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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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bis zu Ende des Batavischen Krieges.
ietzigem Vyck te Duurstede angegangen, und eben derselbe sey, den Civilis nach-
mahls einreissen lassen1. L. Vetus, Stadthalter in Ober-Germanien, unter-
nahm noch ein grösser Werck, und wollte die Saone, und die Mosel, so beyde nicht
weit von einander, in dem heutigen Lothringen, entspringen, durch einem Graben zu-
sammen führen, um die Zufuhr aus Jtalien zu erleichtern. Nach welchem An-
schlage, die Römischen Armeen, über das mittelländische Meer, in die Rhone, und
Saone, und ferner, durch diesen Graben, über die Mosel, auf den Rhein, hätten kön-
nen gebracht werden. Aber Aelius Gracilis, Stadthalter im Belgischen Galli-
en, dazu die Gegend, in welcher beyde Flüsse entspringen, gehörete, wollte nicht
leiden, daß Vetus die Legionen in seine Provintz führen möchte, und stellete da-
gegen vor, diese Sache würde mehr den Galliern, als den Römern, zu Nutzen gerei-
chen, und ihn bey dem Käiser verdächtig machen können*. Henricus IV. König
in Franckreich hat, nach dem mit Spanien 1598 geschlossenen Frieden, eben die-
sen Vorsatz gehabt, so aber ebenfalls nicht zu Stande gekommen2.

XXXIV. Die Ruhe der Römer minderte allmählig die Furcht, so dieStreitigkeiten
mit den Frie-
sen. Die Frie-
sischen Printzen,
Verritus und
Malorix, rei-
sen nach Rom.

Teutschen bisher für ihnen gehabt hatten. Die Friesen hätten bald zu erst ange-
bunden. Es lag am rechten Ufer des Rheins, oberhalb des Grabens, den Dru-
sus
aus dem Rhein in die Yssel geführet, ein grosser Strich Landes wüste: das
vormahls die Chamavier, nach ihnen die Tubanter, und zuletzt die Usipeter bewoh-
net hatten. Die Römer, so es für ein Theil ihrer Sicherheit hielten, wenn selbige
Gräntzen nicht starck bewohnet würden, wollten es nicht wieder anbauen lassen,
und die in Nieder-Germanien liegenden Legionen, trieben daselbst ihr Vieh und ih-
re Pferde auf die Weide. Jetzo aber nahmen es die Friesen in Besitz. Und da
Avitus, der indessen Paullino in Nieder-Germanien gefolget, ihnen wissen ließ,
daß sie entweder die Erlaubniß dazu von Rom erhalten müsten, oder er Gewalt
wieder sie brauchen würde, übernahmen die beyden Häupter der Friesen, Verri-
tus
und Malorix, selbst eine Reise nach Rom. Weil sie ihre Abfertigung beym
Käiser Nerone nicht so bald erhielten, besahen sie indessen was Rom bewunderns-
würdiges in sich hielte. Unter andern führete man sie eins in das Theatrum Pom-

