darzustellen und durch den Mund des öffentlichen Anklägers einen lächerlichen Schein auf Dupin, Changarnier, Yon und die ganze Nationalversammlung zu werfen. Jetzt, am 29. Dezember, schreibt der Minister Baroche einen Brief an Dupin, worin er die Entlassung Yon's verlangt. Das Bureau der Nationalversammlung beschließt Yon in seiner Stelle zu erhalten, aber die Nationalversammlung, über ihre Gewaltsamkeit in Mauguin's Angelegenheit erschreckt, und gewohnt, wenn sie einen Schlag gegen die Exekutivgewalt ge¬ wagt hat, zwei Schläge von ihr in Austausch zurückzuerhalten, sanktionirt diesen Beschluß nicht. Sie entläßt Yon zur Belohnung seines Diensteifers und beraubt sich einer parlamentarischen Prärogative, unerläßlich gegen einen Menschen, der nicht in der Nacht beschließt, um bei Tage auszuführen, son¬ dern bei Tage beschließt und in der Nacht ausführt.
Wir haben gesehn, wie die Nationalversammlung während der Monate November und Dezember bei großen schlagenden Veranlassungen den Kampf mit der Exekutivgewalt umging, niederschlug. Jetzt sehen wir sie gezwungen, ihn bei den kleinlichsten Anlässen aufzunehmen. In der Ange¬ legenheit Mauguin's bestätigt sie dem Prinzipe nach die Schuldhaft der Volks¬ repräsentanten, behält sich aber vor, es nur auf ihr mißliebige Repräsentanten anwenden zu lassen, und um dieses infame Privilegium hadert sie mit dem Justizminister. Statt den angeblichen Mordplan zu benutzen, um eine En¬ quete über die Gesellschaft vom 10. Dezember zu verhängen und Bonaparte in seiner wahren Gestalt als das Haupt des Pariser Lumpenproletariats vor Frankreich und Europa rettungslos bloszustellen, läßt sie die Kollision auf einen Punkt herabsinken, wo es sich zwischen ihr und dem Minister des Innern nur noch darum handelt, zu wessen Kompetenz die Ein- und Absetzung eines Polizeikommissärs gehört. So sehn wir die Partei der Ordnung während dieser ganzen Periode durch ihre zweideutige Stellung gezwungen, ihren Kampf mit der Exekutivgewalt in kleinliche Kompetenzzwiste, Chikanen, Rabulistereien, Grenzstreitigkeiten zu verpuffen, zu verbröckeln und die abgeschmacktesten Form¬ fragen zum Inhalt ihrer Thätigkeit zu machen. Sie wagt die Kollision nicht aufzunehmen in dem Augenblicke, wo sie eine prinzipielle Bedeutung hat, wo die Exekutivgewalt sich wirklich blosgestellt hat und die Sache der Nationalversammlung die nationale Sache wäre. Sie würde dadurch der Nation eine Marschordre ausstellen und sie fürchtet nichts mehr, als daß sich die Nation bewege. Bei solchen Gelegenheiten weist sie daher die Anträge der Montagne zurück und geht zur Tagesordnung über. Nachdem die Streit¬
darzuſtellen und durch den Mund des öffentlichen Anklägers einen lächerlichen Schein auf Dupin, Changarnier, Yon und die ganze Nationalverſammlung zu werfen. Jetzt, am 29. Dezember, ſchreibt der Miniſter Baroche einen Brief an Dupin, worin er die Entlaſſung Yon's verlangt. Das Bureau der Nationalverſammlung beſchließt Yon in ſeiner Stelle zu erhalten, aber die Nationalverſammlung, über ihre Gewaltſamkeit in Mauguin's Angelegenheit erſchreckt, und gewohnt, wenn ſie einen Schlag gegen die Exekutivgewalt ge¬ wagt hat, zwei Schläge von ihr in Austauſch zurückzuerhalten, ſanktionirt dieſen Beſchluß nicht. Sie entläßt Yon zur Belohnung ſeines Dienſteifers und beraubt ſich einer parlamentariſchen Prärogative, unerläßlich gegen einen Menſchen, der nicht in der Nacht beſchließt, um bei Tage auszuführen, ſon¬ dern bei Tage beſchließt und in der Nacht ausführt.
