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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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bis zu Ausgang des Cimbrischen Krieges.
Arbeit gewiedmet, so ist unser Vorhaben, nicht allein die Geschichte der Völcker die
in Germania magna gewohnet, und die Wanderungen derer, die ausser ihrem
Vaterlande Königreiche gestifftet, auszuführen; sondern auch bey Gelegenheit
den Zustand dererjenigen Länder vorzustellen, die zwar vormahls unter der Römer
Herrschafft gestanden, aber nachmahls von den Teutschen eingenommen worden,
und noch heutiges Tages zu Teutschland gehören.

II. Da aber die Veränderung der Gräntzen eins derjenigen Stücke ist,Teutschlands
älteste Grän-
zen.

so in der Historie hauptsächlich auszuführen sind, so kan nicht umhin die Länder
zum wenigsten überhaupt und ungefähr zu bezeichnen, so die Teutschen, zu der Zeit
da sie den Römern recht bekannt worden, bewohnet. Gegen Abend hat ursprün-
lich der Rhein die alten Gallier von den Teutschen, die von Römischen Historicis
als gantz besondere Völcker aufgeführet werden, unterschieden: bis einige Colo-
nien aus Gallien in den Hercynischen Wald gezogen, und hingegen verschiedene
Teutsche Völcker einen Theil von Gallien eingenommen. Als hernach die Römer
Gallien bezwungen, haben sie noch mehr Teutsche über den Rhein geführet, so daß
das Lincke Ufer dieses Strohms von den Helvetiern an, bis an die Nord-See mit
Teutschen Völckern besetzt worden. Gegen Morgen sind die Gräntzen nicht so ge-
nau ausgemacht, indem einige dafür halten, daß sie sich Ostwerts eben so weit,
als die Hercynischen Wälder, und gar bis an den Mäotischen Meer-
busen erstrecket: daher einige die Dacos mit unter die Teutschen rechnen,
andere was von den Amazonen 2 und von den Scythen, so um den Tanaim ge-
wohnt, erzehlet wird, von Teutschen verstehen. Was die Nord-Seite anbetrifft,
so haben die Römer nicht allein den gantzen Strich Landes, der ietzo Hollstein,
Schleswig, und Jütland in sich hält, sondern einige auch so gar Scandinavien,
so sie für eine Jnsel hielten, zu Teutschland gezehlet. 3 Die Sprache, Religion, Ge-
müths- und Leibes-Beschaffenheit, und gantze Lebens-Art zeigen auch genugsam
die Verwandschafft dieser Völcker an, die hernachmals von den übrigen, auf wel-
chen der Teutsche Name hafften blieben, in besondere Reiche erwachsen; aber
unerachtet aller Aenderungen, so Zeit, Religion, und Cultur veranlasset, noch im-
mer viel Merckmahle der ersten Abstammung beybehalten. Gegen Mittag theilte
sie die Donau von den Römern ab, nachdem diese Rätien, das Noricum, und
Pannonien, unter ihre Bothmässigkeit gebracht hatten. Die Völcker so dieses
weitläuftige Land bewohneten, waren unter sich in verschiedene Nationen einge-

theilet
[Beginn Spaltensatz] von den Dacis in der kurtzen Beschreibung der Teut-
schen Gräntzen, de M. G. c. 1. Germania omnis a
Galliis, Raetiisque, & Pannoniis Rheno, & Danu-
bio fluminibus, a Sarmatis, Dacisque, mutuo metu
aut montibus separatur. Caetera Oceanus ambit, la-
tos sinus, & insularum immensa spatia complectens',
nuper cognitis quibusdam gentibus, ac regibus, quos
bellum aperuit.
2 v. gvndlingiana P. III. n. 3.
3 plinivs L. IV. c. 27. Incipit dein-
de clarior aperiri fama ab gente Ingaeuonum,
[Spaltenumbruch] quae est prima inde Germaniae. Seu[o] mons ibi immeu-
sus, nec Riphaeis iugis minor, immanem ad Cim-
brorum usque promontorium efficit sinum, qui Coda-
nus uocatur, refertus insulis: quarum clarissima
Scandinauia est, incompertae magnitudinis, porti-
onem tantum eius, quod sit notum, Hilleuionum gen-
te quingentis incolente pagis, quae alterum orbem
terrarum eam appellat. Nec est minor opinione E-
ningia. Quidam haec habitari ad Vistulam usque flu-
uium, a Sarmatis, Venedis, Sciris, Hirris tra-
dunt.

[Ende Spaltensatz]
4. plin.
A 2

bis zu Ausgang des Cimbriſchen Krieges.
Arbeit gewiedmet, ſo iſt unſer Vorhaben, nicht allein die Geſchichte der Voͤlcker die
in Germania magna gewohnet, und die Wanderungen derer, die auſſer ihrem
Vaterlande Koͤnigreiche geſtifftet, auszufuͤhren; ſondern auch bey Gelegenheit
den Zuſtand dererjenigen Laͤnder vorzuſtellen, die zwar vormahls unter der Roͤmer
Herrſchafft geſtanden, aber nachmahls von den Teutſchen eingenommen worden,
und noch heutiges Tages zu Teutſchland gehoͤren.

