Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.

Bild:
<< vorherige Seite
Es kränck't mich Todten noch/ und meinen Schatten renet:
Daß ich statt Ba[i]azeths und für den Orcan nicht
Dem thörchten Jbrahim hab außgelescht sein Licht/
280Als jener Helden Mund die Seel hat außgespeyet.
Ja/ wärest du nicht noch sein Schirm gewest/
Als ich schon starb auf meinem Todten Bette;
So sich're dich: Fürst Amurathes hätte
Halb-tod ihm noch gegeben seinen Rest.
285Auch würd ich noch mit Lust beseelen Sarch und Aschen/
Könt ich noch Dolch und Faust in's Brudern Blutte waschen.
Doch du hast selbst dir's Leichenbrett gefäll't.
Die Natter dir in Busem selbst gesetzet/
Als du gewannst der Baßen Gunst durch Geld;
290Daß sie an mir meineydig sich verletzet;
Als wieder ihren Schwur/ für den bestimmten Cham
Der Tartern/ Jbrahim des Oßmans Stul einnam.
Wilst aber du auf deiner Wolthat Grund
Den Pfeiler deines Heil's/ und Hofnungs-Schlösser bauen?
295Ein Zentner wig't Tyrannen kein halb Pfund/
Die Berge-grossen Dinst für Sonnenstaub anschauen.
Denn ihre Augen sind ein Schauglaß/ das macht klein/
Weil frembde Wercke sie dadurch von hinten sehen;
Wenn aber sie für sich es recht und vorwerts drehen/
300Schein't ihnen auch ein Floch ein Elefant zu seyn.
Ja mindert auch ihr Aug ihr nicht die Würde
Läscht sie Vergessenheit der Schwamm der Zeit nicht auß/
So stürm't und tilg't sie gar der Wolthats-stister Hauß.
Weil Undanck hält für Dienstbarkeit und Bürde/
305Sich Schuldner solcher Wolthat schauen.
Denn kleine Schuld spinn't Gunst/ die Grosse Feindschaft an;
Besonders ist kein Haar breit nicht zu tranen;
Wenn keine Schätzbarkeit die Wolthat zahlen kan.
Auf diesen Strudel wirst du auch noch Schilbruch leiden/
310Wo deine Seel itzt nur des Sohnes Sturm entgeh't.
Denn deinen Lebens-Drat wird ein frech Weib zerschneiden;
Ob schon jhr Sohn durch dich zum Käyser wird erhöh't.
Ja Mufti kan durch Gunst und Recht
Der Janitscharen Herr nicht durch sein Schwerdt verhütten:
315Daß dich nicht würg't ein Selav und Knecht/
Daß deinen Ohren nicht wird schimpflich abgeschnitten/
Was Liebes dir dein holder Achmet gab.
Allein itzt blüht dir schon dein Grab/
Denn's Reich/ das dir hat Jbrahim zudancken/
320Reich't über der Bergeltung enge Schrancken.
Auf! Mutter auf! sey für dein Heyl doch wache/
Weil sich dein Sohn in eine Natter kehr't/
Dein Wolthun heck't in seinem Hertzen Rache/
Weil alles Oel der Liebe längst verzehr't.
325Fleuch! Mutter/ fleuch! eh du des Sohnes Schwerdt must färben.
Denn Vorsicht schaffet Ruh/ die Sicherheit Verderben.
Kiosem. Mein Kind! mein Amurath! halt! ach/ wo fleuchstu hin?
Halt! ach! was fleuchstu mich? wie? oder wird mein Sinn
Durch einen Traum verrück't und durch Gespenst erschrecket?
330Wie/ oder hat die Gunst des Himmels mir entdecket
Vorstehende Gefahr/ hat mein hertzliebstes Kind/
Umb den noch ieden Tag die Thrän' auf's Antlitz rinn't/
Auß Liebe/ welche noch in Sarch und Asche glimmet/
Umb was Verhängnüß/ Sohn und Zeit auf mich bestimmet/
335Mir zuerösnen/ sich auß seiner Gruft gemacht?
