Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

Bild:
<< vorherige Seite
mit IVLIO CAESARE.

XXXII. Mit der Beschaffenheit der Einwohner hat es fast gleiche Be-Beschaffen-
heit der Ein-
ner.

wandniß. Die alten beschreiben sie als ein Volck, das sich durchgehends ähnlich
gesehen, und das eine grosse Statur, weisse Haut, blaue Augen, und lichtes gelblich-
tes Haar, von andern Völckern unterschieden : zu welcher Leibes-Gestalt, die Lan-
des-Art, harte Erziehung, schlechte Speisen, 2 nahrhafftes Geträncke, 3 und
beständige Abwechselung von Ruhe und Bewegung, viel beygetragen 4. Die Le-
bens-Geister wurden gleichsam alle zu Ausbildung der Leiber angewendet, und
weder durch vieles Lernen, und Nachsinnen verzehret 5, noch durch eine frühzeitige
Liebe, oder diejenigen Weichlichkeiten, so sich unter dem Schein des artigen Lebens
nachmahls eingeschliechen, entkräfftet. Welche Eigenschafften, weil die Na-
tion beständig, ohne unter Fremde zu heyrathen, beysammen blieb, ohne Mischung
auf die Nach-Welt fortgepflantzet wurden. 6

XXXIII. Bey ihrer Gemüths-Art zeiget sich am meisten ihre NeigungJhre Ge-
müths-Eigen-
schafften.

zum Kriege, die sie etwas wilde gemachet: und nebst derselben, ihre sonderbahre
Treue. Dieser haben sie sich nicht allein selbst gerühmet, 1 sondern auch ihre Fein-
de haben ihnen das Lob derselben zugestanden. Daher Augustus, Caligula,
und andere Römische Käiser, sich eine Leib-Wache von Teutschen zugeleget 2.
Wiewohl es ihnen dabey, weder an List im Kriege, noch an Verstellung gegen die
Feinde gefehlet, und ihre Empörungen, und einheimische Kriege, so mehr aus gar
zu grosser Begierde vor die Freyheit, als aus Leichtsinnigkeit der Gemüther entstan-
den, bisweilen auch gar, bis auf Hinterhalt und Mord gegangen. Jhre Freund-
schafft, und Bürgerlicher Umgang, hatte nicht so viel Annehmlichkeit, und sinn-
reichen Unterhalt, als Aufrichtigkeit, und Gastfreyheit, da sie ihr Haus fast einem
ieden Fremden öffneten, und ihn nach Vermögen bewirtheten. 3 Nur ta-
deln die Griechen und Römer, durchgehends ihre Begierde zum Truncke. Die
Teutschen konnten zwar bey ihrem climate, und Lebens-Art, mehr als die Völ-
cker in warmen Ländern vertragen; haben aber vielmahls selbst erkannt, daß sie
das Maß überschritten. Sie wohneten nicht in Städten, zu welchen sie sich, auch
nachmahls, lange nicht gewöhnen können, sondern, hin und wieder, im Lande zer-
streuet, wo es einem ieden am sichersten, oder am angenehmsten schiene. Die Be-

dörff-
[Beginn Spaltensatz] tilae comae, magna corpora, & tantum ad impe-
tum ualida.
2 idem ib. c. 23. Cibi simplices, agrestia pe-
ma, recens fera, aut lac concretum.
3 ib. Potui humor, ex hordeo, aut frumento, in
quandam similitudinem uini, corruptus.
4 Siehe conringii diss. de habitus anti-
qui, & noui corporum Germanorum, caussis.
5 caes. L. III. c. 1. de Sueuis. Non multum fru-
mento, sed maximam partem lacte, atque pecore ui-
uunt, multumque sunt in uenationibus, quae res, & ci-
bi genere, & quotidiana exercitatione, & libertate
uitae
(quod a pueris nullo officio, aut disciplina assue-
facti, nihil omnino contra uoluntatem faciant
) &
uires alit, & immani corporum magnitudine efficit.
6 [Spaltenumbruch] tacitvs de M. G. c. 4. Ipse eorum opini-
onibus accedo, qui Germaniae populos, nullis aliis
nationum connubiis infectos, propriam, & sinceram,
& tantum sui similem gentem, extitisse arbitrantur.

