auch einen frechen Balearier mit &#x017F;ei-<lb/>
nem Degen verwundete; fielen die nech&#x017F;ten den<lb/>
Ge&#x017F;con an/ welcher unzweiffelbar von der er-<lb/>
grimmten Menge wa&#x0364;re erwu&#x0364;rgt worden/ wenn<lb/>
nicht Fu&#x0364;r&#x017F;t Narvas &#x017F;einen Nebenbuhler zu be-<lb/>
&#x017F;chirmen &#x017F;ich unterwunden ha&#x0364;tte. Gleichwol<lb/>
konte er nicht verwehren: daß er in Banden ge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en und ins Gefa&#x0364;ngnu&#x0364;ß gelegt ward; und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ma-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[804[806]/0866] Sechſtes Buch aller andern Geſchlechter zu Carthago/ viel- mehr aber fremder ſich zu gut achtete; theils weil ſich Geſcon ſelbſt Sophonisben zu heyrathen anmeldete. Fuͤrſt Narvas erfuhr inzwiſchen nicht nur von der ihm geneigten Sophonisbe die Urſache ſolcher Veraͤnderung; ſondern auch: daß Amilcar an dem Adel des Fuͤrſten Narvas und Autaritus gezweiffelt hatte. Dieſes be- wegteihn dem Amilcar ſeine Vertroͤſtungen deꝛ Heyrath wegen ſchrifftlich einzuhalten/ auch ihn zu verſichern: daß er ſein Fuͤrſtliches Geſchlech- te von ſolchem Alter/ als der Barkiſche Stamm immermehr haͤtte/ ausfuͤhren koͤnte. Allein er begehrte ſich mit den verroſterten Schilden ſei- ner Vorfahren nicht zu behelffen/ weil Amilcar in Sicilien ſelbſt geſehen: wieviel er ihrer ſelbſt den Feinden abgeriſſen haͤtte. Vermeinten die Mohren ſeine Neuigkeit veraͤchtlich zu halten/ ſo muͤſte er derſelben Zagheit verlachen/ derer Eltern ſich ſelbſt ſolcher Kinder ſchaͤmen/ ihn a- ber zu ihrem Sohne wuͤnſchen wuͤrden/ wenn ſie aus ihren Graͤbern aufſtuͤnden. Alſo moͤch- te er ſein Anſuchen nicht verſchmaͤhen. Haͤtte er das Gluͤcke des groſſen Amilcars Tochter zu heyrathen/ ſo wuͤrde Amilcar ſich des unver- gleichlichen Tuiſco und des maͤchtigen Hiem- pſals Enckel zum Eydame zu haben ſich nicht ſchaͤmen doͤrffen. Autaritus verſuchte gleich- fals ſein Heil aufs beſte; aber die Freundſchafft des Geſcon uͤberwog ſie endlich: daß Sopho- nisbe zu hoͤchſter Verbitterung beyder Fuͤrſten jenem verſagt/ durch ſolchen Verluſt aber des Fuͤrſten Nervas und Autaritus durch die Ei- ferſucht eine zeitlang zertrennte Vertrauligkeit wieder er gaͤntzet ward. Dieſes geſchah/ als deꝛ Rath zu Carthago aus Mangel Geldes zuꝛ Be- zahlung alle fremde Huͤlfsvoͤlcker mit Sack und Pack hoͤchſt unvernuͤnfftig in der Stadt Sicca ſich zuſammen ziehen/ daſelbſt eine zeitlang ſchaͤdlicher Ruhe genuͤſſen ließ; welche anfangs in Muthwillen/ hernach in Verwegenheit den ruͤckſtaͤndigen Sold mit Ungeſtuͤm zu ſuchen ſich verwandelte. Jedoch bildete der Rath ihm nichts weniger ein/ als daß ſo viel durch Spra- chen und Sitten von einander unterſchiedene Voͤlcker ſo bald wieder Carthago unter einen Hut gebracht werden koͤnten/ daher meinten ſie durch den Hanno ihnen die Helffte ihres ſauer verdienten Lohnes und den Werth der eingebiß- ten Pferde abzudingen. Welch Anmuthen aber ihnen ſo beſchwerlich nicht fiel/ als daß ſie dieſe Unterhandlung durch keinen Feldherren/ der in Sicilien ihre Kriegs-Thaten geſehen hatte/ bewerckſtelliget ward; daher ſetzten ſie ſich mit 20000. Mann zu groſſem Schrecken der Stadt Carthago fuͤr Thunis; fluchten inſon- derheit auf Amilcarn/ als welcher um ſich ſeiner betheurlichen Verſprechungen guͤldener Berge loß zu machen ſein Ampt abgelegt/ und die zwey tapffern Fuͤrſten Narvas und Autaritus/ derer Tugend die Herrſchafft der gantzen Welt ver- diente/ durch Verſagung ſeiner Tochter be- ſchimpfthaͤtte. Nach dem aber Geſcon in Si- cilien bey dem Kriegsvolcke ſehr angenehm ge- weſt war/ ſchickte der Rath von Carthago ihn dieſe Voͤlcker zu beſtillen; Als inzwiſchen ſie dem Fuͤrſten Narvas und Autaritus die Ober- Gewalt uͤber ſich aufgetragen/ und bey dieſer ihrer Verweigerung einen Africaniſchen Edel- mann Mathos und einen Campanier von Ge- burt Spendius zu ihren Haͤuptern erwehlt hat- ten. Geſcon muͤhte ſich zwar auf alle weiſe ſie zu beſaͤnfftigen; wie ſie aber um Bezahlung des ruͤckſtaͤndigen Getreides anhielten/ und Geſcon aus unzeitiger Ubereilung ſolche bey ihrem Mathos zu ſuchen nicht allein ſie anverwieß/ ſondern auch einen frechen Balearier mit ſei- nem Degen verwundete; fielen die nechſten den Geſcon an/ welcher unzweiffelbar von der er- grimmten Menge waͤre erwuͤrgt worden/ wenn nicht Fuͤrſt Narvas ſeinen Nebenbuhler zu be- ſchirmen ſich unterwunden haͤtte. Gleichwol konte er nicht verwehren: daß er in Banden ge- ſchloſſen und ins Gefaͤngnuͤß gelegt ward; und Ma-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/866
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 804[806]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/866>, abgerufen am 01.07.2024.