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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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gestanden hat/ eine sehr grosse Vergnü-
gung.

LXXVIII.

Du wirst dich nimmermehr betriegen/
wann du deine Freude und deinen Schmer-
tzen gleich auf den Fuß der Sachen selbst
regulirest. So gebrauche es dann also/
daß du dich über dasjenige/ das schier nichts
ist/ nicht so sehr bekümmerst; und dich auch
nicht gar zu sehr erfreuest/ wann du nicht
grosse Ursach hast. Die Klugheit will/ daß
man gewisse Maaß in der Freyheit/ die man
seinen Paßionen läst/ halte/ und man muß
dieselbe nicht bey ieder geringsten Gelegen-
heit/ die sich eräuget/ nach aller ihrer Ge-
walt handeln lassen. Betrachte ein we-
nig was dich erschreckt/ vielleicht wirst du
es gantz nicht fürchten/ wann du es recht
ansiehest/ auffs wenigste so wirst du dich
nicht so sehr davor fürchten. Ey lieber/
warum bist du so traurig/ und was ist das-
jenige/ das dich so sehr betrüben kan? Nim
die Gedult dasselbe zu erforschen/ so wirst du
unfehlbarlich erkennen/ daß du ihm zu viel
thust/ und daß es eine geringe Ursach/ und
nicht werth ist/ daß du in eine solche Beküm-
mernüß deßwegen fällest; Deine Furcht

ist
D 6

geſtanden hat/ eine ſehr groſſe Vergnuͤ-
gung.

LXXVIII.

Du wirſt dich nimmermehr betriegen/
wann du deine Freude und deinen Schmeꝛ-
tzen gleich auf den Fuß der Sachen ſelbſt
regulireſt. So gebrauche es dann alſo/
daß du dich uͤber dasjenige/ das ſchier nichts
iſt/ nicht ſo ſehr bekuͤmmerſt; und dich auch
nicht gar zu ſehr erfreueſt/ wann du nicht
groſſe Urſach haſt. Die Klugheit will/ daß
man gewiſſe Maaß in der Freyheit/ die man
ſeinen Paßionen laͤſt/ halte/ und man muß
dieſelbe nicht bey ieder geringſten Gelegen-
heit/ die ſich eraͤuget/ nach aller ihrer Ge-
walt handeln laſſen. Betrachte ein we-
nig was dich erſchreckt/ vielleicht wirſt du
es gantz nicht fuͤrchten/ wann du es recht
anſieheſt/ auffs wenigſte ſo wirſt du dich
nicht ſo ſehr davor fuͤrchten. Ey lieber/
warum biſt du ſo traurig/ und was iſt das-
jenige/ das dich ſo ſehr betruͤben kan? Nim
die Gedult daſſelbe zu erforſchen/ ſo wirſt du
unfehlbarlich erkennen/ daß du ihm zu viel
thuſt/ und daß es eine geringe Urſach/ und
nicht werth iſt/ daß du in eine ſolche Bekuͤm-
mernuͤß deßwegen faͤlleſt; Deine Furcht

iſt
D 6
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[93[83]/0094] geſtanden hat/ eine ſehr groſſe Vergnuͤ- gung. LXXVIII. Du wirſt dich nimmermehr betriegen/ wann du deine Freude und deinen Schmeꝛ- tzen gleich auf den Fuß der Sachen ſelbſt regulireſt. So gebrauche es dann alſo/ daß du dich uͤber dasjenige/ das ſchier nichts iſt/ nicht ſo ſehr bekuͤmmerſt; und dich auch nicht gar zu ſehr erfreueſt/ wann du nicht groſſe Urſach haſt. Die Klugheit will/ daß man gewiſſe Maaß in der Freyheit/ die man ſeinen Paßionen laͤſt/ halte/ und man muß dieſelbe nicht bey ieder geringſten Gelegen- heit/ die ſich eraͤuget/ nach aller ihrer Ge- walt handeln laſſen. Betrachte ein we- nig was dich erſchreckt/ vielleicht wirſt du es gantz nicht fuͤrchten/ wann du es recht anſieheſt/ auffs wenigſte ſo wirſt du dich nicht ſo ſehr davor fuͤrchten. Ey lieber/ warum biſt du ſo traurig/ und was iſt das- jenige/ das dich ſo ſehr betruͤben kan? Nim die Gedult daſſelbe zu erforſchen/ ſo wirſt du unfehlbarlich erkennen/ daß du ihm zu viel thuſt/ und daß es eine geringe Urſach/ und nicht werth iſt/ daß du in eine ſolche Bekuͤm- mernuͤß deßwegen faͤlleſt; Deine Furcht iſt D 6

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 93[83]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/94>, abgerufen am 25.05.2024.