Idem Hist. IV. c. 65. Deductos olim Italos, secum per
connubia sociatos.
1 §. XXXIII. 1. Siehe unten L. IV. §. 30.
2 Siehe unten L. III. §. 4. & L. IV. §. 21.
3 tacitvs de M. G. c. 2. Conuictibus, & ho-
spitiis, non alia gens effusius indulget. Quemcunque
mortalium arcere tecto nefas habetur: pro fortuna
quisque apparatis epulis excipit. Cum defecere, qui
modo hospes fuerat, monstrator hospitii, & comes,
proximam domum non inuitati adeunt; nec inter-
est, pari humanitate accipiuntur. Notum, igno-

[Ende Spaltensatz]
tum-
F 3
mit IVLIO CAESARE.

XXXII. Mit der Beſchaffenheit der Einwohner hat es faſt gleiche Be-Beſchaffen-
heit der Ein-
ner.

wandniß. Die alten beſchreiben ſie als ein Volck, das ſich durchgehends aͤhnlich
geſehen, und das eine groſſe Statur, weiſſe Haut, blaue Augen, und lichtes gelblich-
tes Haar, von andern Voͤlckern unterſchieden : zu welcher Leibes-Geſtalt, die Lan-
des-Art, harte Erziehung, ſchlechte Speiſen, 2 nahrhafftes Getraͤncke, 3 und
beſtaͤndige Abwechſelung von Ruhe und Bewegung, viel beygetragen 4. Die Le-
bens-Geiſter wurden gleichſam alle zu Ausbildung der Leiber angewendet, und
weder durch vieles Lernen, und Nachſinnen verzehret 5, noch durch eine fruͤhzeitige
Liebe, oder diejenigen Weichlichkeiten, ſo ſich unter dem Schein des artigen Lebens
nachmahls eingeſchliechen, entkraͤfftet. Welche Eigenſchafften, weil die Na-
tion beſtaͤndig, ohne unter Fremde zu heyrathen, beyſammen blieb, ohne Miſchung
auf die Nach-Welt fortgepflantzet wurden. 6

XXXIII. Bey ihrer Gemuͤths-Art zeiget ſich am meiſten ihre NeigungJhre Ge-
muͤths-Eigen-
ſchafften.

zum Kriege, die ſie etwas wilde gemachet: und nebſt derſelben, ihre ſonderbahre
Treue. Dieſer haben ſie ſich nicht allein ſelbſt geruͤhmet, 1 ſondern auch ihre Fein-
de haben ihnen das Lob derſelben zugeſtanden. Daher Auguſtus, Caligula,
und andere Roͤmiſche Kaͤiſer, ſich eine Leib-Wache von Teutſchen zugeleget 2.
Wiewohl es ihnen dabey, weder an Liſt im Kriege, noch an Verſtellung gegen die
Feinde gefehlet, und ihre Empoͤrungen, und einheimiſche Kriege, ſo mehr aus gar
zu groſſer Begierde vor die Freyheit, als aus Leichtſinnigkeit der Gemuͤther entſtan-
den, bisweilen auch gar, bis auf Hinterhalt und Mord gegangen. Jhre Freund-
ſchafft, und Buͤrgerlicher Umgang, hatte nicht ſo viel Annehmlichkeit, und ſinn-
reichen Unterhalt, als Aufrichtigkeit, und Gaſtfreyheit, da ſie ihr Haus faſt einem
ieden Fremden oͤffneten, und ihn nach Vermoͤgen bewirtheten. 3 Nur ta-
deln die Griechen und Roͤmer, durchgehends ihre Begierde zum Truncke. Die
Teutſchen konnten zwar bey ihrem climate, und Lebens-Art, mehr als die Voͤl-
cker in warmen Laͤndern vertragen; haben aber vielmahls ſelbſt erkannt, daß ſie
das Maß uͤberſchritten. Sie wohneten nicht in Staͤdten, zu welchen ſie ſich, auch
nachmahls, lange nicht gewoͤhnen koͤnnen, ſondern, hin und wieder, im Lande zer-
ſtreuet, wo es einem ieden am ſicherſten, oder am angenehmſten ſchiene. Die Be-

