verlangt. Der Präsident erklärt es in seiner Botschaft an die legislative Versammlung, es tönt als Echo zurück von der nationalen Rednertribüne, es wird betheuert von den Zeitungen, es wird verkündet von der Kanzel, es wird bewiesen durch die Empfindlichkeit der Staats¬ papiere bei der geringsten Aussicht auf Störung, durch ihre Festigkeit, so oft die Exekutivgewalt siegt."
In seiner Nummer vom 29. November 1851 erklärt der Oekono¬ mist in seinem eignen Namen: "Auf allen Börsen von Europa ist der Präsident nun als die Schildwache der Ordnung anerkannt." Die Finanzaristokratie verdammte also den parlamentarischen Kampf der Ordnungspartei mit der Exekutivgewalt als eine Störung der Ordnung, und feierte jeden Sieg des Präsidenten über ihre angeblichen Repräsentanten als einen Sieg der Ordnung. Man muß hier unter der Finanzaristokratie nicht nur die großen Anleihunternehmer und Spekulanten in Staatspapieren verstehn, von denen es sich sofort begreift, daß ihr Interesse mit dem Interesse der Staatsgewalt zusammenfällt. Das ganze moderne Geld¬ geschäft, die ganze Bankwirthschaft ist auf das Innigste mit dem öffentlichen Kredit verwebt. Ein Theil ihres Geschäftskapitals wird nothwendig in schnell konvertiblen Staatspapieren angelegt und verzinst. Ihre Depositen, das ihnen zur Verfügung gestellte und von ihnen unter Kaufleute und Industrielle ver¬ theilte Kapital strömt theilweis aus den Dividenden der Staatsrentner her. Der ganze Geldmarkt und die Priester dieses Geldmarkts, wenn zu jeder Epoche die Stabilität der Staatsgewalt Moses und die Propheten für sie bedeutet hat, wie nicht erst heute, wo jede Sündfluth mit den alten Staaten die alten Staatsschulden wegzuschwemmen droht?
Auch die industrielle Bourgeoisie ärgerte sich in ihrem Ord¬ nungsfanatismus über die Zänkereien der parlamentarischen Ordnungspartei mit der Exekutivgewalt. Thiers, Angles, Saint Beuve u. s. w. erhielten nach ihrem Votum vom 18. Januar, bei Gelegenheit der Absetzung Chan¬ garnier's, von ihren Mandatgebern gerade aus den industriellen Bezirken öffentliche Zurechtweisungen, worin namentlich ihre Koalition mit der Montagne als Hochverrath an der Ordnung gegeißelt wurde. Wenn wir gesehn haben, daß die prahlerischen Neckereien, die kleinlichen Intriguen, worin sich der Kampf der Ordnungspartei mit dem Präsidenten kundgab, keine bessere Auf¬ nahme verdienten, so war andererseits diese Bourgeoispartei, die von ihren Vertretern verlangt, die Militärgewalt aus den Händen ihres eignen Parla¬
verlangt. Der Präſident erklärt es in ſeiner Botſchaft an die legislative Verſammlung, es tönt als Echo zurück von der nationalen Rednertribüne, es wird betheuert von den Zeitungen, es wird verkündet von der Kanzel, es wird bewieſen durch die Empfindlichkeit der Staats¬ papiere bei der geringſten Ausſicht auf Störung, durch ihre Feſtigkeit, ſo oft die Exekutivgewalt ſiegt.“
In ſeiner Nummer vom 29. November 1851 erklärt der Oekono¬ miſt in ſeinem eignen Namen: „Auf allen Börſen von Europa iſt der Präſident nun als die Schildwache der Ordnung anerkannt.“ Die Finanzariſtokratie verdammte alſo den parlamentariſchen Kampf der Ordnungspartei mit der Exekutivgewalt als eine Störung der Ordnung, und feierte jeden Sieg des Präſidenten über ihre angeblichen Repräſentanten als einen Sieg der Ordnung. Man muß hier unter der Finanzariſtokratie nicht nur die großen Anleihunternehmer und Spekulanten in Staatspapieren verſtehn, von denen es ſich ſofort begreift, daß ihr Intereſſe mit dem Intereſſe der Staatsgewalt zuſammenfällt. Das ganze moderne Geld¬ geſchäft, die ganze Bankwirthſchaft iſt auf das Innigſte mit dem öffentlichen Kredit verwebt. Ein Theil ihres Geſchäftskapitals wird nothwendig in ſchnell konvertiblen Staatspapieren angelegt und verzinſt. Ihre Depoſiten, das ihnen zur Verfügung geſtellte und von ihnen unter Kaufleute und Induſtrielle ver¬ theilte Kapital ſtrömt theilweis aus den Dividenden der Staatsrentner her. Der ganze Geldmarkt und die Prieſter dieſes Geldmarkts, wenn zu jeder Epoche die Stabilität der Staatsgewalt Moſes und die Propheten für ſie bedeutet hat, wie nicht erſt heute, wo jede Sündfluth mit den alten Staaten die alten Staatsſchulden wegzuſchwemmen droht?
