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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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wird dir seine schöne, unvergleichliche Perle nicht wohlfeiler und
in ringerem Preiß hingeben, als anderen; er wird dich aber auch
nicht härter halten als andere, dann bey ihm ist kein Ansehen der
Person, die Menschen zu beseligen ist seine höchste Freud und Lust
ausser sich, du bist ja auch ein Mensch, ey so gönne dann deinem
so freundlichen GOTT das Vergnügen, daß er auch mit und in dir
sein allerheiligstes liebes Wunder-Spiel haben könne, bleibe an
dieser Sonnen, damit offenbar werd, was für herrliche Früchte sie
hervor bringen könne in den Seelen etc.

Ach da laßt man sich scharff züchtigen und aufs lauterste fegen, da
gehets dem Fleisch schmertzlich übel, dann da macht der Heil. Geist
die Wort GOttes brennend und feurig, und wird dem Menschen
eine harte Lection nach der anderen vorgeschrieben und gegeben, und
kurtzum Gehorsam geforderet, kein weltliche Begierd kan da durch-
schleuffen, alles das Liebste wird angegriffen, auch biß aufs Hemd
ausgezogen, wenigstens der Lust und Begierde nach, so daß, was
dir ehemals wie die Haut an der Seel anklebte, als Ehr, Wol-
lust, Menschen-Gunst, Gelt, etc. das muß dir da zum Hemd wer-
den, daß du es eben so leicht könnest lassen fahren, als man einen
Handschuh abzeucht. Hingegen Gottesforcht, Liebe und Gehor-
sam, so du vorhin um eines schlechten Profits willen konntest dahin-
ten lassen, muß dir wie die Haut anwachsen, welches nicht wohl
ohne brennende Schmertzen zugehen mag, wie wann man einen le-
bendig schindet, daß die alte Haut zum Hemd, und das Hemd zur
Haut werden muß etc. Und wann der Mensch schon hierinn oder
darinn folget, und denckt GOTT solle mit ihm zufrieden seyn,
und nichts weiters von ihm begehren, so gibts immer härtere Auf-
gaben, die aber meist dahin zihlen, daß der Mensch in das arme,
niedrige, selbst- und Welt-verschmähende und sterbende Leben sei-
nes Heylands gezogen wird, und da gilt kein Ausred noch Ent-
schuldigung, dann ziehest du hier zuruck, so ziehet GOTT auch zu-
ruck, und haltest sein Werck und deine eigene Seeligmachung nur
auf, wagest du es aber mit Lust und Freuden, so bist du desto eher
hindurch in das lustige Land der Freyheit des Sohns GOTTES;
Lernest du munter, und sagst eine vorgeschriebene Lection nach der

anderen

wird dir ſeine ſchoͤne, unvergleichliche Perle nicht wohlfeiler und
in ringerem Preiß hingeben, als anderen; er wird dich aber auch
nicht haͤrter halten als andere, dann bey ihm iſt kein Anſehen der
Perſon, die Menſchen zu beſeligen iſt ſeine hoͤchſte Freud und Luſt
auſſer ſich, du biſt ja auch ein Menſch, ey ſo goͤnne dann deinem
ſo freundlichen GOTT das Vergnuͤgen, daß er auch mit und in dir
ſein allerheiligſtes liebes Wunder-Spiel haben koͤnne, bleibe an
dieſer Sonnen, damit offenbar werd, was fuͤr herrliche Fruͤchte ſie
hervor bringen koͤnne in den Seelen ꝛc.