II. Da aber die Veraͤnderung der Graͤntzen eins derjenigen Stuͤcke iſt,Teutſchlands
aͤlteſte Graͤn-
zen.

ſo in der Hiſtorie hauptſaͤchlich auszufuͤhren ſind, ſo kan nicht umhin die Laͤnder
zum wenigſten uͤberhaupt und ungefaͤhr zu bezeichnen, ſo die Teutſchen, zu der Zeit
da ſie den Roͤmern recht bekannt worden, bewohnet. Gegen Abend hat urſpruͤn-
lich der Rhein die alten Gallier von den Teutſchen, die von Roͤmiſchen Hiſtoricis
als gantz beſondere Voͤlcker aufgefuͤhret werden, unterſchieden: bis einige Colo-
nien aus Gallien in den Hercyniſchen Wald gezogen, und hingegen verſchiedene
Teutſche Voͤlcker einen Theil von Gallien eingenommen. Als hernach die Roͤmer
Gallien bezwungen, haben ſie noch mehr Teutſche uͤber den Rhein gefuͤhret, ſo daß
das Lincke Ufer dieſes Strohms von den Helvetiern an, bis an die Nord-See mit
Teutſchen Voͤlckern beſetzt worden. Gegen Morgen ſind die Graͤntzen nicht ſo ge-
nau ausgemacht, indem einige dafuͤr halten, daß ſie ſich Oſtwerts eben ſo weit,
als die Hercyniſchen Waͤlder, und gar bis an den Maͤotiſchen Meer-
buſen erſtrecket: daher einige die Dacos mit unter die Teutſchen rechnen,
andere was von den Amazonen 2 und von den Scythen, ſo um den Tanaim ge-
wohnt, erzehlet wird, von Teutſchen verſtehen. Was die Nord-Seite anbetrifft,
ſo haben die Roͤmer nicht allein den gantzen Strich Landes, der ietzo Hollſtein,
Schleswig, und Juͤtland in ſich haͤlt, ſondern einige auch ſo gar Scandinavien,
ſo ſie fuͤr eine Jnſel hielten, zu Teutſchland gezehlet. 3 Die Sprache, Religion, Ge-
muͤths- und Leibes-Beſchaffenheit, und gantze Lebens-Art zeigen auch genugſam
die Verwandſchafft dieſer Voͤlcker an, die hernachmals von den uͤbrigen, auf wel-
chen der Teutſche Name hafften blieben, in beſondere Reiche erwachſen; aber
unerachtet aller Aenderungen, ſo Zeit, Religion, und Cultur veranlaſſet, noch im-
mer viel Merckmahle der erſten Abſtammung beybehalten. Gegen Mittag theilte
ſie die Donau von den Roͤmern ab, nachdem dieſe Raͤtien, das Noricum, und
Pannonien, unter ihre Bothmaͤſſigkeit gebracht hatten. Die Voͤlcker ſo dieſes
weitlaͤuftige Land bewohneten, waren unter ſich in verſchiedene Nationen einge-

theilet
[Beginn Spaltensatz] von den Dacis in der kurtzen Beſchreibung der Teut-
ſchen Graͤntzen, de M. G. c. 1. Germania omnis a
Galliis, Raetiisque, & Pannoniis Rheno, & Danu-
bio fluminibus, a Sarmatis, Dacisque, mutuo metu
aut montibus ſeparatur. Caetera Oceanus ambit, la-
tos ſinus, & inſularum immenſa ſpatia complectens’,
nuper cognitis quibusdam gentibus, ac regibus, quos
bellum aperuit.
2 v. gvndlingiana P. III. n. 3.
3 plinivs L. IV. c. 27. Incipit dein-
de clarior aperiri fama ab gente Ingaeuonum,
[Spaltenumbruch] quae eſt prima inde Germaniae. Seu[o] mons ibi immeu-
ſus, nec Riphaeis iugis minor, immanem ad Cim-
brorum usque promontorium efficit ſinum, qui Coda-
nus uocatur, refertus inſulis: quarum clariſſima
Scandinauia eſt, incompertae magnitudinis, porti-
onem tantum eius, quod ſit notum, Hilleuionum gen-
te quingentis incolente pagis, quae alterum orbem
terrarum eam appellat. Nec eſt minor opinione E-
ningia. Quidam haec habitari ad Viſtulam usque flu-
uium, a Sarmatis, Venedis, Sciris, Hirris tra-
dunt.