Auch die induſtrielle Bourgeoiſie ärgerte ſich in ihrem Ord¬ nungsfanatismus über die Zänkereien der parlamentariſchen Ordnungspartei mit der Exekutivgewalt. Thiers, Angles, Saint Beuve u. ſ. w. erhielten nach ihrem Votum vom 18. Januar, bei Gelegenheit der Abſetzung Chan¬ garnier's, von ihren Mandatgebern gerade aus den induſtriellen Bezirken öffentliche Zurechtweiſungen, worin namentlich ihre Koalition mit der Montagne als Hochverrath an der Ordnung gegeißelt wurde. Wenn wir geſehn haben, daß die prahleriſchen Neckereien, die kleinlichen Intriguen, worin ſich der Kampf der Ordnungspartei mit dem Präſidenten kundgab, keine beſſere Auf¬ nahme verdienten, ſo war andererſeits dieſe Bourgeoispartei, die von ihren Vertretern verlangt, die Militärgewalt aus den Händen ihres eignen Parla¬
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verlangt. Der Präſident erklärt es in ſeiner Botſchaft an die legislative
Verſammlung, es tönt als Echo zurück von der nationalen Rednertribüne,
es wird betheuert von den Zeitungen, es wird verkündet von der Kanzel, es
wird bewieſen durch die Empfindlichkeit der Staats¬
papiere bei der geringſten Ausſicht auf Störung, durch
ihre Feſtigkeit, ſo oft die Exekutivgewalt ſiegt.“
In ſeiner Nummer vom 29. November 1851 erklärt der Oekono¬
miſt in ſeinem eignen Namen: „Auf allen Börſen von Europa
iſt der Präſident nun als die Schildwache der Ordnung
anerkannt.“ Die Finanzariſtokratie verdammte alſo den parlamentariſchen
Kampf der Ordnungspartei mit der Exekutivgewalt als eine Störung der
Ordnung, und feierte jeden Sieg des Präſidenten über ihre angeblichen
Repräſentanten als einen Sieg der Ordnung. Man muß hier unter
der Finanzariſtokratie nicht nur die großen Anleihunternehmer und Spekulanten
in Staatspapieren verſtehn, von denen es ſich ſofort begreift, daß ihr Intereſſe
mit dem Intereſſe der Staatsgewalt zuſammenfällt. Das ganze moderne Geld¬
geſchäft, die ganze Bankwirthſchaft iſt auf das Innigſte mit dem öffentlichen
Kredit verwebt. Ein Theil ihres Geſchäftskapitals wird nothwendig in ſchnell
konvertiblen Staatspapieren angelegt und verzinſt. Ihre Depoſiten, das ihnen
zur Verfügung geſtellte und von ihnen unter Kaufleute und Induſtrielle ver¬
theilte Kapital ſtrömt theilweis aus den Dividenden der Staatsrentner
her. Der ganze Geldmarkt und die Prieſter dieſes Geldmarkts, wenn zu
jeder Epoche die Stabilität der Staatsgewalt Moſes und die Propheten für
ſie bedeutet hat, wie nicht erſt heute, wo jede Sündfluth mit den alten
Staaten die alten Staatsſchulden wegzuſchwemmen droht?
Auch die induſtrielle Bourgeoiſie ärgerte ſich in ihrem Ord¬
nungsfanatismus über die Zänkereien der parlamentariſchen Ordnungspartei
mit der Exekutivgewalt. Thiers, Angles, Saint Beuve u. ſ. w. erhielten
nach ihrem Votum vom 18. Januar, bei Gelegenheit der Abſetzung Chan¬
garnier's, von ihren Mandatgebern gerade aus den induſtriellen Bezirken
öffentliche Zurechtweiſungen, worin namentlich ihre Koalition mit der Montagne
als Hochverrath an der Ordnung gegeißelt wurde. Wenn wir geſehn haben,
daß die prahleriſchen Neckereien, die kleinlichen Intriguen, worin ſich der
Kampf der Ordnungspartei mit dem Präſidenten kundgab, keine beſſere Auf¬
nahme verdienten, ſo war andererſeits dieſe Bourgeoispartei, die von ihren
Vertretern verlangt, die Militärgewalt aus den Händen ihres eignen Parla¬
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Diese zweite, von Marx überarbeitete Fassung des … [mehr]
Diese zweite, von Marx überarbeitete Fassung des "Brumaire" erschien 1869 in Hamburg. Sie ist die erste selbstständige Publikation des Textes, der zuerst als Heft 1 (1851) der Zeitschrift "Die Revolution. Eine Zeitschrift in zwanglosen Heften" erschien, und wurde daher gemäß den Leitlinien des DTA für die Digitalisierung zugrunde gelegt.
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Marx, Karl: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Aufl. Hamburg, 1869, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_bonaparte_1869/84>, abgerufen am 02.03.2025.
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