Ach da laßt man ſich ſcharff zuͤchtigen und aufs lauterſte fegen, da
gehets dem Fleiſch ſchmertzlich uͤbel, dann da macht der Heil. Geiſt
die Wort GOttes brennend und feurig, und wird dem Menſchen
eine harte Lection nach der anderen vorgeſchrieben und gegeben, und
kurtzum Gehorſam geforderet, kein weltliche Begierd kan da durch-
ſchleuffen, alles das Liebſte wird angegriffen, auch biß aufs Hemd
ausgezogen, wenigſtens der Luſt und Begierde nach, ſo daß, was
dir ehemals wie die Haut an der Seel anklebte, als Ehr, Wol-
luſt, Menſchen-Gunſt, Gelt, ꝛc. das muß dir da zum Hemd wer-
den, daß du es eben ſo leicht koͤnneſt laſſen fahren, als man einen
Handſchuh abzeucht. Hingegen Gottesforcht, Liebe und Gehor-
ſam, ſo du vorhin um eines ſchlechten Profits willen konnteſt dahin-
ten laſſen, muß dir wie die Haut anwachſen, welches nicht wohl
ohne brennende Schmertzen zugehen mag, wie wann man einen le-
bendig ſchindet, daß die alte Haut zum Hemd, und das Hemd zur
Haut werden muß ꝛc. Und wann der Menſch ſchon hierinn oder
darinn folget, und denckt GOTT ſolle mit ihm zufrieden ſeyn,
und nichts weiters von ihm begehren, ſo gibts immer haͤrtere Auf-
gaben, die aber meiſt dahin zihlen, daß der Menſch in das arme,
niedrige, ſelbſt- und Welt-verſchmaͤhende und ſterbende Leben ſei-
nes Heylands gezogen wird, und da gilt kein Ausred noch Ent-
ſchuldigung, dann zieheſt du hier zuruck, ſo ziehet GOTT auch zu-
ruck, und halteſt ſein Werck und deine eigene Seeligmachung nur
auf, wageſt du es aber mit Luſt und Freuden, ſo biſt du deſto eher
hindurch in das luſtige Land der Freyheit des Sohns GOTTES;
Lerneſt du munter, und ſagſt eine vorgeſchriebene Lection nach der

anderen
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[26/0082] wird dir ſeine ſchoͤne, unvergleichliche Perle nicht wohlfeiler und in ringerem Preiß hingeben, als anderen; er wird dich aber auch nicht haͤrter halten als andere, dann bey ihm iſt kein Anſehen der Perſon, die Menſchen zu beſeligen iſt ſeine hoͤchſte Freud und Luſt auſſer ſich, du biſt ja auch ein Menſch, ey ſo goͤnne dann deinem ſo freundlichen GOTT das Vergnuͤgen, daß er auch mit und in dir ſein allerheiligſtes liebes Wunder-Spiel haben koͤnne, bleibe an dieſer Sonnen, damit offenbar werd, was fuͤr herrliche Fruͤchte ſie hervor bringen koͤnne in den Seelen ꝛc. Ach da laßt man ſich ſcharff zuͤchtigen und aufs lauterſte fegen, da gehets dem Fleiſch ſchmertzlich uͤbel, dann da macht der Heil. Geiſt die Wort GOttes brennend und feurig, und wird dem Menſchen eine harte Lection nach der anderen vorgeſchrieben und gegeben, und kurtzum Gehorſam geforderet, kein weltliche Begierd kan da durch- ſchleuffen, alles das Liebſte wird angegriffen, auch biß aufs Hemd ausgezogen, wenigſtens der Luſt und Begierde nach, ſo daß, was dir ehemals wie die Haut an der Seel anklebte, als Ehr, Wol- luſt, Menſchen-Gunſt, Gelt, ꝛc. das muß dir da zum Hemd wer- den, daß du es eben ſo leicht koͤnneſt laſſen fahren, als man einen Handſchuh abzeucht. Hingegen Gottesforcht, Liebe und Gehor- ſam, ſo du vorhin um eines ſchlechten Profits willen konnteſt dahin- ten laſſen, muß dir wie die Haut anwachſen, welches nicht wohl ohne brennende Schmertzen zugehen mag, wie wann man einen le- bendig ſchindet, daß die alte Haut zum Hemd, und das Hemd zur Haut werden muß ꝛc. Und wann der Menſch ſchon hierinn oder darinn folget, und denckt GOTT ſolle mit ihm zufrieden ſeyn, und nichts weiters von ihm begehren, ſo gibts immer haͤrtere Auf- gaben, die aber meiſt dahin zihlen, daß der Menſch in das arme, niedrige, ſelbſt- und Welt-verſchmaͤhende und ſterbende Leben ſei- nes Heylands gezogen wird, und da gilt kein Ausred noch Ent- ſchuldigung, dann zieheſt du hier zuruck, ſo ziehet GOTT auch zu- ruck, und halteſt ſein Werck und deine eigene Seeligmachung nur auf, wageſt du es aber mit Luſt und Freuden, ſo biſt du deſto eher hindurch in das luſtige Land der Freyheit des Sohns GOTTES; Lerneſt du munter, und ſagſt eine vorgeſchriebene Lection nach der anderen

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/82>, abgerufen am 24.11.2024.