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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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was er antrifft/ mit sich ziehet. Wann das
Volck ohne Passion handelt/ so kan man sa-
gen/ seine Stimme sey Gottes Stimme;
wann aber die Passion handelt/ so ist es eine
Stimme des Satans. Es gibt deren we-
nig/ welche die Passion nicht bißweilen aus-
serhalb der Vernunft führet; aber es ist noch
viel seltzamer einen solchen Mann zu finden/
dessen Actionen wol übereinstimmen/ und
keinen Fehltritt thut.



Moralische Gedancken.
I.

WIr sind zu dem Ende geschaffen
worden/ daß wir solten glückselig
seyn; Unterdessen sind wir un-
glückselig/ daß wir unser Glück nicht erken-
nen/ oder wann wir es erkennen/ so achten
wir dasselbe nicht hoch genug. Wie soll ein
Mensch den guten Weg erwehlen/ wann er
den Ort nicht weiß/ dahin er gehen soll? Die
Glückseligkeit ist ein Gut/ welches unser ei-
gen ist/ und diejenige betriegen sich/ welche
dieselbe ansehen/ als ein fremb des Ding/

dar-

was er antrifft/ mit ſich ziehet. Wann das
Volck ohne Pasſion handelt/ ſo kan man ſa-
gen/ ſeine Stimme ſey Gottes Stimme;
wann aber die Pasſion handelt/ ſo iſt es eine
Stimme des Satans. Es gibt deren we-
nig/ welche die Pasſion nicht bißweilen auſ-
ſerhalb der Vernunft fuͤhret; aber es iſt noch
viel ſeltzamer einen ſolchen Mann zu finden/
deſſen Actionen wol uͤbereinſtimmen/ und
keinen Fehltritt thut.



Moraliſche Gedancken.
I.

WIr ſind zu dem Ende geſchaffen
worden/ daß wir ſolten gluͤckſelig
ſeyn; Unterdeſſen ſind wir un-
gluͤckſelig/ daß wir unſer Gluͤck nicht erken-
nen/ oder wann wir es erkennen/ ſo achten
wir daſſelbe nicht hoch genug. Wie ſoll ein
Menſch den guten Weg erwehlen/ wann er
den Ort nicht weiß/ dahin er gehen ſoll? Die
Gluͤckſeligkeit iſt ein Gut/ welches unſer ei-
gen iſt/ und diejenige betriegen ſich/ welche
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[44/0055] was er antrifft/ mit ſich ziehet. Wann das Volck ohne Pasſion handelt/ ſo kan man ſa- gen/ ſeine Stimme ſey Gottes Stimme; wann aber die Pasſion handelt/ ſo iſt es eine Stimme des Satans. Es gibt deren we- nig/ welche die Pasſion nicht bißweilen auſ- ſerhalb der Vernunft fuͤhret; aber es iſt noch viel ſeltzamer einen ſolchen Mann zu finden/ deſſen Actionen wol uͤbereinſtimmen/ und keinen Fehltritt thut. Moraliſche Gedancken. I. WIr ſind zu dem Ende geſchaffen worden/ daß wir ſolten gluͤckſelig ſeyn; Unterdeſſen ſind wir un- gluͤckſelig/ daß wir unſer Gluͤck nicht erken- nen/ oder wann wir es erkennen/ ſo achten wir daſſelbe nicht hoch genug. Wie ſoll ein Menſch den guten Weg erwehlen/ wann er den Ort nicht weiß/ dahin er gehen ſoll? Die Gluͤckſeligkeit iſt ein Gut/ welches unſer ei- gen iſt/ und diejenige betriegen ſich/ welche dieſelbe anſehen/ als ein fremb des Ding/ dar-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/55>, abgerufen am 24.11.2024.