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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] und sich mit denen Gesandten nach Tribola
flüchtete; hernach die Römer durch dort und dar
gedräute Einfälle und geschwinde Zurückziehun-
gen matt und müde machte. Vetilius ward
hierüber verdrüßlich; und dardurch verleitet:
daß er in Meynung diesen verwegenen Hirten
mit Strumpf und Stiel auszurotten/ sich in ei-
nen sumpfichten Wald nachzusetzen verleiten
ließ; darinnen ihn die versteckten Celten auf al-
len Seiten angriffen/ und mit seinem in dem
Schlamme sich kaum zu rühren vermögenden
Heere erschlugen. Die sechs tausend nach Tar-
tessus entkommenden Römer wurden zwar mit
fünf tausend frischen Völckern verstärckt/ und
gegen dem Viriath geführt; aber von ihm dero-
gestalt bewillkommt: daß kein Bothe übrig blieb
ihre Niederlage zu berichten. Diese herrliche
Siege machten: daß gantz Lusitanien ihn für ih-
ren Hertzog erklärten/ und ihre Kriegs-Fahnen
seiner Bothmässigkeit untergaben. Viriath/
umb mit dieser neuen Würde auch seinen Ruhm
zu vergrössern/ und durch seine Regung auch die
Celtiberier zu beseelen/ wendete sich von dem Ga-
ditanischen Meere gegen dem Tagus; trieb alle
Römer aus Carpetanien/ und bereicherte sein
Kriegs-Volck mit vieler Beute. Cajus Plau-
tius eilte mit vierzehn tausend Römern ohne die
Hülffs-Völcker dahin/ umb das schon wancken-
de Tarraconensische Hispanien im Gehorsam zu
erhalten. Der schlaue Viriath eilte über Hals
und Kopf aus Carpetanien/ umb durch seine
angenommene Furcht die Römer in Vermes-
senheit zu setzen. Plautius meynte/ der Sieg
würde ihm mit denen entrinnenden Lusitaniern
entflügen; daher schickte er vier tausend Mann
eilfertig nach; welche sich an den Feind hängen/
und ihn biß zu seiner Nachfolge aufhalten sol-
ken. Viriath aber wendete sich bey Libora;
umbringete und erschlug sie: daß kaum hundert
Römer entraanen. Gleichwohl aller wiech
Viriath noch immer zurücke/ welchem Plautius
aus Begierde der Rache über den Tagus folgte/
[Spaltenumbruch] und unter dem Gebürge der Venus sein Läger
schlug. Diese diß Gebürge bedeckende Oel-
und Friedens-Bäume aber verwandelten sich
dem Viriath in Lorbern/ dem Plautius in Cy-
pressen. Denn dieser ward von jenem aufs
Haupt geschlagen; welcher/ weil die Römer mit
wenigen kaum darvon kamen/ ihr Gebiete weit
und breit unter Schatzung setzte; und die über
einem Opfer beschäftigte Stadt Segebrige
durch schnellen Uberfall eroberte. Nicht bes-
ser machte er es dem Cajus Nigidius/ und dem
einhändichten Stad-Vogte Claudius; derer er-
stern er mit Strumpf und Stiel auf einmal ver-
tilgte; in dem wider den andern fürhabenden
Zuge aber gerieth er fürhabender Ausspürung
des Feindes mit drey hundert Celten unter tau-
send Römische Reiter; iedoch hielt er sich mit
den Seinen so ritterlich: daß er nur siebzig ein-
büßte; die Römer aber nach Verlust drey hun-
dert und zwantzig Mann die schimpflichste
Flucht nahmen. Das allermerckwürdigste
aber war: daß ein in dem Gepüsche von sieben
Römern überfallener Ritter Gußmann selbi-
gen die Stange both; und nach dem er des ersten
Pferd mit der Lantze erlegt/ dem andern den
Kopf mit dem Schwerdte zerspalten/ die übrigen
in die Flucht brachte. Diß aber war nur ein
Vorspiel der dem Claudius bald darauf bege-
gnenden völligen Niederlage. Welchen Sieg
er so hoch hielt: daß er auf dem höchsten Gipfel
des mehrmals erwehnten Venus-Gebürges ein
marmelnes Sieges-Zeichen aufrichtete/ der er-
legten Römischen Feldherren Waffen und Pur-
pur-Röcke daran hing; und den Göttern da-
selbst sieben Tage nach einander auf Hispanische
Art eitel rechte denen Römern abgehauene Hän-
de opferte. Wie nun Viriath daselbst in voller
Andacht für dem Altare lag; trat aus dem grossen
Hauffen des daselbst versammleten Volckes eine
edle gantz schwartz gekleidete Frau herfür; wel-
che/ nach dem sie den Hertzog Viriath eine gute
Weile mit starren Augen betrachtet hatte/ drey