Ach Himmel! kan kein Tag bey Hofe zugebracht
Nicht ohne Zittern seyn? und ohne Furcht verschwinden?
Jst hier kein Rosen-Blat nicht ohne Dorn zu finden?
Muß iede Perle sich in Thränen-Tropfen kehr'n?
340Ja iede Morgenröth uns eine Nacht gebähr'n/
Die schwartz von Schrecken ist? Muß unter güld'nen Decken/
Sich siets der Sorgen-Wurm die Kummer-Mutte hecken/
Die Seel und Marck außnag't? Ja seith des Glückes Rad
Bald hoch/ bald niedrig mich herumbgeweltzet hat;
345.Hat mein gantz kringlicht Haupt der Wahnwitz gantz verwirret
Daß es kaum noch versteh't dem Vogel/ der gekirret
Mit
D iij
Es kraͤnck’t mich Todten noch/ und meinen Schatten renet:
Daß ich ſtatt Ba[i]azeths und fuͤr den Orcan nicht
Dem thoͤrchten Jbrahim hab außgeleſcht ſein Licht/
280Als jener Helden Mund die Seel hat außgeſpeyet.
Ja/ waͤreſt du nicht noch ſein Schirm geweſt/
Als ich ſchon ſtarb auf meinem Todten Bette;
So ſich’re dich: Fuͤrſt Amurathes haͤtte
Halb-tod ihm noch gegeben ſeinen Reſt.
285Auch wuͤrd ich noch mit Luſt beſeelen Sarch und Aſchen/
Koͤnt ich noch Dolch und Fauſt in’s Brudern Blutte waſchen.
Doch du haſt ſelbſt dir’s Leichenbrett gefaͤll’t.
Die Natter dir in Buſem ſelbſt geſetzet/
Als du gewannſt der Baßen Gunſt durch Geld;
290Daß ſie an mir meineydig ſich verletzet;
Als wieder ihren Schwur/ fuͤr den beſtimmten Cham
Der Tartern/ Jbrahim des Oßmans Stul einnam.
Wilſt aber du auf deiner Wolthat Grund
Den Pfeiler deines Heil’s/ und Hofnungs-Schloͤſſer bauen?
295Ein Zentner wig’t Tyrannen kein halb Pfund/
Die Berge-groſſen Dinſt fuͤr Sonnenſtaub anſchauen.
Denn ihre Augen ſind ein Schauglaß/ das macht klein/
Weil frembde Wercke ſie dadurch von hinten ſehen;
Wenn aber ſie fuͤr ſich es recht und vorwerts drehen/
300Schein’t ihnen auch ein Floch ein Elefant zu ſeyn.
Ja mindert auch ihr Aug ihr nicht die Wuͤrde
Laͤſcht ſie Vergeſſenheit der Schwamm der Zeit nicht auß/
So ſtuͤrm’t und tilg’t ſie gar der Wolthats-ſtiſter Hauß.
Weil Undanck haͤlt fuͤr Dienſtbarkeit und Buͤrde/
305Sich Schuldner ſolcher Wolthat ſchauen.
Denn kleine Schuld ſpinn’t Gunſt/ die Groſſe Feindſchaft an;
Beſonders iſt kein Haar breit nicht zu tranen;
Wenn keine Schaͤtzbarkeit die Wolthat zahlen kan.
Auf dieſen Strudel wirſt du auch noch Schilbruch leiden/
310Wo deine Seel itzt nur des Sohnes Sturm entgeh’t.
Denn deinen Lebens-Drat wird ein frech Weib zerſchneiden;
Ob ſchon jhr Sohn durch dich zum Kaͤyſer wird erhoͤh’t.
Ja Mufti kan durch Gunſt und Recht
Der Janitſcharen Herr nicht durch ſein Schwerdt verhuͤtten:
315Daß dich nicht wuͤrg’t ein Selav und Knecht/
Daß deinen Ohren nicht wird ſchimpflich abgeſchnitten/
Was Liebes dir dein holder Achmet gab.
Allein itzt bluͤht dir ſchon dein Grab/
Denn’s Reich/ das dir hat Jbrahim zudancken/
320Reich’t uͤber der Bergeltung enge Schrancken.
