Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lütkemann, Joachim: Von der Mühseligen Kürtze des Menschlichen Lebens : Ein Leich-Sermon/ Bey der Adelichen Leichbegängnus Deß ... Herrn Gebhard Moltken ... Rostock, 1645.

Bild:
<< vorherige Seite

nem Leben gehabt / ist so verlohren / daß er nichts davon finden kan; eben so wird einem verdampten Menschen sein Leben für kommen / wie lange vnd köstlich es auch gewese. Würdestu jhn in der Qual / die Ewig ist / zu trösten gedencken mit solchen Worten / gedencke daß du dein guts empfangenLuc. 16, 25. hast in deinem Leben / so wird er bekennen mit Hiob / meine Tage sind schneller gewesen denn ein Läuffer; sie seyn geflogen / vnd haben nichts gutes erlebet.

O daß wir nun weise weren / vnd betrachteten solches! wieU SUS ad sapientiam. denn zu solchem Ende Moses diesen Spruch von der Kürtze vnd Mühseligkeit des Menschlichen Lebens vns geschrieben vnd vorgebetet hat / denn er kurtz hernach in diesem seinem Psalm spricht: Lehre vns bedencken / daß wir sterbenPs. 90, 12. müssen / auff daß wir klug werden.

Diese Weißheit bestehet erstlich in der Erkäntnüs von1. Didacticam; Splendorem mundi recte dijudicandi. der Welt Pracht vnd Herrligkeit recht zu vrtheilen. Die Menschenkinder halten viel davon / vnd also viel / daß jhr gantz Hertz darauff stehet / vnd davon lassen sie sich nicht bringen. Verstunden sie was Moses geredet / oder glaubten sie daß es wahr were / würden sie etwas geringer von der Welt halten.

Wolten wir ja nicht glauben / dem / das in Gottes Wort geschrieben steht / solt vns doch der Augenschein klug machen. Es zeuget ja augenscheinlich von vnserm kurtzen vnd mühseligen Leben / die Stunde der Geburt vnd des Todes / vnd vnsers gantzen Lebens Lauff. Mit was Mühe wird der Mensch an die Welt gebohren? Vnd wann er gebohren ist / was für eine vnbeholffene Creatur ist er? Ein nacktes vnd mit Tüchern gebundenes Würmlein; bringt mit sich ein offenes Köpfflein / ein Zeugnis der högsten Schwach -

nem Leben gehabt / ist so verlohren / daß er nichts davon finden kan; eben so wird einem verdampten Menschen sein Leben für kommen / wie lange vnd köstlich es auch gewese. Würdestu jhn in der Qual / die Ewig ist / zu trösten gedencken mit solchen Worten / gedencke daß du dein guts empfangenLuc. 16, 25. hast in deinem Leben / so wird er bekennen mit Hiob / meine Tage sind schneller gewesen denn ein Läuffer; sie seyn geflogen / vnd haben nichts gutes erlebet.

O daß wir nun weise weren / vnd betrachtetẽ solches! wieU SUS ad sapientiam. denn zu solchem Ende Moses diesen Spruch von der Kürtze vnd Mühseligkeit des Menschlichen Lebens vns geschrieben vnd vorgebetet hat / denn er kurtz hernach in diesem seinem Psalm spricht: Lehre vns bedencken / daß wir sterbenPs. 90, 12. müssen / auff daß wir klug werden.

Diese Weißheit bestehet erstlich in der Erkäntnüs von1. Didacticam; Splendorem mundi rectè dijudicãdi. der Welt Pracht vnd Herrligkeit recht zu vrtheilen. Die Menschenkinder halten viel davon / vnd also viel / daß jhr gantz Hertz darauff stehet / vnd davon lassen sie sich nicht bringen. Verstunden sie was Moses geredet / oder glaubten sie daß es wahr were / würden sie etwas geringer von der Welt halten.

Wolten wir ja nicht glauben / dem / das in Gottes Wort geschrieben steht / solt vns doch der Augenschein klug machen. Es zeuget ja augenscheinlich von vnserm kurtzen vnd mühseligen Leben / die Stunde der Geburt vnd des Todes / vnd vnsers gantzen Lebens Lauff. Mit was Mühe wird der Mensch an die Welt gebohren? Vnd wann er gebohren ist / was für eine vnbeholffene Creatur ist er? Ein nacktes vnd mit Tüchern gebundenes Würmlein; bringt mit sich ein offenes Köpfflein / ein Zeugnis der högsten Schwach -

