Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680.

Bild:
<< vorherige Seite
SOPHONISBE.
Die Eyfersucht.
Welch Vorwitz tagt mich aus der bangen Nacht?
Aus Phlegrens Höl'/ und wüster Einsamkeit.
Wo Titan und Diana nie erwacht/
440Wo stille Furcht stets unter Eulen schreit/
Wo Kröten girr'n/ und fette Schlangen zischen/
Wo Dampf und Stanck sich mit Verdruß vermischen.
Der Neid.
Auf! Eyfersucht verstöre Lieb und Lust.
Dein Reif sengt ja sonst Blum' und Anmuth weg.
445Du lochest Gall' aus Zucker in der Brust/
Sämst Nesseln ein/ und schmierst auf Lielgen Fleck'/
Ersteckst und saug'st aus Rosen giftig Eyter;
Vergiftest Ambra/ tödtest reine Kräuter.
Die Eyfersucht.
Jsts nicht genung: daß ich das Hertz in mir
450Mir selbst freß' ab? daß mein Medusen Haar
Mich kehrt in Stein und in ein ärger Thier
Als Sphynx/ Chimer/ Oeypete nicht war?
Daß Molchen-Blutt und Nattern-Fleisch mich speisen?
Daß ich mich selbst stets tödte durch dis Eisen?
Der Neid.
455
Auf! wirf Napel in Liebes-Garten ein!
Kehr' ihre Ruh in ein bestürmtes Meer.
Die Circe wandelt Menschen in ein Schwein/
Calisto wird durch Junons Rach' ein Beer?
Und du läßt dich itzt Cyrthens Schönheit bländen?
460Auf! rüste dich mit Wermuth/ Gift und Bränden!
Die Eyfersucht.
Hast du verspielt? werd ich nicht Sieger sein.
Dem Drachen ward entführt das güldne Flüß/
Und Argus schläfft mit hundert Augen ein/
Als in ein Horn Betrug und Liebe bließ/
465Wird Juno nicht selbst mit samt mir bethöret/
Wenn Jupiter als Kuh die Jo ehret?
Der
D 3
SOPHONISBE.
Die Eyferſucht.
Welch Vorwitz tagt mich aus der bangen Nacht?
Aus Phlegrens Hoͤl’/ und wuͤſter Einſamkeit.
Wo Titan und Diana nie erwacht/
440Wo ſtille Furcht ſtets unter Eulen ſchreit/
Wo Kroͤten girr’n/ und fette Schlangen ziſchen/
Wo Dampf und Stanck ſich mit Verdruß vermiſchen.
Der Neid.
Auf! Eyferſucht verſtoͤre Lieb und Luſt.
Dein Reif ſengt ja ſonſt Blum’ und Anmuth weg.
445Du locheſt Gall’ aus Zucker in der Bruſt/
Saͤmſt Neſſeln ein/ und ſchmierſt auf Lielgen Fleck’/
Erſteckſt und ſaug’ſt aus Roſen giftig Eyter;
Vergifteſt Ambra/ toͤdteſt reine Kraͤuter.
Die Eyferſucht.
Jſts nicht genung: daß ich das Hertz in mir
450Mir ſelbſt freß’ ab? daß mein Meduſen Haar
Mich kehrt in Stein und in ein aͤrger Thier
Als Sphynx/ Chimer/ Oeypete nicht war?
Daß Molchen-Blutt und Nattern-Fleiſch mich ſpeiſen?
Daß ich mich ſelbſt ſtets toͤdte durch dis Eiſen?
Der Neid.
455
Auf! wirf Napel in Liebes-Garten ein!
Kehr’ ihre Ruh in ein beſtuͤrmtes Meer.
Die Circe wandelt Menſchen in ein Schwein/
Caliſto wird durch Junons Rach’ ein Beer?
Und du laͤßt dich itzt Cyrthens Schoͤnheit blaͤnden?
460Auf! ruͤſte dich mit Wermuth/ Gift und Braͤnden!
Die Eyferſucht.
Haſt du verſpielt? werd ich nicht Sieger ſein.
Dem Drachen ward entfuͤhrt das guͤldne Fluͤß/
Und Argus ſchlaͤfft mit hundert Augen ein/
Als in ein Horn Betrug und Liebe bließ/
465Wird Juno nicht ſelbſt mit ſamt mir bethoͤret/
Wenn Jupiter als Kuh die Jo ehret?