Wir haben geſehn, wie die Nationalverſammlung während der Monate November und Dezember bei großen ſchlagenden Veranlaſſungen den Kampf mit der Exekutivgewalt umging, niederſchlug. Jetzt ſehen wir ſie gezwungen, ihn bei den kleinlichſten Anläſſen aufzunehmen. In der Ange¬ legenheit Mauguin's beſtätigt ſie dem Prinzipe nach die Schuldhaft der Volks¬ repräſentanten, behält ſich aber vor, es nur auf ihr mißliebige Repräſentanten anwenden zu laſſen, und um dieſes infame Privilegium hadert ſie mit dem Juſtizminiſter. Statt den angeblichen Mordplan zu benutzen, um eine En¬ quête über die Geſellſchaft vom 10. Dezember zu verhängen und Bonaparte in ſeiner wahren Geſtalt als das Haupt des Pariſer Lumpenproletariats vor Frankreich und Europa rettungslos bloszuſtellen, läßt ſie die Kolliſion auf einen Punkt herabſinken, wo es ſich zwiſchen ihr und dem Miniſter des Innern nur noch darum handelt, zu weſſen Kompetenz die Ein- und Abſetzung eines Polizeikommiſſärs gehört. So ſehn wir die Partei der Ordnung während dieſer ganzen Periode durch ihre zweideutige Stellung gezwungen, ihren Kampf mit der Exekutivgewalt in kleinliche Kompetenzzwiſte, Chikanen, Rabuliſtereien, Grenzſtreitigkeiten zu verpuffen, zu verbröckeln und die abgeſchmackteſten Form¬ fragen zum Inhalt ihrer Thätigkeit zu machen. Sie wagt die Kolliſion nicht aufzunehmen in dem Augenblicke, wo ſie eine prinzipielle Bedeutung hat, wo die Exekutivgewalt ſich wirklich blosgeſtellt hat und die Sache der Nationalverſammlung die nationale Sache wäre. Sie würde dadurch der Nation eine Marſchordre ausſtellen und ſie fürchtet nichts mehr, als daß ſich die Nation bewege. Bei ſolchen Gelegenheiten weiſt ſie daher die Anträge der Montagne zurück und geht zur Tagesordnung über. Nachdem die Streit¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbn="55"facs="#f0067"/>
darzuſtellen und durch den Mund des öffentlichen Anklägers einen lächerlichen<lb/>
Schein auf Dupin, Changarnier, Yon und die ganze Nationalverſammlung<lb/>
zu werfen. Jetzt, am 29. Dezember, ſchreibt der Miniſter Baroche einen<lb/>
Brief an Dupin, worin er die Entlaſſung Yon's verlangt. Das Bureau der<lb/>
Nationalverſammlung beſchließt Yon in ſeiner Stelle zu erhalten, aber die<lb/>
Nationalverſammlung, über ihre Gewaltſamkeit in Mauguin's Angelegenheit<lb/>
erſchreckt, und gewohnt, wenn ſie einen Schlag gegen die Exekutivgewalt ge¬<lb/>
wagt hat, zwei Schläge von ihr in Austauſch zurückzuerhalten, ſanktionirt<lb/>
dieſen Beſchluß nicht. Sie entläßt Yon zur Belohnung ſeines Dienſteifers<lb/>
und beraubt ſich einer parlamentariſchen Prärogative, unerläßlich gegen einen<lb/>
Menſchen, der nicht in der Nacht beſchließt, um bei Tage auszuführen, ſon¬<lb/>
dern bei Tage beſchließt und in der Nacht ausführt.</p><lb/><p>Wir haben geſehn, wie die Nationalverſammlung während der Monate<lb/>
November und Dezember bei großen ſchlagenden Veranlaſſungen den<lb/>
Kampf mit der Exekutivgewalt umging, niederſchlug. Jetzt ſehen wir ſie<lb/>
gezwungen, ihn bei den kleinlichſten Anläſſen aufzunehmen. In der Ange¬<lb/>
legenheit Mauguin's beſtätigt ſie dem Prinzipe nach die Schuldhaft der Volks¬<lb/>
repräſentanten, behält ſich aber vor, es nur auf ihr mißliebige Repräſentanten<lb/>
anwenden zu laſſen, und um dieſes infame Privilegium hadert ſie mit dem<lb/>
Juſtizminiſter. Statt den angeblichen Mordplan zu benutzen, um eine En¬<lb/>
qu<hirendition="#aq">ê</hi>te über die Geſellſchaft vom 10. Dezember zu verhängen und Bonaparte<lb/>
in ſeiner wahren Geſtalt als das Haupt des Pariſer Lumpenproletariats vor<lb/>
Frankreich und Europa rettungslos bloszuſtellen, läßt ſie die Kolliſion auf<lb/>
einen Punkt herabſinken, wo es ſich zwiſchen ihr und dem Miniſter des Innern<lb/>
nur noch darum handelt, zu weſſen Kompetenz die Ein- und Abſetzung eines<lb/>
Polizeikommiſſärs gehört. So ſehn wir die Partei der Ordnung während<lb/>
dieſer ganzen Periode durch ihre zweideutige Stellung gezwungen, ihren Kampf<lb/>
mit der Exekutivgewalt in kleinliche Kompetenzzwiſte, Chikanen, Rabuliſtereien,<lb/>