Auf! Mutter auf! ſey fuͤr dein Heyl doch wache/
Weil ſich dein Sohn in eine Natter kehr’t/
Dein Wolthun heck’t in ſeinem Hertzen Rache/
Weil alles Oel der Liebe laͤngſt verzehr’t.
325Fleuch! Mutter/ fleuch! eh du des Sohnes Schwerdt muſt faͤrben.
Denn Vorſicht ſchaffet Ruh/ die Sicherheit Verderben.
Kioſem. Mein Kind! mein Amurath! halt! ach/ wo fleuchſtu hin?
Halt! ach! was fleuchſtu mich? wie? oder wird mein Sinn
Durch einen Traum verruͤck’t und durch Geſpenſt erſchrecket?
330Wie/ oder hat die Gunſt des Himmels mir entdecket
Vorſtehende Gefahr/ hat mein hertzliebſtes Kind/
Umb den noch ieden Tag die Thraͤn’ auf’s Antlitz rinn’t/
Auß Liebe/ welche noch in Sarch und Aſche glimmet/
Umb was Verhaͤngnuͤß/ Sohn und Zeit auf mich beſtimmet/
335Mir zueroͤſnen/ ſich auß ſeiner Gruft gemacht?
Ach Himmel! kan kein Tag bey Hofe zugebracht
Nicht ohne Zittern ſeyn? und ohne Furcht verſchwinden?
Jſt hier kein Roſen-Blat nicht ohne Dorn zu finden?
Muß iede Perle ſich in Thraͤnen-Tropfen kehr’n?
340Ja iede Morgenroͤth uns eine Nacht gebaͤhr’n/
Die ſchwartz von Schrecken iſt? Muß unter guͤld’nen Decken/
Sich ſiets der Sorgen-Wurm die Kummer-Mutte hecken/
Die Seel und Marck außnag’t? Ja ſeith des Gluͤckes Rad
Bald hoch/ bald niedrig mich herumbgeweltzet hat;
345.Hat mein gantz kringlicht Haupt der Wahnwitz gantz verwirret
Daß es kaum noch verſteh’t dem Vogel/ der gekirret
Mit
D iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#SUG">
          <p><pb facs="#f0059" n="41"/>
Es kra&#x0364;nck&#x2019;t mich Todten noch/ und meinen Schatten renet:<lb/>
Daß ich &#x017F;tatt Ba<supplied>i</supplied>azeths und fu&#x0364;r den Orcan nicht<lb/>
Dem tho&#x0364;rchten Jbrahim hab außgele&#x017F;cht &#x017F;ein Licht/<lb/><note place="left">280</note>Als jener Helden Mund die Seel hat außge&#x017F;peyet.<lb/>
Ja/ wa&#x0364;re&#x017F;t du nicht noch &#x017F;ein Schirm gewe&#x017F;t/<lb/>
Als ich &#x017F;chon &#x017F;tarb auf meinem Todten Bette;<lb/>
So &#x017F;ich&#x2019;re dich: Fu&#x0364;r&#x017F;t Amurathes ha&#x0364;tte<lb/>
Halb-tod ihm noch gegeben &#x017F;einen Re&#x017F;t.<lb/><note place="left">285</note>Auch wu&#x0364;rd ich noch mit Lu&#x017F;t be&#x017F;eelen Sarch und A&#x017F;chen/<lb/>
Ko&#x0364;nt ich noch Dolch und Fau&#x017F;t in&#x2019;s Brudern Blutte wa&#x017F;chen.<lb/>
Doch du ha&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t dir&#x2019;s Leichenbrett gefa&#x0364;ll&#x2019;t.<lb/>
Die Natter dir in Bu&#x017F;em &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;etzet/<lb/>
Als du gewann&#x017F;t der Baßen Gun&#x017F;t durch Geld;<lb/><note place="left">290</note>Daß &#x017F;ie an mir meineydig &#x017F;ich verletzet;<lb/>
Als wieder ihren Schwur/ fu&#x0364;r den be&#x017F;timmten Cham<lb/>
