wegen ein und andern gehabten süssen Empfindun- gen Wunder-Dinge von seinem Zustand eingebil- det und geglaubet, GOTT werde ihm immerfort durch die Finger sehen, und seine Sache mit GOtt nimmermehr verderbet werden, bis es in die aus- serste Noth und an den Rand der Höllen gekom- men.
Wirckest du aber deine Seligkeit mit Forcht und Zittern, und mit einer stetig-kindlichen Bey- sorge, du möchtest dich etwa durch Betrug der Sünde aus der Hand des Vaters und Christi hin- aus werffen, deinen GOtt verlieren, und die Süs- sigkeit seiner Kindschafft nicht mehr schmecken: und stehest derowegen sorgfältig auf deiner Huth: O so wirst du alle Gütigkeiten der Vaters-Hand und Mutter-Schoos auf das innigste erfahren, und innen werden, wie sie dich wärmet, nähret, um- giebet, bewahret, heilet, waschet, führet, leitet, stärcket und beschützet. Und dieses dein Vertrauen wird nicht verdorren, sondern von der grünen- den Krafft und Safft des Heil. Geistes erfüllet seyn, so daß sein Zeugniß und Abba-Schreyen in deinem Hertzen dich gantz beleben wird, ohne daß etwas darzwischen einschleichen dürffte.
§. 2.
Zweyter Vortheil. Gewöhne sodann dein Hertz mit allem Fleiß zu stetigen Stoß- Gebetlein und himmlischen Seuffzern/ die du den gantzen Tag über in allem deinem Beginnen/ auch mitten unter deiner Ar-
beit
Das 8. Cap.
wegen ein und andern gehabten ſuͤſſen Empfindun- gen Wunder-Dinge von ſeinem Zuſtand eingebil- det und geglaubet, GOTT werde ihm immerfort durch die Finger ſehen, und ſeine Sache mit GOtt nimmermehr verderbet werden, bis es in die auſ- ſerſte Noth und an den Rand der Hoͤllen gekom- men.
Wirckeſt du aber deine Seligkeit mit Forcht und Zittern, und mit einer ſtetig-kindlichen Bey- ſorge, du moͤchteſt dich etwa durch Betrug der Suͤnde aus der Hand des Vaters und Chriſti hin- aus werffen, deinen GOtt verlieren, und die Suͤſ- ſigkeit ſeiner Kindſchafft nicht mehr ſchmecken: und ſteheſt derowegen ſorgfaͤltig auf deiner Huth: O ſo wirſt du alle Guͤtigkeiten der Vaters-Hand und Mutter-Schoos auf das innigſte erfahren, und innen werden, wie ſie dich waͤrmet, naͤhret, um- giebet, bewahret, heilet, waſchet, fuͤhret, leitet, ſtaͤrcket und beſchuͤtzet. Und dieſes dein Vertrauen wird nicht verdorren, ſondern von der gruͤnen- den Krafft und Safft des Heil. Geiſtes erfuͤllet ſeyn, ſo daß ſein Zeugniß und Abba-Schreyen in deinem Hertzen dich gantz beleben wird, ohne daß etwas darzwiſchen einſchleichen duͤrffte.
§. 2.
Zweyter Vortheil. Gewoͤhne ſodann dein Hertz mit allem Fleiß zu ſtetigen Stoß- Gebetlein und himmliſchen Seuffzern/ die du den gantzen Tag uͤber in allem deinem Beginnen/ auch mitten unter deiner Ar-
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Das 8. Cap.
wegen ein und andern gehabten ſuͤſſen Empfindun-
gen Wunder-Dinge von ſeinem Zuſtand eingebil-
det und geglaubet, GOTT werde ihm immerfort
durch die Finger ſehen, und ſeine Sache mit GOtt
nimmermehr verderbet werden, bis es in die auſ-
ſerſte Noth und an den Rand der Hoͤllen gekom-
men.
Wirckeſt du aber deine Seligkeit mit Forcht
und Zittern, und mit einer ſtetig-kindlichen Bey-
ſorge, du moͤchteſt dich etwa durch Betrug der
Suͤnde aus der Hand des Vaters und Chriſti hin-
aus werffen, deinen GOtt verlieren, und die Suͤſ-
ſigkeit ſeiner Kindſchafft nicht mehr ſchmecken: und
ſteheſt derowegen ſorgfaͤltig auf deiner Huth: O
ſo wirſt du alle Guͤtigkeiten der Vaters-Hand und
Mutter-Schoos auf das innigſte erfahren, und
innen werden, wie ſie dich waͤrmet, naͤhret, um-
giebet, bewahret, heilet, waſchet, fuͤhret, leitet,
ſtaͤrcket und beſchuͤtzet. Und dieſes dein Vertrauen
wird nicht verdorren, ſondern von der gruͤnen-
den Krafft und Safft des Heil. Geiſtes erfuͤllet
ſeyn, ſo daß ſein Zeugniß und Abba-Schreyen
in deinem Hertzen dich gantz beleben wird, ohne daß
etwas darzwiſchen einſchleichen duͤrffte.
§. 2.
Zweyter Vortheil. Gewoͤhne ſodann
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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/412>, abgerufen am 22.11.2024.
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