Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
aber nur zwey deutsche Kriegs-Fahnen eroberthatten. Uber diß weiseten des Catulus Kriegs- Leute den Gesandten von Parma auf der Wall- statt: Daß fast alle Todten mit ihren Schuß- und Wurff-Pfeilen erleget waren; als welche sie mit des Catulus ihres Feld-Herrn Nahmen vorher bezeichnet hatten. Gleichwol aber schien es nicht wenig hochmüthig zu seyn: daß Ma- rius nach dem Beyspiele des über Jndien sieg- prangenden Bachus bey seinem Einzuge in Rom eine Kanne in der Hand führete; und den zehn Füsse hohen/ und sich unter seiner Rüstung bückenden König Teutobach mit güldenen Fes- seln für seinem Wagen herjagte. Hingegen baute er der Ehre und Tugend nur aus gemei- nen Steinen und auff bäuerische Art/ gleich- sam der Bau-Kunst und den edlen Steinen/ o- der vielmehr dardurch gemeinten alten Ge- schlechten zu Hohne; Catulus aus Marmel/ a- ber ohne mindere Ehrsucht dem Glücke einen Tempel; gleich als ob diß mehr/ als ihre Ta- pferkeit die Uhrheberin dieses Sieges wäre. Wiewol sonst iederman insgemein die glückli- chen Streiche seinem Witze/ die unglücklichen dem Verhängniße zuschreibt; und daher die sie- genden Feld-Herren stets für klug gepriesen werden; Die verspielenden aber durch tausend Zeugen nimmermehr ablehnen können/ daß sie nicht was versehen hätten. Wormit nun der Adel sich bey dem glücklichen Marius so viel mehr einliebte/ ließ der Römische Rath auff den Berg Vogesus/ und zwar auff den Felß/ dar- auff Calphurnia geopffert worden war/ einen Ey-rundten Siegs-Tempel bauen; in dessen Mitte das Bild des Cimbrischen Sieges aus Corinthischem Ertzt auf einem marmelnen Fuß stand/ unter welchem der Brunn des Flusses Po herfür qvall. Auff der Abend-Seite des Tem- pels stand das Bild seiner Tochter Calphurnia aus Alabaster/ auf einem ertztenen Begräbnüß- Maale; daran auswendig ihre Auffopfferung geetzt/ inwendig aber in einem güldenen Ge- [Spaltenumbruch] schirre ihre Todten-Asche verwahrt war. Auff der Seite war im Ertzte zu lesen: Nach dem Calphurnia besiegt die Wollust hat/ Der rei[n]en Jungfrauschafft den kenschen Geist geweiht; Tilgt sie die Eigen-Lieb' und weib'sche Zärtlig keit/ Sie hemmt der Cimbern Sieg/ der Römer Unglücks-Rad/ Zertrennt der Feinde Macht und den Verhängniß-Drat/ Bemeistert endlich auch Bergessenheit und Zeit/ Wenn sie fürs Vaterland ihr Blut zum Opffer leiht Daß ihr gutwillig Tod umwende Krieg und Blat. Mäßt/ Sterblichen/ ihr Thun nach ihrem Grabe nicht/ Die Asche vom Gestirn' hat selber keinen Schein. Sie konte/ wenn man prüfft den Schatten und ihr Licht/ Lebendig nichts nicht mehr/ todt nichts nicht minders seyn. Doch ists genung: daß sie die Nachwelt nennen muß: Die Mutter der Stadt Rom/ ein Kind des Marius. Gegen Ost stand auff einem