het nicht an, und bringet lauter Unruhe dem armen Gemüth; Das beste ist, alles der Göttlichen Gnad und Weißheit lediglich überlassen, was für Gaben, Gnaden, Kräfften, und sonderbare Eigenschafften sie uns mittheilen solle, und uns also ihrer Formie- rung gantz Bild-loß überlassen; Doch bleibet die Haupt-Sum- ma in einem jeden Glauben und Liebe, oder CHRJSTUS in uns, und das unabläßige Gebett muß dannoch von statten gehen, daß wir wachsen:
§. 19. Jch schliesse diese lange Vorred mit den kräfftigen Wor-Beschluß. ten eines lieben Freunds JESU, welcher, nachdem er den zu Stadt und Land alles in Unbußfertigkeit aufhaltenden, und in die Verdammnuß wegschwemmenden, fleischlichen Schein-Glauben, denen so schandlich sich betriegenden Christen auszureden getrach- tet, mit diesen beweglichen Worten endet: Hier prüffe und erfor- sche dich nun wohl, ob auch du nur solche Buß und Glauben in dir findest, wie das rohe Fleisch hat; Hast du nur einen solchen Glau- ben, solche Buß, solch Christenthum, ach so trage Leyd, trage Leyd, heule und weine über dein Elend, und schreye Tag und Nacht so lang zu JESU, biß GOTT den Glauben in dir wür- cket, und du also zerschlagen und müd wirst, daß du dich pur lauter ergiebst an die Gnad GOTTES, und anfangest glauben an den, der da kommen ist, die Sünder seelig zu machen, de- ren du der gröste bist; Also kommest du zum wahren, seeligma- chenden Glauben und Liebe GOTTES, und der daraus folgen- den wahren Reu, daß du aus Liebe zu dem versöhnten GOTT und getreuen Heyland gern alles meidest und lassest, was ihme zuwider ist, es sey grosses oder kleines; Siehe dann nur zu, daß du in diesem Glauben fortgehest, aus dem Glauben in den Glauben, Rom. 1. oder von Krafft zu Krafft, und daß du in dieser angefangenen, neuen Evangelischen Buß fortfahrest, täg- lich und immer mehr und mehr nach der Vollkommenheit strebest, nach Pauli Vermahnung, Hebr. 6, 1. damit, wo du etwan still stehen und sicher werden wolltest, dein Letzteres nicht ärger werde als das Erste, wie so vielen widerfahret! Wache stets und bette. Der HERR JESUS CHRJSTUS aber leite dich
selbsten
(e 2)
het nicht an, und bringet lauter Unruhe dem armen Gemuͤth; Das beſte iſt, alles der Goͤttlichen Gnad und Weißheit lediglich uͤberlaſſen, was fuͤr Gaben, Gnaden, Kraͤfften, und ſonderbare Eigenſchafften ſie uns mittheilen ſolle, und uns alſo ihrer Formie- rung gantz Bild-loß uͤberlaſſen; Doch bleibet die Haupt-Sum- ma in einem jeden Glauben und Liebe, oder CHRJSTUS in uns, und das unablaͤßige Gebett muß dannoch von ſtatten gehen, daß wir wachſen:
§. 19. Jch ſchlieſſe dieſe lange Vorred mit den kraͤfftigen Wor-Beſchluß. ten eines lieben Freunds JESU, welcher, nachdem er den zu Stadt und Land alles in Unbußfertigkeit aufhaltenden, und in die Verdammnuß wegſchwemmenden, fleiſchlichen Schein-Glauben, denen ſo ſchandlich ſich betriegenden Chriſten auszureden getrach- tet, mit dieſen beweglichen Worten endet: Hier pruͤffe und erfor- ſche dich nun wohl, ob auch du nur ſolche Buß und Glauben in dir findeſt, wie das