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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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bis zur grossen Wanderung der Völcker.
Scribent, der zu Ludovici Pii Zeiten von Kirchen-Sachen geschrieben, er-
zehlet , wie er gehöret, daß an einigen Orten des alten Scythiens, inson-
derheit zu Tomis, noch eben dieselbe Sprache beym Gottesdienst beybehalten
würde . Was sonst die Gothische Ubersetzung anbetrifft, so gedenckt wa-
lafridvs strabo,
daß die übrigen Teutschen sich derselben mit bedie-
net, und daher viel Wörter, so ursprünglich Griechisch, in die Teutsche
Sprache gekommen. Es ist aber von solcher Ubersetzung nichts, als die vier
Evangelien, und zwar auch diese etwas zerstümmelt, erhalten, oder wenig-
stens bisher entdecket worden 15. Und stehet es dahin, wie Joseph Scaliger 16
berichtet gewesen, als er geschrieben, die Reste der Gothen, so unter den
Precopenser Tartern wären, hätten noch ihre gantze Bibel. Man erkennet
in gedachter Gothischen Ubersetzung der Evangelien eine besondere Mund-Art

der
[Beginn Spaltensatz] Jn selbiger läßt sich der Verfasser, unter Augustini
Person, folgender gestalt vernehmen: Si minime li-
[c]et patris & filii & spiritus sancti unam substan-
tiam lingua exseri Graeca, ergo nec deum lau-
dari decet & barbara. Sicut enim Graeca lin-
gua, quod est
dmou'sion, una dicitur, uel creditur, a
fidelibus, trinitatis omnino substantia, sic una ro-
gatur, ut misereatur, a cunctis latinis, & barbaris
unius dei natura, ut a laudibus dei unius nec
ipsa lingua barbara sit ullatenus aliena. Latine
enim dicitur, domine miserere. Sola ergo mise-
ricordia haec ab ipso uno deo, patre & filio &
spiritu sancto, lingua debet Hebraea, uel Graeca
aut ipsa ad postremum postulari Latina, non au-
tem & barbara. Sin licet dicere non solum bar-
baris lingua sua, sed etiam Romanis, SIHORA
ARMEN,
quod interpretatur, domine misere-
re, cur non liceret in conciliis patrum, in ipsa
terra Graecorum, unde ubique destinata est fides,
lingua propria
dmou'sion confiteri, quod est patris,
& filii, & spiritus sancti una substantia?
Uber
die Worte, Sihora Armen, haben die Gelehrten
verschiedene Gedancken gehabt: stephanvs
stephanivs
in not. ad Saxonem gramma-
ticum p.
219. meynet, man müsse lesen: Her
thig forbarme. ivnivs
will in seinem glossa-
rio Gothico IX.
65. Sigora armai gelesen wis-
sen, und will gefunden haben, daß in den ältesten
Teutschen Schrifften das Wort Sigora, welches
von Sieg kommt, bisweilen in dem Verstand als
triumphator, Sieger, oder auch dominus gebrau-
chet worden. Acmai ist der imperatiuus von dem
Wort Arman, erbarmen, welches in der
Gothischen, Alt-Fränckischen und Angel-Sächsi-
schen Mund-Art gebräuchlich gewesen. Aber ein
[Spaltenumbruch] anderer gelehrter Kenner dieser Sprachen muth-
masset, es müsse heissen: fan sigora ar-
mai.
Domine uictoriarum miserere.
Weil
dieses Gespräch eingerichtet ist, als wenn es in A-
frica wäre gehalten worden, so scheinet es, daß
man durch die barbaros, eher die in Africa her-
schende Vandalen, als, nach der Meinung erasmi,
die Gothen zu verstehen habe.
15 Das Manuscript, so vormals in der Büche-
rey des Kloster Werden gestanden, wird ietzo in der
Bibliothec zu Upsal aufgehoben, und ist den Ge-
lehrten, unter dem Namen des codicis argentei,
(weil es einen Band aus dichtem Silber hat) be-
kant. Man hat es der rühmlichen Aufmercksam-
keit der Schweden für alle Nordliche Alterthümer
zu dancken, daß dieser Schatz ans Licht gekommen,
und zwar in Gothischer Schrifft, zugleich mit der
Angel-Sächsischen Ubersetzung, und thomae
mareschalli
glossario Gothico,
zu Dort
1665 in 4. welche Auflage 1684. zu Amsterdam wie-
derholet worden. Hernach hat georgivs
stirnhielm,
Königl. Schwedischer Krieges-
Rath und praeses im collegio antiquitatum, sie
mit Lateinischen Buchstaben, nebst der Schwedischen,
Jsländischen, und der gemeinen Lateinischen Uber-
setzung, mit einer gelehrten Vorrede und glossario,
zu Stockholm 1671. in 4. drucken lassen. conf.
ge. friderici hevpelii dissertatio de
Vlphila, seu uersione IV. euangelistarum Go-
thica.
16 iosephvs scaliger canonum
isagogicorum L. III. p. 347. Etiamnum
in iisdem regionibus degunt sub Praecopensi

[Ende Spaltensatz]
Tartarorum
S s 2

bis zur groſſen Wanderung der Voͤlcker.
Scribent, der zu Ludovici Pii Zeiten von Kirchen-Sachen geſchrieben, er-
zehlet , wie er gehoͤret, daß an einigen Orten des alten Scythiens, inſon-
derheit zu Tomis, noch eben dieſelbe Sprache beym Gottesdienſt beybehalten
wuͤrde . Was ſonſt die Gothiſche Uberſetzung anbetrifft, ſo gedenckt wa-
lafridvs strabo,
daß die uͤbrigen Teutſchen ſich derſelben mit bedie-
net, und daher viel Woͤrter, ſo urſpruͤnglich Griechiſch, in die Teutſche
Sprache gekommen. Es iſt aber von ſolcher Uberſetzung nichts, als die vier
Evangelien, und zwar auch dieſe etwas zerſtuͤmmelt, erhalten, oder wenig-
ſtens bisher entdecket worden 15. Und ſtehet es dahin, wie Joſeph Scaliger 16
berichtet geweſen, als er geſchrieben, die Reſte der Gothen, ſo unter den
Precopenſer Tartern waͤren, haͤtten noch ihre gantze Bibel. Man erkennet
in gedachter Gothiſchen Uberſetzung der Evangelien eine beſondere Mund-Art

der
[Beginn Spaltensatz] Jn ſelbiger laͤßt ſich der Verfaſſer, unter Auguſtini
Perſon, folgender geſtalt vernehmen: Si minime li-
[c]et patris & filii & ſpiritus ſancti unam ſubſtan-
tiam lingua exſeri Graeca, ergo nec deum lau-
dari decet & barbara. Sicut enim Graeca lin-
gua, quod eſt
δμου´σιον, una dicitur, uel creditur, a
fidelibus, trinitatis omnino ſubſtantia, ſic una ro-
gatur, ut miſereatur, a cunctis latinis, & barbaris
unius dei natura, ut a laudibus dei unius nec
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enim dicitur, domine miſerere. Sola ergo miſe-
ricordia haec ab ipſo uno deo, patre & filio &
ſpiritu ſancto, lingua debet Hebraea, uel Graeca
aut ipſa ad poſtremum poſtulari Latina, non au-
tem & barbara. Sin licet dicere non ſolum bar-
baris lingua ſua, ſed etiam Romanis, SIHORA
ARMEN,
quod interpretatur, domine miſere-
re, cur non liceret in conciliis patrum, in ipſa
terra Graecorum, unde ubique deſtinata eſt fides,
lingua propria
δμου´σιον confiteri, quod eſt patris,
& filii, & ſpiritus ſancti una ſubſtantia?
Uber
die Worte, Sihora Armen, haben die Gelehrten
verſchiedene Gedancken gehabt: stephanvs
stephanivs
in not. ad Saxonem gramma-
ticum p.
