Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.allgemeinem Wehklagen die Häuser mit brennbaren Stoffen füllen. Alles kam in Bewegung, der Hof, der Magistrat, die Einwohner baten um Schonung, man glaubte das Schloß und die königliche Familie gefährdet. Da der Commandant unbeweglich blieb, ergingen nun die Bitten an den österreichischen Feldherrn, aber Anfangs vergebens. Tage des Schreckens schlichen langsam vorüber, bis Daun endlich seinen Anschlag auf Dresden aufgab, die brennbaren Sachen wieder aus den Häusern genommen wurden, und die Ruhe in die bedrohte Stadt zurückkehrte. Um diese Zeit war Mariane mit einer Freundin auf eben dem Weinberge, wo sie ihren letzten sorglosen Abend genossen hatte. Die Trauben fingen an zu reifen, der Herbsttag war ohne Wolken, mancherlei ländliche Geschäfte hatten den Tag erheitert. Die Mädchen sammelten das Obst ein, füllten die Körbe und sandten sie zur Stadt, suchten die besten Trauben aus und das letzte Gemüse von den Beeten. Als die Sonne unterging, gab es für Marianen nichts mehr zu thun, ihre Gespielin mahnte sie, das Plätzchen am Berge zu besuchen, das ihr ja so lieb sei, und versprach bald nachzukommen. Mariane ging. Ach, es war noch ganz so still und schön hier, wie ehedem, ihre Seele aber war umschleiert. Das Rauschen des Wassers zu ihren Füßen schien heute eine Trauermusik und begleitete harmonisch die Gedanken der Wehmuth, in die sie sich tiefer und tiefer einwiegte. Da kam ein Schritt durchs Gebüsch allgemeinem Wehklagen die Häuser mit brennbaren Stoffen füllen. Alles kam in Bewegung, der Hof, der Magistrat, die Einwohner baten um Schonung, man glaubte das Schloß und die königliche Familie gefährdet. Da der Commandant unbeweglich blieb, ergingen nun die Bitten an den österreichischen Feldherrn, aber Anfangs vergebens. Tage des Schreckens schlichen langsam vorüber, bis Daun endlich seinen Anschlag auf Dresden aufgab, die brennbaren Sachen wieder aus den Häusern genommen wurden, und die Ruhe in die bedrohte Stadt zurückkehrte. Um diese Zeit war Mariane mit einer Freundin auf eben dem Weinberge, wo sie ihren letzten sorglosen Abend genossen hatte. Die Trauben fingen an zu reifen, der Herbsttag war ohne Wolken, mancherlei ländliche Geschäfte hatten den Tag erheitert. Die Mädchen sammelten das Obst ein, füllten die Körbe und sandten sie zur Stadt, suchten die besten Trauben aus und das letzte Gemüse von den Beeten. Als die Sonne unterging, gab es für Marianen nichts mehr zu thun, ihre Gespielin mahnte sie, das Plätzchen am Berge zu besuchen, das ihr ja so lieb sei, und versprach bald nachzukommen. Mariane ging. Ach, es war noch ganz so still und schön hier, wie ehedem, ihre Seele aber war umschleiert. Das Rauschen des Wassers zu ihren Füßen schien heute eine Trauermusik und begleitete harmonisch die Gedanken der Wehmuth, in die sie sich tiefer und tiefer einwiegte. Da kam ein Schritt durchs Gebüsch <TEI> <text> <body> <div n="4"> <p><pb facs="#f0046"/> allgemeinem Wehklagen die Häuser mit brennbaren Stoffen füllen. Alles kam in Bewegung, der Hof, der Magistrat, die Einwohner baten um Schonung, man glaubte das Schloß und die königliche Familie gefährdet. Da der Commandant unbeweglich blieb, ergingen nun die Bitten an den österreichischen Feldherrn, aber Anfangs vergebens. Tage des Schreckens schlichen langsam vorüber, bis Daun endlich seinen Anschlag auf Dresden aufgab, die brennbaren Sachen wieder aus den Häusern genommen wurden, und die Ruhe in die bedrohte Stadt zurückkehrte.</p><lb/> <p>Um diese Zeit war Mariane mit einer Freundin auf eben dem Weinberge, wo sie ihren letzten sorglosen Abend genossen hatte. Die Trauben fingen an zu reifen, der Herbsttag war ohne Wolken, mancherlei ländliche Geschäfte hatten den Tag erheitert. Die Mädchen sammelten das Obst ein, füllten die Körbe und sandten sie zur Stadt, suchten die besten Trauben aus und das letzte Gemüse von den Beeten. Als die Sonne unterging, gab es für Marianen nichts mehr zu thun, ihre Gespielin mahnte sie, das Plätzchen am Berge zu besuchen, das ihr ja so lieb sei, und versprach bald nachzukommen. Mariane ging. Ach, es war noch ganz so still und schön hier, wie ehedem, ihre Seele aber war umschleiert. Das Rauschen des Wassers zu ihren Füßen schien heute eine Trauermusik und begleitete harmonisch die Gedanken der Wehmuth, in die sie sich tiefer und tiefer einwiegte. Da kam ein Schritt durchs Gebüsch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0046]
allgemeinem Wehklagen die Häuser mit brennbaren Stoffen füllen. Alles kam in Bewegung, der Hof, der Magistrat, die Einwohner baten um Schonung, man glaubte das Schloß und die königliche Familie gefährdet. Da der Commandant unbeweglich blieb, ergingen nun die Bitten an den österreichischen Feldherrn, aber Anfangs vergebens. Tage des Schreckens schlichen langsam vorüber, bis Daun endlich seinen Anschlag auf Dresden aufgab, die brennbaren Sachen wieder aus den Häusern genommen wurden, und die Ruhe in die bedrohte Stadt zurückkehrte.
Um diese Zeit war Mariane mit einer Freundin auf eben dem Weinberge, wo sie ihren letzten sorglosen Abend genossen hatte. Die Trauben fingen an zu reifen, der Herbsttag war ohne Wolken, mancherlei ländliche Geschäfte hatten den Tag erheitert. Die Mädchen sammelten das Obst ein, füllten die Körbe und sandten sie zur Stadt, suchten die besten Trauben aus und das letzte Gemüse von den Beeten. Als die Sonne unterging, gab es für Marianen nichts mehr zu thun, ihre Gespielin mahnte sie, das Plätzchen am Berge zu besuchen, das ihr ja so lieb sei, und versprach bald nachzukommen. Mariane ging. Ach, es war noch ganz so still und schön hier, wie ehedem, ihre Seele aber war umschleiert. Das Rauschen des Wassers zu ihren Füßen schien heute eine Trauermusik und begleitete harmonisch die Gedanken der Wehmuth, in die sie sich tiefer und tiefer einwiegte. Da kam ein Schritt durchs Gebüsch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T14:20:58Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T14:20:58Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |