Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

Bild:
<< vorherige Seite

liehen hat. Mit dem Lieutenant war es ganz ähnlich.
Just so wie er mußte eine sechzigjährige Kaffeeschwester
aussehen, die auf den unbegreiflichen Backfischgedanken
geraten ist, in Pumphosen und Osmanly-Jacke auf die
Redoute zu gehen. Es war mir ganz so, als müsse ich
jetzt hinter meinem Baume hervortreten und sie über-
raschen mit den geflügelten Worten:

"Schön guten Abend, Meister Mehlhuber; 'pfehle
mich, Fräulein Lattenstengel; 'was Neues? Danke, danke,
werde so frei sein!"

Freilich waren die Worte, welche ich zu hören be-
kam, etwas weniger gemütlich. Ich lag ihnen so nahe,
daß ich alles hören konnte.

"Unsere Kanonen sind gut!" brummte der Hauptmann.

"Sehr gut!" flötete der Lieutenant.

"Wir werden schießen, alles niederschießen!"

"Alles!" ertönte das Echo.

"Wir werden Beute machen!"

"Viel Beute!"

"Wir werden tapfer sein!"

"Sehr tapfer!"

"Wir werden befördert werden!"

"Hoch, äußerst hoch!"

"Dann rauchen wir Tabak aus Persien!"

"Tabak aus Schiras!"

"Und trinken Kaffee aus Arabien!"

"Kaffee aus Mokka!"

"Die Dschesidi müssen alle sterben!"

"Alle!"

"Die Bösewichter!"

"Die Buben!"

"Die Unreinen, die Unverschämten!"

"Die Hunde!"

liehen hat. Mit dem Lieutenant war es ganz ähnlich.
Juſt ſo wie er mußte eine ſechzigjährige Kaffeeſchweſter
ausſehen, die auf den unbegreiflichen Backfiſchgedanken
geraten iſt, in Pumphoſen und Osmanly-Jacke auf die
Redoute zu gehen. Es war mir ganz ſo, als müſſe ich
jetzt hinter meinem Baume hervortreten und ſie über-
raſchen mit den geflügelten Worten:

„Schön guten Abend, Meiſter Mehlhuber; 'pfehle
mich, Fräulein Lattenſtengel; 'was Neues? Danke, danke,
werde ſo frei ſein!“

Freilich waren die Worte, welche ich zu hören be-
kam, etwas weniger gemütlich. Ich lag ihnen ſo nahe,
daß ich alles hören konnte.

„Unſere Kanonen ſind gut!“ brummte der Hauptmann.

„Sehr gut!“ flötete der Lieutenant.

„Wir werden ſchießen, alles niederſchießen!“

„Alles!“ ertönte das Echo.

„Wir werden Beute machen!“

„Viel Beute!“

„Wir werden tapfer ſein!“

„Sehr tapfer!“

„Wir werden befördert werden!“

„Hoch, äußerſt hoch!“

„Dann rauchen wir Tabak aus Perſien!“

„Tabak aus Schiras!“

„Und trinken Kaffee aus Arabien!“

„Kaffee aus Mokka!“

„Die Dſcheſidi müſſen alle ſterben!“

„Alle!“

„Die Böſewichter!“

„Die Buben!“

„Die Unreinen, die Unverſchämten!“

„Die Hunde!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0038" n="24"/>
liehen hat. Mit dem Lieutenant war es ganz ähnlich.<lb/>
Ju&#x017F;t &#x017F;o wie er mußte eine &#x017F;echzigjährige Kaffee&#x017F;chwe&#x017F;ter<lb/>
aus&#x017F;ehen, die auf den unbegreiflichen Backfi&#x017F;chgedanken<lb/>
geraten i&#x017F;t, in Pumpho&#x017F;en und Osmanly-Jacke auf die<lb/>
Redoute zu gehen. Es war mir ganz &#x017F;o, als mü&#x017F;&#x017F;e ich<lb/>
jetzt hinter meinem Baume hervortreten und &#x017F;ie über-<lb/>
ra&#x017F;chen mit den geflügelten Worten:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Schön guten Abend, Mei&#x017F;ter Mehlhuber; 'pfehle<lb/>
mich, Fräulein Latten&#x017F;tengel; 'was Neues? Danke, danke,<lb/>
werde &#x017F;o frei &#x017F;ein!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Freilich waren die Worte, welche ich zu hören be-<lb/>
kam, etwas weniger gemütlich. Ich lag ihnen &#x017F;o nahe,<lb/>
daß ich alles hören konnte.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Un&#x017F;ere Kanonen &#x017F;ind gut!&#x201C; brummte der Hauptmann.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sehr gut!&#x201C; flötete der Lieutenant.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wir werden &#x017F;chießen, alles nieder&#x017F;chießen!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Alles!&#x201C; ertönte das Echo.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wir werden Beute machen!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Viel Beute!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wir werden tapfer &#x017F;ein!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sehr tapfer!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wir werden befördert werden!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Hoch, äußer&#x017F;t hoch!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Dann rauchen wir Tabak aus Per&#x017F;ien!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Tabak aus Schiras!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und trinken Kaffee aus Arabien!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Kaffee aus Mokka!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die D&#x017F;che&#x017F;idi mü&#x017F;&#x017F;en alle &#x017F;terben!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Alle!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Bö&#x017F;ewichter!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Buben!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Unreinen, die Unver&#x017F;chämten!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Hunde!&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0038] liehen hat. Mit dem Lieutenant war es ganz ähnlich. Juſt ſo wie er mußte eine ſechzigjährige Kaffeeſchweſter ausſehen, die auf den unbegreiflichen Backfiſchgedanken geraten iſt, in Pumphoſen und Osmanly-Jacke auf die Redoute zu gehen. Es war mir ganz ſo, als müſſe ich jetzt hinter meinem Baume hervortreten und ſie über- raſchen mit den geflügelten Worten: „Schön guten Abend, Meiſter Mehlhuber; 'pfehle mich, Fräulein Lattenſtengel; 'was Neues? Danke, danke, werde ſo frei ſein!“ Freilich waren die Worte, welche ich zu hören be- kam, etwas weniger gemütlich. Ich lag ihnen ſo nahe, daß ich alles hören konnte. „Unſere Kanonen ſind gut!“ brummte der Hauptmann. „Sehr gut!“ flötete der Lieutenant. „Wir werden ſchießen, alles niederſchießen!“ „Alles!“ ertönte das Echo. „Wir werden Beute machen!“ „Viel Beute!“ „Wir werden tapfer ſein!“ „Sehr tapfer!“ „Wir werden befördert werden!“ „Hoch, äußerſt hoch!“ „Dann rauchen wir Tabak aus Perſien!“ „Tabak aus Schiras!“ „Und trinken Kaffee aus Arabien!“ „Kaffee aus Mokka!“ „Die Dſcheſidi müſſen alle ſterben!“ „Alle!“ „Die Böſewichter!“ „Die Buben!“ „Die Unreinen, die Unverſchämten!“ „Die Hunde!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/38
Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/38>, abgerufen am 22.12.2024.