219. meynet, man muͤſſe leſen: Her
thig forbarme. ivnivs
will in ſeinem gloſſa-
rio Gothico IX.
65. Sigora armai geleſen wiſ-
ſen, und will gefunden haben, daß in den aͤlteſten
Teutſchen Schrifften das Wort Sigora, welches
von Sieg kommt, bisweilen in dem Verſtand als
triumphator, Sieger, oder auch dominus gebrau-
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Wort Arman, erbarmen, welches in der
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[Spaltenumbruch] anderer gelehrter Kenner dieſer Sprachen muth-
maſſet, es muͤſſe heiſſen: fan sigora ar-
mai.
Domine uictoriarum miſerere.
Weil
dieſes Geſpraͤch eingerichtet iſt, als wenn es in A-
frica waͤre gehalten worden, ſo ſcheinet es, daß
man durch die barbaros, eher die in Africa her-
ſchende Vandalen, als, nach der Meinung erasmi,
die Gothen zu verſtehen habe.
15 Das Manuſcript, ſo vormals in der Buͤche-
rey des Kloſter Werden geſtanden, wird ietzo in der
Bibliothec zu Upſal aufgehoben, und iſt den Ge-
lehrten, unter dem Namen des codicis argentei,
(weil es einen Band aus dichtem Silber hat) be-
kant. Man hat es der ruͤhmlichen Aufmerckſam-
keit der Schweden fuͤr alle Nordliche Alterthuͤmer
zu dancken, daß dieſer Schatz ans Licht gekommen,
und zwar in Gothiſcher Schrifft, zugleich mit der
Angel-Saͤchſiſchen Uberſetzung, und thomae
mareschalli
gloſſario Gothico,
zu Dort
1665 in 4. welche Auflage 1684. zu Amſterdam wie-
derholet worden. Hernach hat georgivs
stirnhielm,
Koͤnigl. Schwediſcher Krieges-
Rath und praeſes im collegio antiquitatum, ſie
mit Lateiniſchen Buchſtaben, nebſt der Schwediſchen,
Jslaͤndiſchen, und der gemeinen Lateiniſchen Uber-
ſetzung, mit einer gelehrten Vorrede und gloſſario,
zu Stockholm 1671. in 4. drucken laſſen. conf.
ge. friderici hevpelii diſſertatio de
Vlphila, ſeu uerſione IV. euangeliſtarum Go-
thica.
16 iosephvs scaliger canonum
iſagogicorum L. III. p. 347. Etiamnum
in iisdem regionibus degunt ſub Praecopenſi

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[323/0357] bis zur groſſen Wanderung der Voͤlcker. Scribent, der zu Ludovici Pii Zeiten von Kirchen-Sachen geſchrieben, er- zehlet 13, wie er gehoͤret, daß an einigen Orten des alten Scythiens, inſon- derheit zu Tomis, noch eben dieſelbe Sprache beym Gottesdienſt beybehalten wuͤrde 14. Was ſonſt die Gothiſche Uberſetzung anbetrifft, ſo gedenckt wa- lafridvs strabo, daß die uͤbrigen Teutſchen ſich derſelben mit bedie- net, und daher viel Woͤrter, ſo urſpruͤnglich Griechiſch, in die Teutſche Sprache gekommen. Es iſt aber von ſolcher Uberſetzung nichts, als die vier Evangelien, und zwar auch dieſe etwas zerſtuͤmmelt, erhalten, oder wenig- ſtens bisher entdecket worden 15. Und ſtehet es dahin, wie Joſeph Scaliger 16 berichtet geweſen, als er geſchrieben, die Reſte der Gothen, ſo unter den Precopenſer Tartern waͤren, haͤtten noch ihre gantze Bibel. Man erkennet in gedachter Gothiſchen Uberſetzung der Evangelien eine beſondere Mund-Art der 13 14 Jn ſelbiger laͤßt ſich der Verfaſſer, unter Auguſtini Perſon, folgender geſtalt vernehmen: Si minime li- cet patris & filii & ſpiritus