Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

Bild:
<< vorherige Seite

und sein Mund auf der linken Seite des Gesichtes, ein ganz
sicheres Zeichen, daß ihm etwas Merkwürdiges passiert sei.

"Hm!" räusperte er sich. "Habe etwas gesehen! --
Interessant! -- Yes!"

"Wo? So erzählt doch nur!"

"Pst! Nicht in die Höhe sehen! War im Hofe.
Schmutziger Platz das! Sah die Büsche an der Mauer
und stieg hinauf. Schöner Ueberfall von draußen herein!
Würde prächtig gehen. Blicke auch hinauf zum Dache und
sehe ein Bein. Well! Eines Mannes Bein. Es guckte
einen Augenblick lang aus der Hütte heraus, wo Futter ist."

"Habt Ihr auch recht gesehen, Sir?"

"Sehr recht! Yes!"

Jetzt erst fiel es mir ein, daß ich weder eine Treppe
noch eine Leiter gesehen hatte, um auf das Dach zu ge-
langen. Wir traten also hinaus in den Hof, um zu
suchen. Es fand sich nichts. Auch im Innern des Ge-
bäudes war nicht zu entdecken, ob man von hier aus auf
das Dach gelangen könne, und dennoch wurde es Zeit,
nachzusehen; denn die Nacht war schon ganz nahe.

Droben über der hinteren Thüre ragte ein Dachbalken
etwas aus der Mauer hervor, zwar nicht viel, aber es
genügte. Ich nahm den Lasso, knüpfte ihn vierfach zu-
sammen, bildete auf diese Weise eine einzige große Schlinge
und warf sie empor. Sie hing am Balken so, daß ich
sie unten fassen konnte. Nun zog ich mich an der Schlinge
empor, trat in sie hinein und gelangte auf diese Weise
auf das Dach. Nun ging ich auf das Behältnis zu,
welches bis zum Eingange desselben mit Futter angefüllt
war. Ich langte hinein, fühlte aber nichts Verdächtiges;
als ich jedoch soweit hineinkroch, daß meine Arme bis
ganz hinter langen konnten, faßte ich den Kopf eines
Menschen, der sich in die fernste Ecke verkrochen hatte.

und ſein Mund auf der linken Seite des Geſichtes, ein ganz
ſicheres Zeichen, daß ihm etwas Merkwürdiges paſſiert ſei.

„Hm!“ räuſperte er ſich. „Habe etwas geſehen! —
Intereſſant! — Yes!

„Wo? So erzählt doch nur!“

„Pſt! Nicht in die Höhe ſehen! War im Hofe.
Schmutziger Platz das! Sah die Büſche an der Mauer
und ſtieg hinauf. Schöner Ueberfall von draußen herein!
Würde prächtig gehen. Blicke auch hinauf zum Dache und
ſehe ein Bein. Well! Eines Mannes Bein. Es guckte
einen Augenblick lang aus der Hütte heraus, wo Futter iſt.“

„Habt Ihr auch recht geſehen, Sir?“

„Sehr recht! Yes!

Jetzt erſt fiel es mir ein, daß ich weder eine Treppe
noch eine Leiter geſehen hatte, um auf das Dach zu ge-
langen. Wir traten alſo hinaus in den Hof, um zu
ſuchen. Es fand ſich nichts. Auch im Innern des Ge-
bäudes war nicht zu entdecken, ob man von hier aus auf
das Dach gelangen könne, und dennoch wurde es Zeit,
nachzuſehen; denn die Nacht war ſchon ganz nahe.

