sein. Damit die Mehrarbeit den ganzen Arbeitstag absorbire (es handelt sich hier um den Durchschnittstag der Arbeitswoche, des Arbeitsjahrs u. s. w.), müsste die nothwendige Arbeit auf Null sinken. Verschwindet aber die nothwendige Arbeit, so verschwindet auch die Mehrarbeit, da letztre nur eine Funktion der erstern. Die Proportion = kann also niemals die Grenze erreichen und noch we- niger auf steigen. Wohl aber die Rate des Mehrwerths oder der wirkliche Exploitationsgrad der Arbeit. Nimm z. B. die Schätzung des Herrn L. de Lavergne, wonach der englische Ackerbauarbeiter nur 1/4, der Kapitalist (Pächter) dagegen 3/4 des Produkts18) oder seines Werths erhält, wie die Beute sich immer zwischen Kapitalist und Grund- eigenthümer u. s. w. nachträglich weiter vertheile. Die Mehrarbeit des englischen Landarbeiters verhält sich danach zu seiner nothwendigen Arbeit = 3 : 1, ein Prozentsatz der Exploitation von 300 %.
Die Schulmethode, den Arbeitstag als constante Grösse zu be- handeln, wurde durch Anwendung der Formeln II) befestigt, weil man hier die Mehrarbeit stets mit einem Arbeitstag von gegebner Grösse vergleicht. Ebenso, wenn die Theilung des Werthprodukts ausschliesslich in's Auge gefasst wird. Der Arbeitstag, der sich bereits in einem Werth- produkt vergegenständlicht hat, ist stets ein Arbeitstag von gegebnen Grenzen.
Die Darstellung von Mehrwerth und Werth der Arbeitskraft als Bruchtheilen des Werthprodukts -- eine Darstellungsweise, die übrigens aus der kapitalistischen Produktionsweise selbst erwächst und deren Be- deutung sich später erschliessen wird -- versteckt den spezifischen Charakter des Kapitalverhältnisses, nämlich den Austausch des variablen Kapitals mit der lebendigen Arbeitskraft, und den entsprechenden Ausschluss des Arbeiters vom Produkt. An die Stelle tritt der
18) Der Theil des Produkts, der nur das ausgelegte constante Kapital ersetzt, ist bei dieser Rechnung selbstverständlich abgezogen. -- Herr L. de Lavergne, blinder Bewunderer Englands, giebt eher zu niedriges als zu hohes Verhältniss.
sein. Damit die Mehrarbeit den ganzen Arbeitstag absorbire (es handelt sich hier um den Durchschnittstag der Arbeitswoche, des Arbeitsjahrs u. s. w.), müsste die nothwendige Arbeit auf Null sinken. Verschwindet aber die nothwendige Arbeit, so verschwindet auch die Mehrarbeit, da letztre nur eine Funktion der erstern. Die Proportion = kann also niemals die Grenze erreichen und noch we- niger auf steigen. Wohl aber die Rate des Mehrwerths oder der wirkliche Exploitationsgrad der Arbeit. Nimm z. B. die Schätzung des Herrn L. de Lavergne, wonach der englische Ackerbauarbeiter nur ¼, der Kapitalist (Pächter) dagegen ¾ des Produkts18) oder seines Werths erhält, wie die Beute sich immer zwischen Kapitalist und Grund- eigenthümer u. s. w. nachträglich weiter vertheile. Die Mehrarbeit des englischen Landarbeiters verhält sich danach zu seiner nothwendigen Arbeit = 3 : 1, ein Prozentsatz der Exploitation von 300 %.
Die Schulmethode, den Arbeitstag als constante Grösse zu be- handeln, wurde durch Anwendung der Formeln II) befestigt, weil man hier die Mehrarbeit stets mit einem Arbeitstag von gegebner Grösse vergleicht. Ebenso, wenn die Theilung des Werthprodukts ausschliesslich in’s Auge gefasst wird. Der Arbeitstag, der sich bereits in einem Werth- produkt vergegenständlicht hat, ist stets ein Arbeitstag von gegebnen Grenzen.
Die Darstellung von Mehrwerth und Werth der Arbeitskraft als Bruchtheilen des Werthprodukts — eine Darstellungsweise, die übrigens aus der kapitalistischen Produktionsweise selbst erwächst und deren Be- deutung sich später erschliessen wird — versteckt den spezifischen Charakter des Kapitalverhältnisses, nämlich den Austausch des variablen Kapitals mit der lebendigen Arbeitskraft, und den entsprechenden Ausschluss des Arbeiters vom Produkt. An die Stelle tritt der
18) Der Theil des Produkts, der nur das ausgelegte constante Kapital ersetzt, ist bei dieser Rechnung selbstverständlich abgezogen. — Herr L. de Lavergne, blinder Bewunderer Englands, giebt eher zu niedriges als zu hohes Verhältniss.
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des Herrn L. de Lavergne, wonach der englische Ackerbauarbeiter nur
¼, der Kapitalist (Pächter) dagegen ¾ des Produkts 18) oder seines
Werths erhält, wie die Beute sich immer zwischen Kapitalist und Grund-
eigenthümer u. s. w. nachträglich weiter vertheile. Die Mehrarbeit des
englischen Landarbeiters verhält sich danach zu seiner nothwendigen Arbeit
= 3 : 1, ein Prozentsatz der Exploitation von 300 %.
Die Schulmethode, den Arbeitstag als constante Grösse zu be-
handeln, wurde durch Anwendung der Formeln II) befestigt, weil man hier
die Mehrarbeit stets mit einem Arbeitstag von gegebner Grösse vergleicht.
Ebenso, wenn die Theilung des Werthprodukts ausschliesslich
in’s Auge gefasst wird. Der Arbeitstag, der sich bereits in einem Werth-
produkt vergegenständlicht hat, ist stets ein Arbeitstag von gegebnen
Grenzen.
Die Darstellung von Mehrwerth und Werth der Arbeitskraft als
Bruchtheilen des Werthprodukts — eine Darstellungsweise, die übrigens
aus der kapitalistischen Produktionsweise selbst erwächst und deren Be-
deutung sich später erschliessen wird — versteckt den spezifischen
Charakter des Kapitalverhältnisses, nämlich den Austausch des variablen
Kapitals mit der lebendigen Arbeitskraft, und den entsprechenden
Ausschluss des Arbeiters vom Produkt. An die Stelle tritt der
18) Der Theil des Produkts, der nur das ausgelegte constante Kapital ersetzt,
ist bei dieser Rechnung selbstverständlich abgezogen. — Herr L. de Lavergne,
blinder Bewunderer Englands, giebt eher zu niedriges als zu hohes Verhältniss.
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/537>, abgerufen am 22.11.2024.
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