peii,
[Beginn Spaltensatz] Wie denn seiner, und des Königes der Hermundurer,
in den Römischen Kriegen, daran sie Theil genommen,
immer zugleich gedacht wird. Aus dem loco taci-
ti
not.
5. erhellet, daß diese Printzen mit dem alten
Königlichen Hause verwandt gewesen, aber daß zu der
Zeit, als tacitvs sein Buch de M. G. geschrie-
ben, fremde Printzen über beyde Nationen geherrschet.
tacitvs H. L. III. c. 5. Trahuntur in
partes Sido, atque Italicus, Reges Sueuorum, qui
uetus obsequium erga Romanos: & gens fidei commis-
sae patientior.
idem c. 31. Sido, atque Italicus,
Sueui, cum delectis popularium, primori in acie uersa-
bantur.
tacitvs de M. G. c. 42. Marcomannis,
Quadisque, usque ad nostram memoriam, Reges man-
[Spaltenumbruch] serunt ex gente ipsorum; nobile Marobodui, & Tudri,
genus: iam & externos patiuntur. Sed uis, & po-
tentia, Regibus ex autoritate Romana: raro armis
nostris, saepius pecunia iuvantur.
Jn einigen Codi-
cibus
stehet, an statt Tudri, Trudi. Von diesem
letzteren Namen findet man mehrere Spuhren in der
Teutschen Sprachen, in welcher die Namen Trud-
mann, Gertrud, Adeltrud etc.
bekannt sind. Der
Name Marobod hat sich auch lange in Schlesien con-
serviret, wovon Herr Sommer Exempel anführet de
regno Vannii c. 11. §. 5. not.
4.
1 §. XXXIII. 1. Conf. m. altingivs l. c.
Tab. IV. p.
55.
* tacitvs Ann. L. XIII. c. 53.
2 vid. avrelivs ad h. l. Taciti.
[Ende Spaltensatz]
§. XXXIV.
P

bis zu Ende des Bataviſchen Krieges.
ietzigem Vyck te Duurſtede angegangen, und eben derſelbe ſey, den Civilis nach-
mahls einreiſſen laſſen1. L. Vetus, Stadthalter in Ober-Germanien, unter-
nahm noch ein groͤſſer Werck, und wollte die Saone, und die Moſel, ſo beyde nicht
weit von einander, in dem heutigen Lothringen, entſpringen, durch einem Graben zu-
ſammen fuͤhren, um die Zufuhr aus Jtalien zu erleichtern. Nach welchem An-
ſchlage, die Roͤmiſchen Armeen, uͤber das mittellaͤndiſche Meer, in die Rhone, und
Saone, und ferner, durch dieſen Graben, uͤber die Moſel, auf den Rhein, haͤtten koͤn-
nen gebracht werden. Aber Aelius Gracilis, Stadthalter im Belgiſchen Galli-
en, dazu die Gegend, in welcher beyde Fluͤſſe entſpringen, gehoͤrete, wollte nicht
leiden, daß Vetus die Legionen in ſeine Provintz fuͤhren moͤchte, und ſtellete da-
gegen vor, dieſe Sache wuͤrde mehr den Galliern, als den Roͤmern, zu Nutzen gerei-
chen, und ihn bey dem Kaͤiſer verdaͤchtig machen koͤnnen*. Henricus IV. Koͤnig
in Franckreich hat, nach dem mit Spanien 1598 geſchloſſenen Frieden, eben die-
ſen Vorſatz gehabt, ſo aber ebenfalls nicht zu Stande gekommen2.

XXXIV. Die Ruhe der Roͤmer minderte allmaͤhlig die Furcht, ſo dieStreitigkeitẽ
mit den Frie-
ſen. Die Frie-
ſiſchẽ Printzẽ,
Verritus und
Malorix, rei-
ſen nach Rom.

Teutſchen bisher fuͤr ihnen gehabt hatten. Die Frieſen haͤtten bald zu erſt ange-
bunden. Es lag am rechten Ufer des Rheins, oberhalb des Grabens, den Dru-
ſus
aus dem Rhein in die Yſſel gefuͤhret, ein groſſer Strich Landes wuͤſte: das
vormahls die Chamavier, nach ihnen die Tubanter, und zuletzt die Uſipeter bewoh-
net hatten. Die Roͤmer, ſo es fuͤr ein Theil ihrer Sicherheit hielten, wenn ſelbige
Graͤntzen nicht ſtarck bewohnet wuͤrden, wollten es nicht wieder anbauen laſſen,
und die in Nieder-Germanien liegenden Legionen, trieben daſelbſt ihr Vieh und ih-
re Pferde auf die Weide. Jetzo aber nahmen es die Frieſen in Beſitz. Und da
Avitus, der indeſſen Paullino in Nieder-Germanien gefolget, ihnen wiſſen ließ,
daß ſie entweder die Erlaubniß dazu von Rom erhalten muͤſten, oder er Gewalt
wieder ſie brauchen wuͤrde, uͤbernahmen die beyden Haͤupter der Frieſen, Verri-
tus
und Malorix, ſelbſt eine Reiſe nach Rom. Weil ſie ihre Abfertigung beym
Kaͤiſer Nerone nicht ſo bald erhielten, beſahen ſie indeſſen was Rom bewunderns-
wuͤrdiges in ſich hielte. Unter andern fuͤhrete man ſie eins in das Theatrum Pom-

