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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Drittes Kapitel.
Wallis (26. November 1668), Wren (17. December 1668),
und Huyghens (4. Januar 1669) entsprachen dem Wunsche
der Gesellschaft durch Vorlage von Arbeiten, in welchen
sie in voneinander unabhängiger Weise (jedoch ohne
Ableitungen) die Stossgesetze darlegten. Wallis behan-
delte nur den Stoss unelastischer, Wren und Huyghens
nur den Stoss elastischer Körper. Wren hat seine
Sätze, welche im Wesen mit den Huyghens'schen über-
einstimmen, vor der Veröffentlichung durch Versuche
geprüft. Diese Versuche sind es, auf welche sich New-
ton bei Aufstellung seiner Principien bezieht. Diesel-
ben Versuche wurden auch bald darauf in erweiterter
Form von Mariotte in einer besondern Schrift ("Sur le
choc des corps") beschrieben. Mariotte hat auch den
Apparat angegeben, welcher noch gegenwärtig in den
physikalischen Sammlungen unter dem Namen Stoss-
maschine
geführt wird.

Wallis geht von dem Grundsatze aus, dass das Mo-
ment
, das Product aus der Masse (Pondus) und der Ge-
schwindigkeit (Celeritas), bei dem Stosse maassgebend
sei. Durch dieses Moment wird die Kraft des Stosses be-
stimmt. Stossen zwei (unelastische) Körper mit gleichen
Momenten aufeinander, so besteht nach dem Stoss Ruhe.
Bei ungleichen Momenten ergibt die Differenz der Mo-
mente das Moment nach dem Stosse. Dividirt man
dieses Moment durch die Summe der Massen, so erhält
man die Geschwindigkeit der Bewegung nach dem Stosse.
Wallis hat später seine Lehre vom Stosse in einer an-
dern Schrift ("Mechanica sive de motu", London 1671)
vorgetragen. Sämmtliche Sätze lassen sich in die jetzt
gebräuchliche Formel [Formel 1] zusammenfassen,
in welcher m, m' die Massen, v, v' deren Geschwindig-
keiten vor dem Stosse und u die Geschwindigkeit nach
dem Stosse bedeutet.

5. Die Gedanken, welche Huyghens geleitet haben,
ergeben sich aus dessen posthumer Schrift "De motu
corporum ex percussione" (1703). Wir wollen dieselben

Drittes Kapitel.
Wallis (26. November 1668), Wren (17. December 1668),
und Huyghens (4. Januar 1669) entsprachen dem Wunsche
der Gesellschaft durch Vorlage von Arbeiten, in welchen
sie in voneinander unabhängiger Weise (jedoch ohne
Ableitungen) die Stossgesetze darlegten. Wallis behan-
delte nur den Stoss unelastischer, Wren und Huyghens
nur den Stoss elastischer Körper. Wren hat seine
Sätze, welche im Wesen mit den Huyghens’schen über-
einstimmen, vor der Veröffentlichung durch Versuche
geprüft. Diese Versuche sind es, auf welche sich New-
ton bei Aufstellung seiner Principien bezieht. Diesel-
ben Versuche wurden auch bald darauf in erweiterter
Form von Mariotte in einer besondern Schrift („Sur le
choc des corps‟) beschrieben. Mariotte hat auch den
Apparat angegeben, welcher noch gegenwärtig in den
physikalischen Sammlungen unter dem Namen Stoss-
maschine
geführt wird.

Wallis geht von dem Grundsatze aus, dass das Mo-
ment
, das Product aus der Masse (Pondus) und der Ge-
schwindigkeit (Celeritas), bei dem Stosse maassgebend
sei. Durch dieses Moment wird die Kraft des Stosses be-
stimmt. Stossen zwei (unelastische) Körper mit gleichen
Momenten aufeinander, so besteht nach dem Stoss Ruhe.
Bei ungleichen Momenten ergibt die Differenz der Mo-
mente das Moment nach dem Stosse. Dividirt man
dieses Moment durch die Summe der Massen, so erhält
man die Geschwindigkeit der Bewegung nach dem Stosse.
Wallis hat später seine Lehre vom Stosse in einer an-
dern Schrift („Mechanica sive de motu‟, London 1671)
vorgetragen. Sämmtliche Sätze lassen sich in die jetzt
gebräuchliche Formel [Formel 1] zusammenfassen,
in welcher m, m′ die Massen, v, v′ deren Geschwindig-
keiten vor dem Stosse und u die Geschwindigkeit nach
dem Stosse bedeutet.

5. Die Gedanken, welche Huyghens geleitet haben,
ergeben sich aus dessen posthumer Schrift „De motu
corporum ex percussione‟ (1703). Wir wollen dieselben

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[290/0302] Drittes Kapitel. Wallis (26. November 1668), Wren (17. December 1668), und Huyghens (4. Januar 1669) entsprachen dem Wunsche der Gesellschaft durch Vorlage von Arbeiten, in welchen sie in voneinander unabhängiger Weise (jedoch ohne Ableitungen) die Stossgesetze darlegten. Wallis behan- delte nur den Stoss unelastischer, Wren und Huyghens nur den Stoss elastischer Körper. Wren hat seine Sätze, welche im Wesen mit den Huyghens’schen über- einstimmen, vor der Veröffentlichung durch Versuche geprüft. Diese Versuche sind es, auf welche sich New- ton bei Aufstellung seiner Principien bezieht. Diesel- ben Versuche wurden auch bald darauf in erweiterter Form von Mariotte in einer besondern Schrift („Sur le choc des corps‟) beschrieben. Mariotte hat auch den Apparat angegeben, welcher noch gegenwärtig in den physikalischen Sammlungen unter dem Namen Stoss- maschine geführt wird. Wallis geht von dem Grundsatze aus, dass das Mo- ment, das Product aus der Masse (Pondus) und der Ge- schwindigkeit (Celeritas), bei dem Stosse maassgebend sei. Durch dieses Moment wird die Kraft des Stosses be- stimmt. Stossen zwei (unelastische) Körper mit gleichen Momenten aufeinander, so besteht nach dem Stoss Ruhe. Bei ungleichen Momenten ergibt die Differenz der Mo- mente das Moment nach dem Stosse. Dividirt man dieses Moment durch die Summe der Massen, so erhält man die Geschwindigkeit der Bewegung nach dem Stosse. Wallis hat später seine Lehre vom Stosse in einer an- dern Schrift („Mechanica sive de motu‟, London 1671) vorgetragen. Sämmtliche Sätze lassen sich in die jetzt gebräuchliche Formel [FORMEL] zusammenfassen, in welcher m, m′ die Massen, v, v′ deren Geschwindig- keiten vor dem Stosse und u die Geschwindigkeit nach dem Stosse bedeutet. 5. Die Gedanken, welche Huyghens geleitet haben, ergeben sich aus dessen posthumer Schrift „De motu corporum ex percussione‟ (1703). Wir wollen dieselben

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/302>, abgerufen am 28.11.2024.