Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] aber nur zwey deutsche Kriegs-Fahnen erobert
hatten. Uber diß weiseten des Catulus Kriegs-
Leute den Gesandten von Parma auf der Wall-
statt: Daß fast alle Todten mit ihren Schuß-
und Wurff-Pfeilen erleget waren; als welche
sie mit des Catulus ihres Feld-Herrn Nahmen
vorher bezeichnet hatten. Gleichwol aber schien
es nicht wenig hochmüthig zu seyn: daß Ma-
rius nach dem Beyspiele des über Jndien sieg-
prangenden Bachus bey seinem Einzuge in
Rom eine Kanne in der Hand führete; und den
zehn Füsse hohen/ und sich unter seiner Rüstung
bückenden König Teutobach mit güldenen Fes-
seln für seinem Wagen herjagte. Hingegen
baute er der Ehre und Tugend nur aus gemei-
nen Steinen und auff bäuerische Art/ gleich-
sam der Bau-Kunst und den edlen Steinen/ o-
der vielmehr dardurch gemeinten alten Ge-
schlechten zu Hohne; Catulus aus Marmel/ a-
ber ohne mindere Ehrsucht dem Glücke einen
Tempel; gleich als ob diß mehr/ als ihre Ta-
pferkeit die Uhrheberin dieses Sieges wäre.
Wiewol sonst iederman insgemein die glückli-
chen Streiche seinem Witze/ die unglücklichen
dem Verhängniße zuschreibt; und daher die sie-
genden Feld-Herren stets für klug gepriesen
werden; Die verspielenden aber durch tausend
Zeugen nimmermehr ablehnen können/ daß sie
nicht was versehen hätten. Wormit nun der
Adel sich bey dem glücklichen Marius so viel
mehr einliebte/ ließ der Römische Rath auff den
Berg Vogesus/ und zwar auff den Felß/ dar-
auff Calphurnia geopffert worden war/ einen
Ey-rundten Siegs-Tempel bauen; in dessen
Mitte das Bild des Cimbrischen Sieges aus
Corinthischem Ertzt auf einem marmelnen Fuß
stand/ unter welchem der Brunn des Flusses Po
herfür qvall. Auff der Abend-Seite des Tem-
pels stand das Bild seiner Tochter Calphurnia
aus Alabaster/ auf einem ertztenen Begräbnüß-
Maale; daran auswendig ihre Auffopfferung
geetzt/ inwendig aber in einem güldenen Ge-
[Spaltenumbruch] schirre ihre Todten-Asche verwahrt war. Auff
der Seite war im Ertzte zu lesen:

Nach dem Calphurnia besiegt die Wollust hat/
Der rei[n]en Jungfrauschafft den kenschen Geist geweiht;
Tilgt sie die Eigen-Lieb' und weib'sche Zärtlig keit/
Sie hemmt der Cimbern Sieg/ der Römer Unglücks-Rad/
Zertrennt der Feinde Macht und den Verhängniß-Drat/
Bemeistert endlich auch Bergessenheit und Zeit/
Wenn sie fürs Vaterland ihr Blut zum Opffer leiht
Daß ihr gutwillig Tod umwende Krieg und Blat.
Mäßt/ Sterblichen/ ihr Thun nach ihrem Grabe nicht/
Die Asche vom Gestirn' hat selber keinen Schein.
Sie konte/ wenn man prüfft den Schatten und ihr Licht/
Lebendig nichts nicht mehr/ todt nichts nicht minders seyn.
Doch ists genung: daß sie die Nachwelt nennen muß:
Die Mutter der Stadt Rom/ ein Kind des Marius.