[Ende Spaltensatz]
4. plin.
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[3/0037] bis zu Ausgang des Cimbriſchen Krieges. Arbeit gewiedmet, ſo iſt unſer Vorhaben, nicht allein die Geſchichte der Voͤlcker die in Germania magna gewohnet, und die Wanderungen derer, die auſſer ihrem Vaterlande Koͤnigreiche geſtifftet, auszufuͤhren; ſondern auch bey Gelegenheit den Zuſtand dererjenigen Laͤnder vorzuſtellen, die zwar vormahls unter der Roͤmer Herrſchafft geſtanden, aber nachmahls von den Teutſchen eingenommen worden, und noch heutiges Tages zu Teutſchland gehoͤren. II. Da aber die Veraͤnderung der Graͤntzen eins derjenigen Stuͤcke iſt, ſo in der Hiſtorie hauptſaͤchlich auszufuͤhren ſind, ſo kan nicht umhin die Laͤnder zum wenigſten uͤberhaupt und ungefaͤhr zu bezeichnen, ſo die Teutſchen, zu der Zeit da ſie den Roͤmern recht bekannt worden, bewohnet. Gegen Abend hat urſpruͤn- lich der Rhein die alten Gallier von den Teutſchen, die von Roͤmiſchen Hiſtoricis als gantz beſondere Voͤlcker aufgefuͤhret werden, unterſchieden: bis einige Colo- nien aus Gallien in den Hercyniſchen Wald gezogen, und hingegen verſchiedene Teutſche Voͤlcker einen Theil von Gallien eingenommen. Als hernach die Roͤmer Gallien bezwungen, haben ſie noch mehr Teutſche uͤber den Rhein gefuͤhret, ſo daß das Lincke Ufer dieſes Strohms von den Helvetiern an, bis an die Nord-See mit Teutſchen Voͤlckern beſetzt worden. Gegen Morgen ſind die Graͤntzen nicht ſo ge- nau ausgemacht, indem einige dafuͤr halten, daß ſie ſich Oſtwerts eben ſo weit, als die Hercyniſchen Waͤlder, und gar bis an den Maͤotiſchen Meer- buſen erſtrecket: daher einige die Dacos mit unter die Teutſchen rechnen, 1 andere was von den Amazonen 2 und von den Scythen, ſo um den Tanaim ge- wohnt, erzehlet wird, von Teutſchen verſtehen. Was die Nord-Seite anbetrifft, ſo haben die Roͤmer nicht allein den gantzen Strich Landes, der ietzo Hollſtein, Schleswig, und Juͤtland in ſich haͤlt, ſondern einige auch ſo gar Scandinavien, ſo ſie fuͤr eine Jnſel hielten, zu Teutſchland gezehlet. 3 Die Sprache, Religion, Ge- muͤths- und Leibes-Beſchaffenheit, und gantze Lebens-Art zeigen auch genugſam die Verwandſchafft dieſer Voͤlcker an, die hernachmals von den uͤbrigen, auf wel- chen der Teutſche Name hafften blieben, in beſondere Reiche erwachſen; aber unerachtet aller Aenderungen, ſo Zeit, Religion, und Cultur veranlaſſet, noch im- mer viel Merckmahle der erſten Abſtammung beybehalten. Gegen Mittag theilte ſie die Donau von den Roͤmern ab, nachdem dieſe Raͤtien, das Noricum, und Pannonien, unter ihre Bothmaͤſſigkeit gebracht hatten. Die Voͤlcker ſo dieſes weitlaͤuftige Land bewohneten, waren unter ſich in verſchiedene Nationen einge- theilet Teutſchlands aͤlteſte Graͤn- zen. 1 von den Dacis in der kurtzen Beſchreibung der Teut- ſchen Graͤntzen, de M. G. c. 1. Germania omnis a Galliis, Raetiisque, & Pannoniis Rheno, & Danu- bio fluminibus, a Sarmatis, Dacisque, mutuo metu aut montibus ſeparatur. Caetera Oceanus ambit, la- tos ſinus, & inſularum immenſa ſpatia complectens’, nuper cognitis quibusdam gentibus, ac regibus, quos bellum aperuit. 2 v. gvndlingiana P. III. n. 3. 3 plinivs L. IV. c. 27. Incipit dein- de clarior aperiri fama ab gente Ingaeuonum, quae eſt prima inde Germaniae. Seuo mons ibi immeu- ſus, nec Riphaeis iugis minor, immanem ad Cim- brorum usque promontorium efficit ſinum, qui Coda- nus uocatur, refertus inſulis: quarum clariſſima Scandinauia eſt, incompertae magnitudinis, porti- onem tantum eius, quod ſit notum, Hilleuionum gen- te quingentis incolente pagis, quae alterum orbem terrarum eam appellat. Nec eſt minor opinione E- ningia. Quidam haec habitari ad Viſtulam usque flu- uium, a Sarmatis, Venedis, Sciris, Hirris tra- dunt. 4. plin. A 2

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/37>, abgerufen am 21.11.2024.