Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 2. Von Begehungs-Sünden
get. Als nun hierauf der grausame-Richter das
Kind nackend ausziehen und das zarte Cörperlein mit
Ruthen und schwancken Weiden grausamlich zer-
peitschen liesse, so daß der gantze Rücken mit Strie-
men und Blut-fliessenden Wunden überzogen, und
die Ruthen und Gerten bey jedem Streich mit
Blut gefärbet, mithin alles in der Stadt, selbst
die Barbarischen Henckers-Knechte nicht ausge-
nommen, zum Weinen bewogen ward: So rieffe
endlich das liebe Kind mit seinem leidenden Hey-
land aus: Mich dürstet. Worauf dann die
Mutter, die dieses alles mit ansehen mußte, ihme
beweglich zugesprochen, daß es nun bald zum himm-
lischen Strohm der Erquickung, allwo der Durst
ewiglich solle gestillet werden, gelangen solle, wann
es fein beständig bleiben und ausharren werde. Es
wurde demnach das Kind durch den Heil. Geist
mit solcher Freudigkeit erfüllet, daß es alle Schmer-
tzen der Geisselungen mit tapfferm Glaubens-Muth
verachtete und sich auf Befehl des Tyrannen frö-
lich enthaupten liesse. (*)

5) Es wurde auch in der Zehenden Verfolgung
zu Nicomedia in Klein-Asien ein Jungfräulein
von neun Jahren/
Nahmens Basilisca, oder
Regina um des Nahmens Christi willen von den
Feinden angegriffen und vor Gericht gezogen. An-
fänglich setzte man ihr mit greulichen Schlägen zu,
in der Meynung, weil die Kinder sonst durch dieses
Mittel gar leicht können erschrecket werden, so würde
ihnen solches auch bey diesem Mädgen gelingen.
Weil aber GOTT dasselbe besonders stärckte, so

daß
(*) Collins Schau-Platz. p. 82.

Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden
get. Als nun hierauf der grauſame-Richter das
Kind nackend ausziehen und das zarte Coͤrperlein mit
Ruthen und ſchwancken Weiden grauſamlich zer-
peitſchen lieſſe, ſo daß der gantze Ruͤcken mit Strie-
men und Blut-flieſſenden Wunden uͤberzogen, und
die Ruthen und Gerten bey jedem Streich mit
Blut gefaͤrbet, mithin alles in der Stadt, ſelbſt
die Barbariſchen Henckers-Knechte nicht ausge-
nommen, zum Weinen bewogen ward: So rieffe
endlich das liebe Kind mit ſeinem leidenden Hey-
land aus: Mich duͤrſtet. Worauf dann die
Mutter, die dieſes alles mit anſehen mußte, ihme
beweglich zugeſprochen, daß es nun bald zum himm-
liſchen Strohm der Erquickung, allwo der Durſt
ewiglich ſolle geſtillet werden, gelangen ſolle, wann
es fein beſtaͤndig bleiben und ausharren werde. Es
wurde demnach das Kind durch den Heil. Geiſt
mit ſolcher Freudigkeit erfuͤllet, daß es alle Schmer-
tzen der Geiſſelungen mit tapfferm Glaubens-Muth
verachtete und ſich auf Befehl des Tyrannen froͤ-
lich enthaupten lieſſe. (*)

5) Es wurde auch in der Zehenden Verfolgung
zu Nicomedia in Klein-Aſien ein Jungfraͤulein
von neun Jahren/
Nahmens Baſiliſca, oder
Regina um des Nahmens Chriſti willen von den
Feinden angegriffen und vor Gericht gezogen. An-
faͤnglich ſetzte man ihr mit greulichen Schlaͤgen zu,
in der Meynung, weil die Kinder ſonſt durch dieſes
Mittel gar leicht koͤnnen erſchrecket werden, ſo wuͤrde
ihnen ſolches auch bey dieſem Maͤdgen gelingen.
Weil aber GOTT daſſelbe beſonders ſtaͤrckte, ſo