Gegen Ost stand auff einem schwartz-mar-
melnen Fuße das Bild des Marius aus weissen
Marmel gehauen; in welchem der Bildhauer
durch ein besonder Kunst-Stücke eine rothe Ader
zu dem sein Haupt umflechtenden Lorber-Cran-
tze gebraucht hatte. Die drey Schlachten des
Marius wider den Jugurtha/ die Teutoner und
Cimbern/ wie auch die Auffopfferung seiner
Tochter Calphurnia waren unten in Corinthi-
sches Ertzt gegossen; in den marmelnen Fuß
aber eingegraben:

Die Marmel zanckten sich/ als Rom diß Bild geboth
Zu fertigen; woraus es solte seyn gepräget?
Der schwartze/ weil der Held die schwartzen Mohren schläget/
Der weiße/ weil er schmeist die weißen Deutschen todt/
Der rothe/ weil er selbst für die gemeine Noth
Den Göttern/ die erzürnt/ der Tochter Blut fürträget.
Biß daß Minervens Spruch den Zwist hat beygeleget:
Der Fuß sey schwartz/ das Bild selbst weiß/ der Siegs-Krantz
roth.
Nun kützele der Neid sich über diesem Bilde;
Es sey von Lorbeern reich/ entblösset aller Schilde/
Rom hab' ihn nicht gezeugt/ kein Anherr steh' dabe[y].
Die Thaten zeugens ihm zu aller Römer Ruhme:
Daß er mehr als ihr Kind/ des Adels Kern und Blu[m]e/
Des Kriegs-Gotts erster Sohn/ Roms dritter Vater sey.

Am allermerckwürdigsten aber war: daß die
edelsten Geschlechter/ welche den Marius vor-
her bey dem Jugurthinischen Kriege wegen
ihm auffgetragener hohen Gewalt auffs eusser-

ste
Erster Theil. A a a a a a

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] aber nur zwey deutſche Kriegs-Fahnen erobert
hatten. Uber diß weiſeten des Catulus Kriegs-
Leute den Geſandten von Parma auf der Wall-
ſtatt: Daß faſt alle Todten mit ihren Schuß-
und Wurff-Pfeilen erleget waren; als welche
ſie mit des Catulus ihres Feld-Herrn Nahmen
vorher bezeichnet hatten. Gleichwol aber ſchien
es nicht wenig hochmuͤthig zu ſeyn: daß Ma-
rius nach dem Beyſpiele des uͤber Jndien ſieg-
prangenden Bachus bey ſeinem Einzuge in
Rom eine Kanne in der Hand fuͤhrete; und den
zehn Fuͤſſe hohen/ und ſich unter ſeiner Ruͤſtung
buͤckenden Koͤnig Teutobach mit guͤldenen Feſ-
ſeln fuͤr ſeinem Wagen herjagte. Hingegen
baute er der Ehre und Tugend nur aus gemei-
nen Steinen und auff baͤueriſche Art/ gleich-
ſam der Bau-Kunſt und den edlen Steinen/ o-
der vielmehr dardurch gemeinten alten Ge-
ſchlechten zu Hohne; Catulus aus Marmel/ a-
ber ohne mindere Ehrſucht dem Gluͤcke einen
Tempel; gleich als ob diß mehr/ als ihre Ta-
pferkeit die Uhrheberin dieſes Sieges waͤre.
