Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Schweitzerische Canaan.
Du versorgest dein Vieh auf den Win-
ter/
legest so viel Heu auf einander als
du kanst, denckst nie, es seye zu viel, al-
les auß Beysorg eines gar zu langen Win-
ters, hieltest den vor einen Thoren, der
keinen Vorrath von Futer einmachen wol-
te, als bloß vor einen Tag: Nun ist nicht
dein Leben also beschaffen, als ob der lan-
ge Winter der Ewigkeit nur einen eintzelen
Tag währen solte, so wenig sammelst du
für die ewige Welt an Gütern, Früchten
und Gaaben deß H. Geistes in dein Hertz,
da du unzehliche Göttliche Gedancken und
heilige Begierden zusammen häuffen wur-
dest, wo du weise wärest und mercktest,
was vor eine klägliche Zeit deß Darbens
über einen lässigen Menschen nach diesem
Leben kommen werde: Wie lang wurde
dir die Zeit werden, wann du den gantzen
Winter durch dein armes Vieh neben dei-
nen Ohren müßtest Tag und Nacht hören
blecken und schreyen, und hättest ihnen
nichts zu geben! Aber, O wie lang wirds
der Seelen werden, in der äussersten Fin-
sterniß heulen und zähnklappen, Matth.
25: 30. Weilen du von allen denen theu-
ren Verheissungen deß neuen Bunds und
von der Gemeinschafft deß Leidens JEsu
Christi nichts wahrhafftiges, innig-ver-
nügendes in dem Busen der Ewigkeit bey-

gelegt,

Das Schweitzeriſche Canaan.
Du verſorgeſt dein Vieh auf den Win-
ter/
legeſt ſo viel Heu auf einander als
du kanſt, denckſt nie, es ſeye zu viel, al-
les auß Beyſorg eines gar zu langen Win-
ters, hielteſt den vor einen Thoren, der
keinen Vorrath von Futer einmachen wol-
te, als bloß vor einen Tag: Nun iſt nicht
dein Leben alſo beſchaffen, als ob der lan-
ge Winter der Ewigkeit nur einen eintzelen
Tag waͤhren ſolte, ſo wenig ſammelſt du
fuͤr die ewige Welt an Guͤtern, Fruͤchten
und Gaaben deß H. Geiſtes in dein Hertz,
da du unzehliche Goͤttliche Gedancken und
heilige Begierden zuſammen haͤuffen wur-
deſt, wo du weiſe waͤreſt und merckteſt,
was vor eine klaͤgliche Zeit deß Darbens
uͤber einen laͤſſigen Menſchen nach dieſem
Leben kommen werde: Wie lang wurde
dir die Zeit werden, wann du den gantzen
Winter durch dein armes Vieh neben dei-
nen Ohren muͤßteſt Tag und Nacht hoͤren
blecken und ſchreyen, und haͤtteſt ihnen
nichts zu geben! Aber, O wie lang wirds
der Seelen werden, in der aͤuſſerſten Fin-
ſterniß heulen und zaͤhnklappen, Matth.
25: 30. Weilen du von allen denen theu-
ren Verheiſſungen deß neuen Bunds und
von der Gemeinſchafft deß Leidens JEſu
Chriſti nichts wahrhafftiges, innig-ver-
nuͤgendes in dem Buſen der Ewigkeit bey-

