Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Kurtz hierauff traff auch Minutius mit demFürsten Corolam; als Hertzog Bojorich mit ei- nem Theile des Heeres gegen dem Flusse Au- ser die Ligurische Gräntze für der Römer Ein- fall beobachtete. Diese Gelegenheit und der Mangel an Lebensmitteln zwang den Minu- tius: daß er wiewohl mit ziemlichem Verlust durch die Bojen durchschlagen/ und über den Fluß Cöcina zurück weichen muste. Welches alles zu Rom schlechtes Vergnügen gab/ weil sie gemeinet durch diese zwey mächtige Heere alle Bojen auszurotten; wiewol Marcus Fulvius in Hispanien diese Scharte mercklich ausge- wetzt hatte; weil von ihm die Celtiberier geschla- gen/ und ihr König Hilerm gefangen worden war. Folgendes Früh-Jahr zohen die Bür- gemeister Lucius Qvintius/ und Domitius E- nobarbus mit zwey mächtigen Heeren wider die Bojen und Ligurier auff. Aber sie gerie- then in eusserste Noth und Gefahr. Denn Fürst Dorulach überfiel die Römische Reuterey bey Tursena/ und schlug sie aus dem Felde. Co- rolam und Bojorich aber stürmten gar das Rö- mische Läger an dem Flusse Ausser; dessen schnel- le Ergiessung alleine die Eroberung verhinder- te. Gleichwohl aber traute Qvintius nicht den andern Sturm der ergrimmten Deutschen zu erwarten; ließ also allen Vorrath im Stiche/ und machte sich des Nachts stillschweigend über ein Theil des Gebürges. Nachdem aber ein Uberläuffer solches verkundschaffte/ schwemmte Fürst Dorulach mit einem Theile der Reuterey/ und einer Anzahl hinten auff die Pferde gesetz- ten Fußvolcks durch den Fluß Auser/ dessen Wasser sich ehe in der Mitten empor wöllet/ ehe er sein Ufer übergeust; kam also den Römern nicht allein zuvor/ sondern verhieb und besetzte auch den Ausgang des Forstes/ durch welches Qvintius unvermeidlich ziehen muste. Her- tzog Corolam ließ ein Theil seines Volckes zu Bewahrung des verlassenen Römischen Lägers/ folgte den Römern auff der Ferse nach und be- [Spaltenumbruch] setzte den Eingang des Waldes. Fürst Bojo- rich beobachtete die Seiten und Fuß-Steige. Also waren die Römer im Sacke; und menschli- chem Ansehen nach/ musten sie entweder erhun- gern oder sich ergeben. Qvintius selbst wuste mehr weder Hülffe noch Rath/ und wolte ihm schon selbst verzweiffelnde das Schwerd in Bauch stossen; als Masanissens Sohn Mi- cipsa/ welcher mit acht hundert Numidiern den Römern allhier Beystand leistete/ ihm das Schwerd aus den Händen wand/ die Thor- heit der das Laster des Bruder- und Vater- Mords übertreffenden eigenen Entleibung für Augen stellte/ und ihm aus dieser Fallgrube zu gelangen Hoffnung machte. Micipsa erwehl- te hierauff einen gemeinen ihm nicht unehnli- chen Numidier/ zohe ihm seine von Gold und Edelgesteinen schimmernde Kleider und Rüstung an; gab ihm etliche der treuesten Numidier zu sei- ner Bedienung zu/ und beredete ihn durch gros- se Verheissungen: daß er unter seinem Nah- men folgende Nacht zu den Deutschen überge- hen/ und den freyen