doͤrff-
[Beginn Spaltensatz] tilae comae, magna corpora, & tantum ad impe-
tum ualida.
2 idem ib. c. 23. Cibi ſimplices, agreſtia pe-
ma, recens fera, aut lac concretum.
3 ib. Potui humor, ex hordeo, aut frumento, in
quandam ſimilitudinem uini, corruptus.
4 Siehe conringii diſſ. de habitus anti-
qui, & noui corporum Germanorum, cauſſis.
5 caes. L. III. c. 1. de Sueuis. Non multum fru-
mento, ſed maximam partem lacte, atque pecore ui-
uunt, multumque ſunt in uenationibus, quae res, & ci-
bi genere, & quotidiana exercitatione, & libertate
uitae
(quod a pueris nullo officio, aut diſciplina aſſue-
facti, nihil omnino contra uoluntatem faciant
) &
uires alit, & immani corporum magnitudine efficit.
6 [Spaltenumbruch] tacitvs de M. G. c. 4. Ipſe eorum opini-
onibus accedo, qui Germaniae populos, nullis aliis
nationum connubiis infectos, propriam, & ſinceram,
& tantum ſui ſimilem gentem, extitiſſe arbitrantur.

Idem Hiſt. IV. c. 65. Deductos olim Italos, ſecum per
connubia ſociatos.
1 §. XXXIII. 1. Siehe unten L. IV. §. 30.
2 Siehe unten L. III. §. 4. & L. IV. §. 21.
3 tacitvs de M. G. c. 2. Conuictibus, & ho-
ſpitiis, non alia gens effuſius indulget. Quemcunque
mortalium arcere tecto nefas habetur: pro fortuna
quisque apparatis epulis excipit. Cum defecere, qui
modo hoſpes fuerat, monſtrator hoſpitii, & comes,
proximam domum non inuitati adeunt; nec inter-
eſt, pari humanitate accipiuntur. Notum, igno-