Wiewol ſonſt iederman insgemein die gluͤckli-
chen Streiche ſeinem Witze/ die ungluͤcklichen
dem Verhaͤngniße zuſchreibt; und daher die ſie-
genden Feld-Herren ſtets fuͤr klug geprieſen
werden; Die verſpielenden aber durch tauſend
Zeugen nimmermehr ablehnen koͤnnen/ daß ſie
nicht was verſehen haͤtten. Wormit nun der
Adel ſich bey dem gluͤcklichen Marius ſo viel
mehr einliebte/ ließ der Roͤmiſche Rath auff den
Berg Vogeſus/ und zwar auff den Felß/ dar-
auff Calphurnia geopffert worden war/ einen
Ey-rundten Siegs-Tempel bauen; in deſſen
Mitte das Bild des Cimbriſchen Sieges aus
Corinthiſchem Ertzt auf einem marmelnen Fuß
ſtand/ unter welchem der Brunn des Fluſſes Po
herfuͤr qvall. Auff der Abend-Seite des Tem-
pels ſtand das Bild ſeiner Tochter Calphurnia
aus Alabaſter/ auf einem ertztenen Begraͤbnuͤß-
Maale; daran auswendig ihre Auffopfferung
geetzt/ inwendig aber in einem guͤldenen Ge-
[Spaltenumbruch] ſchirre ihre Todten-Aſche verwahrt war. Auff
der Seite war im Ertzte zu leſen:

Nach dem Calphurnia beſiegt die Wolluſt hat/
Der rei[n]en Jungfrauſchafft den kenſchen Geiſt geweiht;
Tilgt ſie die Eigen-Lieb’ und weib’ſche Zaͤrtlig keit/
Sie hemmt der Cimbern Sieg/ der Roͤmer Ungluͤcks-Rad/
Zertrennt der Feinde Macht und den Verhaͤngniß-Drat/
Bemeiſtert endlich auch Bergeſſenheit und Zeit/
Wenn ſie fuͤrs Vaterland ihr Blut zum Opffer leiht
Daß ihr gutwillig Tod umwende Krieg und Blat.
Maͤßt/ Sterblichen/ ihr Thun nach ihrem Grabe nicht/
Die Aſche vom Geſtirn’ hat ſelber keinen Schein.
Sie konte/ wenn man pruͤfft den Schatten und ihr Licht/
Lebendig nichts nicht mehr/ todt nichts nicht minders ſeyn.
Doch iſts genung: daß ſie die Nachwelt nennen muß:
Die Mutter der Stadt Rom/ ein Kind des Marius.

Gegen Oſt ſtand auff einem ſchwartz-mar-
melnen Fuße das Bild des Marius aus weiſſen
Marmel gehauen; in welchem der Bildhauer
durch ein beſonder Kunſt-Stuͤcke eine rothe Adeꝛ
zu dem ſein Haupt umflechtenden Lorber-Cran-
tze gebraucht hatte. Die drey Schlachten des
Marius wider den Jugurtha/ die Teutoner und
Cimbern/ wie auch die Auffopfferung ſeiner
Tochter Calphurnia waren unten in Corinthi-
ſches Ertzt gegoſſen; in den marmelnen Fuß
aber eingegraben:

Die Marmel zanckten ſich/ als Rom diß Bild geboth
Zu fertigen; woraus es ſolte ſeyn gepraͤget?
Der ſchwartze/ weil der Held die ſchwartzen Mohren ſchlaͤget/
Der weiße/ weil er ſchmeiſt die weißen Deutſchen todt/
Der rothe/ weil er ſelbſt fuͤr die gemeine Noth
Den Goͤttern/ die erzuͤrnt/ der Tochter Blut fuͤrtraͤget.
Biß daß Minervens Spruch den Zwiſt hat beygeleget:
Der Fuß ſey ſchwartz/ das Bild ſelbſt weiß/ der Siegs-Krantz
roth.
Nun kuͤtzele der Neid ſich uͤber dieſem Bilde;
Es ſey von Lorbeern reich/ entbloͤſſet aller Schilde/
Rom hab’ ihn nicht gezeugt/ kein Anherr ſteh’ dabe[y].
Die Thaten zeugens ihm zu aller Roͤmer Ruhme:
Daß er mehr als ihr Kind/ des Adels Kern und Blu[m]e/
Des Kriegs-Gotts erſter Sohn/ Roms dritter Vater ſey.

