Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Schweitzerische Canaan.
Bestes suchet. Du hasts gern, wann dein
Schaaf dir nachlaufft und ein gut Hertz zu
dir hat, du freuest dich dessen, streichelst das-
selbe und gibst ihm liebliche Namen, wirst
auch sehr zornig über böse Thier, die es schre-
cken oder beissen, schlagst mit dem Ste-
cken drauff, und du wilt nicht glauben, daß
du dem GOtt der Liebe einen grossen Gefal-
len thust, wann du dich alles Guten zu Jhm
versiehest, dich nahe hinzu machest als ein
Schaaf zu seinem Herren, nicht vor Jhme
fliehest, sondern gern um Jhn bist, du kanst
nicht dencken, daß sich JEsus deiner so hart
annemme, Jes. 40: 11. Luc. 15. Ezech. 34.
über deine Beleidiger, Teuffel, Sünd und
Welt ergrimme, und sich deßwegen gegen
denen heiligen Engeln rühme, daß er ein so
fein, zahm Schaaf habe, das nirgends ru-
hen könne, es seye dann nahe bey Jhm, und
daß es gleich gegen Jhn herein springe, wann
es Seiner nur von weitem ansichtig werde.

Du hast deiner Kuhe nichts versprochen,
kein Blut für sie vergossen, sie nicht erschaf-
fen, sie kan dich auch nicht mit Verstand lie-
ben, noch du ihr das Leben verlängeren,
und dennoch nimmet sie Zuflucht zu dir, ja
wann sie aus eigener Schuld, weilen sie sich
etwa zu weit entfernet, vom Wolff gebissen
wird, so fliehet sie wegen der wüsten Wun-
den nicht von dir hinweg, indem sie dir

trauet,

Das Schweitzeriſche Canaan.
Beſtes ſuchet. Du haſts gern, wann dein
Schaaf dir nachlaufft und ein gut Hertz zu
dir hat, du freueſt dich deſſen, ſtreichelſt daſ-
ſelbe und gibſt ihm liebliche Namen, wirſt
auch ſehr zornig uͤber boͤſe Thier, die es ſchre-
cken oder beiſſen, ſchlagſt mit dem Ste-
cken drauff, und du wilt nicht glauben, daß
du dem GOtt der Liebe einen groſſen Gefal-
len thuſt, wann du dich alles Guten zu Jhm
verſieheſt, dich nahe hinzu macheſt als ein
Schaaf zu ſeinem Herren, nicht vor Jhme
flieheſt, ſondern gern um Jhn biſt, du kanſt
nicht dencken, daß ſich JEſus deiner ſo hart
annemme, Jeſ. 40: 11. Luc. 15. Ezech. 34.
uͤber deine Beleidiger, Teuffel, Suͤnd und
Welt ergrimme, und ſich deßwegen gegen
denen heiligen Engeln ruͤhme, daß er ein ſo
fein, zahm Schaaf habe, das nirgends ru-
hen koͤnne, es ſeye dann nahe bey Jhm, und
daß es gleich gegen Jhn herein ſpringe, wann
es Seiner nur von weitem anſichtig werde.

Du haſt deiner Kuhe nichts verſprochen,
kein Blut fuͤr ſie vergoſſen, ſie nicht erſchaf-
fen, ſie kan dich auch nicht mit Verſtand lie-
ben, noch du ihr das Leben verlaͤngeren,
und dennoch nimmet ſie Zuflucht zu dir, ja
wann ſie aus eigener Schuld, weilen ſie ſich
etwa zu weit entfernet, vom Wolff gebiſſen
wird, ſo fliehet ſie wegen der wuͤſten Wun-
den nicht von dir hinweg, indem ſie dir