schwartz-mar- Die Marmel zanckten sich/ als Rom diß Bild geboth Zu fertigen; woraus es solte seyn gepräget? Der schwartze/ weil der Held die schwartzen Mohren schläget/ Der weiße/ weil er schmeist die weißen Deutschen todt/ Der rothe/ weil er selbst für die gemeine Noth Den Göttern/ die erzürnt/ der Tochter Blut fürträget. Biß daß Minervens Spruch den Zwist hat beygeleget: Der Fuß sey schwartz/ das Bild selbst weiß/ der Siegs-Krantz roth. Nun kützele der Neid sich über diesem Bilde; Es sey von Lorbeern reich/ entblösset aller Schilde/ Rom hab' ihn nicht gezeugt/ kein Anherr steh' dabe[y]. Die Thaten zeugens ihm zu aller Römer Ruhme: Daß er mehr als ihr Kind/ des Adels Kern und Blu[m]e/ Des Kriegs-Gotts erster Sohn/ Roms dritter Vater sey. Am allermerckwürdigsten aber war: daß die ste Erster Theil. A a a a a a
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
aber nur zwey deutſche Kriegs-Fahnen eroberthatten. Uber diß weiſeten des Catulus Kriegs- Leute den Geſandten von Parma auf der Wall- ſtatt: Daß faſt alle Todten mit ihren Schuß- und Wurff-Pfeilen erleget waren; als welche ſie mit des Catulus ihres Feld-Herrn Nahmen vorher bezeichnet hatten. Gleichwol aber ſchien es nicht wenig hochmuͤthig zu ſeyn: daß Ma- rius nach dem Beyſpiele des uͤber Jndien ſieg- prangenden Bachus bey ſeinem Einzuge in Rom eine Kanne in der Hand fuͤhrete; und den zehn Fuͤſſe hohen/ und ſich unter ſeiner Ruͤſtung buͤckenden Koͤnig Teutobach mit guͤldenen Feſ- ſeln fuͤr ſeinem Wagen herjagte. Hingegen baute er der Ehre und Tugend nur aus gemei- nen Steinen und auff baͤueriſche Art/ gleich- ſam der Bau-Kunſt und den edlen Steinen/ o- der vielmehr dardurch gemeinten alten Ge- ſchlechten zu Hohne; Catulus aus Marmel/ a- ber ohne mindere Ehrſucht dem Gluͤcke einen Tempel; gleich als ob diß mehr/ als ihre Ta- pferkeit die Uhrheberin dieſes Sieges waͤre. Wiewol ſonſt iederman insgemein die gluͤckli- chen Streiche ſeinem Witze/ die ungluͤcklichen dem Verhaͤngniße zuſchreibt; und daher die ſie- genden Feld-Herren ſtets fuͤr klug geprieſen werden; Die verſpielenden aber durch tauſend Zeugen nimmermehr ablehnen koͤnnen/ daß ſie nicht was verſehen haͤtten. Wormit nun der Adel ſich bey dem gluͤcklichen Marius ſo viel mehr einliebte/ ließ der Roͤmiſche Rath auff den Berg Vogeſus/ und zwar auff den Felß/ dar- auff Calphurnia geopffert worden war/ einen Ey-rundten Siegs-Tempel bauen; in deſſen Mitte das Bild des Cimbriſchen Sieges aus Corinthiſchem Ertzt auf einem marmelnen Fuß ſtand/ unter welchem der Brunn des Fluſſes Po herfuͤr qvall. Auff der Abend-Seite des Tem- pels ſtand das Bild ſeiner Tochter Calphurnia aus Alabaſter/ auf einem ertztenen Begraͤbnuͤß- Maale; daran auswendig ihre Auffopfferung geetzt/ inwendig aber in einem guͤldenen