Am allermerckwuͤrdigſten aber war: daß die
edelſten Geſchlechter/ welche den Marius vor-
her bey dem Jugurthiniſchen Kriege wegen
ihm auffgetragener hohen Gewalt auffs euſſer-

ſte
Erſter Theil. A a a a a a
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0983" n="921[923]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
aber nur zwey deut&#x017F;che Kriegs-Fahnen erobert<lb/>
hatten. Uber diß wei&#x017F;eten des Catulus Kriegs-<lb/>
Leute den Ge&#x017F;andten von Parma auf der Wall-<lb/>
&#x017F;tatt: Daß fa&#x017F;t alle Todten mit ihren Schuß-<lb/>
und Wurff-Pfeilen erleget waren; als welche<lb/>
&#x017F;ie mit des Catulus ihres Feld-Herrn Nahmen<lb/>
vorher bezeichnet hatten. Gleichwol aber &#x017F;chien<lb/>
es nicht wenig hochmu&#x0364;thig zu &#x017F;eyn: daß Ma-<lb/>
rius nach dem Bey&#x017F;piele des u&#x0364;ber Jndien &#x017F;ieg-<lb/>
prangenden Bachus bey &#x017F;einem Einzuge in<lb/>
Rom eine Kanne in der Hand fu&#x0364;hrete; und den<lb/>
zehn Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e hohen/ und &#x017F;ich unter &#x017F;einer Ru&#x0364;&#x017F;tung<lb/>
bu&#x0364;ckenden Ko&#x0364;nig Teutobach mit gu&#x0364;ldenen Fe&#x017F;-<lb/>
&#x017F;eln fu&#x0364;r &#x017F;einem Wagen herjagte. Hingegen<lb/>
baute er der Ehre und Tugend nur aus gemei-<lb/>
nen Steinen und auff ba&#x0364;ueri&#x017F;che Art/ gleich-<lb/>
&#x017F;am der Bau-Kun&#x017F;t und den edlen Steinen/ o-<lb/>
der vielmehr dardurch gemeinten alten Ge-<lb/>
&#x017F;chlechten zu Hohne; Catulus aus Marmel/ a-<lb/>
ber ohne mindere Ehr&#x017F;ucht dem Glu&#x0364;cke einen<lb/>
Tempel; gleich als ob diß mehr/ als ihre Ta-<lb/>
pferkeit die Uhrheberin die&#x017F;es Sieges wa&#x0364;re.<lb/>
Wiewol &#x017F;on&#x017F;t iederman insgemein die glu&#x0364;ckli-<lb/>
chen Streiche &#x017F;einem Witze/ die unglu&#x0364;cklichen<lb/>
dem Verha&#x0364;ngniße zu&#x017F;chreibt; und daher die &#x017F;ie-<lb/>
genden Feld-Herren &#x017F;tets fu&#x0364;r klug geprie&#x017F;en<lb/>
werden; Die ver&#x017F;pielenden aber durch tau&#x017F;end<lb/>
Zeugen nimmermehr ablehnen ko&#x0364;nnen/ daß &#x017F;ie<lb/>
nicht was ver&#x017F;ehen ha&#x0364;tten. Wormit nun der<lb/>
Adel &#x017F;ich bey dem glu&#x0364;cklichen Marius &#x017F;o viel<lb/>
mehr einliebte/ ließ der Ro&#x0364;mi&#x017F;che Rath auff den<lb/>
Berg Voge&#x017F;us/ und zwar auff den Felß/ dar-<lb/>
auff Calphurnia geopffert worden war/ einen<lb/>
Ey-rundten Siegs-Tempel bauen; in de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Mitte das Bild des Cimbri&#x017F;chen Sieges aus<lb/>
Corinthi&#x017F;chem Ertzt auf einem marmelnen Fuß<lb/>
&#x017F;tand/ unter welchem der Brunn des Flu&#x017F;&#x017F;es Po<lb/>
herfu&#x0364;r qvall. Auff der Abend-Seite des Tem-<lb/>
pels &#x017F;tand das Bild &#x017F;einer Tochter Calphurnia<lb/>
aus Alaba&#x017F;ter/ auf einem ertztenen Begra&#x0364;bnu&#x0364;ß-<lb/>
