hat mich aus ewiger Liebes-Treu zu seinem Vögelein geschaffen, und mir neue Neigungen gegeben, da ichs wohl nicht um ihn verdienet, und da ich mir nicht ein Federlein selbst bereiten könnte, hat er mich wunderschön bekleidet, warum sollte ich nicht sein Lob besingen. Was ich habe ist sein Gnaden-Werck, alle Erkanntnuß ist ein Gnaden- Stral von JEsu, alle Freud in ewiger Liebe GOttes ist sein Ge- schenck, seine Barmhertzigkeit hat mich aus des Satans Gefängnuß und der Welt Stricken erlöset, ich kan und mag nicht schweigen, ich muß aus allen Kräfften meine Kähle rühren, welche mir JESU überschwengliche Gnade hat gemacht.
§. 4. Also giengs um die Wette unter den ersten Christen wie beyZum Mu- ster dienen die Mär- tyrer. den Wald-Vögelein, sonderlich die Märtyrer, da man sie Reihen weiß zum Tod führete, da sangen die einten, um deinet willen HErr JEsu werden wir getödtet den gantzen Tag, und sind geachtet für Schlacht-Schaaf. Worauf der ander Chor bald antwortete, aber in dem allen überwinden wir weit durch den der uns geliebet. Das waren die rechte Saiten-Spiel Davids in denen Göttlichen Heilig- thümern. So wurden auch hernach unter angehendem Verfall des Christenthums die Egyptische und Syrische Wüsteneyen voll solcher Himmels-Vögelin, und unter dem Antichrist waren die Waldenser und Taboriten auf den Bergen, in Wäldern, Klüfften und Höh- len der Erden wie arme verschüchte Vögelein von des Pabsts Jägern überall verfolget, weilen sie mit lauter Stimm die Sonnen-klare Wahrheit JEsu so hell pfiffen, daß es der Nacht-Eul zu Rom un- erträglich ware. Sie schwungen sich empor über alle hohe Thürn Babylons, über den stinckenden Dampff der Jrrthümer und Aber- glaubens in das himmlische Zion, allda sie auf den Aesten des Baums des Lebens im Glauben Danck-Lieder anstimmeten; Man sange mit Freuden vom Sieg in den Zelten der Gerechten, die Rechte des HEr- ren erzeiget Macht, sie ist erhöhet a. Glaube und Liebe erhuben sie in die freye Lufft der Göttlichen Freud da sie vor Wohlmuth webe- ten und JEsum hoch preiseten, es kommt niemand in diese seelige Freyheit der Kindern GOttes als der Arme an Geist, der nichts hat und von nichts weißt als aus lauter Gnad ihm geschenckten Verge- bung recht zu himmlischem Segen und Gütern; Wann der H. Geist
das
aPs. CXVIII. 15.
R r 2
Der geiſtliche Fruͤhling.
hat mich aus ewiger Liebes-Treu zu ſeinem Voͤgelein geſchaffen, und mir neue Neigungen gegeben, da ichs wohl nicht um ihn verdienet, und da ich mir nicht ein Federlein ſelbſt bereiten koͤnnte, hat er mich wunderſchoͤn bekleidet, warum ſollte ich nicht ſein Lob beſingen. Was ich habe iſt ſein Gnaden-Werck, alle Erkanntnuß iſt ein Gnaden- Stral von JEſu, alle Freud in ewiger Liebe GOttes iſt ſein Ge- ſchenck, ſeine Barmhertzigkeit hat mich aus des Satans Gefaͤngnuß und der Welt Stricken erloͤſet, ich kan und mag nicht ſchweigen, ich muß aus allen Kraͤfften meine Kaͤhle ruͤhren, welche mir JESU uͤberſchwengliche Gnade hat gemacht.