daß
(*) Collins Schau-Platz. p. 82.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0234" n="216"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 2. Von Begehungs-Su&#x0364;nden</hi></fw><lb/>
get. Als nun hierauf der grau&#x017F;ame-Richter das<lb/>
Kind nackend ausziehen und das zarte Co&#x0364;rperlein mit<lb/>
Ruthen und &#x017F;chwancken Weiden grau&#x017F;amlich zer-<lb/>
peit&#x017F;chen lie&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;o daß der gantze Ru&#x0364;cken mit Strie-<lb/>
men und Blut-flie&#x017F;&#x017F;enden Wunden u&#x0364;berzogen, und<lb/>
die Ruthen und Gerten bey jedem Streich mit<lb/>
Blut gefa&#x0364;rbet, mithin alles in der Stadt, &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
die Barbari&#x017F;chen Henckers-Knechte nicht ausge-<lb/>
nommen, zum Weinen bewogen ward: So rieffe<lb/>
endlich das liebe Kind mit &#x017F;einem leidenden Hey-<lb/>
land aus: <hi rendition="#fr">Mich du&#x0364;r&#x017F;tet.</hi> Worauf dann die<lb/>
Mutter, die die&#x017F;es alles mit an&#x017F;ehen mußte, ihme<lb/>
beweglich zuge&#x017F;prochen, daß es nun bald zum himm-<lb/>
li&#x017F;chen Strohm der Erquickung, allwo der Dur&#x017F;t<lb/>
ewiglich &#x017F;olle ge&#x017F;tillet werden, gelangen &#x017F;olle, wann<lb/>
es fein be&#x017F;ta&#x0364;ndig bleiben und ausharren werde. Es<lb/>
wurde demnach das Kind durch den Heil. Gei&#x017F;t<lb/>
mit &#x017F;olcher Freudigkeit erfu&#x0364;llet, daß es alle Schmer-<lb/>
tzen der Gei&#x017F;&#x017F;elungen mit tapfferm Glaubens-Muth<lb/>
verachtete und &#x017F;ich auf Befehl des Tyrannen fro&#x0364;-<lb/>
lich enthaupten lie&#x017F;&#x017F;e. <note place="foot" n="(*)">Collins Schau-Platz. <hi rendition="#aq">p.</hi> 82.</note></p><lb/>
            <p>5) Es wurde auch in der Zehenden Verfolgung<lb/>
zu Nicomedia in Klein-A&#x017F;ien ein <hi rendition="#fr">Jungfra&#x0364;ulein<lb/>
von neun Jahren/</hi> Nahmens <hi rendition="#fr">Ba&#x017F;ili&#x017F;ca,</hi> oder<lb/><hi rendition="#fr">Regina</hi> um des Nahmens Chri&#x017F;ti willen von den<lb/>
Feinden angegriffen und vor Gericht gezogen. An-<lb/>
fa&#x0364;nglich &#x017F;etzte man ihr mit greulichen Schla&#x0364;gen zu,<lb/>
in der Meynung, weil die Kinder &#x017F;on&#x017F;t durch die&#x017F;es<lb/>
Mittel gar leicht ko&#x0364;nnen er&#x017F;chrecket werden, &#x017F;o wu&#x0364;rde<lb/>
ihnen &#x017F;olches auch bey die&#x017F;em Ma&#x0364;dgen gelingen.<lb/>
Weil aber GOTT da&#x017F;&#x017F;elbe be&#x017F;onders &#x017F;ta&#x0364;rckte, &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0234] Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden get. Als nun hierauf der grauſame-Richter das Kind nackend ausziehen und das zarte Coͤrperlein mit Ruthen und ſchwancken Weiden grauſamlich zer- peitſchen lieſſe, ſo daß der gantze Ruͤcken mit Strie- men und Blut-flieſſenden Wunden uͤberzogen, und die Ruthen und Gerten bey jedem Streich mit Blut gefaͤrbet, mithin alles in der Stadt, ſelbſt die Barbariſchen Henckers-Knechte nicht ausge- nommen, zum Weinen bewogen ward: So rieffe endlich das liebe Kind mit ſeinem leidenden Hey- land aus: Mich duͤrſtet. Worauf dann die Mutter, die dieſes alles mit anſehen mußte, ihme beweglich zugeſprochen, daß es nun bald zum himm- liſchen Strohm der Erquickung, allwo der Durſt ewiglich ſolle geſtillet werden, gelangen ſolle, wann es fein beſtaͤndig bleiben und ausharren werde. Es wurde demnach das Kind durch den Heil. Geiſt mit ſolcher Freudigkeit erfuͤllet, daß es alle Schmer- tzen der Geiſſelungen mit tapfferm Glaubens-Muth verachtete und ſich auf Befehl des Tyrannen froͤ- lich enthaupten lieſſe. (*) 5) Es wurde auch in der Zehenden Verfolgung zu Nicomedia in Klein-Aſien ein Jungfraͤulein von neun Jahren/ Nahmens Baſiliſca, oder Regina um des Nahmens Chriſti willen von den Feinden angegriffen und vor Gericht gezogen. An- faͤnglich ſetzte man ihr mit greulichen Schlaͤgen zu, in der Meynung, weil die Kinder ſonſt durch dieſes Mittel gar leicht koͤnnen erſchrecket werden, ſo wuͤrde ihnen ſolches auch bey dieſem Maͤdgen gelingen. Weil aber GOTT daſſelbe beſonders ſtaͤrckte, ſo daß (*) Collins Schau-Platz. p. 82.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/234
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/234>, abgerufen am 11.05.2024.