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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] heit ihrer Länder auskundschafften; die Deut-
schen aber nach Eigenschaft der versetzten Pflan-
tzen unter dem viel sanfftern Himmel Jtaliens
gleichsam ihre erste Geburts-Art vergessen; und
den Safft vieler in dem rauern Deutschlande
unbekandten Wollüste an sich gezogen hatten.
Weil aber die Celtiberier in Hispanien noch
nicht so lange von ihrem Vaterlande entfernet
waren; tauerte ihre Hertzhafftigkeit noch im-
mer; und machten sie den Römern nach denen
aus Hispanien vertriebenen Carthaginensern
doch unaufhörlich zu schaffen; und die Kriege so
sauer: daß es Marcus Marcellus daselbst nicht
mehr auszustehen getraute/ und die junge
Mannschafft zu Rom für Schrecken sich nicht
mehr gegen die streitbaren Celtiberier wolte
brauchen lassen. Dahero sie auch der Rath für
freye Völcker zu erkennen/ ihnen ihre eigene
Gesetze zu lassen/ auch sie für Freunde und
Bunds-Genossen anzunehmen gezwungen
ward.

Bey solcher Beschaffenheit brachen die Rö-
mer eine Ursache vom Zaune die Stadt Cartha-
go als den grösten Dorn in ihren Augen auffs
neue zu bekämpffen; weil anfangs Königs Sy-
phax Enckel Archobarzanes Masanissen beun-
ruhigte/ und hernach dessen sein Sohn Gulussa
angab: daß Carthago nicht so wol wider ihn als
wider die Römer selbst eine Kriegs-Flotte aus-
rüsteten; also: daß Scipio Nasica selbst diesen
unrechtmäßigen Krieg beweglich wiederrieth.
Jnzwischen verfiel Carthago mit Masanissen in
Krieg; weil er ihre Stadt Oroscopa belägerte.
Seine Heerführer Anasis und Juba giengen
auch mit 6000. Numidiern zu Asdrubaln über;
welcher Masanissen anfangs ziemlichen Ab-
bruch that/ hernach aber in Anwesenheit des von
einem Berge zuschauenden Scipio Emilianus
in einer blutigen Schlacht geschlagen/ auff ei-
nem Berge belagert/ und den schimpflichsten
Vergleich einzugehen gezwungen ward. Wor-
bey denn die Römer Masanissen anzureitzen
[Spaltenumbruch] nicht vergassen: daß er sich seines Glückes ge-
brauchen solte. Ungeachtet nun Carthago durch
zwey Botschafften sich für den Römern demü-
thigte/ Asdrubaln in Elend vertrieb/ so kriegten
sie doch keine andere Antwort; als: sie solten
Rom Vergnügung geben; darüber aber/ was
hierunter gemeint würde/ konten sie keine Aus-
legung erbitten. Jnsonderheit drang Porcius
Cato mit hefftigster Ungestüm auff den Krieg;
und ruffte wol tausendmal auf dem Rathhause:
Carthago werde vertilget! zeigte zugleich eine
frische Feige/ welche allererst für drey Tagen zu
Carthago überbracht worden war; nöthigte also
gleichsam dem Römischen Rathe wider den Na-
sica ab: daß ihre Einäscherung beschlossen/ und
das von Carthago abfallende Utica begierig an-
genommen ward. Wiewol sich nun Cartha-
go durch anerbotene freywillige Ergebung das
ihnen aufgebürdete Vorhaben der Feindselig-
keit genungsam ablehnte/ sie auch dem Römi-
schen Befehle nach für Abschiffung der zum
Kriege befehlichter Bürgermeister 300. edle
Geissel nach Lilybeum lieferten; so schifften doch
die Bürgermeister nach Utica/ und zwangen die
Carthaginenser: daß ob sie schon Asdrubal be-
kriegte/ sie doch ihre Schiffe verbrennen/ und
alle Waffen aushändigen musten/ welche zu Be-
waffnung gantz Africens genung gewest wären.
Als sie diß würcklich vollbracht/ fällte Lucius
Martius noch dieses harte Urthel über sie: Sie
solten ihre Stadt abbrechen/ und vom Meere
weg eine andere bauen. Welches die Gesand-
ten in eine Raserey/ nach vergebener flehentli-
cher Bitte aber dieses edle Volck in Verzweiffe-
lung/ und in grausame Wütung wider die/ wel-
che zu Ausliefferung der Geissel und Waffen ge-
rathen hatten/ endlich in die Waffen/ worzu die
Frauen ihre Geschmeide verschmeltzten/ ihre
Haare abschnitten/ brachte; welches auch eine
lange Zeit männlich und wider alle menschliche
Vernunfft die Belägerung austauerte/ in wel-
cher 500. in Sold genommene/ und 300. aus