rohe Fleiſch hat; Haſt du nur einen ſolchen Glau- ben, ſolche Buß, ſolch Chriſtenthum, ach ſo trage Leyd, trage Leyd, heule und weine uͤber dein Elend, und ſchreye Tag und Nacht ſo lang zu JESU, biß GOTT den Glauben in dir wuͤr- cket, und du alſo zerſchlagen und muͤd wirſt, daß du dich pur lauter ergiebſt an die Gnad GOTTES, und anfangeſt glauben an den, der da kommen iſt, die Suͤnder ſeelig zu machen, de- ren du der groͤſte biſt; Alſo kommeſt du zum wahren, ſeeligma- chenden Glauben und Liebe GOTTES, und der daraus folgen- den wahren Reu, daß du aus Liebe zu dem verſoͤhnten GOTT und getreuen Heyland gern alles meideſt und laſſeſt, was ihme zuwider iſt, es ſey groſſes oder kleines; Siehe dann nur zu, daß du in dieſem Glauben fortgeheſt, aus dem Glauben in den Glauben, Rom. 1. oder von Krafft zu Krafft, und daß du in dieſer angefangenen, neuen Evangeliſchen Buß fortfahreſt, taͤg- lich und immer mehr und mehr nach der Vollkommenheit ſtrebeſt, nach Pauli Vermahnung, Hebr. 6, 1. damit, wo du etwan ſtill ſtehen und ſicher werden wollteſt, dein Letzteres nicht aͤrger werde als das Erſte, wie ſo vielen widerfahret! Wache ſtets und bette. Der HERR JESUS CHRJSTUS aber leite dich
ſelbſten
(e 2)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0091"n="35"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw> het nicht an, und bringet lauter Unruhe dem armen Gemuͤth;<lb/>
Das beſte iſt, alles der Goͤttlichen Gnad und Weißheit lediglich<lb/>
uͤberlaſſen, was fuͤr Gaben, Gnaden, Kraͤfften, und ſonderbare<lb/>
Eigenſchafften ſie uns mittheilen ſolle, und uns alſo ihrer Formie-<lb/>
rung gantz Bild-loß uͤberlaſſen; Doch bleibet die Haupt-Sum-<lb/>
ma in einem jeden Glauben und Liebe, oder CHRJSTUS in<lb/>
uns, und das unablaͤßige Gebett muß dannoch von ſtatten gehen,<lb/>
daß wir wachſen:</p><lb/><p><hirendition="#i">§.</hi> 19. Jch ſchlieſſe dieſe lange Vorred mit den kraͤfftigen Wor-<noteplace="right">Beſchluß.</note><lb/>
ten eines lieben Freunds JESU, welcher, nachdem er den zu<lb/>
Stadt und Land alles in Unbußfertigkeit aufhaltenden, und in die<lb/>
Verdammnuß wegſchwemmenden, fleiſchlichen Schein-Glauben,<lb/>
denen ſo ſchandlich ſich betriegenden Chriſten auszureden getrach-<lb/>
tet, mit dieſen beweglichen Worten endet: Hier pruͤffe und erfor-<lb/>ſche dich nun wohl, ob auch du nur ſolche Buß und Glauben in dir<lb/>
findeſt, wie das rohe Fleiſch hat; Haſt du nur einen ſolchen Glau-<lb/>
ben, ſolche Buß, ſolch Chriſtenthum, ach ſo trage Leyd, trage<lb/>
Leyd, heule und weine uͤber dein Elend, und ſchreye Tag und<lb/>
Nacht ſo lang zu JESU, biß GOTT den Glauben in dir wuͤr-<lb/>
cket, und du alſo zerſchlagen und muͤd wirſt, daß du dich pur<lb/>
lauter ergiebſt an die Gnad GOTTES, und anfangeſt glauben<lb/>
an den, der da kommen iſt, die Suͤnder ſeelig zu machen, de-<lb/>
ren du der groͤſte biſt; Alſo kommeſt du zum wahren, ſeeligma-<lb/>
chenden Glauben und Liebe GOTTES, und der daraus folgen-<lb/>
den wahren Reu, daß du aus Liebe zu dem verſoͤhnten GOTT<lb/>