Der
D 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0090" n="53"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">SOPHONISBE.</hi> </hi> </fw><lb/>
          <sp who="#EYF">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Die Eyfer&#x017F;ucht.</hi> </speaker><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Welch Vorwitz tagt mich aus der bangen Nacht?</l><lb/>
                <l>Aus Phlegrens Ho&#x0364;l&#x2019;/ und wu&#x0364;&#x017F;ter Ein&#x017F;amkeit.</l><lb/>
                <l>Wo Titan und Diana nie erwacht/</l><lb/>
                <l><note place="left">440</note>Wo &#x017F;tille Furcht &#x017F;tets unter Eulen &#x017F;chreit/</l><lb/>
                <l>Wo Kro&#x0364;ten girr&#x2019;n/ und fette Schlangen zi&#x017F;chen/</l><lb/>
                <l>Wo Dampf und Stanck &#x017F;ich mit Verdruß vermi&#x017F;chen.</l>
              </lg>
            </lg>
          </sp><lb/>
          <sp who="#NEID">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Der Neid.</hi> </speaker><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Auf! Eyfer&#x017F;ucht ver&#x017F;to&#x0364;re Lieb und Lu&#x017F;t.</l><lb/>
                <l>Dein Reif &#x017F;engt ja &#x017F;on&#x017F;t Blum&#x2019; und Anmuth weg.</l><lb/>
                <l><note place="left">445</note>Du loche&#x017F;t Gall&#x2019; aus Zucker in der Bru&#x017F;t/</l><lb/>
                <l>Sa&#x0364;m&#x017F;t Ne&#x017F;&#x017F;eln ein/ und &#x017F;chmier&#x017F;t auf Lielgen Fleck&#x2019;/</l><lb/>
                <l>Er&#x017F;teck&#x017F;t und &#x017F;aug&#x2019;&#x017F;t aus Ro&#x017F;en giftig Eyter;</l><lb/>
                <l>Vergifte&#x017F;t Ambra/ to&#x0364;dte&#x017F;t reine Kra&#x0364;uter.</l>
              </lg>
            </lg>
          </sp><lb/>
          <sp who="#EYF">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Die Eyfer&#x017F;ucht.</hi> </speaker><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>J&#x017F;ts nicht genung: daß ich das Hertz in mir</l><lb/>
                <l><note place="left">450</note>Mir &#x017F;elb&#x017F;t freß&#x2019; ab? daß mein Medu&#x017F;en Haar</l><lb/>
                <l>Mich kehrt in Stein und in ein a&#x0364;rger Thier</l><lb/>
                <l>Als Sphynx/ Chimer/ Oeypete nicht war?</l><lb/>
                <l>Daß Molchen-Blutt und Nattern-Flei&#x017F;ch mich &#x017F;pei&#x017F;en?</l><lb/>
                <l>Daß ich mich &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;tets to&#x0364;dte durch dis Ei&#x017F;en?</l>
              </lg>
            </lg>
          </sp><lb/>
          <sp who="#NEID">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Der Neid.</hi> </speaker><lb/>
            <note place="left">455</note>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Auf! wirf Napel in Liebes-Garten ein!</l><lb/>
                <l>Kehr&#x2019; ihre Ruh in ein be&#x017F;tu&#x0364;rmtes Meer.</l><lb/>
                <l>Die Circe wandelt Men&#x017F;chen in ein Schwein/</l><lb/>
                <l>Cali&#x017F;to wird durch Junons Rach&#x2019; ein Beer?</l><lb/>
                <l>Und du la&#x0364;ßt dich itzt Cyrthens Scho&#x0364;nheit bla&#x0364;nden?</l><lb/>
                <l><note place="left">460</note>Auf! ru&#x0364;&#x017F;te dich mit Wermuth/ Gift und Bra&#x0364;nden!</l>
              </lg>
            </lg>
          </sp><lb/>
          <sp who="#EYF">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Die Eyfer&#x017F;ucht.</hi> </speaker><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Ha&#x017F;t du ver&#x017F;pielt? werd ich nicht Sieger &#x017F;ein.</l><lb/>
                <l>Dem Drachen ward entfu&#x0364;hrt das gu&#x0364;ldne Flu&#x0364;ß/</l><lb/>
                <l>Und Argus &#x017F;chla&#x0364;fft mit hundert Augen ein/</l><lb/>
                <l>Als in ein Horn Betrug und Liebe bließ/</l><lb/>
                <l><note place="left">465</note>Wird Juno nicht &#x017F;elb&#x017F;t mit &#x017F;amt mir betho&#x0364;ret/</l><lb/>
                <l>Wenn Jupiter als Kuh die Jo ehret?</l>
              </lg>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">D 3</fw>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Der</hi> </fw>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0090] SOPHONISBE. Die Eyferſucht. Welch Vorwitz tagt mich aus der bangen Nacht? Aus Phlegrens Hoͤl’/ und wuͤſter Einſamkeit. Wo Titan und Diana nie erwacht/ Wo ſtille Furcht ſtets unter Eulen ſchreit/ Wo Kroͤten girr’n/ und fette Schlangen ziſchen/ Wo Dampf und Stanck ſich mit Verdruß vermiſchen. Der Neid. Auf! Eyferſucht verſtoͤre Lieb und Luſt. Dein Reif ſengt ja ſonſt Blum’ und Anmuth weg. Du locheſt Gall’ aus Zucker in der Bruſt/ Saͤmſt Neſſeln ein/ und ſchmierſt auf Lielgen Fleck’/ Erſteckſt und ſaug’ſt aus Roſen giftig Eyter; Vergifteſt Ambra/ toͤdteſt reine Kraͤuter. Die Eyferſucht. Jſts nicht genung: daß ich das Hertz in mir Mir ſelbſt freß’ ab? daß mein Meduſen Haar Mich kehrt in Stein und in ein aͤrger Thier Als Sphynx/ Chimer/ Oeypete nicht war? Daß Molchen-Blutt und Nattern-Fleiſch mich ſpeiſen? Daß ich mich ſelbſt ſtets toͤdte durch dis Eiſen? Der Neid. Auf! wirf Napel in Liebes-Garten ein! Kehr’ ihre Ruh in ein beſtuͤrmtes Meer. Die Circe wandelt Menſchen in ein Schwein/ Caliſto wird durch Junons Rach’ ein Beer? Und du laͤßt dich itzt Cyrthens Schoͤnheit blaͤnden? Auf! ruͤſte dich mit Wermuth/ Gift und Braͤnden! Die Eyferſucht. Haſt du verſpielt? werd ich nicht Sieger ſein. Dem Drachen ward entfuͤhrt das guͤldne Fluͤß/ Und Argus ſchlaͤfft mit hundert Augen ein/ Als in ein Horn Betrug und Liebe bließ/ Wird Juno nicht ſelbſt mit ſamt mir bethoͤret/ Wenn Jupiter als Kuh die Jo ehret? Der D 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680/90
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680/90>, abgerufen am 16.05.2024.