§. 4. Alſo giengs um die Wette unter den erſten Chriſten wie beyZum Mu- ſter dienen die Maͤr- tyrer. den Wald-Voͤgelein, ſonderlich die Maͤrtyrer, da man ſie Reihen weiß zum Tod fuͤhrete, da ſangen die einten, um deinet willen HErr JEſu werden wir getoͤdtet den gantzen Tag, und ſind geachtet fuͤr Schlacht-Schaaf. Worauf der ander Chor bald antwortete, aber in dem allen uͤberwinden wir weit durch den der uns geliebet. Das waren die rechte Saiten-Spiel Davids in denen Goͤttlichen Heilig- thuͤmern. So wurden auch hernach unter angehendem Verfall des Chriſtenthums die Egyptiſche und Syriſche Wuͤſteneyen voll ſolcher Himmels-Voͤgelin, und unter dem Antichriſt waren die Waldenſer und Taboriten auf den Bergen, in Waͤldern, Kluͤfften und Hoͤh- len der Erden wie arme verſchuͤchte Voͤgelein von des Pabſts Jaͤgern uͤberall verfolget, weilen ſie mit lauter Stimm die Sonnen-klare Wahrheit JEſu ſo hell pfiffen, daß es der Nacht-Eul zu Rom un- ertraͤglich ware. Sie ſchwungen ſich empor uͤber alle hohe Thuͤrn Babylons, uͤber den ſtinckenden Dampff der Jrrthuͤmer und Aber- glaubens in das himmliſche Zion, allda ſie auf den Aeſten des Baums des Lebens im Glauben Danck-Lieder anſtimmeten; Man ſange mit Freuden vom Sieg in den Zelten der Gerechten, die Rechte des HEr- ren erzeiget Macht, ſie iſt erhoͤhet a. Glaube und Liebe erhuben ſie in die freye Lufft der Goͤttlichen Freud da ſie vor Wohlmuth webe- ten und JEſum hoch preiſeten, es kommt niemand in dieſe ſeelige Freyheit der Kindern GOttes als der Arme an Geiſt, der nichts hat und von nichts weißt als aus lauter Gnad ihm geſchenckten Verge- bung recht zu himmliſchem Segen und Guͤtern; Wann der H. Geiſt
das
aPſ. CXVIII. 15.
R r 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0411"n="315"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der geiſtliche Fruͤhling.</hi></fw><lb/>
hat mich aus ewiger Liebes-Treu zu ſeinem Voͤgelein geſchaffen, und<lb/>
mir neue Neigungen gegeben, da ichs wohl nicht um ihn verdienet,<lb/>
und da ich mir nicht ein Federlein ſelbſt bereiten koͤnnte, hat er mich<lb/>
wunderſchoͤn bekleidet, warum ſollte ich nicht ſein Lob beſingen. Was<lb/>
ich habe iſt ſein Gnaden-Werck, alle Erkanntnuß iſt ein Gnaden-<lb/>
Stral von JEſu, alle Freud in ewiger Liebe GOttes iſt ſein Ge-<lb/>ſchenck, ſeine Barmhertzigkeit hat mich aus des Satans Gefaͤngnuß<lb/>
und der Welt Stricken erloͤſet, ich kan und mag nicht ſchweigen,<lb/>
ich muß aus allen Kraͤfften meine Kaͤhle ruͤhren, welche mir JESU<lb/>
uͤberſchwengliche Gnade hat gemacht.</p><lb/><p>§. 4. Alſo giengs um die Wette unter den erſten Chriſten wie bey<noteplace="right">Zum Mu-<lb/>ſter dienen<lb/>
die Maͤr-<lb/>
tyrer.</note><lb/>
den Wald-Voͤgelein, ſonderlich die Maͤrtyrer, da man ſie Reihen<lb/>
weiß zum Tod fuͤhrete, da ſangen die einten, um deinet willen HErr<lb/>
JEſu werden wir getoͤdtet den gantzen Tag, und ſind geachtet fuͤr<lb/>
Schlacht-Schaaf. Worauf der ander Chor bald antwortete, aber<lb/>
in dem allen uͤberwinden wir weit durch den der uns geliebet. Das<lb/>
waren die rechte Saiten-Spiel Davids in denen Goͤttlichen Heilig-<lb/>
thuͤmern. So wurden auch hernach unter angehendem Verfall des<lb/>
Chriſtenthums die Egyptiſche und Syriſche Wuͤſteneyen voll ſolcher<lb/>
Himmels-Voͤgelin, und unter dem Antichriſt waren die Waldenſer<lb/>
und Taboriten auf den Bergen, in Waͤldern, Kluͤfften und Hoͤh-<lb/>
len der Erden wie arme verſchuͤchte Voͤgelein von des Pabſts Jaͤgern<lb/>
uͤberall verfolget, weilen ſie mit lauter Stimm die Sonnen-klare<lb/>
Wahrheit JEſu ſo hell pfiffen, daß es der Nacht-Eul zu Rom un-<lb/>
ertraͤglich ware. Sie ſchwungen ſich empor uͤber alle hohe Thuͤrn<lb/>
Babylons, uͤber den ſtinckenden Dampff der Jrrthuͤmer und Aber-<lb/>
glaubens in das himmliſche Zion, allda ſie auf den Aeſten des Baums<lb/>
des Lebens im Glauben Danck-Lieder anſtimmeten; Man ſange mit<lb/>
Freuden vom Sieg in den Zelten der Gerechten, die Rechte des HEr-<lb/>
ren erzeiget Macht, ſie iſt erhoͤhet <noteplace="foot"n="a"><hirendition="#aq">Pſ. CXVIII.</hi> 15.</note>. Glaube und Liebe erhuben ſie<lb/>
in die freye Lufft der Goͤttlichen Freud da ſie vor Wohlmuth webe-<lb/>
ten und JEſum hoch preiſeten, es kommt niemand in dieſe ſeelige<lb/>
Freyheit der Kindern GOttes als der Arme an Geiſt, der nichts hat<lb/>
und von nichts weißt als aus lauter Gnad ihm geſchenckten Verge-<lb/>
bung recht zu himmliſchem Segen und Guͤtern; Wann der H. Geiſt<lb/><fwplace="bottom"type="sig">R r 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">das</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[315/0411]
Der geiſtliche Fruͤhling.