[Ende Spaltensatz]
tum-
F 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0079" n="45"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">mit <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">IVLIO CAESARE.</hi></hi></hi> </fw><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">XXXII.</hi> Mit der Be&#x017F;chaffenheit der Einwohner hat es fa&#x017F;t gleiche Be-<note place="right">Be&#x017F;chaffen-<lb/>
heit der Ein-<lb/>
ner.</note><lb/>
wandniß. Die alten be&#x017F;chreiben &#x017F;ie als ein Volck, das &#x017F;ich durchgehends a&#x0364;hnlich<lb/>
ge&#x017F;ehen, und das eine gro&#x017F;&#x017F;e Statur, wei&#x017F;&#x017F;e Haut, blaue Augen, und lichtes gelblich-<lb/>
tes Haar, von andern Vo&#x0364;lckern unter&#x017F;chieden <note xml:id="FN78_01_02" prev="#FN78_01_01" place="foot" n="1"><cb type="start"/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">tilae comae, magna corpora, &amp; tantum ad impe-<lb/>
tum ualida.</hi></hi><note type="editorial">Der Fußnotentext beginnt auf der vorherigen Seite.</note></note>: zu welcher Leibes-Ge&#x017F;talt, die Lan-<lb/>
des-Art, harte Erziehung, &#x017F;chlechte Spei&#x017F;en, <note place="foot" n="2"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">idem</hi></hi> ib. c. 23. <hi rendition="#i">Cibi &#x017F;implices, agre&#x017F;tia pe-<lb/>
ma, recens fera, aut lac concretum.</hi></hi></note> nahrhafftes Getra&#x0364;ncke, <note place="foot" n="3"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">ib.</hi><hi rendition="#i">Potui humor, ex hordeo, aut frumento, in<lb/>
quandam &#x017F;imilitudinem uini, corruptus.</hi></hi></note> und<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;ndige Abwech&#x017F;elung von Ruhe und Bewegung, viel beygetragen <note place="foot" n="4">Siehe <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">conringii</hi></hi> di&#x017F;&#x017F;. de habitus anti-<lb/>
qui, &amp; noui corporum Germanorum, cau&#x017F;&#x017F;is.</hi></note>. Die Le-<lb/>
bens-Gei&#x017F;ter wurden gleich&#x017F;am alle zu Ausbildung der Leiber angewendet, und<lb/>
weder durch vieles Lernen, und Nach&#x017F;innen verzehret <note place="foot" n="5"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">caes.</hi></hi> L. III. c. 1. de Sueuis. <hi rendition="#i">Non multum fru-<lb/>
mento, &#x017F;ed maximam partem lacte, atque pecore ui-<lb/>
uunt, multumque &#x017F;unt in uenationibus, quae res, &amp; ci-<lb/>
bi genere, &amp; quotidiana exercitatione, &amp; libertate<lb/>
uitae</hi> (<hi rendition="#i">quod a pueris nullo officio, aut di&#x017F;ciplina a&#x017F;&#x017F;ue-<lb/>
facti, nihil omnino contra uoluntatem faciant</hi>) <hi rendition="#i">&amp;<lb/>
uires alit, &amp; immani corporum magnitudine efficit.</hi></hi></note>, noch durch eine fru&#x0364;hzeitige<lb/>
Liebe, oder diejenigen Weichlichkeiten, &#x017F;o &#x017F;ich unter dem Schein des artigen Lebens<lb/>
nachmahls einge&#x017F;chliechen, entkra&#x0364;fftet. Welche Eigen&#x017F;chafften, weil die Na-<lb/>
tion be&#x017F;ta&#x0364;ndig, ohne unter Fremde zu heyrathen, bey&#x017F;ammen blieb, ohne Mi&#x017F;chung<lb/>
auf die Nach-Welt fortgepflantzet wurden. <note place="foot" n="6"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">tacitvs</hi></hi> de M. G. c. 4. <hi rendition="#i">Ip&#x017F;e eorum opini-<lb/>
onibus accedo, qui Germaniae populos, nullis aliis<lb/>
nationum connubiis infectos, propriam, &amp; &#x017F;inceram,<lb/>
&amp; tantum &#x017F;ui &#x017F;imilem gentem, extiti&#x017F;&#x017F;e arbitrantur.</hi><lb/>
Idem Hi&#x017F;t. IV. c. 65. <hi rendition="#i">Deductos olim Italos, &#x017F;ecum per<lb/>