der
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] heit ihrer Laͤnder auskundſchafften; die Deut-
ſchen abeꝛ nach Eigenſchaft der verſetzten Pflan-
tzen unter dem viel ſanfftern Himmel Jtaliens
gleichſam ihre erſte Geburts-Art vergeſſen; und
den Safft vieler in dem rauern Deutſchlande
unbekandten Wolluͤſte an ſich gezogen hatten.
Weil aber die Celtiberier in Hiſpanien noch
nicht ſo lange von ihrem Vaterlande entfernet
waren; tauerte ihre Hertzhafftigkeit noch im-
mer; und machten ſie den Roͤmern nach denen
aus Hiſpanien vertriebenen Carthaginenſern
doch unaufhoͤrlich zu ſchaffen; und die Kriege ſo
ſauer: daß es Marcus Marcellus daſelbſt nicht
mehr auszuſtehen getraute/ und die junge
Mannſchafft zu Rom fuͤr Schrecken ſich nicht
mehr gegen die ſtreitbaren Celtiberier wolte
brauchen laſſen. Dahero ſie auch der Rath fuͤr
freye Voͤlcker zu erkennen/ ihnen ihre eigene
Geſetze zu laſſen/ auch ſie fuͤr Freunde und
Bunds-Genoſſen anzunehmen gezwungen
ward.

Bey ſolcher Beſchaffenheit brachen die Roͤ-
mer eine Urſache vom Zaune die Stadt Cartha-
go als den groͤſten Dorn in ihren Augen auffs
neue zu bekaͤmpffen; weil anfangs Koͤnigs Sy-
phax Enckel Archobarzanes Maſaniſſen beun-
ruhigte/ und hernach deſſen ſein Sohn Guluſſa
angab: daß Carthago nicht ſo wol wider ihn als
wider die Roͤmer ſelbſt eine Kriegs-Flotte aus-
ruͤſteten; alſo: daß Scipio Naſica ſelbſt dieſen
unrechtmaͤßigen Krieg beweglich wiederrieth.
Jnzwiſchen veꝛfiel Carthago mit Maſaniſſen in
Krieg; weil er ihre Stadt Oroſcopa belaͤgerte.
Seine Heerfuͤhrer Anaſis und Juba giengen
auch mit 6000. Numidiern zu Asdrubaln uͤber;
welcher Maſaniſſen anfangs ziemlichen Ab-
bruch that/ hernach aber in Anweſenheit des von
einem Berge zuſchauenden Scipio Emilianus
in einer blutigen Schlacht geſchlagen/ auff ei-
nem Berge belagert/ und den ſchimpflichſten
Vergleich einzugehen gezwungen ward. Wor-
bey denn die Roͤmer Maſaniſſen anzureitzen
[Spaltenumbruch] nicht vergaſſen: daß er ſich ſeines Gluͤckes ge-
brauchen ſolte. Ungeachtet nun Carthago durch
zwey Botſchafften ſich fuͤr den Roͤmern demuͤ-
thigte/ Asdrubaln in Elend vertrieb/ ſo kriegten
ſie doch keine andere Antwort; als: ſie ſolten
Rom Vergnuͤgung geben; daruͤber aber/ was
hierunter gemeint wuͤrde/ konten ſie keine Aus-
legung erbitten. Jnſonderheit drang Porcius
Cato mit hefftigſter Ungeſtuͤm auff den Krieg;
und ruffte wol tauſendmal auf dem Rathhauſe:
Carthago werde vertilget! zeigte zugleich eine
friſche Feige/ welche allererſt fuͤr drey Tagen zu
Carthago uͤberbracht worden war; noͤthigte alſo
gleichſam dem Roͤmiſchen Rathe wider den Na-
ſica ab: daß ihre Einaͤſcherung beſchloſſen/ und
das von Carthago abfallende Utica begierig an-
genommen ward. Wiewol ſich nun Cartha-
go durch anerbotene freywillige Ergebung das
ihnen aufgebuͤrdete Vorhaben der Feindſelig-
keit genungſam ablehnte/ ſie auch dem Roͤmi-
ſchen Befehle nach fuͤr Abſchiffung der zum
Kriege befehlichter Buͤrgermeiſter 300. edle
Geiſſel nach Lilybeum lieferten; ſo ſchifften doch
die Buͤrgermeiſter nach Utica/ und zwangen die
Carthaginenſer: daß ob ſie ſchon Asdrubal be-
kriegte/ ſie doch ihre Schiffe verbrennen/ und
alle Waffen aushaͤndigen muſten/ welche zu Be-
waffnung gantz Africens genung geweſt waͤren.
Als ſie diß wuͤrcklich vollbracht/ faͤllte Lucius
Martius noch dieſes harte Urthel uͤber ſie: Sie
ſolten ihre Stadt abbrechen/ und vom Meere
weg eine andere bauen. Welches die Geſand-
ten in eine Raſerey/ nach vergebener flehentli-
cher Bitte aber dieſes edle Volck in Verzweiffe-
lung/ und in grauſame Wuͤtung wider die/ wel-
che zu Ausliefferung der Geiſſel und Waffen ge-
rathen hatten/ endlich in die Waffen/ worzu die
Frauen ihre Geſchmeide verſchmeltzten/ ihre
Haare abſchnitten/ brachte; welches auch eine
lange Zeit maͤnnlich und wider alle menſchliche
Vernunfft die Belaͤgerung austauerte/ in wel-
cher 500. in Sold genommene/ und 300. aus

der
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 885[887]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/947>, abgerufen am 23.11.2024.