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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

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der Verführung der Jugend.
hinein blicket und siehet, wie die jungen Leute an
mancherley Stricken der bösen Geistern herum ge-
führet, und mit nichts als mit Eychlen, Koth und
Träbern, mit Augen-Lust, Fleisches-Lust und
hoffärtigem Leben abgespiesen werden; woltest du
deswegen mit ihnen zürnen, wann sie deiner spot-
ten, und dir Hörner machen, daß du es nicht mit
ihnen halten, und deines GOttes Tisch und Tra-
ctament dem Tisch und Kelch der Teuffeln, wor-
bey sie sich so lustig machen, vorziehen wilt? Ach
nein! ja nicht nur wirst du nicht zürnen; sondern
vielmehr Anlaß nehmen, in dich zu schlagen, und
zu sagen: "Ein sothaner feiger, wahnsinni-"
ger Tropff wäre gewiß auch ich ohne deine Gna-"
de, mein GOtt. Und wie hertzlich dancke ich"
dir, mein JEsu, daß du deine Augen-Salbe"
an mir nicht gesparet, und es dahin mit mir"
gebracht hast, daß ich was bessers vor mir habe,"
erkenne und brauche, als zehen alte Könige, welche"
Vasallen des Thiers sind, ihr Lebtag nicht genossen."
Ach berede doch diese sonst artige, junge Leute"
auch eines bessern, daß sie nicht verlohren gehen:"
Wann nicht Platz genug, Speise genug, Ta-"
feln genug, Cronen, Thronen und Herrlichkei-"
ten genug wären für noch so viel Millionen jun-"
ger Leuten; so wolte ich meinem Stuhl gern ei-"
nem andern cediren aus inniger Liebe, und mich"
vergnügen, wann ich nur in einem Winckelgen"
des Saals zuschauen kan, was du, mein theu-"
rer Heyland thust, und wie reich, schön,"
weise, heilig und selig du sie machest zu deinem"
Preis!"

E

der Verfuͤhrung der Jugend.
hinein blicket und ſiehet, wie die jungen Leute an
mancherley Stricken der boͤſen Geiſtern herum ge-
fuͤhret, und mit nichts als mit Eychlen, Koth und
Traͤbern, mit Augen-Luſt, Fleiſches-Luſt und
hoffaͤrtigem Leben abgeſpieſen werden; wolteſt du
deswegen mit ihnen zuͤrnen, wann ſie deiner ſpot-
ten, und dir Hoͤrner machen, daß du es nicht mit
ihnen halten, und deines GOttes Tiſch und Tra-
ctament dem Tiſch und Kelch der Teuffeln, wor-
bey ſie ſich ſo luſtig machen, vorziehen wilt? Ach
nein! ja nicht nur wirſt du nicht zuͤrnen; ſondern
vielmehr Anlaß nehmen, in dich zu ſchlagen, und
zu ſagen: „Ein ſothaner feiger, wahnſinni-“
ger Tropff waͤre gewiß auch ich ohne deine Gna-“
de, mein GOtt. Und wie hertzlich dancke ich“
dir, mein JEſu, daß du deine Augen-Salbe“
an mir nicht geſparet, und es dahin mit mir“
gebracht haſt, daß ich was beſſers vor mir habe,“
erkenne und brauche, als zehen alte Koͤnige, welche“
Vaſallen des Thiers ſind, ihr Lebtag nicht genoſſen.“
Ach berede doch dieſe ſonſt artige, junge Leute“
auch eines beſſern, daß ſie nicht verlohren gehen:“
Wann nicht Platz genug, Speiſe genug, Ta-“
feln genug, Cronen, Thronen und Herrlichkei-“
ten genug waͤren fuͤr noch ſo viel Millionen jun-“
ger Leuten; ſo wolte ich meinem Stuhl gern ei-“
nem andern cediren aus inniger Liebe, und mich“
vergnuͤgen, wann ich nur in einem Winckelgen“
des Saals zuſchauen kan, was du, mein theu-“
rer Heyland thuſt, und wie reich, ſchoͤn,“
weiſe, heilig und ſelig du ſie macheſt zu deinem“
Preis!‟

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[71/0089] der Verfuͤhrung der Jugend. hinein blicket und ſiehet, wie die jungen Leute an mancherley Stricken der boͤſen Geiſtern herum ge- fuͤhret, und mit nichts als mit Eychlen, Koth und Traͤbern, mit Augen-Luſt, Fleiſches-Luſt und hoffaͤrtigem Leben abgeſpieſen werden; wolteſt du deswegen mit ihnen zuͤrnen, wann ſie deiner ſpot- ten, und dir Hoͤrner machen, daß du es nicht mit ihnen halten, und deines GOttes Tiſch und Tra- ctament dem Tiſch und Kelch der Teuffeln, wor- bey ſie ſich ſo luſtig machen, vorziehen wilt? Ach nein! ja nicht nur wirſt du nicht zuͤrnen; ſondern vielmehr Anlaß nehmen, in dich zu ſchlagen, und zu ſagen: „Ein ſothaner feiger, wahnſinni-“ ger Tropff waͤre gewiß auch ich ohne deine Gna-“ de, mein GOtt. Und wie hertzlich dancke ich“ dir, mein JEſu, daß du deine Augen-Salbe“ an mir nicht geſparet, und es dahin mit mir“ gebracht haſt, daß ich was beſſers vor mir habe,“ erkenne und brauche, als zehen alte Koͤnige, welche“ Vaſallen des Thiers ſind, ihr Lebtag nicht genoſſen.“ Ach berede doch dieſe ſonſt artige, junge Leute“ auch eines beſſern, daß ſie nicht verlohren gehen:“ Wann nicht Platz genug, Speiſe genug, Ta-“ feln genug, Cronen, Thronen und Herrlichkei-“ ten genug waͤren fuͤr noch ſo viel Millionen jun-“ ger Leuten; ſo wolte ich meinem Stuhl gern ei-“ nem andern cediren aus inniger Liebe, und mich“ vergnuͤgen, wann ich nur in einem Winckelgen“ des Saals zuſchauen kan, was du, mein theu-“ rer Heyland thuſt, und wie reich, ſchoͤn,“ weiſe, heilig und ſelig du ſie macheſt zu deinem“ Preis!‟ E

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/89>, abgerufen am 12.05.2024.