connubia &#x017F;ociatos.</hi></hi></note></p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">XXXIII.</hi> Bey ihrer Gemu&#x0364;ths-Art zeiget &#x017F;ich am mei&#x017F;ten ihre Neigung<note place="right">Jhre Ge-<lb/>
mu&#x0364;ths-Eigen-<lb/>
&#x017F;chafften.</note><lb/>
zum Kriege, die &#x017F;ie etwas wilde gemachet: und neb&#x017F;t der&#x017F;elben, ihre &#x017F;onderbahre<lb/>
Treue. Die&#x017F;er haben &#x017F;ie &#x017F;ich nicht allein &#x017F;elb&#x017F;t geru&#x0364;hmet, <note place="foot" n="1">§. <hi rendition="#aq">XXXIII</hi>. 1. Siehe unten <hi rendition="#aq">L. IV.</hi> §. 30.</note> &#x017F;ondern auch ihre Fein-<lb/>
de haben ihnen das Lob der&#x017F;elben zuge&#x017F;tanden. Daher <hi rendition="#aq">Augu&#x017F;tus, Caligula,</hi><lb/>
und andere Ro&#x0364;mi&#x017F;che Ka&#x0364;i&#x017F;er, &#x017F;ich eine Leib-Wache von Teut&#x017F;chen zugeleget <note place="foot" n="2">Siehe unten <hi rendition="#aq">L. III. §. 4. &amp; L. IV.</hi> §. 21.</note>.<lb/>
Wiewohl es ihnen dabey, weder an Li&#x017F;t im Kriege, noch an Ver&#x017F;tellung gegen die<lb/>
Feinde gefehlet, und ihre Empo&#x0364;rungen, und einheimi&#x017F;che Kriege, &#x017F;o mehr aus gar<lb/>
zu gro&#x017F;&#x017F;er Begierde vor die Freyheit, als aus Leicht&#x017F;innigkeit der Gemu&#x0364;ther ent&#x017F;tan-<lb/>
den, bisweilen auch gar, bis auf Hinterhalt und Mord gegangen. Jhre Freund-<lb/>
&#x017F;chafft, und Bu&#x0364;rgerlicher Umgang, hatte nicht &#x017F;o viel Annehmlichkeit, und &#x017F;inn-<lb/>
reichen Unterhalt, als Aufrichtigkeit, und Ga&#x017F;tfreyheit, da &#x017F;ie ihr Haus fa&#x017F;t einem<lb/>
ieden Fremden o&#x0364;ffneten, und ihn nach Vermo&#x0364;gen bewirtheten. <note xml:id="FN79_03_01" next="#FN79_03_02" place="foot" n="3"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">tacitvs</hi></hi> de M. G. c. 2. <hi rendition="#i">Conuictibus, &amp; ho-<lb/>
&#x017F;pitiis, non alia gens effu&#x017F;ius indulget. Quemcunque<lb/>
mortalium arcere tecto nefas habetur: pro fortuna<lb/>
quisque apparatis epulis excipit. Cum defecere, qui<lb/>
modo ho&#x017F;pes fuerat, mon&#x017F;trator ho&#x017F;pitii, &amp; comes,<lb/>
proximam domum non inuitati adeunt; nec inter-<lb/>
e&#x017F;t, pari humanitate accipiuntur. Notum, igno-</hi></hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">tum-</hi></hi></fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 3</fw><cb type="end"/><lb/></note> Nur ta-<lb/>
deln die Griechen und Ro&#x0364;mer, durchgehends ihre Begierde zum Truncke. Die<lb/>
Teut&#x017F;chen konnten zwar bey ihrem <hi rendition="#aq">climate,</hi> und Lebens-Art, mehr als die Vo&#x0364;l-<lb/>
cker in warmen La&#x0364;ndern vertragen; haben aber vielmahls &#x017F;elb&#x017F;t erkannt, daß &#x017F;ie<lb/>
das Maß u&#x0364;ber&#x017F;chritten. Sie wohneten nicht in Sta&#x0364;dten, zu welchen &#x017F;ie &#x017F;ich, auch<lb/>
nachmahls, lange nicht gewo&#x0364;hnen ko&#x0364;nnen, &#x017F;ondern, hin und wieder, im Lande zer-<lb/>
&#x017F;treuet, wo es einem ieden am &#x017F;icher&#x017F;ten, oder am angenehm&#x017F;ten &#x017F;chiene. Die Be-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">do&#x0364;rff-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0079] mit IVLIO CAESARE. XXXII. Mit der Beſchaffenheit der Einwohner hat es faſt gleiche Be- wandniß. Die alten beſchreiben ſie als ein Volck, das ſich durchgehends aͤhnlich geſehen, und das eine groſſe Statur, weiſſe Haut, blaue Augen, und lichtes gelblich- tes Haar, von andern Voͤlckern unterſchieden 1: zu welcher Leibes-Geſtalt, die Lan- des-Art, harte Erziehung, ſchlechte Speiſen, 2 