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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] der Dienstbarkeit freygelassene Deutschen in
Ausfällen/ Zernichtung der Sturmböcke und
anderer Gegenwehr gleichsam Wunderwercke
ausübten/ und denen schier ihrer Vernunfft be-
raubten Carthaginensern zu Wegweisern dien-
ten. Massen denn auch durch des verachteten
Masanissa Absetzung/ und des wieder versöhnten
Asdrubals Näherung das Römische Heer in
grosse Noth gerieth/ und die Belägerung hätte
aufheben müssen/ wenn nicht Publius Scipio/
dessen Geschlechte gleichsam vom Verhängnüs-
se zum Unter gange der so mächtigen/ und sieben
mal hundert tausend Einwohner beherbergen-
den Stadt Carthago versehen war/ darfür kom-
men wäre. Denn Asdrubal/ welcher mit
20000. Africanern/ und 2000. vom Andriseus
aus Macedonien empfangenen Deutschen die
Belägerer mit täglichem Lermen und Abschnei-
dung der Lebensmittel ängstigte/ begegnet nach
Masanissens Tode seinem Sohne mit ansehnli-
cher Numidischen Reuterey so er an sich gezogen/
und nach ihm aufgetragenem Bürgermeister-
Ampte anfangs das Theil Megara erobert/
hernach den Seehafen verstopfft/ den neuerbau-
ten Hafen und das Theil der Stadt Cothon/ end-
lich auch nach sechstägichter Stürmung das
Schloß Byrsa eingenommen hätte. Der Escu-
lapische Tempel war allein noch übrig; darin-
nen sich Asdrubal zwar eine zeitlang wehrete/ a-
ber endlich doch kleinmüthig ergab. Die aus
Deutschem Geblüte allein ersprossene Ehfrau
des Asdrubals konte sich so wenig/ als vorher
Sophonisbe überwünden in der Römer
Dienstbarkeit zu fallen. Dahero/ nach dem
sie ihrem zu des Scipio Füssen sitzenden Eh-
manne von dem Esculapischen Tempel hefftig
verwiesen hatte/ schlachtete sie seine zwey Söh-
ne/ und stürtzte sie mit sich nach dem Beyspiele
der Königin Dido in die unter ihr rasenden
Flammen. Scipio selbst konte sich nicht ent-
halten mit seinen Thränen die nach siebentä-
gichten Flammen glüenden Brände dieser sieben
[Spaltenumbruch] hundert Jahr/ (welches schier das längste Ziel
langer und grosser Reiche zu seyn pflegt) geblü-
heten/ und nun in der Asche liegenden Stadt
auszuleschen. Und wie Nasica vorher die gäntz-
liche Vertilgung beweglichst wiederrathen hat-
te: wormit Rom aus Scheue dieser mächtigen
Nachbarin nicht in sichere Wollust verfiele; also
wahrsagte nunmehr Scipio in Erwehnung des
Trojanischen Brandes auch der Stadt Rom ih-
ren Untergang.

Hertzog Zeno fing hierüber an: ihn bedeuch-
tete: es habe Nasica nicht alleine klüglich gera-
then Carthago stehen zu lassen/ sondern auch
Scipio über ihrer Einäscherung billich gewei-
net; wo anders die Thränen nicht wie in dem
mittägichten Theile des Atlantischen Eylan-
des/ ein Merckmal der Freude/ oder ein Firnß
der rachgierigen Vergnügung beym Käyser
Julius gewest/ als dieser des Pompejus blutigen
Kopf in die Hände bekam. Denn in Warheit
nicht nur eintzele Personen werden durch des
Nachbars Tugend aufgemuntert/ oder viel-
mehr durch eine Scheue für anderer Aufsicht
von Lastern zurück gehalten; wie an dem Rö-
mischen Adel/ so lange als der verjagte Tarqvi-
nius noch lebte/ anzumercken war/ in dem dieser
nach seinem Tode bald das Volck zu drücken
anfing; sondern es bleiben auch gantze Völcker
nur so lange tugendhafft und streitbar; so lange
die benachbarte Tugend sie im Zaum hält. Die
Feuersteine geben nur so denn Feuer von sich/
wenn man einen andern schlägt. Daher hielt
es der kluge Cleomenes für rathsam die über-
wundenen Argiver nicht gar auszurotten; wor-
mit ihre Jugend noch iemanden behielte/ an
dem sie ihre Tapfferkeit ausübten. Hingegen
verfiel mit dem Thebanischen Fürsten Epami-
nondas nicht nur seiner Landesleute/ sondern
auch seiner Feinde der Athenienser Tapfferkeit.