und getreuen Heyland gern alles meideſt und laſſeſt, was ihme<lb/>
zuwider iſt, es ſey groſſes oder kleines; Siehe dann nur zu,<lb/>
daß du in dieſem Glauben fortgeheſt, aus dem Glauben in den<lb/>
Glauben, Rom. 1. oder von Krafft zu Krafft, und daß du in<lb/>
dieſer angefangenen, neuen Evangeliſchen Buß fortfahreſt, taͤg-<lb/>
lich und immer mehr und mehr nach der Vollkommenheit ſtrebeſt,<lb/>
nach Pauli Vermahnung, Hebr. 6, 1. damit, wo du etwan<lb/>ſtill ſtehen und ſicher werden wollteſt, dein Letzteres nicht aͤrger<lb/>
werde als das Erſte, wie ſo vielen widerfahret! Wache ſtets und<lb/>
bette. Der HERR JESUS CHRJSTUS aber leite dich<lb/><fwplace="bottom"type="sig">(e 2)</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſelbſten</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[35/0091]
het nicht an, und bringet lauter Unruhe dem armen Gemuͤth;
Das beſte iſt, alles der Goͤttlichen Gnad und Weißheit lediglich
uͤberlaſſen, was fuͤr Gaben, Gnaden, Kraͤfften, und ſonderbare
Eigenſchafften ſie uns mittheilen ſolle, und uns alſo ihrer Formie-
rung gantz Bild-loß uͤberlaſſen; Doch bleibet die Haupt-Sum-
ma in einem jeden Glauben und Liebe, oder CHRJSTUS in
uns, und das unablaͤßige Gebett muß dannoch von ſtatten gehen,
daß wir wachſen:
§. 19. Jch ſchlieſſe dieſe lange Vorred mit den kraͤfftigen Wor-
ten eines lieben Freunds JESU, welcher, nachdem er den zu
Stadt und Land alles in Unbußfertigkeit aufhaltenden, und in die
Verdammnuß wegſchwemmenden, fleiſchlichen Schein-Glauben,
denen ſo ſchandlich ſich betriegenden Chriſten auszureden getrach-
tet, mit dieſen beweglichen Worten endet: Hier pruͤffe und erfor-
ſche dich nun wohl, ob auch du nur ſolche Buß und Glauben in dir
findeſt, wie das rohe Fleiſch hat; Haſt du nur einen ſolchen Glau-
ben, ſolche Buß, ſolch Chriſtenthum, ach ſo trage Leyd, trage
Leyd, heule und weine uͤber dein Elend, und ſchreye Tag und
Nacht ſo lang zu JESU, biß GOTT den Glauben in dir wuͤr-
cket, und du alſo zerſchlagen und muͤd wirſt, daß du dich pur
lauter ergiebſt an die Gnad GOTTES, und anfangeſt glauben
an den, der da kommen iſt, die Suͤnder ſeelig zu machen, de-
ren du der groͤſte biſt; Alſo kommeſt du zum wahren, ſeeligma-
chenden Glauben und Liebe GOTTES, und der daraus folgen-
den wahren Reu, daß du aus Liebe zu dem verſoͤhnten GOTT
und getreuen Heyland gern alles meideſt und laſſeſt, was ihme
zuwider iſt, es ſey groſſes oder kleines; Siehe dann nur zu,
daß du in dieſem Glauben fortgeheſt, aus dem Glauben in den
Glauben, Rom. 1. oder von Krafft zu Krafft, und daß du in
dieſer angefangenen, neuen Evangeliſchen Buß fortfahreſt, taͤg-
lich und immer mehr und mehr nach der Vollkommenheit ſtrebeſt,
nach Pauli Vermahnung, Hebr. 6, 1. damit, wo du etwan
ſtill ſtehen und ſicher werden wollteſt, dein Letzteres nicht aͤrger
werde als das Erſte, wie ſo vielen widerfahret! Wache ſtets und
bette. Der HERR JESUS CHRJSTUS aber leite dich
ſelbſten
Beſchluß.
(e 2)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/91>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.