Abzug/ oder nur zum min- sten eine erträgliche Gefängnis biß zu ihrer Auslösung erbitten solte. Dieser Numidier wuste diesen Betrug meisterlich zu spielen/ ließ zwey seiner Gesellen zu der eussersten Wache der Deutschen kriechen/ und seine Ankunfft be- richten. Fürst Bojorich hörte diese zwey Uber- läuffer vergnügt an/ schickte auch alsofort den ei- nen zurück/ mit Vermeldung: daß/ weil die Deutschen nur der Römer/ nicht der Numidier/ und insonderheit des aus deutschem Geblüte ent- sprossenen Masanißa Feinde wären/ solte Mi- cipsa nicht nur gerne gesehen/ sondern auch Fürstlich gehalten werden. Kurtz hierauff fand sich der falsche Micipsa ein/ mit Bericht: daß seine Numidier/ so bald sie sich nur würden weg- spielen können/ insgesamt nachfolgen/ und zwar zu mehrer Versicherung alle ihre Waffen weg- werffen würden. Die Sonne war kaum auffgegangen/ als der Numidische Schwarm sich Q q q q q 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Kurtz hierauff traff auch Minutius mit demFuͤrſten Corolam; als Hertzog Bojorich mit ei- nem Theile des Heeres gegen dem Fluſſe Au- ſer die Liguriſche Graͤntze fuͤr der Roͤmer Ein- fall beobachtete. Dieſe Gelegenheit und der Mangel an Lebensmitteln zwang den Minu- tius: daß er wiewohl mit ziemlichem Verluſt durch die Bojen durchſchlagen/ und uͤber den Fluß Coͤcina zuruͤck weichen muſte. Welches alles zu Rom ſchlechtes Vergnuͤgen gab/ weil ſie gemeinet durch dieſe zwey maͤchtige Heere alle Bojen auszurotten; wiewol Marcus Fulvius in Hiſpanien dieſe Scharte mercklich ausge- wetzt hatte; weil von ihm die Celtiberier geſchla- gen/ und ihr Koͤnig Hilerm gefangen worden war. Folgendes Fruͤh-Jahr zohen die Buͤr- gemeiſter Lucius Qvintius/ und Domitius E- nobarbus mit zwey maͤchtigen Heeren wider die Bojen und Ligurier auff. Aber ſie gerie- then in euſſerſte Noth und Gefahr. Denn Fuͤrſt Dorulach uͤberfiel die Roͤmiſche Reuterey bey Turſena/ und ſchlug ſie aus dem Felde. Co- rolam und Bojorich aber ſtuͤrmten gar das Roͤ- miſche Laͤger an dem Fluſſe Auſſer; deſſen ſchnel- le Ergieſſung alleine die Eroberung verhinder- te. Gleichwohl aber traute Qvintius nicht den andern Sturm der ergrimmten Deutſchen zu erwarten; ließ alſo allen Vorrath im Stiche/ und machte ſich des Nachts ſtillſchweigend uͤber ein Theil des Gebuͤrges. Nachdem aber ein Uberlaͤuffer ſolches verkundſchaffte/ ſchwemmte Fuͤrſt Dorulach mit einem Theile der Reuterey/ und einer Anzahl hinten auff die Pferde geſetz- ten Fußvolcks durch den Fluß Auſer/ deſſen Waſſer ſich ehe in der Mitten empor woͤllet/ ehe er ſein Ufer uͤbergeuſt; kam alſo den Roͤmern nicht allein zuvor/ ſondern verhieb und beſetzte auch den Ausgang des Forſtes/ durch welches Qvintius unvermeidlich ziehen muſte. Her- tzog Corolam ließ ein Theil ſeines Volckes zu Bewahrung des verlaſſenen Roͤmiſchen Laͤgers/ folgte den Roͤmern auff der Ferſe nach und be- [Spaltenumbruch] ſetzte den Eingang des Waldes. Fuͤrſt Bojo- rich beobachtete die Seiten