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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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Begebenheiten in acht zu nehmen/ damit er
GOtt in andern Fällen nützlicher dienen
könne. Die hohe Großmüthigkeit erfo-
dert nicht gerade/ daß man eine Abscheu
vor dem Leben trage/ sondern daß man den
Todt ohne Schrecken ansehen/ ja gar ver-
achten solle. Ich sage noch mehr/ die Liebe
des Lebens selber kan sich mit der Verach-
tung des Todes vergleichen; sintemal die
Verachtung dieses Guts nur einen Zweck
haben soll/ welcher ist das gemeine Beste.

XIV.

Ob schon ein Fürst allein ist/ so arbeitet
er doch vor viel; Derowegen soll er seine
Lebensleitung ernstlich betrachten. Es
werden viel Leute Ubels thun/ wann er nicht
guts thut: Hergegen werden viel guts
thun/ wann er nicht Ubels thut. Die War-
heit figürlicher weise zu sagen/ so ist das Re-
giment ein grosser Werckzeug/ welchen der
Obriste richtet wie er will/ er hangt allein
an ihm/ er reguliret alle seine Bewegun-
gen/ und kan auch entweder aus Boßheit
oder Nachläßigkeit denselben gantz verder-
ben. Das geringste Laster an einem Kö-
nige ist offtmals Ursach einer grossen Un-
ordnung unter dem Volck/ und es ist biß-

wei-
G 7

Begebenheiten in acht zu nehmen/ damit er
GOtt in andern Faͤllen nuͤtzlicher dienen
koͤnne. Die hohe Großmuͤthigkeit erfo-
dert nicht gerade/ daß man eine Abſcheu
vor dem Leben trage/ ſondern daß man den
Todt ohne Schrecken anſehen/ ja gar ver-
achten ſolle. Ich ſage noch mehr/ die Liebe
des Lebens ſelber kan ſich mit der Verach-
tung des Todes vergleichen; ſintemal die
Verachtung dieſes Guts nur einen Zweck
haben ſoll/ welcher iſt das gemeine Beſte.

XIV.

Ob ſchon ein Fuͤrſt allein iſt/ ſo arbeitet
er doch vor viel; Derowegen ſoll er ſeine
Lebensleitung ernſtlich betrachten. Es
werden viel Leute Ubels thun/ wann er nicht
guts thut: Hergegen werden viel guts
thun/ wann er nicht Ubels thut. Die War-
heit figuͤrlicher weiſe zu ſagen/ ſo iſt das Re-
giment ein groſſer Werckzeug/ welchen der
Obriſte richtet wie er will/ er hangt allein
an ihm/ er reguliret alle ſeine Bewegun-
gen/ und kan auch entweder aus Boßheit
oder Nachlaͤßigkeit denſelben gantz verder-
ben. Das geringſte Laſter an einem Koͤ-
nige iſt offtmals Urſach einer groſſen Un-
ordnung unter dem Volck/ und es iſt biß-

wei-
G 7
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[167[157]/0168] Begebenheiten in acht zu nehmen/ damit er GOtt in andern Faͤllen nuͤtzlicher dienen koͤnne. Die hohe Großmuͤthigkeit erfo- dert nicht gerade/ daß man eine Abſcheu vor dem Leben trage/ ſondern daß man den Todt ohne Schrecken anſehen/ ja gar ver- achten ſolle. Ich ſage noch mehr/ die Liebe des Lebens ſelber kan ſich mit der Verach- tung des Todes vergleichen; ſintemal die Verachtung dieſes Guts nur einen Zweck haben ſoll/ welcher iſt das gemeine Beſte. XIV. Ob ſchon ein Fuͤrſt allein iſt/ ſo arbeitet er doch vor viel; Derowegen ſoll er ſeine Lebensleitung ernſtlich betrachten. Es werden viel Leute Ubels thun/ wann er nicht guts thut: Hergegen werden viel guts thun/ wann er nicht Ubels thut. Die War- heit figuͤrlicher weiſe zu ſagen/ ſo iſt das Re- giment ein groſſer Werckzeug/ welchen der Obriſte richtet wie er will/ er hangt allein an ihm/ er reguliret alle ſeine Bewegun- gen/ und kan auch entweder aus Boßheit oder Nachlaͤßigkeit denſelben gantz verder- ben. Das geringſte Laſter an einem Koͤ- nige iſt offtmals Urſach einer groſſen Un- ordnung unter dem Volck/ und es iſt biß- wei- G 7

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 167[157]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/168>, abgerufen am 25.05.2024.