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Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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habe eine Bataille mitgemacht, und hätte mich nicht ein guter Mensch nach Bautzen gerettet aus dem brennenden Hause und unter dem gräulichen Kanonendonner, es wäre kein Stäubchen mehr von mir vorhanden. Da habe ich denn krank gelegen, viele Wochen lang, und als ich wieder zu mir kam, ging Alles bunt in meinem Kopfe herum. Erstlich, wie ich ein Fremdling in der Welt auf die Gasse trat, und der wüste Menschenlärm mich schwindlig machte, und wie der Gevatter mich in den Wagen packte, und wie ich die Frauenkirche zum letzten Male ansah. Wie ich dann ein garstiges Nachtlager überstand, und früh in einem Graben saß, ja seht mich nur groß an, im dicken Nebel saß ich mit meiner guten Pelzcontusche und dem dicken Mantel hier, den man in seiner Jammergestalt nicht mehr erkennt, unter drei Bäumen im trockenen Graben! Aber das war mein Glück, denn da kam der König mit meinem General. -- Von der Bataille will ich gar nicht sprechen, wer so was nicht erlebt hat, mag unserm Herrgott danken.

Wir wollen die Braut holen, sagte Frau von Pistor, die jetzt in ihrer bescheidenen Matronentracht eintrat, von Leo begleitet. -- Leo! Mutter! ich habe meine Justine wieder! rief ihnen Mariane entgegen, aber ich muß sie erst putzen, damit sie mich zum Altar führen kann. -- Wie wird sich der Vater freuen!

Tausendmal willkommen bei uns, liebe getreue Freundin, sagte Frau von Pistor, indem sie Justinen

habe eine Bataille mitgemacht, und hätte mich nicht ein guter Mensch nach Bautzen gerettet aus dem brennenden Hause und unter dem gräulichen Kanonendonner, es wäre kein Stäubchen mehr von mir vorhanden. Da habe ich denn krank gelegen, viele Wochen lang, und als ich wieder zu mir kam, ging Alles bunt in meinem Kopfe herum. Erstlich, wie ich ein Fremdling in der Welt auf die Gasse trat, und der wüste Menschenlärm mich schwindlig machte, und wie der Gevatter mich in den Wagen packte, und wie ich die Frauenkirche zum letzten Male ansah. Wie ich dann ein garstiges Nachtlager überstand, und früh in einem Graben saß, ja seht mich nur groß an, im dicken Nebel saß ich mit meiner guten Pelzcontusche und dem dicken Mantel hier, den man in seiner Jammergestalt nicht mehr erkennt, unter drei Bäumen im trockenen Graben! Aber das war mein Glück, denn da kam der König mit meinem General. — Von der Bataille will ich gar nicht sprechen, wer so was nicht erlebt hat, mag unserm Herrgott danken.

Wir wollen die Braut holen, sagte Frau von Pistor, die jetzt in ihrer bescheidenen Matronentracht eintrat, von Leo begleitet. — Leo! Mutter! ich habe meine Justine wieder! rief ihnen Mariane entgegen, aber ich muß sie erst putzen, damit sie mich zum Altar führen kann. — Wie wird sich der Vater freuen!

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:20:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:20:58Z)

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Zitationshilfe: Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohmann_hochkirch_1910/76>, abgerufen am 24.04.2024.