und Fuß-Steige. Alſo waren die Roͤmer im Sacke; und menſchli- chem Anſehen nach/ muſten ſie entweder erhun- gern oder ſich ergeben. Qvintius ſelbſt wuſte mehr weder Huͤlffe noch Rath/ und wolte ihm ſchon ſelbſt verzweiffelnde das Schwerd in Bauch ſtoſſen; als Maſaniſſens Sohn Mi- cipſa/ welcher mit acht hundert Numidiern den Roͤmern allhier Beyſtand leiſtete/ ihm das Schwerd aus den Haͤnden wand/ die Thor- heit der das Laſter des Bruder- und Vater- Mords uͤbertreffenden eigenen Entleibung fuͤr Augen ſtellte/ und ihm aus dieſer Fallgrube zu gelangen Hoffnung machte. Micipſa erwehl- te hierauff einen gemeinen ihm nicht unehnli- chen Numidier/ zohe ihm ſeine von Gold und Edelgeſteinen ſchim̃ernde Kleider und Ruͤſtung an; gab ihm etliche der treueſten Numidier zu ſei- ner Bedienung zu/ und beredete ihn durch groſ- ſe Verheiſſungen: daß er unter ſeinem Nah- men folgende Nacht zu den Deutſchen uͤberge- hen/ und den freyen Abzug/ oder nur zum min- ſten eine ertraͤgliche Gefaͤngnis biß zu ihrer Ausloͤſung erbitten ſolte. Dieſer Numidier wuſte dieſen Betrug meiſterlich zu ſpielen/ ließ zwey ſeiner Geſellen zu der euſſerſten Wache der Deutſchen kriechen/ und ſeine Ankunfft be- richten. Fuͤrſt Bojorich hoͤrte dieſe zwey Uber- laͤuffer vergnuͤgt an/ ſchickte auch alſofort den ei- nen zuruͤck/ mit Vermeldung: daß/ weil die Deutſchen nur der Roͤmer/ nicht der Numidier/ und inſonderheit des aus deutſchem Gebluͤte ent- ſproſſenen Maſanißa Feinde waͤren/ ſolte Mi- cipſa nicht nur gerne geſehen/ ſondern auch Fuͤrſtlich gehalten werden. Kurtz hierauff fand ſich der falſche Micipſa ein/ mit Bericht: daß ſeine Numidier/ ſo bald ſie ſich nur wuͤrden weg- ſpielen koͤnnen/ insgeſamt nachfolgen/ und zwar zu mehrer Verſicherung alle ihre Waffen weg- werffen wuͤrden. Die Sonne war kaum auffgegangen/ als der Numidiſche Schwarm ſich Q q q q q 3
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Arminius und Thußnelda.
Kurtz hierauff traff auch Minutius mit dem
Fuͤrſten Corolam; als Hertzog Bojorich mit ei-
nem Theile des Heeres gegen dem Fluſſe Au-
ſer die Liguriſche Graͤntze fuͤr der Roͤmer Ein-
fall beobachtete. Dieſe Gelegenheit und der
Mangel an Lebensmitteln zwang den Minu-
tius: daß er wiewohl mit ziemlichem Verluſt
durch die Bojen durchſchlagen/ und uͤber den
Fluß Coͤcina zuruͤck weichen muſte. Welches
alles zu Rom ſchlechtes Vergnuͤgen gab/ weil ſie
gemeinet durch dieſe zwey maͤchtige Heere alle
Bojen auszurotten; wiewol Marcus Fulvius
in Hiſpanien dieſe Scharte mercklich ausge-
wetzt hatte; weil von ihm die Celtiberier geſchla-
gen/ und ihr Koͤnig Hilerm gefangen worden
war. Folgendes Fruͤh-Jahr zohen die Buͤr-
gemeiſter Lucius Qvintius/ und Domitius E-
nobarbus mit zwey maͤchtigen Heeren wider
die Bojen und Ligurier auff. Aber ſie gerie-
then in euſſerſte Noth und Gefahr. Denn
Fuͤrſt Dorulach uͤberfiel die Roͤmiſche Reuterey
bey Turſena/ und ſchlug ſie aus dem Felde. Co-
rolam und Bojorich aber ſtuͤrmten gar das Roͤ-