Der Tartern/ Jbrahim des Oßmans Stul einnam.<lb/>
Wil&#x017F;t aber du auf deiner Wolthat Grund<lb/>
Den Pfeiler deines Heil&#x2019;s/ und Hofnungs-Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er bauen?<lb/><note place="left">295</note>Ein Zentner wig&#x2019;t Tyrannen kein halb Pfund/<lb/>
Die Berge-gro&#x017F;&#x017F;en Din&#x017F;t fu&#x0364;r Sonnen&#x017F;taub an&#x017F;chauen.<lb/>
Denn ihre Augen &#x017F;ind ein Schauglaß/ das macht klein/<lb/>
Weil frembde Wercke &#x017F;ie dadurch von hinten &#x017F;ehen;<lb/>
Wenn aber &#x017F;ie fu&#x0364;r &#x017F;ich es recht und vorwerts drehen/<lb/><note place="left">300</note>Schein&#x2019;t ihnen auch ein Floch ein Elefant zu &#x017F;eyn.<lb/>
Ja mindert auch ihr Aug ihr nicht die Wu&#x0364;rde<lb/>
La&#x0364;&#x017F;cht &#x017F;ie Verge&#x017F;&#x017F;enheit der Schwamm der Zeit nicht auß/<lb/>
So &#x017F;tu&#x0364;rm&#x2019;t und tilg&#x2019;t &#x017F;ie gar der Wolthats-&#x017F;ti&#x017F;ter Hauß.<lb/>
Weil Undanck ha&#x0364;lt fu&#x0364;r Dien&#x017F;tbarkeit und Bu&#x0364;rde/<lb/><note place="left">305</note>Sich Schuldner &#x017F;olcher Wolthat &#x017F;chauen.<lb/>
Denn kleine Schuld &#x017F;pinn&#x2019;t Gun&#x017F;t/ die Gro&#x017F;&#x017F;e Feind&#x017F;chaft an;<lb/>
Be&#x017F;onders i&#x017F;t kein Haar breit nicht zu tranen;<lb/>
Wenn keine Scha&#x0364;tzbarkeit die Wolthat zahlen kan.<lb/>
Auf die&#x017F;en Strudel wir&#x017F;t du auch noch Schilbruch leiden/<lb/><note place="left">310</note>Wo deine Seel itzt nur des Sohnes Sturm entgeh&#x2019;t.<lb/>
Denn deinen Lebens-Drat wird ein frech Weib zer&#x017F;chneiden;<lb/>
Ob &#x017F;chon jhr Sohn durch dich zum Ka&#x0364;y&#x017F;er wird erho&#x0364;h&#x2019;t.<lb/>
Ja Mufti kan durch Gun&#x017F;t und Recht<lb/>
Der Janit&#x017F;charen Herr nicht durch &#x017F;ein Schwerdt verhu&#x0364;tten:<lb/><note place="left">315</note>Daß dich nicht wu&#x0364;rg&#x2019;t ein Selav und Knecht/<lb/>
Daß deinen Ohren nicht wird &#x017F;chimpflich abge&#x017F;chnitten/<lb/>
Was Liebes dir dein holder Achmet gab.<lb/>
Allein itzt blu&#x0364;ht dir &#x017F;chon dein Grab/<lb/>
Denn&#x2019;s Reich/ das dir hat Jbrahim zudancken/<lb/><note place="left">320</note>Reich&#x2019;t u&#x0364;ber der Bergeltung enge Schrancken.<lb/>
Auf! Mutter auf! &#x017F;ey fu&#x0364;r dein Heyl doch wache/<lb/>
Weil &#x017F;ich dein Sohn in eine Natter kehr&#x2019;t/<lb/>
Dein Wolthun heck&#x2019;t in &#x017F;einem Hertzen Rache/<lb/>
Weil alles Oel der Liebe la&#x0364;ng&#x017F;t verzehr&#x2019;t.<lb/><note place="left">325</note>Fleuch! Mutter/ fleuch! eh du des Sohnes Schwerdt mu&#x017F;t fa&#x0364;rben.<lb/>
Denn Vor&#x017F;icht &#x017F;chaffet Ruh/ die Sicherheit Verderben.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KIO">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Kio&#x017F;em.</hi> </speaker>
          <p>Mein Kind! mein Amurath! halt! ach/ wo fleuch&#x017F;tu hin?<lb/>
Halt! ach! was fleuch&#x017F;tu mich? wie? oder wird mein Sinn<lb/>
Durch einen Traum verru&#x0364;ck&#x2019;t und durch Ge&#x017F;pen&#x017F;t er&#x017F;chrecket?<lb/><note place="left">330</note>Wie/ oder hat die Gun&#x017F;t des Himmels mir entdecket<lb/>
Vor&#x017F;tehende Gefahr/ hat mein hertzlieb&#x017F;tes Kind/<lb/>
Umb den noch ieden Tag die Thra&#x0364;n&#x2019; auf&#x2019;s Antlitz rinn&#x2019;t/<lb/>
Auß Liebe/ welche noch in Sarch und A&#x017F;che glimmet/<lb/>
Umb was Verha&#x0364;ngnu&#x0364;ß/ Sohn und Zeit auf mich be&#x017F;timmet/<lb/><note place="left">335</note>Mir zuero&#x0364;&#x017F;nen/ &#x017F;ich auß &#x017F;einer Gruft gemacht?<lb/>
Ach Himmel! kan kein Tag bey Hofe zugebracht<lb/>
Nicht ohne Zittern &#x017F;eyn? und ohne Furcht ver&#x017F;chwinden?<lb/>
J&#x017F;t hier kein Ro&#x017F;en-Blat nicht ohne Dorn zu finden?<lb/>
Muß iede Perle &#x017F;ich in Thra&#x0364;nen-Tropfen kehr&#x2019;n?<lb/><note place="left">340</note>Ja iede Morgenro&#x0364;th uns eine Nacht geba&#x0364;hr&#x2019;n/<lb/>
Die &#x017F;chwartz von Schrecken i&#x017F;t? Muß unter gu&#x0364;ld&#x2019;nen Decken/<lb/>
Sich &#x017F;iets der Sorgen-Wurm die Kummer-Mutte hecken/<lb/>
Die Seel und Marck außnag&#x2019;t? Ja &#x017F;eith des Glu&#x0364;ckes Rad<lb/>
Bald hoch/ bald niedrig mich herumbgeweltzet hat;<lb/><note place="left">345.</note>Hat mein gantz kringlicht Haupt der Wahnwitz gantz verwirret<lb/>
Daß es kaum noch ver&#x017F;teh&#x2019;t dem Vogel/ der gekirret<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D iij</fw><fw place="bottom" type="catch">Mit</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0059] Es kraͤnck’t mich Todten noch/ und meinen Schatten renet: Daß ich ſtatt Baiazeths und fuͤr den Orcan nicht Dem thoͤrchten Jbrahim hab außgeleſcht ſein Licht/ Als jener Helden Mund die Seel hat außgeſpeyet. Ja/ waͤreſt du nicht noch ſein Schirm geweſt/ Als ich ſchon ſtarb auf meinem Todten Bette; So ſich’re dich: Fuͤrſt Amurathes haͤtte Halb-tod ihm noch gegeben ſeinen Reſt. Auch wuͤrd ich noch mit Luſt beſeelen Sarch und Aſchen/ Koͤnt ich noch Dolch und Fauſt in’s Brudern Blutte waſchen. Doch du haſt ſelbſt dir’s Leichenbrett gefaͤll’t. Die Natter dir in Buſem ſelbſt geſetzet/ Als du gewannſt der Baßen Gunſt durch Geld; Daß ſie an mir meineydig ſich verletzet; Als wieder ihren Schwur/ fuͤr den beſtimmten Cham Der Tartern/ Jbrahim des Oßmans Stul einnam. Wilſt aber du auf deiner Wolthat Grund Den Pfeiler deines Heil’s/ und Hofnungs-Schloͤſſer bauen? Ein Zentner wig’t Tyrannen kein halb Pfund/ Die Berge-groſſen