nahrhafftes Getraͤncke, 3 und beſtaͤndige Abwechſelung von Ruhe und Bewegung, viel beygetragen 4. Die Le- bens-Geiſter wurden gleichſam alle zu Ausbildung der Leiber angewendet, und weder durch vieles Lernen, und Nachſinnen verzehret 5, noch durch eine fruͤhzeitige Liebe, oder diejenigen Weichlichkeiten, ſo ſich unter dem Schein des artigen Lebens nachmahls eingeſchliechen, entkraͤfftet. Welche Eigenſchafften, weil die Na- tion beſtaͤndig, ohne unter Fremde zu heyrathen, beyſammen blieb, ohne Miſchung auf die Nach-Welt fortgepflantzet wurden. 6 Beſchaffen- heit der Ein- ner. XXXIII. Bey ihrer Gemuͤths-Art zeiget ſich am meiſten ihre Neigung zum Kriege, die ſie etwas wilde gemachet: und nebſt derſelben, ihre ſonderbahre Treue. Dieſer haben ſie ſich nicht allein ſelbſt geruͤhmet, 1 ſondern auch ihre Fein- de haben ihnen das Lob derſelben zugeſtanden. Daher Auguſtus, Caligula, und andere Roͤmiſche Kaͤiſer, ſich eine Leib-Wache von Teutſchen zugeleget 2. Wiewohl es ihnen dabey, weder an Liſt im Kriege, noch an Verſtellung gegen die Feinde gefehlet, und ihre Empoͤrungen, und einheimiſche Kriege, ſo mehr aus gar zu groſſer Begierde vor die Freyheit, als aus Leichtſinnigkeit der Gemuͤther entſtan- den, bisweilen auch gar, bis auf Hinterhalt und Mord gegangen. Jhre Freund- ſchafft, und Buͤrgerlicher Umgang, hatte nicht ſo viel Annehmlichkeit, und ſinn- reichen Unterhalt, als Aufrichtigkeit, und Gaſtfreyheit, da ſie ihr Haus faſt einem ieden Fremden oͤffneten, und ihn nach Vermoͤgen bewirtheten. 3 Nur ta- deln die Griechen und Roͤmer, durchgehends ihre Begierde zum Truncke. Die Teutſchen konnten zwar bey ihrem climate, und Lebens-Art, mehr als die Voͤl- cker in warmen Laͤndern vertragen; haben aber vielmahls ſelbſt erkannt, daß ſie das Maß uͤberſchritten. Sie wohneten nicht in Staͤdten, zu welchen ſie ſich, auch nachmahls, lange nicht gewoͤhnen koͤnnen, ſondern, hin und wieder, im Lande zer- ſtreuet, wo es einem ieden am ſicherſten, oder am angenehmſten ſchiene. Die Be- doͤrff- Jhre Ge- muͤths-Eigen- ſchafften. 1 tilae comae, magna corpora, & tantum ad impe- tum ualida. 2 idem ib. c. 23. Cibi ſimplices, agreſtia pe- ma, recens fera, aut lac concretum. 3 ib. Potui humor, ex hordeo, aut frumento, in quandam ſimilitudinem uini, corruptus. 4 Siehe conringii diſſ. de habitus anti- qui, & noui corporum Germanorum, cauſſis. 5 caes. L. III. c. 1. de Sueuis. Non multum fru- mento, ſed maximam partem lacte, atque pecore ui- uunt, multumque ſunt in uenationibus, quae res, & ci- bi genere, & quotidiana exercitatione, & libertate uitae (quod a pueris nullo officio, aut diſciplina aſſue- facti, nihil omnino contra uoluntatem faciant) & uires alit, & immani corporum magnitudine efficit. 6 tacitvs de M. G. c. 4. Ipſe eorum opini- onibus accedo, qui Germaniae populos, nullis aliis nationum connubiis infectos, propriam, & ſinceram, & tantum ſui ſimilem gentem, extitiſſe arbitrantur. Idem Hiſt. IV. c. 65. Deductos olim Italos, ſecum per connubia ſociatos. 1 §. XXXIII. 1. Siehe unten L. IV. §. 30. 2 Siehe unten L. III. §. 4. & L. IV. §. 21. 3 tacitvs de M. G. c. 2. Conuictibus, & ho- ſpitiis, non alia gens effuſius indulget. Quemcunque mortalium arcere tecto nefas habetur: pro fortuna quisque apparatis epulis excipit. Cum defecere, qui modo hoſpes fuerat, monſtrator hoſpitii, & comes, proximam domum non inuitati adeunt; nec inter- eſt, pari humanitate accipiuntur. Notum, igno- tum- F 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Ergänzungsvorschlag vom DWB [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/79
Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/79>, abgerufen am 21.11.2024.