Wie der Leser aus den folgenden Angaben ersehen wird, war die Redaktionsarbeit wesentlich verschieden von der beim zweiten Buch. Für das dritte lag eben nur ein, noch dazu äusserst lücken- hafter, erster Entwurf vor. In der Regel waren die Anfänge jedes einzelnen Abschnitts ziemlich sorgfältig ausgearbeitet, auch meist stylistisch abgerundet. Je weiter man aber kam, desto skizzenmäßiger und lückenhafter wurde die Bearbeitung, desto mehr Exkurse über im Lauf der Untersuchung auftauchende Nebenpunkte enthielt sie, wofür die endgültige Stelle späterer Anordnung überlassen blieb, desto länger und verwickelter wurden die Perioden, worin die in statu nascendi niedergeschriebenen Gedanken sich aus- drückten. An mehreren Stellen verrathen Handschrift und Dar- stellung nur zu deutlich das Hereinbrechen und die allmäligen Fortschritte eines jener, aus Überarbeit entspringenden Krankheits- anfälle, die dem Verfasser selbständiges Arbeiten erst mehr und mehr erschwerten und endlich zeitweilig ganz unmöglich machten. Und kein Wunder. Zwischen 1863 und 1867 hatte Marx nicht nur die beiden letzten Bücher des Kapitals im Entwurf, und das erste Buch in druckfertiger Handschrift hergestellt, sondern auch noch die mit der Gründung und Ausbreitung der Internationalen Arbeiter-Association verknüpfte Riesenarbeit gethan. Dafür stellten sich aber auch schon 1864 und 65 ernste Anzeichen jener gesundheitlichen Störungen ein, die Schuld daran sind, dass Marx an das II. und III. Buch nicht selbst die letzte Hand gelegt hat.
Meine Arbeit begann damit, dass ich das ganze Manuskript aus dem, selbst für mich oft nur mühsam zu entziffernden, Original in eine leserliche Kopie hinüber diktirte, was schon eine ziemliche Zeit wegnahm. Erst dann konnte die eigentliche Redaktion beginnen. Ich habe diese auf das Nothwendigste beschränkt, habe den Charakter des ersten Entwurfs, überall wo es die Deutlichkeit zuliess, möglichst beibehalten, auch einzelne Wiederholungen nicht gestrichen, da wo sie, wie gewöhnlich bei Marx, den Gegenstand jedesmal von andrer Seite fassen, oder doch in andrer Ausdrucks- weise wiedergeben. Da, wo meine Änderungen oder Zusätze nicht bloss redaktioneller Natur sind, oder wo ich das von Marx gelieferte thatsächliche Material zu eignen, wenn auch möglichst im Marx'schen Geist gehaltnen Schlussfolgerungen verarbeiten
Wie der Leser aus den folgenden Angaben ersehen wird, war die Redaktionsarbeit wesentlich verschieden von der beim zweiten Buch. Für das dritte lag eben nur ein, noch dazu äusserst lücken- hafter, erster Entwurf vor. In der Regel waren die Anfänge jedes einzelnen Abschnitts ziemlich sorgfältig ausgearbeitet, auch meist stylistisch abgerundet. Je weiter man aber kam, desto skizzenmäßiger und lückenhafter wurde die Bearbeitung, desto mehr Exkurse über im Lauf der Untersuchung auftauchende Nebenpunkte enthielt sie, wofür die endgültige Stelle späterer Anordnung überlassen blieb, desto länger und verwickelter wurden die Perioden, worin die in statu nascendi niedergeschriebenen Gedanken sich aus- drückten. An mehreren Stellen verrathen Handschrift und Dar- stellung nur zu deutlich das Hereinbrechen und die allmäligen Fortschritte eines jener, aus Überarbeit entspringenden Krankheits- anfälle, die dem Verfasser selbständiges Arbeiten erst mehr und mehr erschwerten und endlich zeitweilig ganz unmöglich machten. Und kein Wunder. Zwischen 1863 und 1867 hatte Marx nicht nur die beiden letzten Bücher des Kapitals im Entwurf, und das erste Buch in druckfertiger Handschrift hergestellt, sondern auch noch die mit der Gründung und Ausbreitung der Internationalen Arbeiter-Association verknüpfte Riesenarbeit gethan. Dafür stellten sich aber auch schon 1864 und 65 ernste Anzeichen jener gesundheitlichen Störungen ein, die Schuld daran sind, dass Marx an das II. und III. Buch nicht selbst die letzte Hand gelegt hat.
