Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.Der erste Schmuck heisset hertzliches Erbarmen / wenn ein Christ in seinem Hertzen mitleiden trägt gegen seinem betrübten Nechsten / vnd nach mögligkeit demselben zu hülffe kompt. Dazu nicht allein gehöret Mitleiden haben; auch ist nicht genug Hülffe leisten / denn solches wol mit Vnwillen oder auß Hochmuth geschehen kan. Da muß bey einander seyn Hertz vnd That / daß wir auß hertzlicher Bewegnüß dem Nothleidenden helffen / welches geschicht / wann wir das Vnglück vnd die Noth vnseres Nechsten ansehen / als vnsere eigene / vnd jhm so gerne geholffen sehen / als vns selbsten. Ach HERR / wie viel mangelt vns hie! Doch gehörets zur Christlichen Liebe / die den Nechsten nicht anders ansihet / als seinen nechsten Verwandten / nemblich als ein Mitglied an dem geistlichen Leibe Jesu Christi / vnd vmb solcher Verwandnüß willen seynd wir verpflichtet / vns der Noth deß Nechsten anzunehmen / als vnserer eignen. Wann ein Vatter sihet sein Kind in Noth / wird er von Hertzen grund beweget / vnd waget darüber was er hat; das laß sein das Fürbilde eines hertzlichen Erbarmen gegen alle Menschen. Solch Erbarmen gehet nicht allein über leibliche Noth / sondern auch über die geistliche Noth / das wir bessern helffen. Wenn wir ansehen die menge der Bettler / gedencken wir offt / es seynd muthwillige Leute / sie seynd nicht werth der Allmosen. Ich achte aber / je höher die Noth / je hefftiger die Erbarmung seyn soll. Wann dann vns Menschen für kommen / die nicht allein in leiblicher Noth vnd Dürfftigkeit stecken / sondern auch in Seelennoth / also daß sie ohn recht Erkäntnüß Gottes / ohn den lebendigen Trost in Christo dahin gehen; solte vns derselben Noth nicht das Hertze rühren? Wir kommen auff den andern Schmuck deß wiedergebornen Menschen / der heisset Gutthätigkeit vnd Freundligkeit / vnd ist eine solche Tugend / dadurch wir vns befleissigen / anderen Leuten nützlich zu seyn. Wenn das Gemüth wol geneiget ist jeder- Der erste Schmuck heisset hertzliches Erbarmen / wenn ein Christ in seinem Hertzen mitleiden trägt gegen seinem betrübten Nechsten / vnd nach mögligkeit demselben zu hülffe kompt. Dazu nicht allein gehöret Mitleiden haben; auch ist nicht genug Hülffe leisten / denn solches wol mit Vnwillen oder auß Hochmuth geschehen kan. Da muß bey einander seyn Hertz vnd That / daß wir auß hertzlicher Bewegnüß dem Nothleidenden helffen / welches geschicht / wann wir das Vnglück vnd die Noth vnseres Nechsten ansehen / als vnsere eigene / vnd jhm so gerne geholffen sehen / als vns selbsten. Ach HERR / wie viel mangelt vns hie! Doch gehörets zur Christlichen Liebe / die den Nechsten nicht anders ansihet / als seinen nechsten Verwandten / nemblich als ein Mitglied an dem geistlichen Leibe Jesu Christi / vnd vmb solcher Verwandnüß willen seynd wir verpflichtet / vns der Noth deß Nechsten anzunehmen / als vnserer eignen. Wann ein Vatter sihet sein Kind in Noth / wird er von Hertzen grund beweget / vnd waget darüber was er hat; das laß sein das Fürbilde eines hertzlichen Erbarmen gegen alle Menschen. Solch Erbarmen gehet nicht allein über leibliche Noth / sondern auch über die geistliche Noth / das wir bessern helffen. Wenn wir ansehen die menge der Bettler / gedencken wir offt / es seynd muthwillige Leute / sie seynd nicht werth der Allmosen. Ich achte aber / je höher die Noth / je hefftiger die Erbarmung seyn soll. Wann dann vns Menschen für kommen / die nicht allein in leiblicher Noth vnd Dürfftigkeit stecken / sondern auch in Seelennoth / also daß sie ohn recht Erkäntnüß Gottes / ohn den lebendigen Trost in Christo dahin gehen; solte vns derselben Noth nicht das Hertze rühren? Wir kommen auff den andern Schmuck deß wiedergebornen Menschen / der heisset Gutthätigkeit vnd Freundligkeit / vnd ist eine solche Tugend / dadurch wir vns befleissigen / anderen Leuten nützlich zu seyn. Wenn das Gemüth wol geneiget ist jeder- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0325" n="305"/> <p>Der