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0017" n="17"/>
nem Leben gehabt / ist
                     so verlohren / daß er nichts davon finden kan; eben so wird einem verdampten
                     Menschen sein Leben für kommen / wie lange vnd köstlich es auch gewese. Würdestu
                     jhn in der Qual / die Ewig ist / zu trösten gedencken mit solchen Worten /
                     gedencke daß du dein guts empfangen<note place="right"><hi rendition="#i">Luc. 16, 25.</hi></note> hast in deinem Leben / so wird er bekennen mit
                     Hiob / meine Tage sind schneller gewesen denn ein Läuffer; sie seyn geflogen /
                     vnd haben nichts gutes erlebet.</p>
        <p>O daß wir nun weise weren / vnd betrachtete&#x0303; solches! wie<note place="right"><hi rendition="#i">U SUS ad sapientiam.</hi></note>
                     denn zu solchem Ende Moses diesen Spruch von der Kürtze vnd Mühseligkeit des
                     Menschlichen Lebens vns geschrieben vnd vorgebetet hat / denn er kurtz hernach
                     in diesem seinem Psalm spricht: Lehre vns bedencken / daß wir sterben<note place="right"><hi rendition="#i">Ps. 90, 12.</hi></note> müssen /
                     auff daß wir klug werden.</p>
        <p>Diese Weißheit bestehet erstlich in der Erkäntnüs von<note place="right"><hi rendition="#i">1. Didacticam; Splendorem mundi rectè dijudica&#x0303;di.</hi></note> der Welt Pracht vnd Herrligkeit recht zu
                     vrtheilen. Die Menschenkinder halten viel davon / vnd also viel / daß jhr gantz
                     Hertz darauff stehet / vnd davon lassen sie sich nicht bringen. Verstunden sie
                     was Moses geredet / oder glaubten sie daß es wahr were / würden sie etwas
                     geringer von der Welt halten.</p>
        <p>Wolten wir ja nicht glauben / dem / das in Gottes Wort geschrieben steht / solt
                     vns doch der Augenschein klug machen. Es zeuget ja augenscheinlich von vnserm
                     kurtzen vnd mühseligen Leben / die Stunde der Geburt vnd des Todes / vnd vnsers
                     gantzen Lebens Lauff. Mit was Mühe wird der Mensch an die Welt gebohren? Vnd
                     wann er gebohren ist / was für eine vnbeholffene Creatur ist er? Ein nacktes vnd
                     mit Tüchern gebundenes Würmlein; bringt mit sich ein offenes Köpfflein / ein
                     Zeugnis der högsten Schwach -
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0017] nem Leben gehabt / ist so verlohren / daß er nichts davon finden kan; eben so wird einem verdampten Menschen sein Leben für kommen / wie lange vnd köstlich es auch gewese. Würdestu jhn in der Qual / die Ewig ist / zu trösten gedencken mit solchen Worten / gedencke daß du dein guts empfangen hast in deinem Leben / so wird er bekennen mit Hiob / meine Tage sind schneller gewesen denn ein Läuffer; sie seyn geflogen / vnd haben nichts gutes erlebet. Luc. 16, 25. O daß wir nun weise weren / vnd betrachtetẽ solches! wie denn zu solchem Ende Moses diesen Spruch von der Kürtze vnd Mühseligkeit des Menschlichen Lebens vns geschrieben vnd vorgebetet hat / denn er kurtz hernach in diesem seinem Psalm spricht: Lehre vns bedencken / daß wir sterben müssen / auff daß wir klug werden. U SUS ad sapientiam. Ps. 90, 12. Diese Weißheit bestehet erstlich in der Erkäntnüs von der Welt Pracht vnd Herrligkeit recht zu vrtheilen. Die Menschenkinder halten viel davon / vnd also viel / daß jhr gantz Hertz darauff stehet / vnd davon lassen sie sich nicht bringen. Verstunden sie was Moses geredet / oder glaubten sie daß es wahr were / würden sie etwas geringer von der Welt halten. 1. Didacticam; Splendorem mundi rectè dijudicãdi. Wolten wir ja nicht glauben / dem / das in Gottes Wort geschrieben steht / solt vns doch der Augenschein klug machen. Es zeuget ja augenscheinlich von vnserm kurtzen vnd mühseligen Leben / die Stunde der Geburt vnd des Todes / vnd vnsers gantzen Lebens Lauff. Mit was Mühe wird der Mensch an die Welt gebohren? Vnd wann er gebohren ist / was für eine vnbeholffene Creatur ist er? Ein nacktes vnd mit Tüchern gebundenes Würmlein; bringt mit sich ein offenes Köpfflein / ein Zeugnis der högsten Schwach -

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_kuertze_1645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_kuertze_1645/17
Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Von der Mühseligen Kürtze des Menschlichen Lebens : Ein Leich-Sermon/ Bey der Adelichen Leichbegängnus Deß ... Herrn Gebhard Moltken ... Rostock, 1645, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_kuertze_1645/17>, abgerufen am 03.12.2024.