zu kritisiren hatten. Wir waren so unwissend, dass wir die rheinischen Abgeordneten befrugen, wer denn dieser Rodbertus sei, der so plötzlich Minister geworden. Aber auch diese wussten nichts von den ökonomischen Schriften Rodbertus' zu verrathen. Dass da- gegen Marx, auch ohne Rodbertus' Hülfe, schon damals sehr gut wusste, nicht nur woher, sondern auch wie "der Mehrwerth des Kapitalisten entspringt", beweisen die "Misere de la Philosophie", 1847, und die, 1847 in Brüssel gehaltnen und 1849 in der "Neuen Rheinischen Zeitung", No. 264--69, veröffentlichten Vorträge über Lohnarbeit und Kapital. Erst durch Lassalle erfuhr Marx gegen 1859 dass es auch einen Oekonomen Rodbertus gebe, und fand dann dessen "dritten socialen Brief" auf dem Britischen Museum.
Dies der thatsächliche Zusammenhang. Wie steht es nun mit dem Inhalt, um den Marx den Rodbertus "geplündert" haben soll? "Woraus der Mehrwerth des Kapitalisten entspringt", sagt Rodbertus, "habe ich in meinem 3. socialen Brief ebenso wie Marx, nur kürzer und klarer gezeigt." Also das ist der Kernpunkt: die Mehrwerths- theorie; und es ist in der That nicht zu sagen, was sonst Rodbertus bei Marx als sein Eigenthum allenfalls reklamiren könnte. Rodbertus erklärt sich hier also für den wirklichen Urheber der Mehrwerths- theorie, die Marx ihm geplündert habe.
Und was sagt uns der 3. sociale Brief über die Entstehung des Mehrwerths? Einfach, dass die "Rente", wie er Bodenrente und Profit zusammenfasst, nicht aus einem "Werthzuschlag" auf den Werth der Waare entstehe, sondern "in Folge eines Werthabzugs, den der Arbeitslohn erleidet, mit andren Worten: weil der Arbeits- lohn nur einen Theil des Werths des Produkts beträgt", und bei hinreichender Produktivität der Arbeit "nicht äqual dem natürlichen Tauschwerth ihres Produkts zu sein braucht, damit von diesem noch zu Kapitalersatz (!) und Rente übrig bleibt." Wobei uns nicht ge- sagt wird, was das für ein "natürlicher Tauschwerth" des Produkts ist, bei dem zu "Kapitalersatz", also doch wohl Ersatz des Rohstoffs und des Verschleisses der Werkzeuge nichts übrig bleibt.
Glücklicher Weise ist uns vergönnt zu konstatiren, welchen Eindruck diese epochemachende Entdeckung Rodbertus' auf Marx machte. Im Manuskript: "Zur Kritik etc." findet sich in Heft X,
zu kritisiren hatten. Wir waren so unwissend, dass wir die rheinischen Abgeordneten befrugen, wer denn dieser Rodbertus sei, der so plötzlich Minister geworden. Aber auch diese wussten nichts von den ökonomischen Schriften Rodbertus’ zu verrathen. Dass da- gegen Marx, auch ohne Rodbertus’ Hülfe, schon damals sehr gut wusste, nicht nur woher, sondern auch wie „der Mehrwerth des Kapitalisten entspringt“, beweisen die „Misère de la Philosophie“, 1847, und die, 1847 in Brüssel gehaltnen und 1849 in der „Neuen Rheinischen Zeitung“, No. 264—69, veröffentlichten Vorträge über Lohnarbeit und Kapital. Erst durch Lassalle erfuhr Marx gegen 1859 dass es auch einen Oekonomen Rodbertus gebe, und fand dann dessen „dritten socialen Brief“ auf dem Britischen Museum.
Dies der thatsächliche Zusammenhang. Wie steht es nun mit dem Inhalt, um den Marx den Rodbertus „geplündert“ haben soll? „Woraus der Mehrwerth des Kapitalisten entspringt“, sagt Rodbertus, „habe ich in meinem 3. socialen Brief ebenso wie Marx, nur kürzer und klarer gezeigt.“ Also das ist der Kernpunkt: die Mehrwerths- theorie; und es ist in der That nicht zu sagen, was sonst Rodbertus bei Marx als sein Eigenthum allenfalls reklamiren könnte. Rodbertus erklärt sich hier also für den wirklichen Urheber der Mehrwerths- theorie, die Marx ihm geplündert habe.