Meine Arbeit begann damit, dass ich das ganze Manuskript aus dem, selbst für mich oft nur mühsam zu entziffernden, Original in eine leserliche Kopie hinüber diktirte, was schon eine ziemliche Zeit wegnahm. Erst dann konnte die eigentliche Redaktion beginnen. Ich habe diese auf das Nothwendigste beschränkt, habe den Charakter des ersten Entwurfs, überall wo es die Deutlichkeit zuliess, möglichst beibehalten, auch einzelne Wiederholungen nicht gestrichen, da wo sie, wie gewöhnlich bei Marx, den Gegenstand jedesmal von andrer Seite fassen, oder doch in andrer Ausdrucks- weise wiedergeben. Da, wo meine Änderungen oder Zusätze nicht bloss redaktioneller Natur sind, oder wo ich das von Marx gelieferte thatsächliche Material zu eignen, wenn auch möglichst im Marx’schen Geist gehaltnen Schlussfolgerungen verarbeiten
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Wie der Leser aus den folgenden Angaben ersehen wird, war
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Buch. Für das dritte lag eben nur ein, noch dazu äusserst lücken-
hafter, erster Entwurf vor. In der Regel waren die Anfänge jedes
einzelnen Abschnitts ziemlich sorgfältig ausgearbeitet, auch meist
stylistisch abgerundet. Je weiter man aber kam, desto skizzenmäßiger
und lückenhafter wurde die Bearbeitung, desto mehr Exkurse über
im Lauf der Untersuchung auftauchende Nebenpunkte enthielt
sie, wofür die endgültige Stelle späterer Anordnung überlassen
blieb, desto länger und verwickelter wurden die Perioden, worin
die in statu nascendi niedergeschriebenen Gedanken sich aus-
drückten. An mehreren Stellen verrathen Handschrift und Dar-
stellung nur zu deutlich das Hereinbrechen und die allmäligen
Fortschritte eines jener, aus Überarbeit entspringenden Krankheits-
anfälle, die dem Verfasser selbständiges Arbeiten erst mehr und
mehr erschwerten und endlich zeitweilig ganz unmöglich machten.
Und kein Wunder. Zwischen 1863 und 1867 hatte Marx nicht
nur die beiden letzten Bücher des Kapitals im Entwurf, und das
erste Buch in druckfertiger Handschrift hergestellt, sondern auch
noch die mit der Gründung und Ausbreitung der Internationalen
Arbeiter-Association verknüpfte Riesenarbeit gethan. Dafür stellten
sich aber auch schon 1864 und 65 ernste Anzeichen jener
gesundheitlichen Störungen ein, die Schuld daran sind, dass Marx
an das II. und III. Buch nicht selbst die letzte Hand gelegt hat.
Meine Arbeit begann damit, dass ich das ganze Manuskript aus
dem, selbst für mich oft nur mühsam zu entziffernden, Original in
eine leserliche Kopie hinüber diktirte, was schon eine ziemliche
Zeit wegnahm. Erst dann konnte die eigentliche Redaktion
beginnen. Ich habe diese auf das Nothwendigste beschränkt, habe
den Charakter des ersten Entwurfs, überall wo es die Deutlichkeit
zuliess, möglichst beibehalten, auch einzelne Wiederholungen nicht
gestrichen, da wo sie, wie gewöhnlich bei Marx, den Gegenstand
jedesmal von andrer Seite fassen, oder doch in andrer Ausdrucks-
weise wiedergeben. Da, wo meine Änderungen oder Zusätze nicht
bloss redaktioneller Natur sind, oder wo ich das von Marx
gelieferte thatsächliche Material zu eignen, wenn auch möglichst
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. V. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/11>, abgerufen am 21.11.2024.
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