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Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

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über den 138. Psalm


Dapid aber ists am meisten zu thun um die See-
le/ und freuet sich darüber/ daß er erfahren/ wie
in mancherley Anstoß Gott dennoch der Seelen
grosse Krafft mittheile. Die Seele ist an ihr selb-
sten in Noth und Widerwertigkeit schwach.
Wir erfahren dennoch/ daß wir mannigmal also
gestärcket werden/ daß wir einen Puff nach dem
andern können außstehen. Woher kommt das?
Du HErr/ du gibst meiner Seelen grosse Krafft.
Diß hat David erfahren/ und viele gottfürchtige
Hertzen erfahren es noch täglich.

Diß lasse nun deinen Grund seyn deiner Groß-
müthigkeit in allerley Trübsal. Kinder Gottes
haben hie nichts anders zu erwarten/ als daß ih-
nen das gute mit bösem vermenget werde. Gott
gibt nicht zu/ daß seinen Kindern das süsse wer-
de/ welches er nicht selber ist. Damit sie nicht
einem frembden Trost ankleben. Denn wenn
sie einem Frembden anhangen/ so hängen sie gar
übel. Darum überstreuet Gott die Süssigkeit
der Welt mit Wermuth/ daß wir derselben ü-
berdrüssig werden/ und trachten nach einer sol-
chen Ergetzligkeit/ darinnen keine Bitterkeit.
Der natürliche Mensch ist gewöhnet Milch zu
saugen auß den Brüsten der Welt. Es weiß
aber Gott/ daß es nicht rathsam ist/ daß wir/
wie unvernünfftige Kinder/ immer an diesen

Brü-

über den 138. Pſalm


Dapid aber iſts am meiſten zu thun um die See-
le/ und freuet ſich darüber/ daß er erfahren/ wie
in mancherley Anſtoß Gott dennoch der Seelen
groſſe Krafft mittheile. Die Seele iſt an ihr ſelb-
ſten in Noth und Widerwertigkeit ſchwach.
Wir erfahren dennoch/ daß wir mannigmal alſo
geſtärcket werden/ daß wir einen Puff nach dem
andern können außſtehen. Woher kommt das?
Du HErr/ du gibſt meiner Seelen groſſe Krafft.
Diß hat David erfahren/ und viele gottfürchtige
Hertzen erfahren es noch täglich.

Diß laſſe nun deinẽ Grund ſeyn deiner Groß-
müthigkeit in allerley Trübſal. Kinder Gottes
haben hie nichts anders zu erwarten/ als daß ih-
nen das gute mit böſem vermenget werde. Gott
gibt nicht zu/ daß ſeinen Kindern das ſüſſe wer-
de/ welches er nicht ſelber iſt. Damit ſie nicht
einem frembden Troſt ankleben. Denn wenn
ſie einem Frembden anhangen/ ſo hängen ſie gar
übel. Darum überſtreuet Gott die Süſſigkeit
der Welt mit Wermuth/ daß wir derſelben ü-
berdrüſſig werden/ und trachten nach einer ſol-
chen Ergetzligkeit/ darinnen keine Bitterkeit.
Der natürliche Menſch iſt gewöhnet Milch zu
ſaugen auß den Brüſten der Welt. Es weiß
aber Gott/ daß es nicht rathſam iſt/ daß wir/
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Brü-
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[782/0805] über den 138. Pſalm Dapid aber iſts am meiſten zu thun um die See- le/ und freuet ſich darüber/ daß er erfahren/ wie in mancherley Anſtoß Gott dennoch der Seelen groſſe Krafft mittheile. Die Seele iſt an ihr ſelb- ſten in Noth und Widerwertigkeit ſchwach. Wir erfahren dennoch/ daß wir mannigmal alſo geſtärcket werden/ daß wir einen Puff nach dem andern können außſtehen. Woher kommt das? Du HErr/ du gibſt meiner Seelen groſſe Krafft. Diß hat David erfahren/ und viele gottfürchtige Hertzen erfahren es noch täglich. Diß laſſe nun deinẽ Grund ſeyn deiner Groß- müthigkeit in allerley Trübſal. Kinder Gottes haben hie nichts anders zu erwarten/ als daß ih- nen das gute mit böſem vermenget werde. Gott gibt nicht zu/ daß ſeinen Kindern das ſüſſe wer- de/ welches er nicht ſelber iſt. Damit ſie nicht einem frembden Troſt ankleben. Denn wenn ſie einem Frembden anhangen/ ſo hängen ſie gar übel. Darum überſtreuet Gott die Süſſigkeit der Welt mit Wermuth/ daß wir derſelben ü- berdrüſſig werden/ und trachten nach einer ſol- chen Ergetzligkeit/ darinnen keine Bitterkeit. Der natürliche Menſch iſt gewöhnet Milch zu ſaugen auß den Brüſten der Welt. Es weiß aber Gott/ daß es nicht rathſam iſt/ daß wir/ wie unvernünfftige Kinder/ immer an dieſen Brü-

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 782. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/805>, abgerufen am 22.11.2024.