hat mich aus ewiger Liebes-Treu zu ſeinem Voͤgelein geſchaffen, und
mir neue Neigungen gegeben, da ichs wohl nicht um ihn verdienet,
und da ich mir nicht ein Federlein ſelbſt bereiten koͤnnte, hat er mich
wunderſchoͤn bekleidet, warum ſollte ich nicht ſein Lob beſingen. Was
ich habe iſt ſein Gnaden-Werck, alle Erkanntnuß iſt ein Gnaden-
Stral von JEſu, alle Freud in ewiger Liebe GOttes iſt ſein Ge-
ſchenck, ſeine Barmhertzigkeit hat mich aus des Satans Gefaͤngnuß
und der Welt Stricken erloͤſet, ich kan und mag nicht ſchweigen,
ich muß aus allen Kraͤfften meine Kaͤhle ruͤhren, welche mir JESU
uͤberſchwengliche Gnade hat gemacht.
§. 4. Alſo giengs um die Wette unter den erſten Chriſten wie bey
den Wald-Voͤgelein, ſonderlich die Maͤrtyrer, da man ſie Reihen
weiß zum Tod fuͤhrete, da ſangen die einten, um deinet willen HErr
JEſu werden wir getoͤdtet den gantzen Tag, und ſind geachtet fuͤr
Schlacht-Schaaf. Worauf der ander Chor bald antwortete, aber
in dem allen uͤberwinden wir weit durch den der uns geliebet. Das
waren die rechte Saiten-Spiel Davids in denen Goͤttlichen Heilig-
thuͤmern. So wurden auch hernach unter angehendem Verfall des
Chriſtenthums die Egyptiſche und Syriſche Wuͤſteneyen voll ſolcher
Himmels-Voͤgelin, und unter dem Antichriſt waren die Waldenſer
und Taboriten auf den Bergen, in Waͤldern, Kluͤfften und Hoͤh-
len der Erden wie arme verſchuͤchte Voͤgelein von des Pabſts Jaͤgern
uͤberall verfolget, weilen ſie mit lauter Stimm die Sonnen-klare
Wahrheit JEſu ſo hell pfiffen, daß es der Nacht-Eul zu Rom un-
ertraͤglich ware. Sie ſchwungen ſich empor uͤber alle hohe Thuͤrn
Babylons, uͤber den ſtinckenden Dampff der Jrrthuͤmer und Aber-
glaubens in das himmliſche Zion, allda ſie auf den Aeſten des Baums
des Lebens im Glauben Danck-Lieder anſtimmeten; Man ſange mit
Freuden vom Sieg in den Zelten der Gerechten, die Rechte des HEr-
ren erzeiget Macht, ſie iſt erhoͤhet a. Glaube und Liebe erhuben ſie
in die freye Lufft der Goͤttlichen Freud da ſie vor Wohlmuth webe-
ten und JEſum hoch preiſeten, es kommt niemand in dieſe ſeelige
Freyheit der Kindern GOttes als der Arme an Geiſt, der nichts hat
und von nichts weißt als aus lauter Gnad ihm geſchenckten Verge-
bung recht zu himmliſchem Segen und Guͤtern; Wann der H. Geiſt
das
Zum Mu-
ſter dienen
die Maͤr-
tyrer.
a Pſ. CXVIII. 15.
R r 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/411>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.