Hertzog Herrmann hat mir selbst bekennet: daß
der zwischen den Cherußkern und Catten stritti-
ge Vorzug ein Wetzstein beiderseitiger Tapffer-

keit

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] der Dienſtbarkeit freygelaſſene Deutſchen in
Ausfaͤllen/ Zernichtung der Sturmboͤcke und
anderer Gegenwehr gleichſam Wunderwercke
ausuͤbten/ und denen ſchier ihrer Vernunfft be-
raubten Carthaginenſern zu Wegweiſern dien-
ten. Maſſen denn auch durch des verachteten
Maſaniſſa Abſetzung/ und des wieder verſoͤhnten
Asdrubals Naͤherung das Roͤmiſche Heer in
groſſe Noth gerieth/ und die Belaͤgerung haͤtte
aufheben muͤſſen/ wenn nicht Publius Scipio/
deſſen Geſchlechte gleichſam vom Verhaͤngnuͤſ-
ſe zum Unter gange der ſo maͤchtigen/ und ſieben
mal hundert tauſend Einwohner beherbergen-
den Stadt Carthago verſehen war/ darfuͤr kom-
men waͤre. Denn Asdrubal/ welcher mit
20000. Africanern/ und 2000. vom Andriſeus
aus Macedonien empfangenen Deutſchen die
Belaͤgerer mit taͤglichem Lermen und Abſchnei-
dung der Lebensmittel aͤngſtigte/ begegnet nach
Maſaniſſens Tode ſeinem Sohne mit anſehnli-
cher Numidiſchen Reuterey ſo eꝛ an ſich gezogen/
und nach ihm aufgetragenem Buͤrgermeiſter-
Ampte anfangs das Theil Megara erobert/
hernach den Seehafen verſtopfft/ den neuerbau-
ten Hafen und das Theil der Stadt Cothon/ end-
lich auch nach ſechstaͤgichter Stuͤrmung das
Schloß Byrſa eingenommen haͤtte. Der Eſcu-
lapiſche Tempel war allein noch uͤbrig; darin-
nen ſich Asdrubal zwar eine zeitlang wehrete/ a-
ber endlich doch kleinmuͤthig ergab. Die aus
Deutſchem Gebluͤte allein erſproſſene Ehfrau
des Asdrubals konte ſich ſo wenig/ als vorher
Sophonisbe uͤberwuͤnden in der Roͤmer
Dienſtbarkeit zu fallen. Dahero/ nach dem
ſie ihrem zu des Scipio Fuͤſſen ſitzenden Eh-
manne von dem Eſculapiſchen Tempel hefftig
verwieſen hatte/ ſchlachtete ſie ſeine zwey Soͤh-
ne/ und ſtuͤrtzte ſie mit ſich nach dem Beyſpiele
der Koͤnigin Dido in die unter ihr raſenden
Flammen. Scipio ſelbſt konte ſich nicht ent-
halten mit ſeinen Thraͤnen die nach ſiebentaͤ-
gichten Flammen gluͤenden Braͤnde dieſer ſieben
[Spaltenumbruch] hundert Jahr/ (welches ſchier das laͤngſte Ziel
langer und groſſer Reiche zu ſeyn pflegt) gebluͤ-
heten/ und nun in der Aſche liegenden Stadt
auszuleſchen. Und wie Naſica vorher die gaͤntz-
liche Vertilgung beweglichſt wiederrathen hat-
te: wormit Rom aus Scheue dieſer maͤchtigen
Nachbarin nicht in ſichere Wolluſt verfiele; alſo
wahrſagte nunmehr Scipio in Erwehnung des
Trojaniſchen Brandes auch der Stadt Rom ih-
ren Untergang.