miſche Laͤger an dem Fluſſe Auſſer; deſſen ſchnel-
le Ergieſſung alleine die Eroberung verhinder-
te. Gleichwohl aber traute Qvintius nicht den
andern Sturm der ergrimmten Deutſchen zu
erwarten; ließ alſo allen Vorrath im Stiche/
und machte ſich des Nachts ſtillſchweigend uͤber
ein Theil des Gebuͤrges. Nachdem aber ein
Uberlaͤuffer ſolches verkundſchaffte/ ſchwemmte
Fuͤrſt Dorulach mit einem Theile der Reuterey/
und einer Anzahl hinten auff die Pferde geſetz-
ten Fußvolcks durch den Fluß Auſer/ deſſen
Waſſer ſich ehe in der Mitten empor woͤllet/ ehe
er ſein Ufer uͤbergeuſt; kam alſo den Roͤmern
nicht allein zuvor/ ſondern verhieb und beſetzte
auch den Ausgang des Forſtes/ durch welches
Qvintius unvermeidlich ziehen muſte. Her-
tzog Corolam ließ ein Theil ſeines Volckes zu
Bewahrung des verlaſſenen Roͤmiſchen Laͤgers/
folgte den Roͤmern auff der Ferſe nach und be-
ſetzte den Eingang des Waldes. Fuͤrſt Bojo-
rich beobachtete die Seiten und Fuß-Steige.
Alſo waren die Roͤmer im Sacke; und menſchli-
chem Anſehen nach/ muſten ſie entweder erhun-
gern oder ſich ergeben. Qvintius ſelbſt wuſte
mehr weder Huͤlffe noch Rath/ und wolte ihm
ſchon ſelbſt verzweiffelnde das Schwerd in
Bauch ſtoſſen; als Maſaniſſens Sohn Mi-
cipſa/ welcher mit acht hundert Numidiern den
Roͤmern allhier Beyſtand leiſtete/ ihm das
Schwerd aus den Haͤnden wand/ die Thor-
heit der das Laſter des Bruder- und Vater-
Mords uͤbertreffenden eigenen Entleibung fuͤr
Augen ſtellte/ und ihm aus dieſer Fallgrube zu
gelangen Hoffnung machte. Micipſa erwehl-
te hierauff einen gemeinen ihm nicht unehnli-
chen Numidier/ zohe ihm ſeine von Gold und
Edelgeſteinen ſchim̃ernde Kleider und Ruͤſtung
an; gab ihm etliche der treueſten Numidier zu ſei-
ner Bedienung zu/ und beredete ihn durch groſ-
ſe Verheiſſungen: daß er unter ſeinem Nah-
men folgende Nacht zu den Deutſchen uͤberge-
hen/ und den freyen Abzug/ oder nur zum min-
ſten eine ertraͤgliche Gefaͤngnis biß zu ihrer
Ausloͤſung erbitten ſolte. Dieſer Numidier
wuſte dieſen Betrug meiſterlich zu ſpielen/ ließ
zwey ſeiner Geſellen zu der euſſerſten Wache
der Deutſchen kriechen/ und ſeine Ankunfft be-
richten. Fuͤrſt Bojorich hoͤrte dieſe zwey Uber-
laͤuffer vergnuͤgt an/ ſchickte auch alſofort den ei-
nen zuruͤck/ mit Vermeldung: daß/ weil die
Deutſchen nur der Roͤmer/ nicht der Numidier/
und inſonderheit des aus deutſchem Gebluͤte ent-
ſproſſenen Maſanißa Feinde waͤren/ ſolte Mi-
cipſa nicht nur gerne geſehen/ ſondern auch
Fuͤrſtlich gehalten werden. Kurtz hierauff fand
ſich der falſche Micipſa ein/ mit Bericht: daß
ſeine Numidier/ ſo bald ſie ſich nur wuͤrden weg-
ſpielen koͤnnen/ insgeſamt nachfolgen/ und zwar
zu mehrer Verſicherung alle ihre Waffen weg-
werffen wuͤrden. Die Sonne war kaum
auffgegangen/ als der Numidiſche Schwarm
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 861[863]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/923>, abgerufen am 01.07.2024. |