Droben über der hinteren Thüre ragte ein Dachbalken
etwas aus der Mauer hervor, zwar nicht viel, aber es
genügte. Ich nahm den Laſſo, knüpfte ihn vierfach zu-
ſammen, bildete auf dieſe Weiſe eine einzige große Schlinge
und warf ſie empor. Sie hing am Balken ſo, daß ich
ſie unten faſſen konnte. Nun zog ich mich an der Schlinge
empor, trat in ſie hinein und gelangte auf dieſe Weiſe
auf das Dach. Nun ging ich auf das Behältnis zu,
welches bis zum Eingange desſelben mit Futter angefüllt
war. Ich langte hinein, fühlte aber nichts Verdächtiges;
als ich jedoch ſoweit hineinkroch, daß meine Arme bis
ganz hinter langen konnten, faßte ich den Kopf eines
Menſchen, der ſich in die fernſte Ecke verkrochen hatte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0398" n="384"/>
und &#x017F;ein Mund auf der linken Seite des Ge&#x017F;ichtes, ein ganz<lb/>
&#x017F;icheres Zeichen, daß ihm etwas Merkwürdiges pa&#x017F;&#x017F;iert &#x017F;ei.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Hm!&#x201C; räu&#x017F;perte er &#x017F;ich. &#x201E;Habe etwas ge&#x017F;ehen! &#x2014;<lb/>
Intere&#x017F;&#x017F;ant! &#x2014; <hi rendition="#aq">Yes!</hi>&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wo? So erzählt doch nur!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;P&#x017F;t! Nicht in die Höhe &#x017F;ehen! War im Hofe.<lb/>
Schmutziger Platz das! Sah die Bü&#x017F;che an der Mauer<lb/>
und &#x017F;tieg hinauf. Schöner Ueberfall von draußen herein!<lb/>
Würde prächtig gehen. Blicke auch hinauf zum Dache und<lb/>
&#x017F;ehe ein Bein. <hi rendition="#aq">Well!</hi> Eines Mannes Bein. Es guckte<lb/>
einen Augenblick lang aus der Hütte heraus, wo Futter i&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Habt Ihr auch recht ge&#x017F;ehen, Sir?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sehr recht! <hi rendition="#aq">Yes!</hi>&#x201C;</p><lb/>
        <p>Jetzt er&#x017F;t fiel es mir ein, daß ich weder eine Treppe<lb/>
noch eine Leiter ge&#x017F;ehen hatte, um auf das Dach zu ge-<lb/>
langen. Wir traten al&#x017F;o hinaus in den Hof, um zu<lb/>
&#x017F;uchen. Es fand &#x017F;ich nichts. Auch im Innern des Ge-<lb/>
bäudes war nicht zu entdecken, ob man von hier aus auf<lb/>
das Dach gelangen könne, und dennoch wurde es Zeit,<lb/>
nachzu&#x017F;ehen; denn die Nacht war &#x017F;chon ganz nahe.</p><lb/>
        <p>Droben über der hinteren Thüre ragte ein Dachbalken<lb/>
etwas aus der Mauer hervor, zwar nicht viel, aber es<lb/>
genügte. Ich nahm den La&#x017F;&#x017F;o, knüpfte ihn vierfach zu-<lb/>
&#x017F;ammen, bildete auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e eine einzige große Schlinge<lb/>
und warf &#x017F;ie empor. Sie hing am Balken &#x017F;o, daß ich<lb/>
&#x017F;ie unten fa&#x017F;&#x017F;en konnte. Nun zog ich mich an der Schlinge<lb/>
empor, trat in &#x017F;ie hinein und gelangte auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e<lb/>
auf das Dach. Nun ging ich auf das Behältnis zu,<lb/>
welches bis zum Eingange des&#x017F;elben mit Futter angefüllt<lb/>
war. Ich langte hinein, fühlte aber nichts Verdächtiges;<lb/>
als ich jedoch &#x017F;oweit hineinkroch, daß meine Arme bis<lb/>
ganz hinter langen konnten, faßte ich den Kopf eines<lb/>
Men&#x017F;chen, der &#x017F;ich in die fern&#x017F;te Ecke verkrochen hatte.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[384/0398] und ſein Mund auf der linken Seite des Geſichtes, ein ganz ſicheres Zeichen, daß ihm etwas Merkwürdiges paſſiert ſei. „Hm!“ räuſperte er ſich. „Habe etwas geſehen! — Intereſſant! — Yes!“ „Wo? So erzählt doch nur!“ „Pſt! Nicht in die Höhe ſehen! War im Hofe. Schmutziger Platz das! Sah die Büſche an der Mauer und ſtieg hinauf. Schöner Ueberfall von draußen herein! Würde prächtig gehen. Blicke auch hinauf zum Dache und ſehe ein Bein. Well! Eines Mannes Bein. Es guckte einen Augenblick lang aus der Hütte heraus, wo Futter iſt.“ „Habt Ihr auch recht geſehen, Sir?“ „Sehr recht! Yes!“ Jetzt erſt fiel es mir ein, daß ich weder eine Treppe noch eine Leiter geſehen hatte, um auf das Dach zu ge- langen. Wir traten alſo hinaus in den Hof, um zu ſuchen. Es fand ſich nichts. Auch im Innern des Ge- bäudes war nicht zu entdecken, ob man von hier aus auf das Dach gelangen könne, und dennoch wurde es Zeit, nachzuſehen; denn die Nacht war ſchon ganz nahe. Droben über der hinteren Thüre ragte ein Dachbalken etwas aus der Mauer hervor, zwar nicht viel, aber es genügte. Ich nahm den Laſſo, knüpfte ihn vierfach zu- ſammen, bildete auf dieſe Weiſe eine einzige große Schlinge und warf ſie empor. Sie hing am Balken ſo, daß ich ſie unten faſſen konnte. Nun zog ich mich an der Schlinge empor, trat in ſie hinein und gelangte auf dieſe Weiſe auf das Dach. Nun ging ich auf das Behältnis zu, welches bis zum Eingange desſelben mit Futter angefüllt war. Ich langte hinein, fühlte aber nichts Verdächtiges; als ich jedoch ſoweit hineinkroch, daß meine Arme bis ganz hinter langen konnten, faßte ich den Kopf eines Menſchen, der ſich in die fernſte Ecke verkrochen hatte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/398
Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/398>, abgerufen am 23.12.2024.