Ge- [Spaltenumbruch] ſchirre ihre Todten-Aſche verwahrt war. Auff der Seite war im Ertzte zu leſen: Nach dem Calphurnia beſiegt die Wolluſt hat/ Der rei[n]en Jungfrauſchafft den kenſchen Geiſt geweiht; Tilgt ſie die Eigen-Lieb’ und weib’ſche Zaͤrtlig keit/ Sie hemmt der Cimbern Sieg/ der Roͤmer Ungluͤcks-Rad/ Zertrennt der Feinde Macht und den Verhaͤngniß-Drat/ Bemeiſtert endlich auch Bergeſſenheit und Zeit/ Wenn ſie fuͤrs Vaterland ihr Blut zum Opffer leiht Daß ihr gutwillig Tod umwende Krieg und Blat. Maͤßt/ Sterblichen/ ihr Thun nach ihrem Grabe nicht/ Die Aſche vom Geſtirn’ hat ſelber keinen Schein. Sie konte/ wenn man pruͤfft den Schatten und ihr Licht/ Lebendig nichts nicht mehr/ todt nichts nicht minders ſeyn. Doch iſts genung: daß ſie die Nachwelt nennen muß: Die Mutter der Stadt Rom/ ein Kind des Marius. Gegen Oſt ſtand auff einem ſchwartz-mar- Die Marmel zanckten ſich/ als Rom diß Bild geboth Zu fertigen; woraus es ſolte ſeyn gepraͤget? Der ſchwartze/ weil der Held die ſchwartzen Mohren ſchlaͤget/ Der weiße/ weil er ſchmeiſt die weißen Deutſchen todt/ Der rothe/ weil er ſelbſt fuͤr die gemeine Noth Den Goͤttern/ die erzuͤrnt/ der Tochter Blut fuͤrtraͤget. Biß daß Minervens Spruch den Zwiſt hat beygeleget: Der Fuß ſey ſchwartz/ das Bild ſelbſt weiß/ der Siegs-Krantz roth. Nun kuͤtzele der Neid ſich uͤber dieſem Bilde; Es ſey von Lorbeern reich/ entbloͤſſet aller Schilde/ Rom hab’ ihn nicht gezeugt/ kein Anherr ſteh’ dabe[y]. Die Thaten zeugens ihm zu aller Roͤmer Ruhme: Daß er mehr als ihr Kind/ des Adels Kern und Blu[m]e/ Des Kriegs-Gotts erſter Sohn/ Roms dritter Vater ſey. Am allermerckwuͤrdigſten aber war: daß die ſte Erſter Theil. A a a a a a
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Arminius und Thußnelda.
aber nur zwey deutſche Kriegs-Fahnen erobert
hatten. Uber diß weiſeten des Catulus Kriegs-
Leute den Geſandten von Parma auf der Wall-
ſtatt: Daß faſt alle Todten mit ihren Schuß-
und Wurff-Pfeilen erleget waren; als welche
ſie mit des Catulus ihres Feld-Herrn Nahmen
vorher bezeichnet hatten. Gleichwol aber ſchien
es nicht wenig hochmuͤthig zu ſeyn: daß Ma-
rius nach dem Beyſpiele des uͤber Jndien ſieg-
prangenden Bachus bey ſeinem Einzuge in
Rom eine Kanne in der Hand fuͤhrete; und den
zehn Fuͤſſe hohen/ und ſich unter ſeiner Ruͤſtung
buͤckenden Koͤnig Teutobach mit guͤldenen Feſ-
ſeln fuͤr ſeinem Wagen herjagte. Hingegen
baute er der Ehre und Tugend nur aus gemei-
nen Steinen und auff baͤueriſche Art/ gleich-
ſam der Bau-Kunſt und den edlen Steinen/ o-
der vielmehr dardurch gemeinten alten Ge-
ſchlechten zu Hohne; Catulus aus Marmel/ a-
ber ohne mindere Ehrſucht dem Gluͤcke einen
Tempel; gleich als ob diß mehr/ als ihre Ta-
pferkeit die Uhrheberin dieſes Sieges waͤre.
