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Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ihr Erröthen bewachte und anklagte, verbitterten dem armen Mädchen die kurze Sommerfreude. Sie wich ihm aus, wenn es möglich war, gelang es ihm aber, sie allein zu finden, so folterten sie Bitten und versteckte Drohungen, deren Sinn sie nicht begriff, die wie schwarze Gespenster ihre Tage und Nächte verdunkelten. Sie möge sich hüten, sagte er oft mit einem eisig kalten Lächeln, er habe ihre Ruhe, ihr Glück in seiner Gewalt, und sei zu Allem fähig, wenn sie ihn verwerfe. Forderte sie, von solcher Qual ermüdet und gereizt, ihn zur Erklärung auf, so hüllte er sich in Räthsel, deren wahrscheinlichste Lösung zu furchtbar war, um ihnen weiter nachzuforschen. Dann blieb Marianen nur der einzige Trost: wie das kalt prosaische Wesen des Mannes und der höhnische Blick, mit welchem er sie ansah, der Raserei des Selbstmordes widerspreche. Ihrem Vater konnte sie dieses Leiden nicht klagen, er würde ihr nicht geglaubt haben; in seiner Gegenwart war Börner ernst, bescheiden, demüthig, wünschend, aber doch leidenschaftslos, wie ein vernünftiger Mann; die ängstigende aufregende Rolle spielte er nur gegen sie, und sie schämte sich, zu gestehen, was sie in schwarzen Stunden fürchtete. Oeffentliche Noth gesellte sich zu diesen geheimen Leiden. Die Reichstruppen hatten den Sonnenstein belagert und eingenommen: General Daun näherte sich Dresden, das schwach besetzt war; um so kräftigere Maßregeln glaubte der preußische Commandant nehmen zu müssen. Er erklärte, er werde die Vorstädte abbrennen, und ließ unter

ihr Erröthen bewachte und anklagte, verbitterten dem armen Mädchen die kurze Sommerfreude. Sie wich ihm aus, wenn es möglich war, gelang es ihm aber, sie allein zu finden, so folterten sie Bitten und versteckte Drohungen, deren Sinn sie nicht begriff, die wie schwarze Gespenster ihre Tage und Nächte verdunkelten. Sie möge sich hüten, sagte er oft mit einem eisig kalten Lächeln, er habe ihre Ruhe, ihr Glück in seiner Gewalt, und sei zu Allem fähig, wenn sie ihn verwerfe. Forderte sie, von solcher Qual ermüdet und gereizt, ihn zur Erklärung auf, so hüllte er sich in Räthsel, deren wahrscheinlichste Lösung zu furchtbar war, um ihnen weiter nachzuforschen. Dann blieb Marianen nur der einzige Trost: wie das kalt prosaische Wesen des Mannes und der höhnische Blick, mit welchem er sie ansah, der Raserei des Selbstmordes widerspreche. Ihrem Vater konnte sie dieses Leiden nicht klagen, er würde ihr nicht geglaubt haben; in seiner Gegenwart war Börner ernst, bescheiden, demüthig, wünschend, aber doch leidenschaftslos, wie ein vernünftiger Mann; die ängstigende aufregende Rolle spielte er nur gegen sie, und sie schämte sich, zu gestehen, was sie in schwarzen Stunden fürchtete. Oeffentliche Noth gesellte sich zu diesen geheimen Leiden. Die Reichstruppen hatten den Sonnenstein belagert und eingenommen: General Daun näherte sich Dresden, das schwach besetzt war; um so kräftigere Maßregeln glaubte der preußische Commandant nehmen zu müssen. Er erklärte, er werde die Vorstädte abbrennen, und ließ unter

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[0045] ihr Erröthen bewachte und anklagte, verbitterten dem armen Mädchen die kurze Sommerfreude. Sie wich ihm aus, wenn es möglich war, gelang es ihm aber, sie allein zu finden, so folterten sie Bitten und versteckte Drohungen, deren Sinn sie nicht begriff, die wie schwarze Gespenster ihre Tage und Nächte verdunkelten. Sie möge sich hüten, sagte er oft mit einem eisig kalten Lächeln, er habe ihre Ruhe, ihr Glück in seiner Gewalt, und sei zu Allem fähig, wenn sie ihn verwerfe. Forderte sie, von solcher Qual ermüdet und gereizt, ihn zur Erklärung auf, so hüllte er sich in Räthsel, deren wahrscheinlichste Lösung zu furchtbar war, um ihnen weiter nachzuforschen. Dann blieb Marianen nur der einzige Trost: wie das kalt prosaische Wesen des Mannes und der höhnische Blick, mit welchem er sie ansah, der Raserei des Selbstmordes widerspreche. Ihrem Vater konnte sie dieses Leiden nicht klagen, er würde ihr nicht geglaubt haben; in seiner Gegenwart war Börner ernst, bescheiden, demüthig, wünschend, aber doch leidenschaftslos, wie ein vernünftiger Mann; die ängstigende aufregende Rolle spielte er nur gegen sie, und sie schämte sich, zu gestehen, was sie in schwarzen Stunden fürchtete. Oeffentliche Noth gesellte sich zu diesen geheimen Leiden. Die Reichstruppen hatten den Sonnenstein belagert und eingenommen: General Daun näherte sich Dresden, das schwach besetzt war; um so kräftigere Maßregeln glaubte der preußische Commandant nehmen zu müssen. Er erklärte, er werde die Vorstädte abbrennen, und ließ unter

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Zitationshilfe: Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohmann_hochkirch_1910/45>, abgerufen am 21.11.2024.