lich aussert Canaan und Jerusalem bleiben, und an Leib und Seel verreblen muß.
§. 5.
Die Einbildung, das Himmelreich sey nicht so nahe und durch Christi Hülff so leicht zu haben, zu dem werde jedweder zuletzt mit seinem Wahn-Glaub ungeprüfft im huy in Himmel kommen, macht die meisten Predig- ten unnütz und stürtzt Unzehliche ins ewige Ver- derben.
JNsgemein ists mit denen Predigten und derselben Anhörung also beschaf- fen, als wann ein Hirt seinen Heerden von groß und klein Vieh eine Erzehlung mach- te von einem frembden Land, allda über alle massen anmuhtige, wohlgeschmackte sehr herrliche Weyden wären, diese aber hörten ein Stündlein zu, und kehrte her- nach ein jedes Stück wieder in sein tödtli- che Weyde, deren es gewohnt, in der Mey- nung, jene wohl-riechende köstliche und so sehr mühsam angepriesene Weyde seye gar zu weit entlegen auf einem sehr hohen, rei- chen Frucht-Gebürge, welches deß Lan- des Einwohner Zion nennen, es bezahle aber die Arbeit, Kampff, Leiden, Unge- witter und Gefährlichkeit nicht, so man außzustehen habe, bevor man daselbst an- gelanget; Zu dem werden wir zuletst alle- samt Haupt für Haupt dorthin promo-
virt
B 2
Das Schweitzeriſche Canaan.
lich auſſert Canaan und Jeruſalem bleiben, und an Leib und Seel verreblen muß.
§. 5.
Die Einbildung, das Himmelreich ſey nicht ſo nahe und durch Chriſti Huͤlff ſo leicht zu haben, zu dem werde jedweder zuletzt mit ſeinem Wahn-Glaub ungepruͤfft im huy in Himmel kommen, macht die meiſten Predig- ten unnuͤtz und ſtuͤrtzt Unzehliche ins ewige Ver- derben.
JNsgemein iſts mit denen Predigten und derſelben Anhoͤrung alſo beſchaf- fen, als wann ein Hirt ſeinen Heerden von groß und klein Vieh eine Erzehlung mach- te von einem frembden Land, allda uͤber alle maſſen anmuhtige, wohlgeſchmackte ſehr herrliche Weyden waͤren, dieſe aber hoͤrten ein Stuͤndlein zu, und kehrte her- nach ein jedes Stuͤck wieder in ſein toͤdtli- che Weyde, deren es gewohnt, in der Mey- nung, jene wohl-riechende koͤſtliche und ſo ſehr muͤhſam angeprieſene Weyde ſeye gar zu weit entlegen auf einem ſehr hohen, rei- chen Frucht-Gebuͤrge, welches deß Lan- des Einwohner Zion nennen, es bezahle aber die Arbeit, Kampff, Leiden, Unge- witter und Gefaͤhrlichkeit nicht, ſo man außzuſtehen habe, bevor man daſelbſt an- gelanget; Zu dem werden wir zuletſt alle- ſamt Haupt fuͤr Haupt dorthin promo-
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B 2
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[19/0087]
Das Schweitzeriſche Canaan.
lich auſſert Canaan und Jeruſalem bleiben,
und an Leib und Seel verreblen muß.
§. 5.
Die Einbildung, das Himmelreich ſey
nicht ſo nahe und durch Chriſti Huͤlff ſo leicht
zu haben, zu dem werde jedweder zuletzt mit
ſeinem Wahn-Glaub ungepruͤfft im huy in
Himmel kommen, macht die meiſten Predig-
ten unnuͤtz und ſtuͤrtzt Unzehliche ins ewige Ver-
derben.
JNsgemein iſts mit denen Predigten
und derſelben Anhoͤrung alſo beſchaf-
fen, als wann ein Hirt ſeinen Heerden von
groß und klein Vieh eine Erzehlung mach-
te von einem frembden Land, allda uͤber
alle maſſen anmuhtige, wohlgeſchmackte
ſehr herrliche Weyden waͤren, dieſe aber
hoͤrten ein Stuͤndlein zu, und kehrte her-
nach ein jedes Stuͤck wieder in ſein toͤdtli-
che Weyde, deren es gewohnt, in der Mey-
nung, jene wohl-riechende koͤſtliche und ſo
ſehr muͤhſam angeprieſene Weyde ſeye gar
zu weit entlegen auf einem ſehr hohen, rei-
chen Frucht-Gebuͤrge, welches deß Lan-
des Einwohner Zion nennen, es bezahle
aber die Arbeit, Kampff, Leiden, Unge-
witter und Gefaͤhrlichkeit nicht, ſo man
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Lucius, Samuel: Das Schweitzerische Von Milch und Honig fliessende Canaan. Bern, 1731, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_canaan_1731/87>, abgerufen am 16.07.2024.
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