peii,
[Beginn Spaltensatz] Wie denn ſeiner, und des Koͤniges der Hermundurer,
in den Roͤmiſchen Kriegen, daran ſie Theil genommen,
immer zugleich gedacht wird. Aus dem loco taci-
ti
not.
5. erhellet, daß dieſe Printzen mit dem alten
Koͤniglichen Hauſe verwandt geweſen, aber daß zu der
Zeit, als tacitvs ſein Buch de M. G. geſchrie-
ben, fremde Printzen uͤber beyde Nationen geherrſchet.
tacitvs H. L. III. c. 5. Trahuntur in
partes Sido, atque Italicus, Reges Sueuorum, qui
uetus obſequium erga Romanos: & gens fidei commiſ-
ſae patientior.
idem c. 31. Sido, atque Italicus,
Sueui, cum delectis popularium, primori in acie uerſa-
bantur.
tacitvs de M. G. c. 42. Marcomannis,
Quadisque, usque ad noſtram memoriam, Reges man-
[Spaltenumbruch] ſerunt ex gente ipſorum; nobile Marobodui, & Tudri,
genus: iam & externos patiuntur. Sed uis, & po-
tentia, Regibus ex autoritate Romana: raro armis
noſtris, ſaepius pecunia iuvantur.
Jn einigen Codi-
cibus
ſtehet, an ſtatt Tudri, Trudi. Von dieſem
letzteren Namen findet man mehrere Spuhren in der
Teutſchen Sprachen, in welcher die Namen Trud-
mann, Gertrud, Adeltrud ꝛc.
bekannt ſind. Der
Name Marobod hat ſich auch lange in Schleſien con-
ſerviret, wovon Herr Sommer Exempel anfuͤhret de
regno Vannii c. 11. §. 5. not.
4.
1 §. XXXIII. 1. Conf. m. altingivs l. c.
Tab. IV. p.
55.
* tacitvs Ann. L. XIII. c. 53.
2 vid. avrelivs ad h. l. Taciti.
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§. XXXIV.
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[113/0147] bis zu Ende des Bataviſchen Krieges. ietzigem Vyck te Duurſtede angegangen, und eben derſelbe ſey, den Civilis nach- mahls einreiſſen laſſen 1. L. Vetus, Stadthalter in Ober-Germanien, unter- nahm noch ein groͤſſer Werck, und wollte die Saone, und die Moſel, ſo beyde nicht weit von einander, in dem heutigen Lothringen, entſpringen, durch einem Graben zu- ſammen fuͤhren, um die Zufuhr aus Jtalien zu erleichtern. Nach welchem An- ſchlage, die Roͤmiſchen Armeen, uͤber das mittellaͤndiſche Meer, in die Rhone, und Saone, und ferner, durch dieſen Graben, uͤber die Moſel, auf den Rhein, haͤtten koͤn- nen gebracht werden. Aber Aelius Gracilis, Stadthalter im Belgiſchen Galli- en, dazu die Gegend, in welcher beyde Fluͤſſe entſpringen, gehoͤrete, wollte nicht leiden, daß Vetus die Legionen in ſeine Provintz fuͤhren moͤchte, und ſtellete da- gegen vor, dieſe Sache wuͤrde mehr den Galliern, als den Roͤmern, zu Nutzen gerei- chen, und ihn bey dem Kaͤiſer verdaͤchtig machen koͤnnen *. Henricus IV. Koͤnig in Franckreich hat, nach dem mit Spanien 1598 geſchloſſenen Frieden, eben die- ſen Vorſatz gehabt, ſo aber ebenfalls nicht zu Stande gekommen 2. XXXIV. Die Ruhe der Roͤmer minderte