Und was sagt uns der 3. sociale Brief über die Entstehung des Mehrwerths? Einfach, dass die „Rente“, wie er Bodenrente und Profit zusammenfasst, nicht aus einem „Werthzuschlag“ auf den Werth der Waare entstehe, sondern „in Folge eines Werthabzugs, den der Arbeitslohn erleidet, mit andren Worten: weil der Arbeits- lohn nur einen Theil des Werths des Produkts beträgt“, und bei hinreichender Produktivität der Arbeit „nicht äqual dem natürlichen Tauschwerth ihres Produkts zu sein braucht, damit von diesem noch zu Kapitalersatz (!) und Rente übrig bleibt.“ Wobei uns nicht ge- sagt wird, was das für ein „natürlicher Tauschwerth“ des Produkts ist, bei dem zu „Kapitalersatz“, also doch wohl Ersatz des Rohstoffs und des Verschleisses der Werkzeuge nichts übrig bleibt.
Glücklicher Weise ist uns vergönnt zu konstatiren, welchen Eindruck diese epochemachende Entdeckung Rodbertus’ auf Marx machte. Im Manuskript: „Zur Kritik etc.“ findet sich in Heft X,
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[X/0016]
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der so plötzlich Minister geworden. Aber auch diese wussten nichts
von den ökonomischen Schriften Rodbertus’ zu verrathen. Dass da-
gegen Marx, auch ohne Rodbertus’ Hülfe, schon damals sehr gut
wusste, nicht nur woher, sondern auch wie „der Mehrwerth des
Kapitalisten entspringt“, beweisen die „Misère de la Philosophie“,
1847, und die, 1847 in Brüssel gehaltnen und 1849 in der „Neuen
Rheinischen Zeitung“, No. 264—69, veröffentlichten Vorträge über
Lohnarbeit und Kapital. Erst durch Lassalle erfuhr Marx gegen
1859 dass es auch einen Oekonomen Rodbertus gebe, und fand dann
dessen „dritten socialen Brief“ auf dem Britischen Museum.
Dies der thatsächliche Zusammenhang. Wie steht es nun mit
dem Inhalt, um den Marx den Rodbertus „geplündert“ haben soll?
„Woraus der Mehrwerth des Kapitalisten entspringt“, sagt Rodbertus,
„habe ich in meinem 3. socialen Brief ebenso wie Marx, nur kürzer
und klarer gezeigt.“ Also das ist der Kernpunkt: die Mehrwerths-
theorie; und es ist in der That nicht zu sagen, was sonst Rodbertus
bei Marx als sein Eigenthum allenfalls reklamiren könnte. Rodbertus
erklärt sich hier also für den wirklichen Urheber der Mehrwerths-
theorie, die Marx ihm geplündert habe.
Und was sagt uns der 3. sociale Brief über die Entstehung des
Mehrwerths? Einfach, dass die „Rente“, wie er Bodenrente und
Profit zusammenfasst, nicht aus einem „Werthzuschlag“ auf den
Werth der Waare entstehe, sondern „in Folge eines Werthabzugs,
den der Arbeitslohn erleidet, mit andren Worten: weil der Arbeits-
lohn nur einen Theil des Werths des Produkts beträgt“, und bei
hinreichender Produktivität der Arbeit „nicht äqual dem natürlichen
Tauschwerth ihres Produkts zu sein braucht, damit von diesem noch
zu Kapitalersatz (!) und Rente übrig bleibt.“ Wobei uns nicht ge-
sagt wird, was das für ein „natürlicher Tauschwerth“ des Produkts
ist, bei dem zu „Kapitalersatz“, also doch wohl Ersatz des Rohstoffs
und des Verschleisses der Werkzeuge nichts übrig bleibt.
Glücklicher Weise ist uns vergönnt zu konstatiren, welchen
Eindruck diese epochemachende Entdeckung Rodbertus’ auf Marx
machte. Im Manuskript: „Zur Kritik etc.“ findet sich in Heft X,
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Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. X. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/16>, abgerufen am 21.11.2024.
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