Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Sechstes Buch [Spaltenumbruch]
ste angefeindet hatten/ ihm ihre erste Stimmegaben: daß er solche Ehren-Maale durch seine Tugend verdient hätte. Also steiget diese end- lich so hoch: daß dem Neide das Gesichte ver- gehet; wenn er selbter nachsehen wil. Denn weil die Mißgunst nichts himmlisches an sich hat; sondern als ein geringer Dunst von der Er- den/ und aus niedrigen Thälern entspringet; wird selbte von denen kräfftigen Sonnenstrah- len der Tugend bald untergedrückt. Ja wie der Schatten der Erde mit seiner Verfinste- rung nur den niedrigen Monden/ nicht die hö- hern Gestirne erreichet; also muß die Miß- gunst auch alle die unversehret lassen: welche durch ihr Verdienst sich in so hohen Stand ver- setzt haben: daß mit ihnen sich niemand verglei- chen kan. Wie nun die Uberbleibung von des König Hertzog Merodach aber zohe mit des erschla- Kessel
Sechſtes Buch [Spaltenumbruch]
ſte angefeindet hatten/ ihm ihre erſte Stimmegaben: daß er ſolche Ehren-Maale durch ſeine Tugend verdient haͤtte. Alſo ſteiget dieſe end- lich ſo hoch: daß dem Neide das Geſichte ver- gehet; wenn er ſelbter nachſehen wil. Denn weil die Mißgunſt nichts himmliſches an ſich hat; ſondern als ein geringer Dunſt von der Er- den/ und aus niedrigen Thaͤlern entſpringet; wird ſelbte von denen kraͤfftigen Sonnenſtrah- len der Tugend bald untergedruͤckt. Ja wie der Schatten der Erde mit ſeiner Verfinſte- rung nur den niedrigen Monden/ nicht die hoͤ- hern Geſtirne erreichet; alſo muß die Miß- gunſt auch alle die unverſehret laſſen: welche durch ihr Verdienſt ſich in ſo hohen Stand ver- ſetzt haben: daß mit ihnen ſich niemand verglei- chen kan. Wie nun die Uberbleibung von des Koͤnig Hertzog Merodach aber zohe mit des erſchla- Keſſel
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Sechſtes Buch
ſte angefeindet hatten/ ihm ihre erſte Stimme
gaben: daß er ſolche Ehren-Maale durch ſeine
Tugend verdient haͤtte. Alſo ſteiget dieſe end-
lich ſo hoch: daß dem Neide das Geſichte ver-
gehet; wenn er ſelbter nachſehen wil. Denn
weil die Mißgunſt nichts himmliſches an ſich
hat; ſondern als ein geringer Dunſt von der Er-
den/ und aus niedrigen Thaͤlern entſpringet;
wird ſelbte von denen kraͤfftigen Sonnenſtrah-
len der Tugend bald untergedruͤckt. Ja wie
der Schatten der Erde mit ſeiner Verfinſte-
rung nur den niedrigen Monden/ nicht die hoͤ-
hern Geſtirne erreichet; alſo muß die Miß-
gunſt auch alle die unverſehret laſſen: welche
durch ihr Verdienſt ſich in ſo hohen Stand ver-
ſetzt haben: daß mit ihnen ſich niemand verglei-
chen kan.
Wie nun die Uberbleibung von des Koͤnig
Teutobachs Heere; welche ſich in den Alpen zu
verſtaͤrcken vermeinten/ auch die ungluͤckliche
Schlacht Koͤnig Bojorichs vernahmen; lieſſen
ſie die Hoffnung den Roͤmern einiges Land ab-
zuzwingen fahren; kehrten ſie zuruͤcke an den
Rhein/ an welchem ſie ſechstauſend Mann mit
ihrem ſchwerſten Geraͤthe zuruͤcke gelaſſen hat-
ten. Alldieweil aber ihnen die Deutſchen/ in-
fonderheit aber die Bojen keinen Sitz erlauben
wolten; ſondern man allenthalben ihnen mit
Heereskrafft begegnete: nahmen ſie ihren Weg
an der Maaß hinunter; und ſetzten zwiſchen
der Schelde und dem Fluße Sabis bey ihren
daſelbſt vorhin ſchon eingeſeſſenen Landes-Leu-
ten denen Adualichern feſten Fuß. Ein Theil
darvon aber ward von denen Celtiberiern auff-
genommen; welche hernach den Roͤmern in Hi-
ſpanien genung zu ſchaffen machten. Denn ſie
redeten die Luſitanier auff: daß ſie wider den
Cornelius Dolabella die Waffen ergriffen/ als
auch ſie geſchlagen/ und etliche hundert nach
Rom gefangen gefuͤhrt; und in den Schauplatz
wieder Loͤwen und Elefanten zu kaͤmpffen ge-
bracht wurden; redete ſie ein einiger darunteꝛ be-
findliche Deutſche auf: daß ſie durch freywilligen
Kampff einander ſelbſt aufrieben. Nichts min-
der lehnten ſich die Celtiberier mit ihnen gegen
die Roͤmer auf; und uͤberfielen ſie in der Stadt
Caſtulo. Daher die Roͤmer zehn Geſandten in
Hiſpanien zu ſchicken genoͤthiget wuꝛden. Wie-
wol auch Titus Didius wieder die Vacceer und
Termeſtiner gluͤcklich fochte; ſo hem̃ten doch die-
ſe gewaltig den Lauff ſeiner ſiegenden Waffen;
und ſtrafften die an der Stadt Colenda verraͤ-
theriſch ausgeuͤbte Mord-Luſt. Naſica wuͤtete
zwar nach ihm auff etliche Gefangene/ und aͤ-
ſcherte unterſchiedene Staͤdte ein; goß aber dar-
durch nur mehr Oel ins Feuer; biß Cajus Va-
lerius durch Erlegung wol zwantzig tauſend
Celtiberier ſolches auff eine zeitlang ſtillete. Ein
Theil der Deutſchen ward auch von den Ten-
eterern bewirthet; welches an dem Rheine un-
terhalb dem Fluſſe Segus eine Stadt nach dem
Nahmen der Teutoner baute.
Hertzog Merodach aber zohe mit des erſchla-
genen Koͤnigs Bojorich uͤber die Penniniſchen
Alpen entronnenen Cimbern zu ihren Landes-
Leuten denen Scordiskiern in Pannonien und
Thracien; welche die Roͤmer in verwichenen
Kriegen entweder aus Jllyricum vertrieben/ o-
der ſie zum Pfluge verdam̃t hatten. Durch dieſe
neue Verſtaͤrckung aber ſtreckten die Scordis-
kiſchen Deutſchen abermahls die Hoͤrner von
ſich; unterwarffen ihnen die Avtariaten/ die Tri-
ballier/ alle Eylande in Jſter/ und erweiterten
die zwey Haupt-Staͤdte Heorta und Capedun.
Ja Hertzog Merodach/ deſſen Hertze von un-
ausloͤſchlicher Rache gegen die Roͤmer kochte/
nahm den Roͤmern die Stadt Syrmium ab/
ſchlug den Cajus Geminius auffs Haupt; und
eroberte alles/ was die Deutſchen zwiſchen der
Sau und Drave verlohren hatten/ verwuͤſtete
Macedonien mit Feuer und Schwerdt. Und/
weil Marius unter denen zwoͤlff der Calphur-
nia geopfferten Jungfrauen auch ſeine Schwe-
ſter mit verbrennt/ und zu Rom dem Jupiter
ſieben edle Deutſchen geſchlachtet hatte; ließ er
hundeꝛt gefangenen edlen Roͤmern uͤber einem
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