Maale; daran auswendig ihre Auffopfferung<lb/>
geetzt/ inwendig aber in einem gu&#x0364;ldenen Ge-<lb/><cb/>
&#x017F;chirre ihre Todten-A&#x017F;che verwahrt war. Auff<lb/>
der Seite war im Ertzte zu le&#x017F;en:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Nach dem Calphurnia be&#x017F;iegt die Wollu&#x017F;t hat/</l><lb/>
              <l>Der rei<supplied>n</supplied>en Jungfrau&#x017F;chafft den ken&#x017F;chen Gei&#x017F;t geweiht;</l><lb/>
              <l>Tilgt &#x017F;ie die Eigen-Lieb&#x2019; und weib&#x2019;&#x017F;che Za&#x0364;rtlig keit/</l><lb/>
              <l>Sie hemmt der Cimbern Sieg/ der Ro&#x0364;mer Unglu&#x0364;cks-Rad/</l><lb/>
              <l>Zertrennt der Feinde Macht und den Verha&#x0364;ngniß-Drat/</l><lb/>
              <l>Bemei&#x017F;tert endlich auch Berge&#x017F;&#x017F;enheit und Zeit/</l><lb/>
              <l>Wenn &#x017F;ie fu&#x0364;rs Vaterland ihr Blut zum Opffer leiht</l><lb/>
              <l>Daß ihr gutwillig Tod umwende Krieg und Blat.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Ma&#x0364;ßt/ Sterblichen/ ihr Thun nach ihrem Grabe nicht/</l><lb/>
              <l>Die A&#x017F;che vom Ge&#x017F;tirn&#x2019; hat &#x017F;elber keinen Schein.</l><lb/>
              <l>Sie konte/ wenn man pru&#x0364;fft den Schatten und ihr Licht/</l><lb/>
              <l>Lebendig nichts nicht mehr/ todt nichts nicht minders &#x017F;eyn.</l><lb/>
              <l>Doch i&#x017F;ts genung: daß &#x017F;ie die Nachwelt nennen muß:</l><lb/>
              <l>Die Mutter der Stadt Rom/ ein Kind des Marius.</l>
            </lg>
          </lg><lb/>
          <p>Gegen O&#x017F;t &#x017F;tand auff einem &#x017F;chwartz-mar-<lb/>
melnen Fuße das Bild des Marius aus wei&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Marmel gehauen; in welchem der Bildhauer<lb/>
durch ein be&#x017F;onder Kun&#x017F;t-Stu&#x0364;cke eine rothe Ade&#xA75B;<lb/>
zu dem &#x017F;ein Haupt umflechtenden Lorber-Cran-<lb/>
tze gebraucht hatte. Die drey Schlachten des<lb/>
Marius wider den Jugurtha/ die Teutoner und<lb/>
Cimbern/ wie auch die Auffopfferung &#x017F;einer<lb/>
Tochter Calphurnia waren unten in Corinthi-<lb/>
&#x017F;ches Ertzt gego&#x017F;&#x017F;en; in den marmelnen Fuß<lb/>
aber eingegraben:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Die Marmel zanckten &#x017F;ich/ als Rom diß Bild geboth</l><lb/>
              <l>Zu fertigen; woraus es &#x017F;olte &#x017F;eyn gepra&#x0364;get?</l><lb/>
              <l>Der &#x017F;chwartze/ weil der Held die &#x017F;chwartzen Mohren &#x017F;chla&#x0364;get/</l><lb/>
              <l>Der weiße/ weil er &#x017F;chmei&#x017F;t die weißen Deut&#x017F;chen todt/</l><lb/>
              <l>Der rothe/ weil er &#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;r die gemeine Noth</l><lb/>
