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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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mit IVL. CAESARE.
rechnen wollen, sonst sey er bereit, sie wieder aufzugeben. Er sey eher in dieses
Land gekommen, als die Römer, und wie er nicht glaube befugt zu seyn, sie in ih-
ren Provintzen zu beunruhigen, so wolle er auch in der seinigen unbeeinträchtiget
bleiben: Was Caesar von dem genauen Bündniß zwischen den Römern und den
Aeduern rühme, komme ihm fremde für, nachdem gleichwohl die Aeduer weder
den Römern in dem Kriege wider die Allobroger Hülffe geschickt, noch von ihnen ge-
gen die Sequanen dergleichen erhalten: Er müsse glauben, Caesar ergreiffe nur
diesen Vorwand, um sich zu ihm zu nöthigen: Er bäthe aber auch, ihn nicht zu ge-
ring zu achten: Viele grosse in Rom, so von Hertzen wünscheten, daß Caesar in
Gallien seinen Tod finden möchte, hätten schon so versuchet ihn aufzubringen; wenn
Caesar hingegen die Freundschafft unterhalten, und ihn an seinem Recht nicht krän-
cken wollte, so stünde er mit allen seinen Leuten, ihm wieder alle seine Feinde zu
Dienste. Caesar versetzte; aber die Sache war zu wichtig, daß zwey Generale,
die gleich viel Ehrgeitz, und gleich viel Vertrauen zu ihren Soldaten hatten, sich
in der Güte darüber hätten vergleichen sollen.

VI. Die Armeen näherten sich darauf, so daß sie endlich gegen einanderTreffen, und
Niederlage
der Teutschen.

stunden, und täglich ein Treffen liefern konnten. Ariouisti Heer bestund aus
VII Völckern. Denn ausser seinen Sveven, hatte er Marcomannen, Haruden,
Tribocher, Vangionen, Nemeter, und Sedusier bey sich. Er scharmützelte
täglich mit den Römern, vermied aber sehr sorgfältig ein Haupt-Treffen: und
Caesar erfuhr von etlichen Gefangenen, daß es deswegen geschehe, weil die
Wahrsagerinnen ausgesaget, man solle vor dem neuen Licht, welches überhaupt
bey den alten Teutschen, für die beste Zeit etwas zu unternehmen gehalten wurde,
keine Schlacht wagen. 3 Diesen Umstand machte sich Caesar wohl zu Nutze,
stellte seine Armee in Schlacht-Ordnung, und gieng aufs Teutsche Lager loß. Die
Römer hatten die Teutschen, und ihre Art zu kriegen, indessen etwas kennen geler-
net, auch bisweilen Vortheil über sie im Handgemenge gehabt, wodurch sich, wie
es zu geschehen pfleget, die grosse Furcht, so sie Anfangs für ihnen gehabt, gemindert
hatte. Hingegen schwächte bey den Teutschen der Aberglaube ihre natürliche
Tapfferkeit einiger massen, als Ariovist sich genöthiget sahe, aller Wahrsagungen
ungeachtet, ein Treffen zu wagen. Ein iedes Volck machte einen besondern Hauf-
fen, und hinten um die Schlacht-Ordnung ward eine Wagenburg gezogen, auf
welcher sie ihre Weiber und Kinder zurücke liessen. Die Teutschen gingen so hitzig
auf die Römer loß, daß selbige ihre Schleudern und Wurff-Spiesse nicht brauchen
konnten, sondern gleich zu den Schwerdtern greiffen musten. Aber auch diese wä-
ren ihnen fast unnütze gewesen, weil die Teutschen ein geviertes Heer schlossen, und ih-

re
[Beginn Spaltensatz] choatur luna, aut impletur. Nam agendis rebus
hoc auspicatissimum initium credunt.
3 caesar l. 50. Quum ex captiuis quaereret
Caesar, quamobrem Ariouistus proelio non decer-
taret, hanc reperiebat caussam: quod apud Germa-
nos ea consuetudo esset, ut matres familias sortibus
& uaticinationibus declararent, utrum proelium
committi ex usu esset, nec ne: eas ita dicere, non
[Spaltenumbruch] esse fas Germanos superare, si ante nouam lunam
proelio contendissent.
plvtarchvs in uit.
Caes. p. 717. B.
beschreibet die Art der Wahrsagung:
Magis insuper uaticinia percellebant illos futiloqua-
rum mulierum, quae amnium uorticibus inspectis,
riuorumque gyris & Arepitibus notatis futura prae-
cinebant. Hae signa conferre antequam illuxisset
noua luna, uetabant.

