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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

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der Verführung der Jugend.
ihnen zwar zu hoch, daß sie ihn leiblich nicht an-
tasten können; aber, welches tausendmal schlim-
mer und dem Heiland desto tieffer zu Hertzen ge-
het, so geschiehet es geistlich: Christen und Ju-
den, wann sie schon in der äussern Bekänntniß wi-
der einander sind; so stehen sie doch dißfalls in
gleichem Geist und Sinn vor GOTT. O wie
schwer ists aber, Vater und Mutter zu seyn ohne
den Heil. Geist! Ach, wann vor Zeiten Jsrael dem
Moloch Ein Kind verbrannt; so werden jetzt we-
nigstens 10. gegen einem dem Fürsten der Finster-
niß aufgeopffert, und werden dergleichen Eltern der
ewigen Verdammniß, die sie wegen ihrer Kinder-
Verführung vor GOttes strengen Urtheil verwir-
cken, kaum entgehen mögen. Fragt man nun
nach denen Ursachen/ warum doch der mehrere
Theil der Eltern sich um die Seligkeit in Christo
so wenig bekümmern, mithin auch ihre Kinder so
schlechtlich dahinein nöthigen? so mögen dessen
drey Haupt-Ursachen gegeben werden: Und
zwaren

A) Der Unglaube/ der auch den Jsrael ver-
derbte und von dem wahren Canaan ausschlosse.
Man verläugnet mit der That alle Glaubens-Leh-
ren, die man mit vollem Halse bekennet, wie von
Stück zu Stück könte gezeiget werden. Man will
seine Hertzens-Verderbniß und Gnad-Bedürfftig-
keit nicht fühlen, noch vielweniger die angepriesene
Vortheile und Seligkeiten des Himmels kennen:
Man bleibet darum in der Trägheit seines Flei-
sches ohne Glauben liegen, und will weder das Ab-
sterben, Verläugnen, Ringen und Kämpffen recht

angreif-
G

der Verfuͤhrung der Jugend.
ihnen zwar zu hoch, daß ſie ihn leiblich nicht an-
taſten koͤnnen; aber, welches tauſendmal ſchlim-
mer und dem Heiland deſto tieffer zu Hertzen ge-
het, ſo geſchiehet es geiſtlich: Chriſten und Ju-
den, wann ſie ſchon in der aͤuſſern Bekaͤnntniß wi-
der einander ſind; ſo ſtehen ſie doch dißfalls in
gleichem Geiſt und Sinn vor GOTT. O wie
ſchwer iſts aber, Vater und Mutter zu ſeyn ohne
den Heil. Geiſt! Ach, wann vor Zeiten Jſrael dem
Moloch Ein Kind verbrannt; ſo werden jetzt we-
nigſtens 10. gegen einem dem Fuͤrſten der Finſter-
niß aufgeopffert, und werden dergleichen Eltern der
ewigen Verdammniß, die ſie wegen ihrer Kinder-
Verfuͤhrung vor GOttes ſtrengen Urtheil verwir-
cken, kaum entgehen moͤgen. Fragt man nun
nach denen Urſachen/ warum doch der mehrere
Theil der Eltern ſich um die Seligkeit in Chriſto
ſo wenig bekuͤmmern, mithin auch ihre Kinder ſo
ſchlechtlich dahinein noͤthigen? ſo moͤgen deſſen
drey Haupt-Urſachen gegeben werden: Und
zwaren

A) Der Unglaube/ der auch den Jſrael ver-
derbte und von dem wahren Canaan ausſchloſſe.
Man verlaͤugnet mit der That alle Glaubens-Leh-
ren, die man mit vollem Halſe bekennet, wie von
Stuͤck zu Stuͤck koͤnte gezeiget werden. Man will
ſeine Hertzens-Verderbniß und Gnad-Beduͤrfftig-
keit nicht fuͤhlen, noch vielweniger die angeprieſene
Vortheile und Seligkeiten des Himmels kennen:
Man bleibet darum in der Traͤgheit ſeines Flei-
ſches ohne Glauben liegen, und will weder das Ab-
ſterben, Verlaͤugnen, Ringen und Kaͤmpffen recht

angreif-
G
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[97/0115] der Verfuͤhrung der Jugend. ihnen zwar zu hoch, daß ſie ihn leiblich nicht an- taſten koͤnnen; aber, welches tauſendmal ſchlim- mer und dem Heiland deſto tieffer zu Hertzen ge- het, ſo geſchiehet es geiſtlich: Chriſten und Ju- den, wann ſie ſchon in der aͤuſſern Bekaͤnntniß wi- der einander ſind; ſo ſtehen ſie doch dißfalls in gleichem Geiſt und Sinn vor GOTT. O wie ſchwer iſts aber, Vater und Mutter zu ſeyn ohne den Heil. Geiſt! Ach, wann vor Zeiten Jſrael dem Moloch Ein Kind verbrannt; ſo werden jetzt we- nigſtens 10. gegen einem dem Fuͤrſten der Finſter- niß aufgeopffert, und werden dergleichen Eltern der ewigen Verdammniß, die ſie wegen ihrer Kinder- Verfuͤhrung vor GOttes ſtrengen Urtheil verwir- cken, kaum entgehen moͤgen. Fragt man nun nach denen Urſachen/ warum doch der mehrere Theil der Eltern ſich um die Seligkeit in Chriſto ſo wenig bekuͤmmern, mithin auch ihre Kinder ſo ſchlechtlich dahinein noͤthigen? ſo moͤgen deſſen drey Haupt-Urſachen gegeben werden: Und zwaren A) Der Unglaube/ der auch den Jſrael ver- derbte und von dem wahren Canaan ausſchloſſe. Man verlaͤugnet mit der That alle Glaubens-Leh- ren, die man mit vollem Halſe bekennet, wie von Stuͤck zu Stuͤck koͤnte gezeiget werden. Man will ſeine Hertzens-Verderbniß und Gnad-Beduͤrfftig- keit nicht fuͤhlen, noch vielweniger die angeprieſene Vortheile und Seligkeiten des Himmels kennen: Man bleibet darum in der Traͤgheit ſeines Flei- ſches ohne Glauben liegen, und will weder das Ab- ſterben, Verlaͤugnen, Ringen und Kaͤmpffen recht angreif- G

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/115>, abgerufen am 23.11.2024.