Grenzſtreitigkeiten zu verpuffen, zu verbröckeln und die abgeſchmackteſten Form¬<lb/>
fragen zum Inhalt ihrer Thätigkeit zu machen. Sie wagt die Kolliſion nicht<lb/>
aufzunehmen in dem Augenblicke, wo ſie eine prinzipielle Bedeutung<lb/>
hat, wo die Exekutivgewalt ſich wirklich blosgeſtellt hat und die Sache der<lb/>
Nationalverſammlung die nationale Sache wäre. Sie würde dadurch der<lb/>
Nation eine Marſchordre ausſtellen und ſie fürchtet nichts mehr, als daß ſich<lb/>
die Nation bewege. Bei ſolchen Gelegenheiten weiſt ſie daher die Anträge<lb/>
der Montagne zurück und geht zur Tagesordnung über. Nachdem die Streit¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[55/0067]
darzuſtellen und durch den Mund des öffentlichen Anklägers einen lächerlichen
Schein auf Dupin, Changarnier, Yon und die ganze Nationalverſammlung
zu werfen. Jetzt, am 29. Dezember, ſchreibt der Miniſter Baroche einen
Brief an Dupin, worin er die Entlaſſung Yon's verlangt. Das Bureau der
Nationalverſammlung beſchließt Yon in ſeiner Stelle zu erhalten, aber die
Nationalverſammlung, über ihre Gewaltſamkeit in Mauguin's Angelegenheit
erſchreckt, und gewohnt, wenn ſie einen Schlag gegen die Exekutivgewalt ge¬
wagt hat, zwei Schläge von ihr in Austauſch zurückzuerhalten, ſanktionirt
dieſen Beſchluß nicht. Sie entläßt Yon zur Belohnung ſeines Dienſteifers
und beraubt ſich einer parlamentariſchen Prärogative, unerläßlich gegen einen
Menſchen, der nicht in der Nacht beſchließt, um bei Tage auszuführen, ſon¬
dern bei Tage beſchließt und in der Nacht ausführt.
Wir haben geſehn, wie die Nationalverſammlung während der Monate
November und Dezember bei großen ſchlagenden Veranlaſſungen den
Kampf mit der Exekutivgewalt umging, niederſchlug. Jetzt ſehen wir ſie
gezwungen, ihn bei den kleinlichſten Anläſſen aufzunehmen. In der Ange¬
legenheit Mauguin's beſtätigt ſie dem Prinzipe nach die Schuldhaft der Volks¬
repräſentanten, behält ſich aber vor, es nur auf ihr mißliebige Repräſentanten
anwenden zu laſſen, und um dieſes infame Privilegium hadert ſie mit dem
Juſtizminiſter. Statt den angeblichen Mordplan zu benutzen, um eine En¬
quête über die Geſellſchaft vom 10. Dezember zu verhängen und Bonaparte
in ſeiner wahren Geſtalt als das Haupt des Pariſer Lumpenproletariats vor
Frankreich und Europa rettungslos bloszuſtellen, läßt ſie die Kolliſion auf
einen Punkt herabſinken, wo es ſich zwiſchen ihr und dem Miniſter des Innern
nur noch darum handelt, zu weſſen Kompetenz die Ein- und Abſetzung eines
Polizeikommiſſärs gehört. So ſehn wir die Partei der Ordnung während
dieſer ganzen Periode durch ihre zweideutige Stellung gezwungen, ihren Kampf
mit der Exekutivgewalt in kleinliche Kompetenzzwiſte, Chikanen, Rabuliſtereien,
Grenzſtreitigkeiten zu verpuffen, zu verbröckeln und die abgeſchmackteſten Form¬
fragen zum Inhalt ihrer Thätigkeit zu machen. Sie wagt die Kolliſion nicht
aufzunehmen in dem Augenblicke, wo ſie eine prinzipielle Bedeutung
hat, wo die Exekutivgewalt ſich wirklich blosgeſtellt hat und die Sache der
Nationalverſammlung die nationale Sache wäre. Sie würde dadurch der
Nation eine Marſchordre ausſtellen und ſie fürchtet nichts mehr, als daß ſich
die Nation bewege. Bei ſolchen Gelegenheiten weiſt ſie daher die Anträge
der Montagne zurück und geht zur Tagesordnung über. Nachdem die Streit¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Diese zweite, von Marx überarbeitete Fassung des … [mehr]
Diese zweite, von Marx überarbeitete Fassung des "Brumaire" erschien 1869 in Hamburg. Sie ist die erste selbstständige Publikation des Textes, der zuerst als Heft 1 (1851) der Zeitschrift "Die Revolution. Eine Zeitschrift in zwanglosen Heften" erschien, und wurde daher gemäß den Leitlinien des DTA für die Digitalisierung zugrunde gelegt.
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Marx, Karl: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Aufl. Hamburg, 1869, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_bonaparte_1869/67>, abgerufen am 02.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.