erste Schmuck heisset hertzliches Erbarmen / wenn ein Christ in seinem Hertzen mitleiden trägt gegen seinem betrübten Nechsten / vnd nach mögligkeit demselben zu hülffe kompt. Dazu nicht allein gehöret Mitleiden haben; auch ist nicht genug Hülffe leisten / denn solches wol mit Vnwillen oder auß Hochmuth geschehen kan. Da muß bey einander seyn Hertz vnd That / daß wir auß hertzlicher Bewegnüß dem Nothleidenden helffen / welches geschicht / wann wir das Vnglück vnd die Noth vnseres Nechsten ansehen / als vnsere eigene / vnd jhm so gerne geholffen sehen / als vns selbsten. Ach HERR / wie viel mangelt vns hie! Doch gehörets zur Christlichen Liebe / die den Nechsten nicht anders ansihet / als seinen nechsten Verwandten / nemblich als ein Mitglied an dem geistlichen Leibe Jesu Christi / vnd vmb solcher Verwandnüß willen seynd wir verpflichtet / vns der Noth deß Nechsten anzunehmen / als vnserer eignen. Wann ein Vatter sihet sein Kind in Noth / wird er von Hertzen grund beweget / vnd waget darüber was er hat; das laß sein das Fürbilde eines hertzlichen Erbarmen gegen alle Menschen.</p> <p>Solch Erbarmen gehet nicht allein über leibliche Noth / sondern auch über die geistliche Noth / das wir bessern helffen. Wenn wir ansehen die menge der Bettler / gedencken wir offt / es seynd muthwillige Leute / sie seynd nicht werth der Allmosen. Ich achte aber / je höher die Noth / je hefftiger die Erbarmung seyn soll. Wann dann vns Menschen für kommen / die nicht allein in leiblicher Noth vnd Dürfftigkeit stecken / sondern auch in Seelennoth / also daß sie ohn recht Erkäntnüß Gottes / ohn den lebendigen Trost in Christo dahin gehen; solte vns derselben Noth nicht das Hertze rühren?</p> <p>Wir kommen auff den andern Schmuck deß wiedergebornen Menschen / der heisset Gutthätigkeit vnd Freundligkeit / vnd ist eine solche Tugend / dadurch wir vns befleissigen / anderen Leuten nützlich zu seyn. 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Der erste Schmuck heisset hertzliches Erbarmen / wenn ein Christ in seinem Hertzen mitleiden trägt gegen seinem betrübten Nechsten / vnd nach mögligkeit demselben zu hülffe kompt. Dazu nicht allein gehöret Mitleiden haben; auch ist nicht genug Hülffe leisten / denn solches wol mit Vnwillen oder auß Hochmuth geschehen kan. Da muß bey einander seyn Hertz vnd That / daß wir auß hertzlicher Bewegnüß dem Nothleidenden helffen / welches geschicht / wann wir das Vnglück vnd die Noth vnseres Nechsten ansehen / als vnsere eigene / vnd jhm so gerne geholffen sehen / als vns selbsten. Ach HERR / wie viel mangelt vns hie! Doch gehörets zur Christlichen Liebe / die den Nechsten nicht anders ansihet / als seinen nechsten Verwandten / nemblich als ein Mitglied an dem geistlichen Leibe Jesu Christi / vnd vmb solcher Verwandnüß willen seynd wir verpflichtet / vns der Noth deß Nechsten anzunehmen / als vnserer eignen. Wann ein Vatter sihet sein Kind in Noth / wird er von Hertzen grund beweget / vnd waget darüber was er hat; das laß sein das Fürbilde eines hertzlichen Erbarmen gegen alle Menschen.
Solch Erbarmen gehet nicht allein über leibliche Noth / sondern auch über die geistliche Noth / das wir bessern helffen. Wenn wir ansehen die menge der Bettler / gedencken wir offt / es seynd muthwillige Leute / sie seynd nicht werth der Allmosen. Ich achte aber / je höher die Noth / je hefftiger die Erbarmung seyn soll. Wann dann vns Menschen für kommen / die nicht allein in leiblicher Noth vnd Dürfftigkeit stecken / sondern auch in Seelennoth / also daß sie ohn recht Erkäntnüß Gottes / ohn den lebendigen Trost in Christo dahin gehen; solte vns derselben Noth nicht das Hertze rühren?
Wir kommen auff den andern Schmuck deß wiedergebornen Menschen / der heisset Gutthätigkeit vnd Freundligkeit / vnd ist eine solche Tugend / dadurch wir vns befleissigen / anderen Leuten nützlich zu seyn. Wenn das Gemüth wol geneiget ist jeder-
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