[Ende Spaltensatz]
4. Dieser

mit IVL. CAESARE.
rechnen wollen, ſonſt ſey er bereit, ſie wieder aufzugeben. Er ſey eher in dieſes
Land gekommen, als die Roͤmer, und wie er nicht glaube befugt zu ſeyn, ſie in ih-
ren Provintzen zu beunruhigen, ſo wolle er auch in der ſeinigen unbeeintraͤchtiget
bleiben: Was Caeſar von dem genauen Buͤndniß zwiſchen den Roͤmern und den
Aeduern ruͤhme, komme ihm fremde fuͤr, nachdem gleichwohl die Aeduer weder
den Roͤmern in dem Kriege wider die Allobroger Huͤlffe geſchickt, noch von ihnen ge-
gen die Sequanen dergleichen erhalten: Er muͤſſe glauben, Caeſar ergreiffe nur
dieſen Vorwand, um ſich zu ihm zu noͤthigen: Er baͤthe aber auch, ihn nicht zu ge-
ring zu achten: Viele groſſe in Rom, ſo von Hertzen wuͤnſcheten, daß Caeſar in
Gallien ſeinen Tod finden moͤchte, haͤtten ſchon ſo verſuchet ihn aufzubringen; wenn
Caeſar hingegen die Freundſchafft unterhalten, und ihn an ſeinem Recht nicht kraͤn-
cken wollte, ſo ſtuͤnde er mit allen ſeinen Leuten, ihm wieder alle ſeine Feinde zu
Dienſte. Caeſar verſetzte; aber die Sache war zu wichtig, daß zwey Generale,
die gleich viel Ehrgeitz, und gleich viel Vertrauen zu ihren Soldaten hatten, ſich
in der Guͤte daruͤber haͤtten vergleichen ſollen.

VI. Die Armeen naͤherten ſich darauf, ſo daß ſie endlich gegen einanderTreffen, und
Niederlage
der Teutſchen.

ſtunden, und taͤglich ein Treffen liefern konnten. Ariouiſti Heer beſtund aus
VII Voͤlckern. Denn auſſer ſeinen Sveven, hatte er Marcomannen, Haruden,
Tribocher, Vangionen, Nemeter, und Seduſier bey ſich. Er ſcharmuͤtzelte
taͤglich mit den Roͤmern, vermied aber ſehr ſorgfaͤltig ein Haupt-Treffen: und
Caeſar erfuhr von etlichen Gefangenen, daß es deswegen geſchehe, weil die
Wahrſagerinnen ausgeſaget, man ſolle vor dem neuen Licht, welches uͤberhaupt
bey den alten Teutſchen, fuͤr die beſte Zeit etwas zu unternehmen gehalten wurde,
keine Schlacht wagen. 3 Dieſen Umſtand machte ſich Caeſar wohl zu Nutze,
ſtellte ſeine Armee in Schlacht-Ordnung, und gieng aufs Teutſche Lager loß. Die
Roͤmer hatten die Teutſchen, und ihre Art zu kriegen, indeſſen etwas kennen geler-
net, auch bisweilen Vortheil uͤber ſie im Handgemenge gehabt, wodurch ſich, wie
es zu geſchehen pfleget, die groſſe Furcht, ſo ſie Anfangs fuͤr ihnen gehabt, gemindert
hatte. Hingegen ſchwaͤchte bey den Teutſchen der Aberglaube ihre natuͤrliche
Tapfferkeit einiger maſſen, als Arioviſt ſich genoͤthiget ſahe, aller Wahrſagungen
ungeachtet, ein Treffen zu wagen. Ein iedes Volck machte einen beſondern Hauf-
fen, und hinten um die Schlacht-Ordnung ward eine Wagenburg gezogen, auf
welcher ſie ihre Weiber und Kinder zuruͤcke lieſſen. Die Teutſchen gingen ſo hitzig
auf die Roͤmer loß, daß ſelbige ihre Schleudern und Wurff-Spieſſe nicht brauchen
konnten, ſondern gleich zu den Schwerdtern greiffen muſten. Aber auch dieſe waͤ-
ren ihnen faſt unnuͤtze geweſen, weil die Teutſchen ein geviertes Heer ſchloſſen, und ih-

re
[Beginn Spaltensatz] choatur luna, aut impletur. Nam agendis rebus
hoc auſpicatiſſimum initium credunt.
3 caesar l. 50. Quum ex captiuis quaereret
Caeſar, quamobrem Ariouiſtus proelio non decer-
taret, hanc reperiebat cauſſam: quod apud Germa-
nos ea conſuetudo eſſet, ut matres familias ſortibus
& uaticinationibus declararent, utrum proelium
committi ex uſu eſſet, nec ne: eas ita dicere, non
[Spaltenumbruch] eſſe fas Germanos ſuperare, ſi ante nouam lunam
proelio contendiſſent.
plvtarchvs in uit.
Caeſ. p. 717. B.
beſchreibet die Art der Wahrſagung:
Magis inſuper uaticinia percellebant illos futiloqua-
rum mulierum, quae amnium uorticibus inſpectis,
riuorumque gyris & Arepitibus notatis futura prae-
cinebant. Hae ſigna conferre antequam illuxiſſet
noua luna, uetabant.

