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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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so wird man nicht nur die Krafft haben das-
jenige zu unter fangen/ was anfänglich gar
leicht zu seyn schiene/ und man ernstlich ge-
wolt hat. Wer sich in die Wollüste sen-
cket/ der kan keine schöne edle und tapffere
Seele haben.

XXVIII.

Wann die Lust ihre Gräntzen überschrei-
tet/ so wird sie zu einer Marter und Straff.
Es ist gewiß/ daß die Tugend grossen Nu-
tzen in sich hat/ weil das Laster selber dersel-
bigen nachäffen muß/ wann es zu seinem
Zweck gelangen will; Und dem ist nicht an-
ders/ es befleisset sich der Tugend nachzuar-
ten/ indem es gewisse Maaß/ und sich auffs
wenigste dem Schein nach von den Extre-
mitäten/ welche allezeit vor einen Exces und
Unordnung gehalten werden/ entfernet.

XXIX.

Ein Löw verliehret seine Grausamkeit
und wird sanfftmüthig/ wann man ihm
schmeichelt; Aber die Schmeicheley/ so du
deinem Leibe anthust/ macht denselben noch
hochmühtiger und halßstarriger. Jß nicht/
deinen Appetit zu befriedigen/ sondern dich
nur vor dem Hunger/ der dich plagt/ zu
wehren. Lebe nicht/ damit du essen mögen/

son-
C 6

ſo wird man nicht nur die Krafft haben das-
jenige zu unter fangen/ was anfaͤnglich gar
leicht zu ſeyn ſchiene/ und man ernſtlich ge-
wolt hat. Wer ſich in die Wolluͤſte ſen-
cket/ der kan keine ſchoͤne edle und tapffere
Seele haben.

XXVIII.

Wann die Luſt ihre Graͤntzen uͤberſchrei-
tet/ ſo wird ſie zu einer Marter und Straff.
Es iſt gewiß/ daß die Tugend groſſen Nu-
tzen in ſich hat/ weil das Laſter ſelber derſel-
bigen nachaͤffen muß/ wann es zu ſeinem
Zweck gelangen will; Und dem iſt nicht an-
ders/ es befleiſſet ſich der Tugend nachzuar-
ten/ indem es gewiſſe Maaß/ und ſich auffs
wenigſte dem Schein nach von den Extre-
mitaͤten/ welche allezeit vor einen Exces und
Unordnung gehalten werden/ entfernet.

XXIX.

Ein Loͤw verliehret ſeine Grauſamkeit
und wird ſanfftmuͤthig/ wann man ihm
ſchmeichelt; Aber die Schmeicheley/ ſo du
deinem Leibe anthuſt/ macht denſelben noch
hochmuͤhtiger und halßſtarriger. Jß nicht/
deinen Appetit zu befriedigen/ ſondern dich
nur vor dem Hunger/ der dich plagt/ zu
wehren. Lebe nicht/ damit du eſſen moͤgen/

ſon-
C 6
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[69[59]/0070] ſo wird man nicht nur die Krafft haben das- jenige zu unter fangen/ was anfaͤnglich gar leicht zu ſeyn ſchiene/ und man ernſtlich ge- wolt hat. Wer ſich in die Wolluͤſte ſen- cket/ der kan keine ſchoͤne edle und tapffere Seele haben. XXVIII. Wann die Luſt ihre Graͤntzen uͤberſchrei- tet/ ſo wird ſie zu einer Marter und Straff. Es iſt gewiß/ daß die Tugend groſſen Nu- tzen in ſich hat/ weil das Laſter ſelber derſel- bigen nachaͤffen muß/ wann es zu ſeinem Zweck gelangen will; Und dem iſt nicht an- ders/ es befleiſſet ſich der Tugend nachzuar- ten/ indem es gewiſſe Maaß/ und ſich auffs wenigſte dem Schein nach von den Extre- mitaͤten/ welche allezeit vor einen Exces und Unordnung gehalten werden/ entfernet. XXIX. Ein Loͤw verliehret ſeine Grauſamkeit und wird ſanfftmuͤthig/ wann man ihm ſchmeichelt; Aber die Schmeicheley/ ſo du deinem Leibe anthuſt/ macht denſelben noch hochmuͤhtiger und halßſtarriger. Jß nicht/ deinen Appetit zu befriedigen/ ſondern dich nur vor dem Hunger/ der dich plagt/ zu wehren. Lebe nicht/ damit du eſſen moͤgen/ ſon- C 6

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 69[59]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/70>, abgerufen am 24.11.2024.