Hand-

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] und ſich mit denen Geſandten nach Tribola
fluͤchtete; hernach die Roͤmer durch dort und dar
gedraͤute Einfaͤlle und geſchwinde Zuꝛuͤckziehun-
gen matt und muͤde machte. Vetilius ward
hieruͤber verdruͤßlich; und dardurch verleitet:
daß er in Meynung dieſen verwegenen Hirten
mit Strumpf und Stiel auszurotten/ ſich in ei-
nen ſumpfichten Wald nachzuſetzen verleiten
ließ; darinnen ihn die verſteckten Celten auf al-
len Seiten angriffen/ und mit ſeinem in dem
Schlamme ſich kaum zu ruͤhren vermoͤgenden
Heere erſchlugen. Die ſechs tauſend nach Tar-
teſſus entkommenden Roͤmer wurden zwar mit
fuͤnf tauſend friſchen Voͤlckern verſtaͤrckt/ und
gegen dem Viriath gefuͤhrt; aber von ihm dero-
geſtalt bewillkom̃t: daß kein Bothe uͤbrig blieb
ihre Niederlage zu berichten. Dieſe herrliche
Siege machten: daß gantz Luſitanien ihn fuͤr ih-
ren Hertzog erklaͤrten/ und ihre Kriegs-Fahnen
ſeiner Bothmaͤſſigkeit untergaben. Viriath/
umb mit dieſer neuen Wuͤrde auch ſeinen Ruhm
zu vergroͤſſern/ und durch ſeine Regung auch die
Celtiberier zu beſeelen/ wendete ſich von dem Ga-
ditaniſchen Meere gegen dem Tagus; trieb alle
Roͤmer aus Carpetanien/ und bereicherte ſein
Kriegs-Volck mit vieler Beute. Cajus Plau-
tius eilte mit vierzehn tauſend Roͤmern ohne die
Huͤlffs-Voͤlcker dahin/ umb das ſchon wancken-
de Tarraconenſiſche Hiſpanien im Gehorſam zu
erhalten. Der ſchlaue Viriath eilte uͤber Hals
und Kopf aus Carpetanien/ umb durch ſeine
angenommene Furcht die Roͤmer in Vermeſ-
ſenheit zu ſetzen. Plautius meynte/ der Sieg
wuͤrde ihm mit denen entrinnenden Luſitaniern
entfluͤgen; daher ſchickte er vier tauſend Mann
eilfertig nach; welche ſich an den Feind haͤngen/
und ihn biß zu ſeiner Nachfolge aufhalten ſol-
ken. Viriath aber wendete ſich bey Libora;
umbringete und erſchlug ſie: daß kaum hundert
Roͤmer entraanen. Gleichwohl aller wiech
Viriath noch immer zuruͤcke/ welchem Plautius
aus Begierde der Rache uͤber den Tagus folgte/
[Spaltenumbruch] und unter dem Gebuͤrge der Venus ſein Laͤger
ſchlug. Dieſe diß Gebuͤrge bedeckende Oel-
und Friedens-Baͤume aber verwandelten ſich
dem Viriath in Lorbern/ dem Plautius in Cy-
preſſen. Denn dieſer ward von jenem aufs
Haupt geſchlagen; welcher/ weil die Roͤmer mit
wenigen kaum darvon kamen/ ihr Gebiete weit
und breit unter Schatzung ſetzte; und die uͤber
einem Opfer beſchaͤftigte Stadt Segebrige
durch ſchnellen Uberfall eroberte. Nicht beſ-
ſer machte er es dem Cajus Nigidius/ und dem
einhaͤndichten Stad-Vogte Claudius; derer er-
ſtern er mit Strumpf und Stiel auf einmal ver-
tilgte; in dem wider den andern fuͤrhabenden
Zuge aber gerieth er fuͤrhabender Ausſpuͤrung
des Feindes mit drey hundert Celten unter tau-
ſend Roͤmiſche Reiter; iedoch hielt er ſich mit
den Seinen ſo ritterlich: daß er nur ſiebzig ein-
buͤßte; die Roͤmer aber nach Verluſt drey hun-
dert und zwantzig Mann die ſchimpflichſte
Flucht nahmen. Das allermerckwuͤrdigſte
aber war: daß ein in dem Gepuͤſche von ſieben
Roͤmern uͤberfallener Ritter Gußmann ſelbi-
gen die Stange both; und nach dem er des erſten
Pferd mit der Lantze erlegt/ dem andern den
Kopf mit dem Schwerdte zerſpalten/ die uͤbrigen
in die Flucht brachte. Diß aber war nur ein
Vorſpiel der dem Claudius bald darauf bege-
gnenden voͤlligen Niederlage. Welchen Sieg
er ſo hoch hielt: daß er auf dem hoͤchſten Gipfel
des mehrmals erwehnten Venus-Gebuͤrges ein
marmelnes Sieges-Zeichen aufrichtete/ der er-
legten Roͤmiſchen Feldherren Waffen und Pur-
pur-Roͤcke daran hing; und den Goͤttern da-
ſelbſt ſieben Tage nach einander auf Hiſpaniſche
Art eitel rechte denen Roͤmern abgehauene Haͤn-
de opferte. Wie nun Viriath daſelbſt in voller
Andacht fuͤr dem Altare lag; trat aus dem groſſen
Hauffen des daſelbſt verſam̃leten Volckes eine
edle gantz ſchwartz gekleidete Frau herfuͤr; wel-
che/ nach dem ſie den Hertzog Viriath eine gute
Weile mit ſtarren Augen betrachtet hatte/ drey

Hand-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 890[892]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/952>, abgerufen am 22.11.2024.