trauet,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0216" n="148"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Schweitzeri&#x017F;che Canaan.</hi></fw><lb/>
Be&#x017F;tes &#x017F;uchet. Du ha&#x017F;ts gern, wann dein<lb/>
Schaaf dir nachlaufft und ein gut Hertz zu<lb/>
dir hat, du freue&#x017F;t dich de&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;treichel&#x017F;t da&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elbe und gib&#x017F;t ihm liebliche Namen, wir&#x017F;t<lb/>
auch &#x017F;ehr zornig u&#x0364;ber bo&#x0364;&#x017F;e Thier, die es &#x017F;chre-<lb/>
cken oder bei&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;chlag&#x017F;t mit dem Ste-<lb/>
cken drauff, und du wilt nicht glauben, daß<lb/>
du dem GOtt der Liebe einen gro&#x017F;&#x017F;en Gefal-<lb/>
len thu&#x017F;t, wann du dich alles Guten zu Jhm<lb/>
ver&#x017F;iehe&#x017F;t, dich nahe hinzu mache&#x017F;t als ein<lb/>
Schaaf zu &#x017F;einem Herren, nicht vor Jhme<lb/>
fliehe&#x017F;t, &#x017F;ondern gern um Jhn bi&#x017F;t, du kan&#x017F;t<lb/>
nicht dencken, daß &#x017F;ich JE&#x017F;us deiner &#x017F;o hart<lb/>
annemme, Je&#x017F;. 40: 11. Luc. 15. Ezech. 34.<lb/>
u&#x0364;ber deine Beleidiger, Teuffel, Su&#x0364;nd und<lb/>
Welt ergrimme, und &#x017F;ich deßwegen gegen<lb/>
denen heiligen Engeln ru&#x0364;hme, daß er ein &#x017F;o<lb/>
fein, zahm Schaaf habe, das nirgends ru-<lb/>
hen ko&#x0364;nne, es &#x017F;eye dann nahe bey Jhm, und<lb/>
daß es gleich gegen Jhn herein &#x017F;pringe, wann<lb/>
es Seiner nur von weitem an&#x017F;ichtig werde.</p><lb/>
          <p>Du ha&#x017F;t deiner Kuhe nichts ver&#x017F;prochen,<lb/>
kein Blut fu&#x0364;r &#x017F;ie vergo&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ie nicht er&#x017F;chaf-<lb/>
fen, &#x017F;ie kan dich auch nicht mit Ver&#x017F;tand lie-<lb/>
ben, noch du ihr das Leben verla&#x0364;ngeren,<lb/>
und dennoch nimmet &#x017F;ie Zuflucht zu dir, ja<lb/>
wann &#x017F;ie aus eigener Schuld, weilen &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
etwa zu weit entfernet, vom Wolff gebi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wird, &#x017F;o fliehet &#x017F;ie wegen der wu&#x0364;&#x017F;ten Wun-<lb/>
den nicht von dir hinweg, indem &#x017F;ie dir<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">trauet,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148/0216] Das Schweitzeriſche Canaan. Beſtes ſuchet. Du haſts gern, wann dein Schaaf dir nachlaufft und ein gut Hertz zu dir hat, du freueſt dich deſſen, ſtreichelſt daſ- ſelbe und gibſt ihm liebliche Namen, wirſt auch ſehr zornig uͤber boͤſe Thier, die es ſchre- cken oder beiſſen, ſchlagſt mit dem Ste- cken drauff, und du wilt nicht glauben, daß du dem GOtt der Liebe einen groſſen Gefal- len thuſt, wann du dich alles Guten zu Jhm verſieheſt, dich nahe hinzu macheſt als ein Schaaf zu ſeinem Herren, nicht vor Jhme flieheſt, ſondern gern um Jhn biſt, du kanſt nicht dencken, daß ſich JEſus deiner ſo hart annemme, Jeſ. 40: 11. Luc. 15. Ezech. 34. uͤber deine Beleidiger, Teuffel, Suͤnd und Welt ergrimme, und ſich deßwegen gegen denen heiligen Engeln ruͤhme, daß er ein ſo fein, zahm Schaaf habe, das nirgends ru- hen koͤnne, es ſeye dann nahe bey Jhm, und daß es gleich gegen Jhn herein ſpringe, wann es Seiner nur von weitem anſichtig werde. Du haſt deiner Kuhe nichts verſprochen, kein Blut fuͤr ſie vergoſſen, ſie nicht erſchaf- fen, ſie kan dich auch nicht mit Verſtand lie- ben, noch du ihr das Leben verlaͤngeren, und dennoch nimmet ſie Zuflucht zu dir, ja wann ſie aus eigener Schuld, weilen ſie ſich etwa zu weit entfernet, vom Wolff gebiſſen wird, ſo fliehet ſie wegen der wuͤſten Wun- den nicht von dir hinweg, indem ſie dir trauet,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731/216
Zitationshilfe: Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731/216>, abgerufen am 21.11.2024.