allmaͤhlig die Furcht, ſo die Teutſchen bisher fuͤr ihnen gehabt hatten. Die Frieſen haͤtten bald zu erſt ange- bunden. Es lag am rechten Ufer des Rheins, oberhalb des Grabens, den Dru- ſus aus dem Rhein in die Yſſel gefuͤhret, ein groſſer Strich Landes wuͤſte: das vormahls die Chamavier, nach ihnen die Tubanter, und zuletzt die Uſipeter bewoh- net hatten. Die Roͤmer, ſo es fuͤr ein Theil ihrer Sicherheit hielten, wenn ſelbige Graͤntzen nicht ſtarck bewohnet wuͤrden, wollten es nicht wieder anbauen laſſen, und die in Nieder-Germanien liegenden Legionen, trieben daſelbſt ihr Vieh und ih- re Pferde auf die Weide. Jetzo aber nahmen es die Frieſen in Beſitz. Und da Avitus, der indeſſen Paullino in Nieder-Germanien gefolget, ihnen wiſſen ließ, daß ſie entweder die Erlaubniß dazu von Rom erhalten muͤſten, oder er Gewalt wieder ſie brauchen wuͤrde, uͤbernahmen die beyden Haͤupter der Frieſen, Verri- tus und Malorix, ſelbſt eine Reiſe nach Rom. Weil ſie ihre Abfertigung beym Kaͤiſer Nerone nicht ſo bald erhielten, beſahen ſie indeſſen was Rom bewunderns- wuͤrdiges in ſich hielte. Unter andern fuͤhrete man ſie eins in das Theatrum Pom- peii, 3 4 5 Streitigkeitẽ mit den Frie- ſen. Die Frie- ſiſchẽ Printzẽ, Verritus und Malorix, rei- ſen nach Rom. 1 §. XXXIII. 1. Conf. m. altingivs l. c. Tab. IV. p. 55. * tacitvs Ann. L. XIII. c. 53. 2 vid. avrelivs ad h. l. Taciti. §. XXXIV. 3 Wie denn ſeiner, und des Koͤniges der Hermundurer, in den Roͤmiſchen Kriegen, daran ſie Theil genommen, immer zugleich gedacht wird. Aus dem loco taci- ti not. 5. erhellet, daß dieſe Printzen mit dem alten Koͤniglichen Hauſe verwandt geweſen, aber daß zu der Zeit, als tacitvs ſein Buch de M. G. geſchrie- ben, fremde Printzen uͤber beyde Nationen geherrſchet. 4 tacitvs H. L. III. c. 5. Trahuntur in partes Sido, atque Italicus, Reges Sueuorum, qui uetus obſequium erga Romanos: & gens fidei commiſ- ſae patientior. idem c. 31. Sido, atque Italicus, Sueui, cum delectis popularium, primori in acie uerſa- bantur. 5 tacitvs de M. G. c. 42. Marcomannis, Quadisque, usque ad noſtram memoriam, Reges man- ſerunt ex gente ipſorum; nobile Marobodui, & Tudri, genus: iam & externos patiuntur. Sed uis, & po- tentia, Regibus ex autoritate Romana: raro armis noſtris, ſaepius pecunia iuvantur. Jn einigen Codi- cibus ſtehet, an ſtatt Tudri, Trudi. Von dieſem letzteren Namen findet man mehrere Spuhren in der Teutſchen Sprachen, in welcher die Namen Trud- mann, Gertrud, Adeltrud ꝛc. bekannt ſind. Der Name Marobod hat ſich auch lange in Schleſien con- ſerviret, wovon Herr Sommer Exempel anfuͤhret de regno Vannii c. 11. §. 5. not. 4. P

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/147>, abgerufen am 21.11.2024.