              <l>Den Go&#x0364;ttern/ die erzu&#x0364;rnt/ der Tochter Blut fu&#x0364;rtra&#x0364;get.</l><lb/>
              <l>Biß daß Minervens Spruch den Zwi&#x017F;t hat beygeleget:</l><lb/>
              <l>Der Fuß &#x017F;ey &#x017F;chwartz/ das Bild &#x017F;elb&#x017F;t weiß/ der Siegs-Krantz<lb/><hi rendition="#et">roth.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Nun ku&#x0364;tzele der Neid &#x017F;ich u&#x0364;ber die&#x017F;em Bilde;</l><lb/>
              <l>Es &#x017F;ey von Lorbeern reich/ entblo&#x0364;&#x017F;&#x017F;et aller Schilde/</l><lb/>
              <l>Rom hab&#x2019; ihn nicht gezeugt/ kein Anherr &#x017F;teh&#x2019; dabe<supplied>y</supplied>.</l><lb/>
              <l>Die Thaten zeugens ihm zu aller Ro&#x0364;mer Ruhme:</l><lb/>
              <l>Daß er mehr als ihr Kind/ des Adels Kern und Blu<supplied>m</supplied>e/</l><lb/>
              <l>Des Kriegs-Gotts er&#x017F;ter Sohn/ Roms dritter Vater &#x017F;ey.</l>
            </lg>
          </lg><lb/>
          <p>Am allermerckwu&#x0364;rdig&#x017F;ten aber war: daß die<lb/>
edel&#x017F;ten Ge&#x017F;chlechter/ welche den Marius vor-<lb/>
her bey dem Jugurthini&#x017F;chen Kriege wegen<lb/>
ihm auffgetragener hohen Gewalt auffs eu&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. A a a a a a</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;te</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[921[923]/0983] Arminius und Thußnelda. aber nur zwey deutſche Kriegs-Fahnen erobert hatten. Uber diß weiſeten des Catulus Kriegs- Leute den Geſandten von Parma auf der Wall- ſtatt: Daß faſt alle Todten mit ihren Schuß- und Wurff-Pfeilen erleget waren; als welche ſie mit des Catulus ihres Feld-Herrn Nahmen vorher bezeichnet hatten. Gleichwol aber ſchien es nicht wenig hochmuͤthig zu ſeyn: daß Ma- rius nach dem Beyſpiele des uͤber Jndien ſieg- prangenden Bachus bey ſeinem Einzuge in Rom eine Kanne in der Hand fuͤhrete; und den zehn Fuͤſſe hohen/ und ſich unter ſeiner Ruͤſtung buͤckenden Koͤnig Teutobach mit guͤldenen Feſ- ſeln fuͤr ſeinem Wagen herjagte. Hingegen baute er der Ehre und Tugend nur aus gemei- nen Steinen und auff baͤueriſche Art/ gleich- ſam der Bau-Kunſt und den edlen Steinen/ o- der vielmehr dardurch gemeinten alten Ge- ſchlechten zu Hohne; Catulus aus Marmel/ a- ber ohne mindere Ehrſucht dem Gluͤcke einen Tempel; gleich als ob diß mehr/ als ihre Ta- pferkeit die Uhrheberin dieſes Sieges waͤre. Wiewol ſonſt iederman insgemein die gluͤckli- chen Streiche ſeinem Witze/ die ungluͤcklichen dem Verhaͤngniße zuſchreibt; und daher die ſie- genden Feld-Herren ſtets fuͤr klug geprieſen werden; Die verſpielenden aber durch tauſend Zeugen nimmermehr ablehnen koͤnnen/ daß ſie nicht was verſehen haͤtten. Wormit nun der Adel ſich bey dem gluͤcklichen Marius ſo viel mehr einliebte/ ließ der Roͤmiſche Rath auff den Berg Vogeſus/ und zwar auff den Felß/ dar- auff Calphurnia geopffert worden war/ einen Ey-rundten Siegs-Tempel bauen; in deſſen Mitte das Bild des Cimbriſchen Sieges aus Corinthiſchem Ertzt auf einem marmelnen Fuß ſtand/ unter welchem der Brunn des Fluſſes Po herfuͤr qvall. Auff der Abend-Seite des Tem- pels ſtand das Bild ſeiner Tochter Calphurnia aus Alabaſter/ auf einem ertztenen Begraͤbnuͤß- Maale; daran auswendig ihre Auffopfferung geetzt/ inwendig aber in einem guͤldenen Ge- ſchirre ihre Todten-Aſche verwahrt war. Auff der Seite war im Ertzte zu leſen: Nach dem Calphurnia beſiegt die Wolluſt hat/ Der reinen Jungfrauſchafft den kenſchen Geiſt geweiht; Tilgt ſie die Eigen-Lieb’ und weib’ſche Zaͤrtlig keit/ Sie hemmt der Cimbern Sieg/ der Roͤmer Ungluͤcks-Rad/ Zertrennt der Feinde Macht und den Verhaͤngniß-Drat/ Bemeiſtert endlich auch Bergeſſenheit und Zeit/ Wenn ſie fuͤrs Vaterland ihr Blut zum Opffer leiht Daß ihr gutwillig Tod umwende Krieg und Blat. Maͤßt/ Sterblichen/ ihr Thun nach ihrem Grabe nicht/ Die Aſche vom Geſtirn’ hat ſelber keinen Schein. Sie konte/ wenn man pruͤfft den Schatten und ihr Licht/ Lebendig nichts nicht mehr/ todt nichts nicht minders ſeyn. Doch iſts genung: daß ſie die Nachwelt nennen muß: Die Mutter der Stadt Rom/ ein Kind des Marius. Gegen Oſt ſtand auff einem ſchwartz-mar- melnen Fuße das Bild des Marius aus weiſſen Marmel gehauen; in welchem der Bildhauer durch ein beſonder Kunſt-Stuͤcke eine rothe Adeꝛ zu dem ſein Haupt umflechtenden Lorber-Cran- tze gebraucht hatte. Die drey Schlachten des Marius wider den Jugurtha/ die Teutoner und Cimbern/ wie auch die Auffopfferung ſeiner Tochter Calphurnia waren unten in Corinthi- ſches Ertzt gegoſſen; in den marmelnen Fuß aber eingegraben: Die Marmel zanckten ſich/ als Rom diß Bild geboth Zu fertigen; woraus es ſolte ſeyn gepraͤget? Der ſchwartze/ weil der Held die ſchwartzen Mohren ſchlaͤget/ Der weiße/ weil er ſchmeiſt die weißen Deutſchen todt/ Der rothe/ weil er ſelbſt fuͤr die gemeine Noth Den Goͤttern/ die erzuͤrnt/ der Tochter Blut fuͤrtraͤget. Biß daß Minervens Spruch den Zwiſt hat beygeleget: Der Fuß ſey ſchwartz/ das Bild ſelbſt weiß/ der Siegs-Krantz roth. Nun kuͤtzele der Neid ſich uͤber dieſem Bilde; Es ſey von Lorbeern reich/ entbloͤſſet aller Schilde/ Rom hab’ ihn nicht gezeugt/ kein Anherr ſteh’ dabey. Die Thaten zeugens ihm zu aller Roͤmer Ruhme: Daß er mehr als ihr Kind/ des Adels Kern und Blume/ Des Kriegs-Gotts erſter Sohn/ Roms dritter Vater ſey. Am allermerckwuͤrdigſten aber war: daß die edelſten Geſchlechter/ welche den Marius vor- her bey dem Jugurthiniſchen Kriege wegen ihm auffgetragener hohen Gewalt auffs euſſer- ſte Erſter Theil. A a a a a a

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/983
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 921[923]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/983>, abgerufen am 22.11.2024.