[Ende Spaltensatz]
4. Dieſer
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[23/0057] mit IVL. CAESARE. rechnen wollen, ſonſt ſey er bereit, ſie wieder aufzugeben. Er ſey eher in dieſes Land gekommen, als die Roͤmer, und wie er nicht glaube befugt zu ſeyn, ſie in ih- ren Provintzen zu beunruhigen, ſo wolle er auch in der ſeinigen unbeeintraͤchtiget bleiben: Was Caeſar von dem genauen Buͤndniß zwiſchen den Roͤmern und den Aeduern ruͤhme, komme ihm fremde fuͤr, nachdem gleichwohl die Aeduer weder den Roͤmern in dem Kriege wider die Allobroger Huͤlffe geſchickt, noch von ihnen ge- gen die Sequanen dergleichen erhalten: Er muͤſſe glauben, Caeſar ergreiffe nur dieſen Vorwand, um ſich zu ihm zu noͤthigen: Er baͤthe aber auch, ihn nicht zu ge- ring zu achten: Viele groſſe in Rom, ſo von Hertzen wuͤnſcheten, daß Caeſar in Gallien ſeinen Tod finden moͤchte, haͤtten ſchon ſo verſuchet ihn aufzubringen; wenn Caeſar hingegen die Freundſchafft unterhalten, und ihn an ſeinem Recht nicht kraͤn- cken wollte, ſo ſtuͤnde er mit allen ſeinen Leuten, ihm wieder alle ſeine Feinde zu Dienſte. * Caeſar verſetzte; aber die Sache war zu wichtig, daß zwey Generale, die gleich viel Ehrgeitz, und gleich viel Vertrauen zu ihren Soldaten hatten, ſich in der Guͤte daruͤber haͤtten vergleichen ſollen. VI. Die Armeen naͤherten ſich darauf, ſo daß ſie endlich gegen einander ſtunden, und taͤglich ein Treffen liefern konnten. Ariouiſti Heer beſtund aus VII Voͤlckern. Denn auſſer ſeinen Sveven, hatte er Marcomannen, Haruden, Tribocher, Vangionen, Nemeter, und Seduſier bey ſich. Er ſcharmuͤtzelte taͤglich mit den Roͤmern, 1 vermied aber ſehr ſorgfaͤltig ein Haupt-Treffen: und Caeſar erfuhr von etlichen Gefangenen, daß es deswegen geſchehe, weil die Wahrſagerinnen ausgeſaget, man ſolle vor dem neuen Licht, welches uͤberhaupt bey den alten Teutſchen, fuͤr die beſte Zeit etwas zu unternehmen gehalten wurde, 2 keine Schlacht wagen. 3 Dieſen Umſtand machte ſich Caeſar wohl zu Nutze, ſtellte ſeine Armee in Schlacht-Ordnung, und gieng aufs Teutſche Lager loß. Die Roͤmer hatten die Teutſchen, und ihre Art zu kriegen, indeſſen etwas kennen geler- net, auch bisweilen Vortheil uͤber ſie im Handgemenge gehabt, wodurch ſich, wie es zu geſchehen pfleget, die groſſe Furcht, ſo ſie Anfangs fuͤr ihnen gehabt, gemindert hatte. Hingegen ſchwaͤchte bey den Teutſchen der Aberglaube ihre natuͤrliche Tapfferkeit einiger maſſen, als Arioviſt ſich genoͤthiget ſahe, aller Wahrſagungen ungeachtet, ein Treffen zu wagen. Ein iedes Volck machte einen beſondern Hauf- fen, und hinten um die Schlacht-Ordnung ward eine Wagenburg gezogen, auf welcher ſie ihre Weiber und Kinder zuruͤcke lieſſen. Die Teutſchen gingen ſo hitzig auf die Roͤmer loß, daß ſelbige ihre Schleudern und Wurff-Spieſſe nicht brauchen konnten, ſondern gleich zu den Schwerdtern greiffen muſten. Aber auch dieſe waͤ- ren ihnen faſt unnuͤtze geweſen, weil die Teutſchen ein geviertes Heer ſchloſſen, und ih- re Treffen, und Niederlage der Teutſchen. * 1 2 choatur luna, aut impletur. Nam agendis rebus hoc auſpicatiſſimum initium credunt. 3 caesar l. 50. Quum ex captiuis quaereret Caeſar, quamobrem Ariouiſtus proelio non decer- taret, hanc reperiebat cauſſam: quod apud Germa- nos ea conſuetudo eſſet, ut matres familias ſortibus & uaticinationibus declararent, utrum proelium committi ex uſu eſſet, nec ne: eas ita dicere, non eſſe fas Germanos ſuperare, ſi ante nouam lunam proelio contendiſſent. plvtarchvs in uit. Caeſ. p. 717. B. beſchreibet die Art der Wahrſagung: Magis inſuper uaticinia percellebant illos futiloqua- rum mulierum, quae amnium uorticibus inſpectis, riuorumque gyris & Arepitibus notatis futura prae- cinebant. Hae ſigna conferre antequam illuxiſſet noua luna, uetabant. 4. Dieſer

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/57>, abgerufen am 24.11.2024.