Wiewol ſonſt iederman insgemein die gluͤckli-
chen Streiche ſeinem Witze/ die ungluͤcklichen
dem Verhaͤngniße zuſchreibt; und daher die ſie-
genden Feld-Herren ſtets fuͤr klug geprieſen
werden; Die verſpielenden aber durch tauſend
Zeugen nimmermehr ablehnen koͤnnen/ daß ſie
nicht was verſehen haͤtten. Wormit nun der
Adel ſich bey dem gluͤcklichen Marius ſo viel
mehr einliebte/ ließ der Roͤmiſche Rath auff den
Berg Vogeſus/ und zwar auff den Felß/ dar-
auff Calphurnia geopffert worden war/ einen
Ey-rundten Siegs-Tempel bauen; in deſſen
Mitte das Bild des Cimbriſchen Sieges aus
Corinthiſchem Ertzt auf einem marmelnen Fuß
ſtand/ unter welchem der Brunn des Fluſſes Po
herfuͤr qvall. Auff der Abend-Seite des Tem-
pels ſtand das Bild ſeiner Tochter Calphurnia
aus Alabaſter/ auf einem ertztenen Begraͤbnuͤß-
Maale; daran auswendig ihre Auffopfferung
geetzt/ inwendig aber in einem guͤldenen Ge-
ſchirre ihre Todten-Aſche verwahrt war. Auff
der Seite war im Ertzte zu leſen:
Nach dem Calphurnia beſiegt die Wolluſt hat/
Der reinen Jungfrauſchafft den kenſchen Geiſt geweiht;
Tilgt ſie die Eigen-Lieb’ und weib’ſche Zaͤrtlig keit/
Sie hemmt der Cimbern Sieg/ der Roͤmer Ungluͤcks-Rad/
Zertrennt der Feinde Macht und den Verhaͤngniß-Drat/
Bemeiſtert endlich auch Bergeſſenheit und Zeit/
Wenn ſie fuͤrs Vaterland ihr Blut zum Opffer leiht
Daß ihr gutwillig Tod umwende Krieg und Blat.
Maͤßt/ Sterblichen/ ihr Thun nach ihrem Grabe nicht/
Die Aſche vom Geſtirn’ hat ſelber keinen Schein.
Sie konte/ wenn man pruͤfft den Schatten und ihr Licht/
Lebendig nichts nicht mehr/ todt nichts nicht minders ſeyn.
Doch iſts genung: daß ſie die Nachwelt nennen muß:
Die Mutter der Stadt Rom/ ein Kind des Marius.
Gegen Oſt ſtand auff einem ſchwartz-mar-
melnen Fuße das Bild des Marius aus weiſſen
Marmel gehauen; in welchem der Bildhauer
durch ein beſonder Kunſt-Stuͤcke eine rothe Adeꝛ
zu dem ſein Haupt umflechtenden Lorber-Cran-
tze gebraucht hatte. Die drey Schlachten des
Marius wider den Jugurtha/ die Teutoner und
Cimbern/ wie auch die Auffopfferung ſeiner
Tochter Calphurnia waren unten in Corinthi-
ſches Ertzt gegoſſen; in den marmelnen Fuß
aber eingegraben:
Die Marmel zanckten ſich/ als Rom diß Bild geboth
Zu fertigen; woraus es ſolte ſeyn gepraͤget?
Der ſchwartze/ weil der Held die ſchwartzen Mohren ſchlaͤget/
Der weiße/ weil er ſchmeiſt die weißen Deutſchen todt/
Der rothe/ weil er ſelbſt fuͤr die gemeine Noth
Den Goͤttern/ die erzuͤrnt/ der Tochter Blut fuͤrtraͤget.
Biß daß Minervens Spruch den Zwiſt hat beygeleget:
Der Fuß ſey ſchwartz/ das Bild ſelbſt weiß/ der Siegs-Krantz
roth.
Nun kuͤtzele der Neid ſich uͤber dieſem Bilde;
Es ſey von Lorbeern reich/ entbloͤſſet aller Schilde/
Rom hab’ ihn nicht gezeugt/ kein Anherr ſteh’ dabey.
Die Thaten zeugens ihm zu aller Roͤmer Ruhme:
Daß er mehr als ihr Kind/ des Adels Kern und Blume/
Des Kriegs-Gotts erſter Sohn/ Roms dritter Vater ſey.
Am allermerckwuͤrdigſten aber war: daß die
edelſten Geſchlechter/ welche den Marius vor-
her bey dem Jugurthiniſchen Kriege wegen
ihm auffgetragener hohen Gewalt auffs euſſer-
ſte
Erſter Theil. A a a a a a
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