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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

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Vorrede.
gesunder, schöner und starcker Jüngling an
seinem königlichen Hof aus-und einzugehen.

Ey warum wolten doch junge Leute einen
GOtt-Menschen zu umfangen, mithin
eine so grosse Seligkeit anzunehmen, und
ewiges Leben zu ergreiffen aufschieben, und
lieber Sieges-Säulen des Satans abgeben?
Oder ists einem jungen Knaben oder Mägd-
lein nützlicher, durch frühe Abkehr von GOt-
tes Gemeinschafft die tägliche Verschlimme-
rung seines Zustandes erfahren, den kalten
Brand zu seinen Wunden schlagen, und das
Höllen-Feuer der Sünden-Lust oder Ruhm-
sucht stündlich um sich greiffen lassen, daß die
unschätzbare Würckung der Seelen im Ver-
stand und Willen nach einander Höllen-
schwartz werden? Ach warum solle der giff-
tige Wurm des Erb-Schadens das süsseste
und safftigste des Leibes und jungen Lebens
auffressen? Warum der böse Baum der Ei-
gen-Ehre, eigenen Willens, eigenen Fröm-
migkeit und Heucheley täglich tieffer einwur-
tzeln, und solch greuliche Früchte zum Tode
tragen, welche entweder noch auf Erden im
Alter, oder in der Hölle zu unverdäulichen
glüend-heissen Kiesselsteinen werden? Wie
dann alle Verdammte die versäumte Gele-
genheit selig zu werden ewig beklagen und
jammern werden: "Ach hätten wir gewust, be-

"dacht,

Vorrede.
geſunder, ſchoͤner und ſtarcker Juͤngling an
ſeinem koͤniglichen Hof aus-und einzugehen.

Ey warum wolten doch junge Leute einen
GOtt-Menſchen zu umfangen, mithin
eine ſo groſſe Seligkeit anzunehmen, und
ewiges Leben zu ergreiffen aufſchieben, und
lieber Sieges-Saͤulen des Satans abgeben?
Oder iſts einem jungen Knaben oder Maͤgd-
lein nuͤtzlicher, durch fruͤhe Abkehr von GOt-
tes Gemeinſchafft die taͤgliche Verſchlimme-
rung ſeines Zuſtandes erfahren, den kalten
Brand zu ſeinen Wunden ſchlagen, und das
Hoͤllen-Feuer der Suͤnden-Luſt oder Ruhm-
ſucht ſtuͤndlich um ſich greiffen laſſen, daß die
unſchaͤtzbare Wuͤrckung der Seelen im Ver-
ſtand und Willen nach einander Hoͤllen-
ſchwartz werden? Ach warum ſolle der giff-
tige Wurm des Erb-Schadens das ſuͤſſeſte
und ſafftigſte des Leibes und jungen Lebens
auffreſſen? Warum der boͤſe Baum der Ei-
gen-Ehre, eigenen Willens, eigenen Froͤm-
migkeit und Heucheley taͤglich tieffer einwur-
tzeln, und ſolch greuliche Fruͤchte zum Tode
tragen, welche entweder noch auf Erden im
Alter, oder in der Hoͤlle zu unverdaͤulichen
gluͤend-heiſſen Kieſſelſteinen werden? Wie
dann alle Verdammte die verſaͤumte Gele-
genheit ſelig zu werden ewig beklagen und
jammern werden: „Ach haͤtten wir gewuſt, be-

„dacht,
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[0012] Vorrede. geſunder, ſchoͤner und ſtarcker Juͤngling an ſeinem koͤniglichen Hof aus-und einzugehen. Ey warum wolten doch junge Leute einen GOtt-Menſchen zu umfangen, mithin eine ſo groſſe Seligkeit anzunehmen, und ewiges Leben zu ergreiffen aufſchieben, und lieber Sieges-Saͤulen des Satans abgeben? Oder iſts einem jungen Knaben oder Maͤgd- lein nuͤtzlicher, durch fruͤhe Abkehr von GOt- tes Gemeinſchafft die taͤgliche Verſchlimme- rung ſeines Zuſtandes erfahren, den kalten Brand zu ſeinen Wunden ſchlagen, und das Hoͤllen-Feuer der Suͤnden-Luſt oder Ruhm- ſucht ſtuͤndlich um ſich greiffen laſſen, daß die unſchaͤtzbare Wuͤrckung der Seelen im Ver- ſtand und Willen nach einander Hoͤllen- ſchwartz werden? Ach warum ſolle der giff- tige Wurm des Erb-Schadens das ſuͤſſeſte und ſafftigſte des Leibes und jungen Lebens auffreſſen? Warum der boͤſe Baum der Ei- gen-Ehre, eigenen Willens, eigenen Froͤm- migkeit und Heucheley taͤglich tieffer einwur- tzeln, und ſolch greuliche Fruͤchte zum Tode tragen, welche entweder noch auf Erden im Alter, oder in der Hoͤlle zu unverdaͤulichen gluͤend-heiſſen Kieſſelſteinen werden? Wie dann alle Verdammte die verſaͤumte Gele- genheit ſelig zu werden ewig beklagen und jammern werden: „Ach haͤtten wir gewuſt, be- „dacht,

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/12>, abgerufen am 27.04.2024.