Dinſt fuͤr Sonnenſtaub anſchauen. Denn ihre Augen ſind ein Schauglaß/ das macht klein/ Weil frembde Wercke ſie dadurch von hinten ſehen; Wenn aber ſie fuͤr ſich es recht und vorwerts drehen/ Schein’t ihnen auch ein Floch ein Elefant zu ſeyn. Ja mindert auch ihr Aug ihr nicht die Wuͤrde Laͤſcht ſie Vergeſſenheit der Schwamm der Zeit nicht auß/ So ſtuͤrm’t und tilg’t ſie gar der Wolthats-ſtiſter Hauß. Weil Undanck haͤlt fuͤr Dienſtbarkeit und Buͤrde/ Sich Schuldner ſolcher Wolthat ſchauen. Denn kleine Schuld ſpinn’t Gunſt/ die Groſſe Feindſchaft an; Beſonders iſt kein Haar breit nicht zu tranen; Wenn keine Schaͤtzbarkeit die Wolthat zahlen kan. Auf dieſen Strudel wirſt du auch noch Schilbruch leiden/ Wo deine Seel itzt nur des Sohnes Sturm entgeh’t. Denn deinen Lebens-Drat wird ein frech Weib zerſchneiden; Ob ſchon jhr Sohn durch dich zum Kaͤyſer wird erhoͤh’t. Ja Mufti kan durch Gunſt und Recht Der Janitſcharen Herr nicht durch ſein Schwerdt verhuͤtten: Daß dich nicht wuͤrg’t ein Selav und Knecht/ Daß deinen Ohren nicht wird ſchimpflich abgeſchnitten/ Was Liebes dir dein holder Achmet gab. Allein itzt bluͤht dir ſchon dein Grab/ Denn’s Reich/ das dir hat Jbrahim zudancken/ Reich’t uͤber der Bergeltung enge Schrancken. Auf! Mutter auf! ſey fuͤr dein Heyl doch wache/ Weil ſich dein Sohn in eine Natter kehr’t/ Dein Wolthun heck’t in ſeinem Hertzen Rache/ Weil alles Oel der Liebe laͤngſt verzehr’t. Fleuch! Mutter/ fleuch! eh du des Sohnes Schwerdt muſt faͤrben. Denn Vorſicht ſchaffet Ruh/ die Sicherheit Verderben. Kioſem. Mein Kind! mein Amurath! halt! ach/ wo fleuchſtu hin? Halt! ach! was fleuchſtu mich? wie? oder wird mein Sinn Durch einen Traum verruͤck’t und durch Geſpenſt erſchrecket? Wie/ oder hat die Gunſt des Himmels mir entdecket Vorſtehende Gefahr/ hat mein hertzliebſtes Kind/ Umb den noch ieden Tag die Thraͤn’ auf’s Antlitz rinn’t/ Auß Liebe/ welche noch in Sarch und Aſche glimmet/ Umb was Verhaͤngnuͤß/ Sohn und Zeit auf mich beſtimmet/ Mir zueroͤſnen/ ſich auß ſeiner Gruft gemacht? Ach Himmel! kan kein Tag bey Hofe zugebracht Nicht ohne Zittern ſeyn? und ohne Furcht verſchwinden? Jſt hier kein Roſen-Blat nicht ohne Dorn zu finden? Muß iede Perle ſich in Thraͤnen-Tropfen kehr’n? Ja iede Morgenroͤth uns eine Nacht gebaͤhr’n/ Die ſchwartz von Schrecken iſt? Muß unter guͤld’nen Decken/ Sich ſiets der Sorgen-Wurm die Kummer-Mutte hecken/ Die Seel und Marck außnag’t? Ja ſeith des Gluͤckes Rad Bald hoch/ bald niedrig mich herumbgeweltzet hat; Hat mein gantz kringlicht Haupt der Wahnwitz gantz verwirret Daß es kaum noch verſteh’t dem Vogel/ der gekirret Mit D iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/59
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/59>, abgerufen am 24.11.2024.