Hertzog Zeno fing hieruͤber an: ihn bedeuch-
tete: es habe Naſica nicht alleine kluͤglich gera-
then Carthago ſtehen zu laſſen/ ſondern auch
Scipio uͤber ihrer Einaͤſcherung billich gewei-
net; wo anders die Thraͤnen nicht wie in dem
mittaͤgichten Theile des Atlantiſchen Eylan-
des/ ein Merckmal der Freude/ oder ein Firnß
der rachgierigen Vergnuͤgung beym Kaͤyſer
Julius geweſt/ als dieſer des Pompejus blutigen
Kopf in die Haͤnde bekam. Denn in Warheit
nicht nur eintzele Perſonen werden durch des
Nachbars Tugend aufgemuntert/ oder viel-
mehr durch eine Scheue fuͤr anderer Aufſicht
von Laſtern zuruͤck gehalten; wie an dem Roͤ-
miſchen Adel/ ſo lange als der verjagte Tarqvi-
nius noch lebte/ anzumercken war/ in dem dieſer
nach ſeinem Tode bald das Volck zu druͤcken
anfing; ſondern es bleiben auch gantze Voͤlcker
nur ſo lange tugendhafft und ſtreitbar; ſo lange
die benachbarte Tugend ſie im Zaum haͤlt. Die
Feuerſteine geben nur ſo denn Feuer von ſich/
wenn man einen andern ſchlaͤgt. Daher hielt
es der kluge Cleomenes fuͤr rathſam die uͤber-
wundenen Argiver nicht gar auszurotten; wor-
mit ihre Jugend noch iemanden behielte/ an
dem ſie ihre Tapfferkeit ausuͤbten. Hingegen
verfiel mit dem Thebaniſchen Fuͤrſten Epami-
nondas nicht nur ſeiner Landesleute/ ſondern
auch ſeiner Feinde der Athenienſer Tapfferkeit.
Hertzog Herrmann hat mir ſelbſt bekennet: daß
der zwiſchen den Cherußkern und Catten ſtritti-
ge Vorzug ein Wetzſtein beiderſeitiger Tapffer-

keit
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[886[888]/0948] Sechſtes Buch der Dienſtbarkeit freygelaſſene Deutſchen in Ausfaͤllen/ Zernichtung der Sturmboͤcke und anderer Gegenwehr gleichſam Wunderwercke ausuͤbten/ und denen ſchier ihrer Vernunfft be- raubten Carthaginenſern zu Wegweiſern dien- ten. Maſſen denn auch durch des verachteten Maſaniſſa Abſetzung/ und des wieder verſoͤhnten Asdrubals Naͤherung das Roͤmiſche Heer in groſſe Noth gerieth/ und die Belaͤgerung haͤtte aufheben muͤſſen/ wenn nicht Publius Scipio/ deſſen Geſchlechte gleichſam vom Verhaͤngnuͤſ- ſe zum Unter gange der ſo maͤchtigen/ und ſieben mal hundert tauſend Einwohner beherbergen- den Stadt Carthago verſehen war/ darfuͤr kom- men waͤre. Denn Asdrubal/ welcher mit 20000. Africanern/ und 2000. vom Andriſeus aus Macedonien empfangenen Deutſchen die Belaͤgerer mit taͤglichem Lermen und Abſchnei- dung der Lebensmittel aͤngſtigte/ begegnet nach Maſaniſſens Tode ſeinem Sohne mit anſehnli- cher Numidiſchen Reuterey ſo eꝛ an ſich gezogen/ und nach ihm aufgetragenem Buͤrgermeiſter- Ampte anfangs das Theil Megara erobert/ hernach den Seehafen verſtopfft/ den neuerbau- ten Hafen und das Theil der Stadt Cothon/ end- lich auch nach ſechstaͤgichter Stuͤrmung das Schloß Byrſa eingenommen