ſancti unam ſubſtan- tiam lingua exſeri Graeca, ergo nec deum lau- dari decet & barbara. Sicut enim Graeca lin- gua, quod eſt δμου´σιον, una dicitur, uel creditur, a fidelibus, trinitatis omnino ſubſtantia, ſic una ro- gatur, ut miſereatur, a cunctis latinis, & barbaris unius dei natura, ut a laudibus dei unius nec ipſa lingua barbara ſit ullatenus aliena. Latine enim dicitur, domine miſerere. Sola ergo miſe- ricordia haec ab ipſo uno deo, patre & filio & ſpiritu ſancto, lingua debet Hebraea, uel Graeca aut ipſa ad poſtremum poſtulari Latina, non au- tem & barbara. Sin licet dicere non ſolum bar- baris lingua ſua, ſed etiam Romanis, SIHORA ARMEN, quod interpretatur, domine miſere- re, cur non liceret in conciliis patrum, in ipſa terra Graecorum, unde ubique deſtinata eſt fides, lingua propria δμου´σιον confiteri, quod eſt patris, & filii, & ſpiritus ſancti una ſubſtantia? Uber die Worte, Sihora Armen, haben die Gelehrten verſchiedene Gedancken gehabt: stephanvs stephanivs in not. ad Saxonem gramma- ticum p. 219. meynet, man muͤſſe leſen: Her thig forbarme. ivnivs will in ſeinem gloſſa- rio Gothico IX. 65. Sigora armai geleſen wiſ- ſen, und will gefunden haben, daß in den aͤlteſten Teutſchen Schrifften das Wort Sigora, welches von Sieg kommt, bisweilen in dem Verſtand als triumphator, Sieger, oder auch dominus gebrau- chet worden. Acmai iſt der imperatiuus von dem Wort Arman, erbarmen, welches in der Gothiſchen, Alt-Fraͤnckiſchen und Angel-Saͤchſi- ſchen Mund-Art gebraͤuchlich geweſen. Aber ein anderer gelehrter Kenner dieſer Sprachen muth- maſſet, es muͤſſe heiſſen: fan sigora ar- mai. Domine uictoriarum miſerere. Weil dieſes Geſpraͤch eingerichtet iſt, als wenn es in A- frica waͤre gehalten worden, ſo ſcheinet es, daß man durch die barbaros, eher die in Africa her- ſchende Vandalen, als, nach der Meinung erasmi, die Gothen zu verſtehen habe. 15 Das Manuſcript, ſo vormals in der Buͤche- rey des Kloſter Werden geſtanden, wird ietzo in der Bibliothec zu Upſal aufgehoben, und iſt den Ge- lehrten, unter dem Namen des codicis argentei, (weil es einen Band aus dichtem Silber hat) be- kant. Man hat es der ruͤhmlichen Aufmerckſam- keit der Schweden fuͤr alle Nordliche Alterthuͤmer zu dancken, daß dieſer Schatz ans Licht gekommen, und zwar in Gothiſcher Schrifft, zugleich mit der Angel-Saͤchſiſchen Uberſetzung, und thomae mareschalli gloſſario Gothico, zu Dort 1665 in 4. welche Auflage 1684. zu Amſterdam wie- derholet worden. Hernach hat georgivs stirnhielm, Koͤnigl. Schwediſcher Krieges- Rath und praeſes im collegio antiquitatum, ſie mit Lateiniſchen Buchſtaben, nebſt der Schwediſchen, Jslaͤndiſchen, und der gemeinen Lateiniſchen Uber- ſetzung, mit einer gelehrten Vorrede und gloſſario, zu Stockholm 1671. in 4. drucken laſſen. conf. ge. friderici hevpelii diſſertatio de Vlphila, ſeu uerſione IV. euangeliſtarum Go- thica. 16 iosephvs scaliger canonum iſagogicorum L. III. p. 347. Etiamnum in iisdem regionibus degunt ſub Praecopenſi Tartarorum S ſ 2

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/357>, abgerufen am 16.07.2024.