gelegt,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0202" n="134"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Schweitzeri&#x017F;che Canaan.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">Du ver&#x017F;orge&#x017F;t dein Vieh auf den Win-<lb/>
ter/</hi> lege&#x017F;t &#x017F;o viel Heu auf einander als<lb/>
du kan&#x017F;t, denck&#x017F;t nie, es &#x017F;eye zu viel, al-<lb/>
les auß Bey&#x017F;org eines gar zu langen Win-<lb/>
ters, hielte&#x017F;t den vor einen Thoren, der<lb/>
keinen Vorrath von Futer einmachen wol-<lb/>
te, als bloß vor einen Tag: Nun i&#x017F;t nicht<lb/>
dein Leben al&#x017F;o be&#x017F;chaffen, als ob der lan-<lb/>
ge Winter der Ewigkeit nur einen eintzelen<lb/>
Tag wa&#x0364;hren &#x017F;olte, &#x017F;o wenig &#x017F;ammel&#x017F;t du<lb/>
fu&#x0364;r die ewige Welt an Gu&#x0364;tern, Fru&#x0364;chten<lb/>
und Gaaben deß H. Gei&#x017F;tes in dein Hertz,<lb/>
da du unzehliche Go&#x0364;ttliche Gedancken und<lb/>
heilige Begierden zu&#x017F;ammen ha&#x0364;uffen wur-<lb/>
de&#x017F;t, wo du wei&#x017F;e wa&#x0364;re&#x017F;t und merckte&#x017F;t,<lb/>
was vor eine kla&#x0364;gliche Zeit deß Darbens<lb/>
u&#x0364;ber einen la&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Men&#x017F;chen nach die&#x017F;em<lb/>
Leben kommen werde: Wie lang wurde<lb/>
dir die Zeit werden, wann du den gantzen<lb/>
Winter durch dein armes Vieh neben dei-<lb/>
nen Ohren mu&#x0364;ßte&#x017F;t Tag und Nacht ho&#x0364;ren<lb/>
blecken und &#x017F;chreyen, und ha&#x0364;tte&#x017F;t ihnen<lb/>
nichts zu geben! Aber, O wie lang wirds<lb/>
der Seelen werden, in der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Fin-<lb/>
&#x017F;terniß heulen und za&#x0364;hnklappen, Matth.<lb/>
25: 30. Weilen du von allen denen theu-<lb/>
ren Verhei&#x017F;&#x017F;ungen deß neuen Bunds und<lb/>
von der Gemein&#x017F;chafft deß Leidens JE&#x017F;u<lb/>
Chri&#x017F;ti nichts wahrhafftiges, innig-ver-<lb/>
nu&#x0364;gendes in dem Bu&#x017F;en der Ewigkeit bey-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gelegt,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0202] Das Schweitzeriſche Canaan. Du verſorgeſt dein Vieh auf den Win- ter/ legeſt ſo viel Heu auf einander als du kanſt, denckſt nie, es ſeye zu viel, al- les auß Beyſorg eines gar zu langen Win- ters, hielteſt den vor einen Thoren, der keinen Vorrath von Futer einmachen wol- te, als bloß vor einen Tag: Nun iſt nicht dein Leben alſo beſchaffen, als ob der lan- ge Winter der Ewigkeit nur einen eintzelen Tag waͤhren ſolte, ſo wenig ſammelſt du fuͤr die ewige Welt an Guͤtern, Fruͤchten und Gaaben deß H. Geiſtes in dein Hertz, da du unzehliche Goͤttliche Gedancken und heilige Begierden zuſammen haͤuffen wur- deſt, wo du weiſe waͤreſt und merckteſt, was vor eine klaͤgliche Zeit deß Darbens uͤber einen laͤſſigen Menſchen nach dieſem Leben kommen werde: Wie lang wurde dir die Zeit werden, wann du den gantzen Winter durch dein armes Vieh neben dei- nen Ohren muͤßteſt Tag und Nacht hoͤren blecken und ſchreyen, und haͤtteſt ihnen nichts zu geben! Aber, O wie lang wirds der Seelen werden, in der aͤuſſerſten Fin- ſterniß heulen und zaͤhnklappen, Matth. 25: 30. Weilen du von allen denen theu- ren Verheiſſungen deß neuen Bunds und von der Gemeinſchafft deß Leidens JEſu Chriſti nichts wahrhafftiges, innig-ver- nuͤgendes in dem Buſen der Ewigkeit bey- gelegt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731/202
Zitationshilfe: Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731/202>, abgerufen am 10.05.2024.