haͤtte. Der Eſcu- lapiſche Tempel war allein noch uͤbrig; darin- nen ſich Asdrubal zwar eine zeitlang wehrete/ a- ber endlich doch kleinmuͤthig ergab. Die aus Deutſchem Gebluͤte allein erſproſſene Ehfrau des Asdrubals konte ſich ſo wenig/ als vorher Sophonisbe uͤberwuͤnden in der Roͤmer Dienſtbarkeit zu fallen. Dahero/ nach dem ſie ihrem zu des Scipio Fuͤſſen ſitzenden Eh- manne von dem Eſculapiſchen Tempel hefftig verwieſen hatte/ ſchlachtete ſie ſeine zwey Soͤh- ne/ und ſtuͤrtzte ſie mit ſich nach dem Beyſpiele der Koͤnigin Dido in die unter ihr raſenden Flammen. Scipio ſelbſt konte ſich nicht ent- halten mit ſeinen Thraͤnen die nach ſiebentaͤ- gichten Flammen gluͤenden Braͤnde dieſer ſieben hundert Jahr/ (welches ſchier das laͤngſte Ziel langer und groſſer Reiche zu ſeyn pflegt) gebluͤ- heten/ und nun in der Aſche liegenden Stadt auszuleſchen. Und wie Naſica vorher die gaͤntz- liche Vertilgung beweglichſt wiederrathen hat- te: wormit Rom aus Scheue dieſer maͤchtigen Nachbarin nicht in ſichere Wolluſt verfiele; alſo wahrſagte nunmehr Scipio in Erwehnung des Trojaniſchen Brandes auch der Stadt Rom ih- ren Untergang. Hertzog Zeno fing hieruͤber an: ihn bedeuch- tete: es habe Naſica nicht alleine kluͤglich gera- then Carthago ſtehen zu laſſen/ ſondern auch Scipio uͤber ihrer Einaͤſcherung billich gewei- net; wo anders die Thraͤnen nicht wie in dem mittaͤgichten Theile des Atlantiſchen Eylan- des/ ein Merckmal der Freude/ oder ein Firnß der rachgierigen Vergnuͤgung beym Kaͤyſer Julius geweſt/ als dieſer des Pompejus blutigen Kopf in die Haͤnde bekam. Denn in Warheit nicht nur eintzele Perſonen werden durch des Nachbars Tugend aufgemuntert/ oder viel- mehr durch eine Scheue fuͤr anderer Aufſicht von Laſtern zuruͤck gehalten; wie an dem Roͤ- miſchen Adel/ ſo lange als der verjagte Tarqvi- nius noch lebte/ anzumercken war/ in dem dieſer nach ſeinem Tode bald das Volck zu druͤcken anfing; ſondern es bleiben auch gantze Voͤlcker nur ſo lange tugendhafft und ſtreitbar; ſo lange die benachbarte Tugend ſie im Zaum haͤlt. Die Feuerſteine geben nur ſo denn Feuer von ſich/ wenn man einen andern ſchlaͤgt. Daher hielt es der kluge Cleomenes fuͤr rathſam die uͤber- wundenen Argiver nicht gar auszurotten; wor- mit ihre Jugend noch iemanden behielte/ an dem ſie ihre Tapfferkeit ausuͤbten. Hingegen verfiel mit dem Thebaniſchen Fuͤrſten Epami- nondas nicht nur ſeiner Landesleute/ ſondern auch ſeiner Feinde der Athenienſer Tapfferkeit. Hertzog Herrmann hat mir ſelbſt bekennet: daß der zwiſchen den Cherußkern und Catten ſtritti- ge Vorzug ein Wetzſtein beiderſeitiger Tapffer- keit

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 886[888]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/948>, abgerufen am 23.11.2024.